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Soll aus Kostengründen in den Zuger Stadtschulen die Schülerzahl pro Klasse erhöht werden?

Für die SVP Stadt Zug ist klar: Die «Reformitis» im Schulbereich belastet die Lehrkräfte und die hohen Kosten für kleine Klassen zahlen sich nicht aus. Die SVP reichte dazu ein Postulat ein, in dem gefordert wird, die Klassengrösse an die gesetzlichen Vorgaben anzupassen. Auf der Primarschulstufe heisst das, 22 Schülerinnen und Schüler pro Klasse. Den Pro-Standpunkt nimmt SVP-Fraktionschef Manfred Pircher ein. Aus Kostengründen die Schülerzahl aufstocken, geht jedoch für SP-Gemeinderätin Christina Huber Keiser gar nicht. «Für Reformen sind nicht ökonomische, sondern pädagogische Ziele massgebend», sagt sie.

Aufwand und Ertrag stimmen nicht

Die Stadt Zuger SVP vertritt die Ansicht, dass sich die hohen Kosten für kleine Schulklassen nicht auszahlen. Aus finanzpolitischen und bildungspolitischen Überlegungen fordert die Stadt Zuger SVP, dass das Schulgesetz hinsichtlich der Klassengrössen eingehalten wird. Im Zuger Schulgesetz heisst es bei Paragraph 12: Die Einteilungen und Zuweisungen sind so vorzunehmen, dass die einzelnen Klassen wenn möglich die Richtzahl erreichen. Für die Primarschule beträgt diese Richtzahl 22 Schülerinnen und Schüler. Vom Gesetz her könnten die Vorgaben also nicht klarer sein.

32 Milliarden Franken lässt sich die Schweiz ihr Bildungssystem kosten. Das ist nach der Sozialhilfe der zweitgrösste Budgetposten überhaupt. Was den Anteil der Bildungsausgaben an den Gesamtausgaben anbelangt, ist die Schweiz Weltmeister. Und im Kanton Zug? Von jedem Franken, den Kanton und Gemeinden ausgeben, fliessen rund 25 Rappen in die Bildung. Auch das ist Weltspitze. Dass die Personalkosten den Löwenanteil der Bildungsausgaben ausmachen, liegt in der Natur der Sache. Die Löhne für die Zuger Lehrpersonen gehören im Bereich Kanti, Sek und Primarschule zu den besten der Schweiz. Dagegen ist nichts einzuwenden. Die Löhne sind transparent. Jeder, der fähig ist und will, kann und soll den Beruf ergreifen.

Aufgrund der hohen Personalkosten ist die Frage der Klassengrösse die wichtigste Frage im Zusammenhang mit den Bildungsausgaben überhaupt. Ob für rund 1100 Stadt Zuger Primarschüler 50 oder 60 Lehrpersonen angestellt sind, macht nur schon rein lohnmässig einen Unterschied von weit über einer Million Franken aus. Auf der anderen Seite sind die schulischen Gewinne, welche sich mit kleineren Klassen (18 Schüler anstelle von 22) erzielen lassen, verschwindend klein und von der Wissenschaft kaum nachweisbar. Aufwand und Ertrag stimmen ganz sicher nicht.

Wer die Schulqualität verbessern und Lehrpersonen entlasten will, muss den Hebel an einem anderen Ort ansetzen. Zum Beispiel bei den Fremdsprachen oder bei der integrierten Förderung. Oder ganz grundsätzlich: Wie viele Franken könnten wohl gespart werden, wenn nicht ständig am Bildungssystem herumgebastelt würde? Die Reformitis im Schulbereich belastet viele Zuger Lehrpersonen viel stärker als eine Klassengrösse, die der gesetzlichen Richtzahl entspricht. Wenn es darum geht, auf die Reformbremse zu treten, kämpft die SVP an vorderster Front. Umgekehrt verlangt die SVP aber auch, dass das Schulgesetz und damit die Richtzahl 22 eingehalten werden.

Klassenvergrösserung funktioniert nicht nach simpler «Milchbüchleinrechnung»

In der Stadt Zug beträgt die durchschnittliche Klassengrösse rund 17 Schülerinnen und Schüler. Das Gesetz sieht einen Richtwert von 22 für die Primarstufe und 18 für Kindergarten und Sekundarstufe vor.

Bei dieser Ausgangslage scheint es verlockend, eine Erhöhung der Klassengrössen zu fordern, um Kosten im Bildungswesen einsparen zu können. Wenn man sich aber differenzierter mit dem Thema auseinandersetzt, gibt es zwei zentrale Punkte, welche das Ansinnen fragwürdig erscheinen lassen. Erstens müssen Reformen im Bildungsbereich aus pädagogischen und nicht aus ökonomischem Gründen gemacht werden. Und zweitens sind einer Erhöhung der Klassengrösse strukturelle Grenzen gesetzt.

In pädagogischer Hinsicht gibt es einige Belege dafür, dass sich kleinere Klassen vorteilhaft auf die Leistungen der Schülerinnen und Schüler auswirken können. Die Forschungslage ist aber keinesfalls eindeutig und natürlich macht die Klassengrösse alleine noch keine gute Schule aus. Viel ausschlaggebender sind die Lehrpersonen und die Art, wie sie unterrichten. Aus Studien wissen wir, dass die Berufszufriedenheit von Lehrpersonen in kleineren Klassen grösser ist. Zudem haben Lehrpersonen in kleineren Klassen mehr Spielraum für innovative Unterrichtsformen und schätzen dies auch. Diese beiden Aspekte wirken sich natürlich unmittelbar auf die Qualität des Unterrichts aus.

In der Debatte muss zudem berücksichtigt werden, dass die Bestimmung der Klassengrössen in der Realität nicht nach einer simplen «Milchbüchleinrechnung» funktioniert. Wir können die 1'948 Schülerinnen und Schüler der Stadt Zug nicht einfach durch 22 dividieren und daraus schlussfolgern, dass wir nur 88.5 an Stelle der heute bestehenden 115 Klassen brauchen. Zudem gibt es auch organisatorische Grenzen. Stellen Sie sich vor, im Schulhaus X sollen nach den Sommerferien 30 Kinder eingeschult werden. Sie haben faktisch nur zwei Möglichkeiten: Entweder bilden Sie zwei Klassen mit 15 Schülerinnen und Schüler, womit Sie den Richtwert nicht erreichen. Oder Sie bilden nur eine Klasse und teilen einige der Schülerinnen und Schüler einem anderen Schulhaus zu, was nicht immer möglich ist.

Eine Erhöhung der Klassengrössen ist also nicht per se falsch, doch muss sie in jedem Falle pädagogisch vertretbar und dann auch noch organisatorisch möglich sein. Genau nach diesem Prinzip bildet auch die Stadt Zug ihre Klassen und das ist richtig so.