• Darum bekämpften sich CVP und FDP bis aufs Blut

    Die Bürgerkriegswirren von 1844 bis 1847 sind kompliziert. Die genannten Opferzahlen im Artikel betreffen nicht den Sonderbundskrieg, sondern die Freischarenzüge 1844/45. Hier hatten die Liberalen tatsächlich mehr Opfer, sie waren in der Frühphase des Bürgerkrieges die Verlierer. Auf dem Bild zum Gefecht bei Gisikon von 1847 kämpften nicht Sonderbundstruppen gegen Freischaren, sondern Sonderbundstruppen gegen die reguläre Armee der Eidgenössischen Tagsatzung unter Führung von General Dufour. In der luzernischen liberalen Tradition wurden aber die Freischarenzüge, trotz Niederlage, stärker gefeiert als der Sondersbundskrieg, bis hin zu einem traditionellen liberalen Parteitag jeweils am 8. Dez., dem Tag der Niederschlagung des 1. Freischarenzuges, bei dem die Konservativen übrigens der Meinung waren, die Muttergottes (Feiertag Mariä Empfängnis) sei auf ihrer Seite gewesen. Eindrückliche Erinnerungen an den 2. Freischarenzug vom 31. März und 1. April 1845 haben wir im Restaurant Klösterli Malters mit erhaltenen konservierten Einschusslöchern. Ferner natürlich der Friedhof Malters mit dem Grabdenkmal der liberalen Freischärler. Ein Ehrengrab von Jakob Robert Steiger und Kasimir Pfyffer (Kreuz noch erhalten) oberhalb der Luzerner Hofkirche im ganz alten ehemaligen Friedhof erinnert ebenfalls an den 2. Freischarenzug, obwohl Kasimir Pfyffer nicht mitgemacht hatte, im Gegenteil, er weigerte sich, den Freischärlern die Stadtschlüssel zu übergeben, das wäre Hochverrat gewesen. Aber Pfyffer war Verteidiger Steigers, als dieser am 3. Mai 1845 zum Tode durch Erschiessen verurteilt wurde, jedoch 6 Wochen später befreit, u.a. durch Polizisten, die denkwürdigste Widerstandshandlung in der Geschichte der Schweizer Polizei. Die Polizisten, die Steiger geholfen hatten, wurden dann, zwar knapp, in Zürich und Umgebung eingebürgert. Sie riskierten also voll ihren Job. Das war nicht einfach Willkür, sondern über 10 000 hatten eine Petition zur Befreiung Steigers unterzeichnet, so fast alle Beromünsterer Chorherren und Bürgerinnen und Bürger aus der ganzen Schweiz. Die Anhängerinnen Steigers wurden auch "Pfefferweiber" genannt. Wegen der politischen Todesurteile der damaligen Zeit erreichte es Steiger, der Drittunterzeichner der Bundesverfassung von 1848, dass "keine Todesurteil aus politischen Gründen" ausgesprochen werden darf, das stand, solange es die Todesstrafe gab, in der Schweizer Bundesverfassung. Übrigens wurde die Todesstrafe, bald nach 1866 (Eidg. Volksabstimmung) von den Luzerner Konservativen, als sie endlich wieder die Mehrheit hatten, postwendend neu eingeführt.

  • Die SVP will im Kantonsrat die CVP überrunden

    Für ein Überholen der CVP durch die SVP ist es vor allem deswegen noch "zu früh", weil man in der CVP des Kantons Luzern die volksparteilichen Strukturen in letzter Zeit eher verstärkt hat, aber hauptsächlich auch deswegen bleibt die SVP im Hintertreffen, weil sie in den Gemeinderäten und Gemeindekommissionen bei weitem noch nicht die Glaubwürdigkeit errungen hat, welche sie zur grössten Partei auf dem Lande prädestinieren könnte. Natürlich wird bei der SVP nicht nur das Ausländerthema bewirtschaftet. In einem Interview von JSVP-Präsident Liebrand vom Februar 2014 im Anzeiger vom Michelsamt fiel mir positiv auf, dass dieser Jung-Politiker erstens das Wort "Ausländer" und zweitens das Wort "Migration" in seinem Heimbereich nie gebrauchte. Dafür kennt er das Subsidiaritätsprinzip und das Freiheitsprinzip und setzt sich verdienstvoll gegen Extremismus ein, etwa die Gender-Ideologie, welche auf die Schulen und Hochschulen eher einen direkten Einfluss ausübt als der Rechtsextremismus, im Gegensatz zu diesem sogar staatlich gefördert wird. Einigermassen gesund finde ich Liebrands prinzipientreuen Widerstand gegen die Fusionitis. Obwohl er es bis jetzt noch nicht zu einer Verurteilung wegen Hausbesetzung gebracht hat, nicht mal auf den Tod eines politischen Gegners öffentlich angestossen, muss er sich aber selber gegen gewisse Extremismusvorwürfe wehren. Das ist insofern nicht harmlos, als "vorbestraft" normalerweise nur bei den Jusos ein anerkanntes Kompliment mit Werbewirkung ist, während die SVP-Wählerschaft mit ihrer kleinbürgerlichen Mentalität in solchen Sachen eher sensibler ist, wohl sogar zurecht. Ärgerlich bleibt eine Geschichte, die jetzt vor Gericht ausgetragen wird. Für mich umso ärgerlicher, als ich sowohl die Familie Tunger wie auch Liebrands von meiner Eigenschaft als Lehrer kenne, da wären Auseinandersetzungen auf anderem Niveau möglich gewesen. Übrigens wird ca. alle zehn Jahre die Aufhebung der Kantonschule Beromünster zum Thema gemacht, weil Mästen unter 10 000 Schweinen offenbar nicht lohnt. Ich sehe es anders, habe vor allem auch politisch gute Erinnerungen an meine Ehemaligen: Martina Bernasconi, Grünliberale, kandidiert jetzt mit Aussichten als BS-Regierungsrätin, der supergescheite Grüne Daniel Klauser ist Berner Stadtrat, einer meiner absolut politisch versiertesten und kompetentesten Schüler, Dominik Durrer, SP, hat vom Fraktionspräsidenten im LU-Gemeinderat in den Beamtenbereich gewechselt. Eigentlich schade, würde ihm das Format für ein Exekutivamt zutrauen. Ing. ETH Tobias Arnold ist aus meiner Sicht eine der grössten Hoffnungen der LU-Liberalen. Ich gab ihm schon vor 3 Jahren aus Überzeugung meine Stimme. Hubert Klauser wiederum ist ein Hoffnungsträger für die Luzerner Grünliberalen. Erfreulich fand ich auf Rückfrage bei SVP-Präsident Grüter, dass bei dieser Partei die Schliessung der Kantonsschulen Beromünster und Schüpfheim nicht zur Debatte stehe, er hätte davon auch nur in den Medien gehört. Wäre ja zu dumm, auf dem Lande die stärkste Partei werden zu wollen und dafür Landschulen schliessen zu wollen.

  • CVP und FDP wollen ihr Verliererimage abstreifen

    Mein Namensvetter Pirmin Jung, Sohn eines volksverbundenen Nationalrates, ist für seine Partei ein Hoffnungsträger. Dasselbe gilt für den in Emmen lebenden Vorsitzenden der Jungen CVP Schweiz, dessen Jungpartei erstmals seit 40 Jahren wieder auf das Subsidiaritätsprinzip und den Föderalismus setzt. Alle Versuche, die CVP neu zu erfinden, sind gescheitert. Am krassesten die von Iwan Rickenbacher vor 25 Jahren zu meiner Zeit als Eidg. Delegierter gestartete "Agglomerationsstrategie". Das lehrreichste Wahlresultat sind die Wahlen v. 9. Feb. ins Zürcher Stadtparlament. Das schlechteste Resultat der CVP seit 125 Jahren. Die Strategie von Stadtparteipräsident Hungerbühler, Nachfolger von St. Gassmann (heute Grünliberale) als Vorsitzender der homosexuellen Arbeitsgruppe, die nicht mehr erwünschten Abtreibungsgegner in der CVP durch einen schwulen Aufbruch zu ersetzen, ging "voll in die Hosen", was ich aufgrund der Forschung über 150 Jahre Schwulengeschichte einerseits und Zürcher Katholikengeschichte andererseits hätte voraussagen können. Natürlich sollen auch in der CVP Vorurteile gegen Homosexuelle abgebaut werden, aber als Schwulenpartei eignen "wir" uns definitiv nicht. Noch stärker reif für die Fasnachtszeitung sind die Bemühungen der Stadtbasler CVP, mit einer Atheistin als Kandidatin für das Parteipräsidium dem Gedanken zum Durchbruch zu verhelfen, dass auch Atheisten gute Menschen sein können. Dies ist ausserhalb der CVP zwar schon 2400 Jahre lang bekannt, eignet sich aber trotzdem für diese Partei weder für das Halten der bisherigen noch für das Gewinnen neuer Wählerinnen und Wähler, weil Gottlose und Agnostiker heute ein erfreulich reichhaltiges und breites Angebot an Wahlmöglichkeiten bereits haben. Zur Befriedigung dieses Segmentes musste die CVP nicht gegründet werden. Zu den derzeitigen Trümpfen der CVP gehört der volksnahe und gewerbe- und landwirtschaftsfreundliche sowie politische erfahrene Nationalratspräsident Ruedi Lustenberger aus dem Entlebuch. Wird in Zürich, Basel und St. Gallen fast bis zum Selbstmord Feministinnen- und Randgruppenpolitik gemacht, gibt sich Ruedi bei uns fast eine Spur zu urchig: "Wir setzen zuerst einmal für die Wiederansiedlung von Wölfen und Bären ein. Dafür vernachlässigen wir in leichtfertiger Art unsere ureigene Reproduktion." Wie auch immer: die CVP des Kantons Luzern macht, einschliesslich der allzu verfilzten Walliser, von allen CVP-Kantonalparteien heute noch am ehesten den Eindruck einer Volkspartei, scheint vor allem auf lokaler Ebene kaum ersetzbar. Die FDP des Kantons Luzern hat, weil "kleine" Hausbesitzer in diesem Jahrtausend noch nie so häufig an die Urne gingen, mit der Abschaffung der Liegenschaftssteuer einen unerwarteten Erfolg eingefahren, muss jetzt aber umso stärker die Sparmassnahmen des Kantons rechtfertigen. Die Grünliberalen wurden durch die Masseneinwanderungsinitiative auf dem falschen Fuss erwischt. Bekanntlich ist ihr wichtigster Denker und Förderer, Unternehmer Walter Palmers, im Ecopop-Komitee, also in Ausländerfragen klar radikaler als der bloss vermeintlich extreme, aber im Grunde genommen in wichtigen Fragen vernünftige Blocher. Damit sind wir bei der SVP des Kantons Luzern. Ich beobachte deren Präsidenten, den Unternehmer Franz Grüter, ca. 400 Angestellte im Kanton Aargau. Der gebürtige Ruswiler, dessen Vorfahre 1513 bei Novara Söldnerführer war, fährt einen klar gemässigten wirtschaftsfreundlichen Kurs, wurde jedoch im "Blick" noch nie erwähnt, weil er noch nie etwas Dummes gemacht und auch noch keinen "Seich" erzählt hat, wofür man sich dann hinterher entschuldigen müsste. Wäre die personelle Decke bei der SVP noch etwas besser, was 2015 klar noch nicht der Fall ist, die drohende Ablösung der CVP durch die SVP als stärkste Partei auf dem Lande würde wohl nicht bis 2019 auf sich warten lassen.

  • Problem erkannt – Scheinlösung vorgeschlagen

    Der geistige Aufwand in diesem Beitrag nähert sich dem Nullpunkt und kann am 10. Februar mit als Erklärung dienen, warum die Zentralschweiz entweder nur sehr knapp verwirft oder sehr wahrscheinlich annimmt. Alle die aufgezählte unökologische Politik der genannten Partei hat mit der Abstimmung nicht nur nichts zu tun, sondern was daran falsch ist, bleibt natürlich falsch. Selber war ich bis vor kurzem klar dagegen, aber eher wegen demagogischer Stiefelpropaganda als wegen der Sache selbst, der Kontingentlösung mit Einschränkung der Personenfreizügigkeit, sofern Bundesrat und Parlament überhaupt die Einwanderung verlangsamen wollen. Wollen sie es nicht, wird auch bei einer Annahme der Initiative fast nichts passieren. Absoluten Zwang zum Handeln würde die Initiative Ecopop fordern, die ich lange bevorzugte, weil sie genau umgekehrt wie die SVP-Initiative fast nur mit "grünen" Argumenten bewirtschaftet wird und das Bevölkerungswachstum mit vorgeschriebenen Zahlen bremsen will. Ich war auch deswegen lange gegen die Initiative, weil sie statt von Inländervorrang von Schweizervorrang bei der Stellensuche spricht und weil Gewerbe und Industrie wegen der Bürokratie betr. Kontingente Lärm machen. Verfassungsrechtlich ist aber der Begriff "Inländer" gar nicht existent, und wenn es heisst "alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich", gilt diese Gleichheit vor dem Gesetz für alle legal in der Schweiz Arbeitenden. Diese dürfen nicht diskriminiert werden, was dann auch ins Ausführungsgesetz muss. Am letzten Montag hat Parteiführer Blocher (andere spielen in dieser Initiative kaum eine Rolle) mit Gewerkschaftspräsident Rechsteiner zu dessen Verwunderung diese Interpretation gegeben, für die er selber natürlich nicht zuständig ist, es kommt auf das Ausführungsgesetz an. Wenn aber das Ausführungsgesetz dies so regelt, wird das Bundesgericht eine solche Regelung sicher nicht zugunsten einer Diskriminierung abändern. Am stärksten ist die Geld-Rechte gegen Mindestlohn, das ist klar. Aber Mindestlohn von 4000 Franken ist fast nur bei Einschränkung der Personenfreizügigkeit wirklich praktikabel. Dazu muss die Initiative angenommen werden. Gut wäre, wenn unter solchen Bedingungen dann wenigstens die CVP/BDP für einen Mindestlohn gewonnen werden könnten, was freilich nicht sicher ist. Der Mindestlohn geht in einem mit den Kontingenten. Die entsprechende Bürokratie der flankierenden Massnahmen kostet heute schon um 10 Millionen Franken jährlich. Selbstverständlich ist die Personenfreizügigkeit zusammen mit den drei übrigen Glaubensartikeln des Kapitalismus, u.a die globalisierte Industrie- und Unternehmenspolitik, ein Bestandteil des Brutalokapitalismus und wird von konsequenten Sozialisten, etwa den Schweizer Kommunisten und der deutschen Partei "Die Linke" aus ihrer Sicht mit genau so guten Gründen abgelehnt wie von mir auf der Grundlage von freiheitlichen und christlichsozialen Prinzipien. Im Detail unterstütze ich keine der drei Grossaktionen gegen die Personenfreizügigkeit, ich kenne die Schwächen der Masseneinwanderungsinitiative, finde allerdings Ecopop klar extremer, und auch bei der Personenfreizügigkeit mit Kroatien liegt das Problem darin, dass man eigentlich Rumänien und Bulgarien meint, deren multikultureller Bevölkerungsüberschuss und deren Aerzte, Ingenieure und Informatiker zum Schaden der eigenen Länder ab 2016 mit der vollen Wucht eines kolossalen Einkommens- und Sozialstaatsunterschiedes auf die Schweiz losgelassen werden. Aber nur mit der Annahme einer dieser drei Vorlagen, den drei "Matchbällen", kann das Masseneinwanderungssystem Personenfreizügigkeit in Frage gestellt werden. Die absurdesten Vorstellungen zu Einwanderung und Energiepolitik werden von Grünliberalenchef Bäumle vertreten. Dieser führte in der NZZ aus, es komme nicht auf Zahl der Leute im Land an, sondern auf den Energieverbrauch pro Person. Also im ersten Schritt eine 2000-Wattgesellschaft für gut 8 Millionen und im zweiten Schritt eine mit Computern auf Bäumen lebende 1000-Watt-Gesellschaft mit 16 Millionen Einwohnern. Dies sagte er natürlich nicht so, aber es darf so verstanden werden. Ich habe diese Problem etwas vereinfacht dargestellt, sie haben aber wirklich nichts damit zu tun, dass Nationalrat Fehr in einem Anfall von Menschlichkeit eine sog. serbische Asylbewerberin bei sich arbeiten liess. Nach dem EU-Beitritt Serbiens wird auch diese Frau im Arbeitsprozess voll gleichgestellt sein, so wie wir dann vielleicht auch Lehrlinge aus diesen Ländern holen dürfen, was zwar in Ostdeutschland Sarah Wagenknecht, die neue Rosa Luxemburg, zur Weissglut brachte. Die Innerschweiz wird wohl hauptsächlich deswegen Ja stimmen, weil bei einer Auffüllung der Ballungszentren durch Millionen Menschen, der geplanten Elfmillionenschweiz, vor der wir nach SBB-Weibel und SP-Bodenmann keine Angst haben sollen, die kleinen Kantone marginalisiert werden. Aus volkskundlicher Sicht scheint mir noch wichtig, dass man in allen Gegenden der Schweiz, wo die Leute einander noch persönlich kennen, in Dörfern, wo man einander Du sagt, eher Ja stimmen wird. Ich schliesse nicht aus, dass die Abstimmung mit einem Ständemehr Ja, aber einem Volksmehr Nein ausgehen wird, was beim Bundesrat dringenden Handlungsbedarf generieren würde. Die Rolle der SVP sollte man bei all dem nicht überschätzen. Das Beste an der Kontingentlösung aber ist, dass man wegen den bürokratischen Umständen im Zweifelsfall immer lieber einen Inländer gleich welchen Passes anstellen wird als weitere Leute aus ganz Europa usw. zu rekrutieren.

  • Zentralschweiz hat wenig von Fabi

    FABI ist ein Produkt vor allem des derzeitigen Ständerates, wobei der Zuger CVP-Vertreter Bieri eine führende und durchaus verdienstvolle Rolle gespielt hat. Die dabei entstehende allenthalben, aber besonders in der Innerschweiz mögliche mittlere Unzufriedenheit kann Nein-Stimmen produzieren. Erstaunlich ist, dass die fast 6 Milliarden teure Vorlage in den heftigen Diskussionen um Masseneinwanderung und Schwangerschaftsabbruch beinahe vergessen geht,: Man hofft auf ein Durchwinken, weil Bahnvorlagen eh Heimvorteil haben und mehr gute als negative Gefühle erzeugen. Eine gefährliche Vermischung der Bahnvorlage mit der Masseneinwanderungsinitiative erzeugte vor Wochenfrist der ehemalige SBB-Chef Benedikt Weibel in einem Interview mit Aargauer Zeitung und Nordwestschweiz, wo er die Zehnmillionenschweiz als wünschbar bezeichnete und vor Horrorvorstellungen gegenüber den Planungen des Bundes, die von elf Millionen ausgehen, warnte. Falls FABI auch ein Mittel sein sollte, die auch von den SP-Politikern Pardini und Bodenmann ausdrücklich als prospektiv gewünschte Elfmillionenschweiz zu begrüssen und sich auf sie einzustellen, wäre das Werbung für ein Ja zur Masseneinwanderungsinitiative und ein Nein zu FABI, Der Panikmache in SVP-Inseraten betr. 16 Millionen ist kein Glauben zu schenken. Eher blüht uns die Elfmillionenschweiz, wobei natürlich für die Bahnen eher zu früh als zu spät geplant werden sollte, da hat Benedikt Weibel wohl recht. Auch verdichtetes Bauen ist eigentlich positiv. Das mögliche Ja zur Masseneinwanderungsinitiative und ein eher mässiges Resultat für FABI (ein Ja ist dank nicht geführter Diskussionen gut möglich) in den kleineren Bergkantonen ist deswegen nicht unlogisch, als bei elf Millionen Schweizbewohnern, die mehrheitlich in den Ballungszentren leben werden, das Ständemehr vollends zur Absurdität verkommt und Kantone wie etwa Uri und Glarus noch mehr marginalisiert werden. Die vernichtende Wahlniederlage von Kampagnenchef Masseneinwanderungsinitiative und Befürworter von Fabi Martin Landolt als Ständerat deutet auf ein Resultat in der genannten Richtung.

  • Für ein Ja aus ethischen Gründen

    Mistermarch wird mit wahrscheinlich 70 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer Nein stimmen. Ich sage auch, dass man das Resultat der Volksabstimmung vor ca. 10 Jahren hätte akzeptieren können oder ev. sollen. 11 000 Abtreibungen sind tatsächlich weniger als wir noch vor Jahrzehnten hatten, und es haben so viele, einige mit sehr triftigen Indikationen, abgetrieben, oder Männer ihre Partnerinnen abtreiben lassen (es gibt zwar auch den Fall, dass sie nicht gewollt hätten), dass schon deswegen eine sechsstellige Zahl von Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern Nein stimmen wird. Die Abtreibung ist der häufigste Fall von vorsätzlicher Unterbindung menschlichen Lebens auf Erden und Bestandteil des Glaubensbekenntnisses verschiedener Ideologien. Ebenfalls ideologisch ist das bedingungslose Nein zur Abtreibung. Es handelt sich also um eine Gewissensfrage. 11 000 Abtreibungen, von denen aber wahrscheinlich mindestens ein Drittel durch gravierende Gründe hauptsächlich medizinischer Art indiziert sind, entsprechen über alles gesehen dem bekannten Geburtendefizit, das unsere AHV nicht gebrauchen kann, weswegen Einwanderung weniger von Hochqualifizierten als von geburtenfreundlicheren Südosteuropäern mit positiver Einstellung zum Nachwuchs, also Musliminnen und Muslime, auf Dauer demographisch mehr Vorteile bringt als Nachteile. 11 000 Abtreibungen sind das Zehnfache der jährlichen Verkehrsopfer und das Zwanzigfache der Opfer bei der Schlacht bei Sempach. Abgetriebene menschliche Wesen sind übrigens juristisch keine Personen, weswegen weder von Mord noch Totschlag noch von vorsätzlicher Tötung einer Person gesprochen werden kann, was zur Entlastung der Betroffenen mit Gewissensproblemen gesagt werden muss. Es ist aber klar, dass die Schlachtung von 11 000 Bernhardinern jährlich im Gegensatz zu 11 000 Abtreibungen nicht mehrheitsfähig wäre. Ich selber habe die Petition gegen den Export von Bernhardinern nach China unterschrieben, bei der CVP-Delegiertenversammlung jedoch ebenfalls gegen die Fristenlösung gesprochen. Auf Dauer muss man auf die Bildung des Gewissens hoffen. Die Lüge, ungeborene Kinder seien ein blosser Zellhaufen, kann sich wissenschaftlich nicht durchsetzen. Würde dies stimmen, wäre jeder Besoffene auf einem Bänklein auch bloss ein Zellhaufen, zu schweigen von Michael Schumacher und Ariel Sharon. Sowohl bei der Abtreibung wie bei der Sterbehilfe, zwei untergründig verwandten hochethischen Gewissensthemen, sollte man fundamentalistische Lösungen vermeiden. Gewissensentscheidungen setzen jedoch Gewissensbildung voraus. An dieser muss jeder einzelne Bürger, jede Bürgerin arbeiten, d.h. sich weder vom Religionsunterricht, wo heute ausser bei den Muslimen eine ganz andere Linie herrscht als früher, noch von blossem Egoismus leiten lassen.

  • Für ein Ja aus ethischen Gründen

    Im Gegensatz zu den leidenschaftlichen Blogs, die man etwa auf newsnet.ch über die Masseneinwanderungsinitiative zu lesen bekommt, äussert sich Neu-Grossrat Pirmin Müller in diesem Beitrag besonnen, im Grunde illusionslos, wie vor allem der letzte Abschnitt anzudeuten scheint. Dass nach einer GfS-Umfrage die Initiative "Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache" nur für 2 Prozent weniger gebucht ist wie die oben genannte Initiative, zeigt vor allem, wie wenig solche Umfragen ernst genommen werden können. Aus meiner Sicht wären 30 Prozent schon eine Ehrenmeldung für die Befürworterinnen und Befürworter von mehr Selbstverantwortung bei der Abtreibung. Eine fanatische Lobby wie in Amerika würde dem Kernanliegen eher schaden. Da nach der fast 70prozentigen Annahme der Fristenlösung, wogegen ich als Eidg. Delegierter CVP noch argumentiert habe, sich vor dieser Initiative wohl niemand im Ernst fürchtet, erlaube ich mir ein paar Anmerkungen zu gesellschaftlichen Widersprüchen, welche bei der Debatte um diese Initiative zum Vorschein kommen. Bedenkenswert ist das Argument, mehr Selbstverantwortung bei der Abtreibung (und ev. noch anderen umstrittenen sog. medizinischen Aktionen) führe zu einer Benachteiligung der sozial Schwächeren. Diese nannte Karl Marx Proletarier, also die Menschen, deren einziger Reichtum ihre Kinder seien. Viele Kinder zu haben bedeutete vor der Existenz des Sozialstaates eine grössere Chance, im Alter dafür von wenigstens einem erfolgreichen Kind unterhalten oder gar versorgt zu werden. Würde ein zusätzliches Kind z.B. einen Rentenbonus für die AHV einbringen, wäre dies im heutigen Beratungssystem z.B. ein Argument gegen eine Abtreibung aus sozialen Gründen. Es war und ist generell so, dass Reiche sich eine bessere med. Betreuung leisten können als Arme. Es besteht das Ärgernis, dass in der neuen Regelung eine wohlhabende Frau abtreibt, aber eine ärmere, welche in dieser Sache nicht versichert ist, ihr Kind austrägt und der Welt mit demselben ein ähnlich unsicheres Geschenk macht wie Eltern, die sich einbilden, ihr Wunschkind sei hochbegabt, was in der Schule dann viele Probleme macht und im späteren Leben noch grössere. Andererseits zahlen reiche Chinesen bis eine Million für die Erlaubnis für ein zusätzliches Kind. Wie stark ein Kind später geliebt wird, hängt wenig von Depressionen und ev. finanziellen Schwierigkeiten in der Frühphase einer Schwangerschaft ab. In Blogs wurde u.a. ausgeführt, wenn diese Initiative durchkomme, gebe es mehr unerwünschte Kinder mit nicht lebenswertem Leben wie z.B. "Carlos". Dabei vergass man freilich, dass Carlos mutmasslich zu den am stärksten, auch staatlich, verwöhnten Jugendlichen der Schweizer Geschichte gehört und wohl kaum ein unerwünschtes Kind war. Hingegen hätte Beethoven, dessen Vater Syphilitiker war, aus gesundheitlichen Gründen nach heutigem Ermessen dringend abgetrieben werden müssen. In diesem Fall müsste die Europäische Union auf ihre schönste Sache verzichten, die Europa-Hymne. Das CVP-Frauen-Argument, dass die Initiative "Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache" unsozial sei und diskriminierend, bleibt zu reflektieren. Zu bedenken bleibt auch ohne diese Initiative, dass weltweit mit wachsendem Wohlstand die Abtreibung bequemer wird. Dasselbe gilt auch für Sterbenachhilfe. Auch dort gibt es stossende soziale Unterschiede. Für einen selten sehr kostengünstigen Betrag kann man sich heute von einer Sterbehilfeorganisation mit einem Cocktail-Service bedienen lassen. Ich gehe bis zum Beweis des Gegenteils davon aus, dass die Ärmsten der Armen, die einstigen Stammkunden von Mutter Teresa, bei Exit u. Co. untervertreten sein könnten. Reiche können sich auch ein befriedigenderes und abwechslungsreicheres und ausschweifend-unmoralisches Sexualleben leisten, auch mehr Scheidungen und Wiederverheiratungen als Arme. Ihre Nichtzulassung zur Kommunion ist eines der meistdiskutierten Probleme der heutigen katholischen Kirche in der Schweiz. In Sachen Moral gibt es noch immer sehr viel Diskriminierung. Wenige kleine Einbrecher, deren Schreckpotential nicht verharmlost werden soll, bringen es auf das Niveau eines Abzockers. Reiche können besser Steuern hinterziehen und wenn sie eine Frau vergewaltigen, sich mit bestmöglichen Anwälten heraushauen. Auch pädophile Praxis ist für Reiche, etwa Michael Jackson, eher straffrei zu handhaben als für Arme. Wenn ich selber die Wahl gehabt hätte, von meiner Mutter abgetrieben zu werden, oder in der Sakristei von einem ruchlosen Geistlichen am Geschlechtsteil berührt, hätte ich mich verzweifelt-lustlos für das zweite entschieden, bin dankbar, dass mir beides erspart geblieben ist. Ungerecht war, dass z.B. nach Nidwaldner Recht von 1902 (Fall Federer) Abtreibung tatsächlich unverhältnismässig strafbar war, hingegen musste der Priester Federer wegen einer möglichen unzüchtigen Handlung an einem Knaben gemäss dem Gesetz betr. Zeugung unehelicher Kinder beurteilt werden, was der Sache nicht gerecht wurde. Er wurde in 2. Instanz freigesprochen. Die Kindsmörderinnenprozesse und Abtreibungsprozesse, die ich in Archiven studiert habe, gaben mir sehr zu denken und sind ein Argument gegen Fundamentalismus in dieser Sache. Dies ändert nichts daran, dass der gesellschaftliche Schaden der Abtreibung einer gesunden Frucht langfristig höher sein kann als das kurzfristige Hinterziehen von einer Million Steuern, zumal wenn man bedenkt, wie wenig heute eine Million in den europäischen und amerikanischen, bald auch schweizerischen öffentlichen Finanzen noch geschätzt wird. Der Marquis de Sade, durchaus ein Pionier der Ethik, war konsequent für die Straffreiheit von allen Handlungen, die mit Sexualität direkt oder indirekt zu tun haben, also auch für die Straffreiheit von Homosexualität, Abtreibung, Pädophilie. In diesem Geiste haben bekanntlich vor 40 Jahren auch noch gewisse Grüne und "Reformpädagogen" in Deutschland gedacht. Sie tun deswegen heute einigermassen Abbitte. Aus Sicht des Feminismus ist die Abtreibung ein nicht verhandelbares Menschen- und Frauenrecht. Aus Sicht des Katholizismus, auch Papst Franziskus, der kürzlich im Zusammenhang mit der Abtreibung vor der "Wegwerfgesellschaft" warnte, ist das ungeborene Leben heilig, wie es dies schon für Hippokrates gemäss seinem Eid war und für den griechischen Philosophen Pythagoras. Für Hippokrates und die katholische Kirche nicht nur unzüchtige Handlungen an Anvertrauten (steht auch im Eid), sondern auch Abtreibung und Gifttränke für Schwerkranke nicht zulässig, nach Hippokrates sind es ausdrücklich keine ärztlichen Handlungen. Dagegen haben sich im 3. Reich Reichsgesundheitsführer Dr. Leonardo Conti und dessen Mutter, Reichshebamme Nanna Conti verwahrt. Sei beklagten sich mit guten Gründen gegen die Vorurteile katholischer bayrischer Hebammen und hippokratischer Ärzte. Die Vorurteile gegen die Abtreibung sind bald 3000 Jahre alt und werden wohl erst nach der Eindämmung der monotheistischen Religionen verschwinden. Ein ernsthaftes Problem in der Einschätzung der Abtreibung ist die Verwechslung der Begriffe "menschliches Lebewesen" und "Person". Vor der Geburt und zumal der kritischen Phase der 10. bis 14. Schwangerschaftswoche gilt der Mensch juristisch nicht als Person. Noch Thomas von Aquin, der wichtigste katholische Theologe, stellte die Theorie auf, dass die Seele im Leibe der Mutter bei Knaben in der 5., bei Mädchen in der 7. Schwangerschaftswoche einerschaffen werde. Das ist aus heutiger Sicht Unsinn. Genetisch ist der Embryo ein vollständiges menschliches Lebewesen und entwickelt schon relativ früh ein Seelenleben, das bekannte Problem der pränatalen Psychologie. "Menschliches Lebewesen" ist aber nicht mit "Person" gleichzusetzen, was zwar eine rein juristische Abmachung ist. Aber die Tötung eines Embryos ist so wenig Mord wie die Tötung eines Schimpansen. Ein solcher ist ebenfalls keine Person, obwohl seine Fähigkeiten denen eines geistig behinderten Menschen überlegen sein können. Dass das ungeborene Kind bloss ein "Zellhaufen" sei, gehört nun mal in dieser reduktiven Formulierung nicht zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern zum Glaubensbekenntnis des Feminismus. Das gute Gewissen bei der Abtreibung gehört hier zu den anthropologischen Dogmen, unabhängig von den Verarbeitungsproblemen der Mutter nach dem Eingriff. Und bei der Unterscheidung zwischen lebenswertem und nicht lebenswertem Leben will man nicht an Reichsgesundheitsführer Leonardo Conti und Reichshebamme Nanna Conti erinnert werden. Über alles gesehen wäre die Initiative besser nicht lanciert worden, weil eine Abfuhr in einer so heiklen Sache keinen Fortschritt zugunsten des ungeborenen Lebens bringen wird und weil die derzeit herrschenden ethischen Vorstellungen davon ausgehen, dass jede Mutter für ihr Kind schon das Richtige tue und dass keiner Frau eine Abtreibung leicht falle, besonders dann nicht, wenn sie, wie in China, oft kein Mädchen will oder wenn ihr die Schwangerschaft aus beruflichen Gründen oder Gründen des Lebensalters nicht gelegen kommt. In Kreisen von Ecopop, welche unsere mitteleuropäischen Auffassungen von Fortpflanzung per Mission und Entwicklungshilfe per Verfassungsbestimmung auch in der Dritten Welt verbreiten will, lehnt man die Initiative "Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache" u.a. deswegen ab, weil der Erdball ohnehin schon übervölkert sei, was nicht prinzipiell falsch sein muss. Ich entschuldige mich abschliessend noch für meinen Vergleich zwischen Abtreibung und pädophilen Handlungen. Letztere sind zweifellos perfider, aber Abtreibung endet leider für ein "menschliches Lebewesen, das noch keine Person ist" immer tödlich. Hätte meine Mutter ihre Freundin geheiratet oder hätte meine Mutter mich abgetrieben, wäre es mir später nicht möglich gewesen, ein Buch über Homosexualität und ein Buch über Pädophilie zu schreiben. Das wäre für die Forschung ein Verlust gewesen, wenngleich nicht einer von ganz grossem Gewicht. PS. Das verfassungsmethodische Problem der Initiative "Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache" liegt u.a. darin, dass es noch andere im Prinzip fragwürdige Sachen gibt, wo man sich als Prämienzahler und Steuerzahler auch nicht ausklinken kann, etwa Pazifisten von der früher "Wehrsteuer" genannten Bundessteuer oder im Kanton Zürich muslimische Unternehmer nicht mal von der Kirchensteuer für ihr Kebab-Unternehmen, was aber hoffentlich, wie die Kirchensteuer überhaupt, als Relikt aus der vorrevolutionären und vorpluralistischen Gesellschaft noch in diesem Jahrhundert verschwinden wird.

  • Nachbetrachtung zur 1:12-Initiative

    Der Lohn von CEO-Hagemann bei der Schaffner-Group dürfte sich nur im Vergleich zum Fachpersonal noch knapp in der Spanne 1 zu 12 halten, sicher nicht im Vergleich zum Hilfs- und Putzpersonal, zu schweigen von den Lehrlingen. Das Hilfspersonal wäre aber bei Annahme der Initiative mit Sicherheit ausgelagert worden, was ja auch nicht verboten gewesen wäre. Auch darum war die Initiative in der Detailformulierung Pfusch. Es genügt nach Friedrich Engels nicht, das richtige Klassenbewusstsein zu haben, es braucht auch Fachkompetenz, und nach Engels muss ein kommunistischer Führer wie ein Kapitän auf hoher See zumal in kritischen Fällen, die jeden Tag vorkommen können, unbedingte Befehlsgewalt haben.

  • Nachbetrachtung zur 1:12-Initiative

    Ich habe mich mit Philipp Federer auf lu-wahlen.ch über die 1 zu 12-Initiative gestritten, bestätige ihm jetzt aber gerne, dass seine Nachbetrachtung besonnen ist und weiterführend, zu 90 Prozent wohl zutreffend. Die Initianten des Anliegens 1 zu 12 müssen sich für nichts entschuldigen, und es handelt sich bei ihnen auch nicht um kommunistische Idioten. Zur Präzisierung erlaube ich mir noch anzumerken: 1. Kommunismus fordert nicht 1 zu 1, da hat man Friedrich Engels nicht gelesen, etwa seine eindrucksvolle Abhandlung "Uber die Autorität" von 1872, wo er in Sachen Führung klar den Tarif angibt und die Mitbestimmung Unqualifizierter und Unkompetenter, auch aus der Arbeiterschaft, sowie jeglichen Anarchismus zurückweist. Gleichmacherei ist unkommunistisch und undialektisch. In der DDR, Kuba, China usw. herrschte bei Löhnen und Entschädigungen ein Verhältnis von klar unter 1 zu 12, aber natürlich nie 1 zu 1. Manager Schalck-Golodkowski, der mit Strauss einen Milliardenkredit für die DDR vereinbarte, war mit Honeckers Putzfrau sicher nicht zu vergleichen. Das Wichtigste in jedem kommunistischen System waren aber eher unbeschränkte Privilegien als hohe Löhne. Ein mir persönlich gut bekanntes intellektuelles Ehepaar aus der Nomenklatura, mit dem ich Gespräche führte, machte jeweils in Bad Ragaz Ferien, wo sie auch den Service für den VW-Golf machen liessen, während 17 Millionen Menschen in der DDR eingesperrt blieben. 2. Gestern war die erste Generalversammlung der im Kanton Solothurn domizilierten börsenkotierten Schaffner-Group, einem führenden Elektronik-Konzern, seit Annahme der Minder-Initiative, welche von Economiesuisse mit ungefähr gleichem Aufwand wie 1 zu 12 und die "Masseneinwanderungsiniative" bekämpft wurde, einschliesslich eines Films von Michael Steiner, in dem die Verarmung der Schweiz bis 2035 prognostiziert wird. Obwohl die Ausführungsbestimmungen noch nicht in Kraft sind, hielt man sich flächendeckend an die Vorgaben der Minderinitiative und blieb auch klar innerhalb des Rahmens von 1 zu 12. Der höchste Lohn, nämlich der für den hochqualifizierten deutschen CEO Hagemann, der auch bei BMW und anderen Firmen noch Bezüge erhält, wurde vorschriftsgemäss auf Fr. 958 000.- festgelegt. Immerhin kann man in diesem Fall von Selbstregulierung sprechen, wiewohl ich keine grössere Einschränkung annehme. Aber immerhin verdient der Nachfolger von Vasella dank der Minderinitiative und vor allem dank der von diesem politischen Vorstoss geförderten grösseren Transparenz jetzt bei Novartis nur noch einen Bruchteil von Vasella. Man kann also nicht sagen, der von bürgerlicher und sozialdemokratischer Seite produzierte Druck hätte überhaupt nichts bewirkt.

  • Und am Morgen zuerst: Schellenmatt mit Kühen

    Ich habe am Anlass nicht teilgenommen, weil ich mit der politischen Beanspruchung von Klaus von Flüe Mühe habe. Er rettete nämlich die Schweiz, weil er sie als einziger Schweizer gerade nicht retten wollte. Der Satz "Machet den Zun nicht zu wit" wird verständlich aus dem Entlebucher Zaunrecht von ca. 1479. Es geht hier tatsächlich um Grenzen setzen, das Mein und Dein, aber auch Dämonisches, die "Hagazussa" ist die Hexe, die hinter dem Zaun sitzt. Der Satz von Klaus v. Flüe, der zwar spät belegt ist, den ich aber als authentisch einschätze, hat seine Bedeutung, ist auch noch aus dem Zusammenhang zu verstehen, dass damals, d.h. wenig später die Grenzumritte aufkamen. Es sollten also der Jugend Grenzen gezeigt werden. Dass nun aber statt Blocher zu kritisieren von Heidi Borner Philipp Anton von Segesser mit der Antisemitismuskeule belegt wird, ist in diesem Zusammenhang weichgespülte Mainstreamhistorie. Es gibt Antisemitisches bei Pestalozzi, Verfassungsvater Steiger, der überdies bei jeder Gelegenheit Siegwart-Müller als Ausländer abqualifizierte, Philosoph Troxler , Kunsthistoriker Jacob Burckhardt (der auf der Tausendernote) usw. Beim Versuch der Emanzipation der Juden hat die radikale AG-Regierung 1862 so viele Fehler gemacht, dass ein Ja des Volkes ausgeschlossen war. Das Argument, "das hat Blocher nicht gesagt", ist sowieso das Billigste. Für mich ist Segesser, dessen historische Schriften, etwa die vierbändige Rechtsgeschichte des Kantons Luzern und die Geschichte des Stanser Verkommnisses, bedeutender sind als meine und Frau Borners Lebensleistung, vor allem der mutigste und gelehrteste konservative Politiker Luzerns aller Zeiten, so wie Steiger der mutigste Liberale war. In einer Zeit allgemeiner nationalistischer Erregung stimmte er in Bern als einziger 1857 gegen die chauvinistisch-republikanische "Roulez-tambours"-Entschliessung des Nationalrates, und als einziger konservativer Schweizer Katholik formulierte er Vorbehalte gegen das päpstliche Unfehlbarkeitsdogma von 1870, was für einen frommen Mann enorm mutig war. Vom Bildungsniveau her erreicht kein heutiger Politiker der Innerschweiz und auch Blocher nicht das Format Segessers, über den sich nach meiner Erfahrung auch die Professoren der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Uni LU noch etwas besser ins Bild setzen sollten. Wenn allzu schwärmerisch von der Verfassung von 1848 geträumt wird, was auch bei SVP-Kreisen vorkommt, könnte man sich bei Segesser noch im kritischen Sinn besser ins Bild setzen. Die CVP Luzern hat sich bei ihrer zwar missglückten Opposition gegen die Reform der Statthalterkreise endlich wieder mal an den Geist Segessers erinnert. PS. Bei Segesser war der Antisemitismus etwa 10 Prozent so wichtig wie der Antijesuitismus bei den Liberalen. Diese zeitbedingten Positionierungen ändern nichts daran, dass Blocher ein von der CVP arg vernachlässigtes konservativ-föderalistisches Gedankengut für seine Zwecke nutzbar zu machen versucht. Interessant ist aber, dass der neue Präsident der Jungen CVP Schweiz in der neuesten Nummer der "Civitas" erstmals wieder seit Generationen ein gutes Wort für den Föderalismus einlegt.