Nach Nahezu-Austrocknung

Ausgetrockneter Gütschweiher: Das Leben findet einen Weg

Der Gütschweiher gibt wieder ein stattliches Bild ab. Samuel Ehrenbold von Pro Natura erklärt, warum eine zeitweilige Austrocknung aber auch Vorteile hat. (Bild: cbu / zvg)

Sah es vor wenigen Wochen noch so aus, als würde der Gütschweiher in Luzern gänzlich verschwinden, präsentiert sich das Gewässer wieder gesünder. Zumindest im Moment.

Es war ein jämmerlicher Anblick, der sich Spaziergängern und Wanderinnen im Gütschwald bot. Im Juli, nach langanhaltender Trockenheit und hohen Temperaturen, war vom stattlichen und idyllischen Gütschweiher nicht mehr viel übrig geblieben. Das Gewässer war zu einem kümmerlichen Tümpel zusammengeschrumpft. Zahlreiche Fische – die Leute hier unerlaubt ausgesetzt haben – verendeten im Schlick (zentralplus berichtete). Und die Schildkröten – ebenfalls unerlaubt ausgesetzt – verschwanden von der Bildfläche. Ihr Schicksal ist ungewiss, als Amphibien dürften sie aber massiv bessere Überlebenschancen gehabt haben.

Die Stadt Luzern beschloss, nicht einzugreifen und der Natur freien Lauf zu lassen. Ein Hoffnungsschimmer blieb nämlich. Stefan Herfort, Bereichsleiter Natur- und Landschaftsschutz der Stadt Luzern, zeigte sich im Juli gegenüber zentralplus zuversichtlich, dass sich der Gütschweiher als Lebensraum und Ökosystem wieder erholen wird.

Der Weiher hat sich erholt

Und das hat er. Wie der Chaostheoretiker Ian Malcolm schon in Steven Spielbergs Blockbuster-Film «Jurassic Park» wusste: «Das Leben findet einen Weg.» So desolat die Situation im Juli aussah, so erfreulich präsentiert sich der Gütschweiher anfangs September. Ein jüngster Augenschein beweist: Der Weiher macht seinem Namen wieder alle Ehre.

Das Wasser des beliebten Ausflugsorts reicht wieder bis an den Wanderweg heran. Am Ufer wachsen wieder Farnbüsche und anderes Gestrüpp. Ob sich jedoch Fische im Gewässer tummeln, ist unklar, beim Besuch vor Ort liessen sich zumindest keine entdecken. Auch die Buchstaben-Schmuckschildkröten liessen sich nicht blicken. Dafür zog eine kleine Gruppe Stockenten gemütlich ihre Runden auf dem Wasser.

Über den Gütschweiher

So sehr sich der Gütschweiher ins heutige Bild des Gütschwaldes eingeprägt hat, natürlichen Ursprungs ist er nicht. Das Gewässer wurde einst künstlich aufgestaut. Die Baumstämme, die aus dem Wasser ragen, sind noch Zeugen von abgestorbenen Bäumen, die den Wasseranstieg damals nicht überlebten. Allerdings besteht auch die Möglichkeit, dass hier bereits früher ein Weiher existierte, der dann entwässert wurde – so schildert es zumindest eine Informationstafel vor Ort.

Austrocknungen sind keine Seltenheit

Fälle wie der Gütschweiher sind keine Seltenheit. «Temperatur- und Niederschlagsschwankungen sind Teil der Umweltbedingungen und die meisten Tier- und Pflanzenarten sind sehr gut angepasst an diese Schwankungen», schreibt Samuel Ehrenbold, stellvertretender Geschäftsführer von Pro Natura Luzern, gegenüber zentralplus. Selbst, wenn im Sommer vereinzelt Gewässer austrocknen, Seetemperaturen steigen oder gewässernahes Land überschwemmt wird, habe das gemäss Ehrenbold kurz- und mittelfristig kaum einen Einfluss auf Tiere und Pflanzen.

Denn im Laufe der Zeit werden Gewässer wie etwa der Gütschweiher immer wieder austrocknen und später wieder viel Wasser führen. Selbst wenn eines austrocknen sollte und die Tiere darin grösstenteils verenden, muss das nicht zwangsweise das Ende dieser Arten in einem Gebiet sein. Sind die Bedingungen nämlich gut, wandern die meisten dieser Tierarten wieder ein und besiedeln den Ort von Neuem.

Lange Hitzeperioden können die Artenvielfalt verändern

Es gibt auch Profiteure solcher Austrocknungen, wie Ehrenbold erklärt. «Etliche Arten sind nämlich auf konkurrenzarme Verhältnisse angewiesen. Die Austrocknung eines Kleingewässers schafft auf einen Schlag solche Bedingungen.» Darunter etwa die Gelbbauchunke, die auch im Naherholungsgebiet Allmend anzutreffen ist. Sie pflanzt sich gerne in Tümpeln fort, die frei von räuberischen Arten sind. Denkbar also, dass die Trockenzeit beim Gütschweiher dafür gesorgt hat, dass es sich andere Tiere vor Ort gemütlich gemacht haben.

Bleibt es jedoch über längere Zeit heiss oder kommt es zu ausgedehnten Trockenperioden, kann das gemäss Samuel Ehrenbold durchaus die Tierwelt eines Gebiets verändern. Bleibt es nämlich anhaltend warm, besiedeln wärmeliebende Tiere – und Pflanzen – die Regionen. «Sie profitieren von den sich ändernden Bedingungen und können ihr Verbreitungsgebiet im Laufe der Jahre ausdehnen.»

Auch der Mensch hat Schuld

Die gegenwärtigen Wetterbedingungen haben verschiedene Einflüsse auf Zentralschweizer Gewässer. So haben die hohen Temperaturen nicht nur Gewässer wie den Gütschweiher fast trockengelegt, sie haben auch die Wassertemperatur erhöht. Das führte beispielsweise beim Baldeggersee und beim Zugersee, die stark mit Nährstoffen belastet sind, zu einem sprunghaften Anstieg des Algenwachstums. Darunter auch der giftigen Blaualgen, die sowohl für Tiere als auch Menschen gefährlich sein können (zentralplus berichtete).

Nebst den Wetterbedingungen ist es laut Samuel Ehrenbold vor allem die Landnutzung durch den Menschen, welche die Biodiversität negativ beeinflussen. Die Fläche und der Zustand der Lebensräume sei bedenklich schlecht, schreibt er. «Hätten wir noch mehr artenreiche Flächen zur Verfügung, würden sich extreme Witterungsperioden auch weniger drastisch auswirken.»

Verwendete Quellen
  • Augenschein vor Ort
  • Schriftlicher Austausch mit Samuel Ehrenbold, Geschäftsführer Pro Natura Luzern
  • Website Pro Natura Luzern
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