So oft kracht es in Zug und Luzern

Turbo-E-Bikes nehmen zu – Unfälle auch

Immer mehr E-Bikes sind auf Schweizer Strassen unterwegs. (Symbolbild: Adobe Stock)

Mit 45 Kilometer pro Stunde durch die Stadt – E-Bikes machen es möglich. Doch mit der Geschwindigkeit steigt auch die Gefahr eines Unfalls, zeigt eine neue Studie.

Gedrückte Kauflaune, ein schlechter Frühling und ein brutal heisser Sommer: So erklärt der Schweizer Lieferantenverband Velosuisse, warum der Veloabsatz 2023 im Vergleich zum Vorjahr gesunken ist. Nur ein Modell konnte weiter zulegen – das E-Bike45.

Sogenannte S-Pedelecs unterstützen bis zu 45 Kilometer pro Stunde. «Sie werden vorzugsweise von Pendlern benutzt, die Autofahrten ersetzen», schreibt der Verband. Der Verkauf solcher Turbo-E-Bikes sei im letzten Jahr um 16,6 Prozent auf 26'559 Fahrzeuge gestiegen – klimapolitisch sei das eine gute Nachricht.

Tödlichkeit von E-Bike-Unfällen meist höher als von Velounfällen

Doch mit mehr Tempo steigt auch die Gefahr. «Aus der Forschung wissen wir, dass mit steigender Geschwindigkeit grundsätzlich sowohl die Unfallwahrscheinlichkeit als auch die Unfallschwere zunehmen – und zwar exponentiell», schreibt die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) auf Anfrage.

Gemäss BFU-Statistik gab es im letzten Jahr schweizweit 2082 Unfälle mit E-Bikes und rund 3000 Unfälle mit normalen Velos. Zwischen E-Bike-Geschwindigkeiten wird nicht unterschieden. Die Letalität, also die statistische Gefahr, bei einem E-Bike-Unfall zu sterben, war in den letzten zwölf Jahren aber fast immer höher als bei Unfällen mit normalen Velos.

Neue Studie vergleicht Unfälle von E-Bikes und Motorrädern

Auch eine neue Studie des Universitätsspitals Zürich (USZ) verweist auf die Gefahr von E-Bike-Unfällen. Sie zeigt, dass die Kopfverletzungen von verunfallten E-Bike-Fahrerinnen jenen von Töfffahrern ähneln, die stürzen.

«Bei Unfällen mit E-Bikes kommt es häufig zu schweren Kopfverletzungen – obwohl E-Bikes aufgrund ihrer geringeren Geschwindigkeit im Vergleich zu Motorrädern als sicherer gelten», resümieren die Autoren. Sie haben dafür Daten von 1068 Patientinnen ausgewertet, die zwischen 2009 und 2018 am USZ behandelt wurden.

Dabei ergab sich ausserdem, dass verunfallte E-Biker mit 55 Jahren im Schnitt deutlich älter waren als Velofahrerinnen (42 Jahre) und Motorradfahrer (40 Jahre), die einen Unfall erlitten. Zudem zeigten sie häufiger Anzeichen schwerer Kopfverletzungen, obwohl zwei Drittel der E-Bikerinnen beim Unfall einen Helm trugen.

Steigende E-Bike-Unfälle in Luzern und Zug – und ihre Ursachen

Auch die Polizei in der Zentralschweiz beobachtet den Trend. In Luzern verunfallten im letzten Jahr 172 Fahrer mit einem E-Bike, in fast allen Fällen gab es einen Personenschaden. Das sind doppelt so viele Unfälle und Personenschäden wie vor fünf Jahren, zeigt die Auswertung der Luzerner Polizei. Im letzten Jahr zeichnete sich zwar eine leichte Trendwende ab. Ob sie andauert, ist aber ungewiss (zentralplus berichtete).

In Zug nahm die Anzahl E-Bike Unfälle in der gleichen Zeit weniger zu; 2019 verunfallten 35 Fahrerinnen, im letzten Jahr 48. Dafür hat die Zuger Polizei deutlich mehr Daten erhoben, wie es zu den Unfällen kam und wer verantwortlich war.

Sie zeigen, dass die Gefahr von E-Bike-Unfällen mit dem Alter deutlich steigt. Im Jahr 2023 verunfallten im Kanton Zug 17 E-Biker über 65 Jahren, 12 Fahrerinnen zwischen 45 und 64 Jahren, nur sieben verunfallte E-Bike-Fahrer waren jünger. Als Gründe nennt die Polizei Unaufmerksamkeit, Alkohol, in der Strassenmitte fahren und illegales Kreuzen sowie rutschige Strassenverhältnisse.

Kantonsspitäler führen keine Statistik

In den hiesigen Spitälern fehlen hingegen Daten zum Unfallgeschehen. Das Zuger Kantonsspital erklärt auf Anfrage, weder Daten zu verunfallten E-Bike-Fahrern noch über die Schwere oder Ursachen der Unfälle zu haben. Im Notfallzentrum führe das Spital keine Statistik.

Ein wenig auskunftsfreudiger ist das Luzerner Kantonsspital. Ein Sprecher erklärt ebenfalls, dass es keine Statistiken zu den Arten von Unfällen gebe. «Gefühlt nehmen Behandlungen von E-Bike-Unfällen am Luzerner Kantonsspital aber zu.» Das BFU und die Studienautoren aus Zürich betonen daher beide: E-Biker sollten unbedingt Helm tragen – die Gefahr bleibt trotzdem höher.

Verwendete Quellen
  • Studie des Universitätsspitals Zürich
  • Schriftlicher Austausch mit den Kantonsspitälern Zug und Luzern
  • Schriftlicher Austausch mit den Kantonspolizeien Zug und Luzern
  • Bericht von Velosuisse
  • Schriftlicher Austausch mit der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU)
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