Brünzeln ohne Wasser?

Zuger Regierung will Pissoirs weiterhin mit Wasser spülen

Das WC gilt nicht selten als Visitenkarte eines Betriebs. (Bild: Adobe Stock)

Im Kanton Zug forderten Politiker, dass Pissoirs mit weniger Wasser auskommen. Die Zuger Regierung findet, dass wasserlose Pissoirs jedoch zu teuer seien – und übel riechen könnten.

Das stille Örtchen wird immer wieder zum Politikum. Etwa dann, wenn es Grüsel-WCs gibt, die in städtischem Besitz sind und für erzürnte Gesichter und zugehaltene Nasen sorgen (zentralplus berichtete). Oder weil es zu wenig Toiletten gibt (zentralplus berichtete) oder zu wenige, die alle gleichermassen ansprechen (zentralplus berichtete).

Kürzlich hat sich auch die Zuger Regierung mit WCs auseinandersetzen müssen. Genauer gesagt mit Pissoirs, deren Wasserverbrauch und stinkigen Gerüchen.

Zuvor forderten die vier Zuger Kantonsräte Jean Luc Mösch und Erich Grob (beide Mitte), Stéphanie Vuichard (ALG) und Jill Nussbaumer (FDP), dass beim WC-Gang in kantonalen Liegenschaften mehr Wasser gespart werden solle – denn es sei wichtig, sparsamer mit Trinkwasser umzugehen.

Politiker forderten wasserlose Pissoirs bei Neubauten

In einem Vorstoss forderten sie die Regierung auf, bei Neubauten des Kantons nur noch auf wasserlose Pissoirs zu setzen. Bei Standardpissoirs würden pro Spülung drei Liter Trinkwasser verbraucht. «Mit einer wasserlosen Variante können ausgehend von 250 Betriebstagen und bei einer Mitarbeiterzahl von 50 Herren im Durchschnitt 150’000 Liter Trinkwasser pro Jahr eingespart werden», so rechnen sie vor.

«WCs und Urinale sind auch eine Visitenkarte eines Betriebs.»

Die Zuger Regierung

Viele dieser wasserlosen Pissoirs besitzen ein Siphon, das mit einer besonderen Sperrflüssigkeit gefüllt ist. Diese ist leichter als Urin und kann sich mit diesem nicht vermischen. Gelangt Urin ins Pinkelbecken, sinkt dieser nach unten und fliesst ab.

Wasserlose Pissoirs müssen viel geputzt werden …

Nun liegt der Bericht und Antrag der Zuger Regierung vor. Diese beantragt, das Postulat als nicht erheblich zu erklären. Die Regierung findet zwar auch: Natürliche Ressourcen sollen nicht verschwendet werden. Wasserlose Pissoirs sparen zweifellos Wasser – dem stünden jedoch mehrere Nachteile gegenüber. So müssen diese wasserlosen Pissoirs, je nachdem, wie oft sie benutzt werden, mehrmals täglich gereinigt werden. «Der Aufwand und die Kosten für die Reinigung und Wartung zur Gewährleistung der Geruchsfreiheit sind bei wasserlosen Urinalen sehr hoch», so die Schlussfolgerung der Regierung.

Der Geruch könne dann zum Problem werden, wenn das Entlüftungssystem nicht effizient funktioniere oder das Trockenmaterial nicht richtig verwendet werde. Dass WCs stinken, möchte die Regierung vermeiden. Denn dies könne den Eindruck erwecken, dass diese zu wenig geputzt würden. Und es gilt: «WCs und Urinale sind auch eine Visitenkarte eines Betriebs.»

… und sie kosten dreimal so viel wie normale

Der Kanton Zug hat seine Liegenschaften inklusive Mietobjekten mit über 319 Spülpissoirs ausgestattet. 28 davon werden mit Regenwasser betrieben. Pissoirs, die ganz ohne Wasser funktionieren, kosten einiges mehr. So kostet die Reinigung sämtlicher Pissoirs mit einer Wasserspülung pro Jahr 17’760 Franken. Die Reinigung wasserloser Pissoirs hingegen würde satte 53’280 Franken pro Jahr kosten – also dreimal so viel.

Dem gegenüber stehen die Kosten des Wasserverbrauchs. Bei den Pissoirs mit Wasserspülung summiert sich der Wasserverbrauch pro Jahr auf rund 24’500 Franken. Bei den wasserlosen sind es nur 1531 Franken.

Alles in allem findet es die Zuger Regierung unsinnig, bei kantonalen Neubauten künftig wasserlose Pissoirs einzusetzen, so wie dies die Postulanten gefordert haben. Um es in den sperrigen Worten der Regierung zusammenzufassen: «Die Nutzerfrequenzen sind zu niedrig, und eine geruchsfreie Anlage könnte nur mit einem sehr hohen Reinigungs- und Wartungsaufwand gewährleistet werden.» Pissoirs mit Spülung sollen auch künftig eingesetzt werden – bei Neubauten werde geprüft, ob es mit Regenwasser möglich sei.

Künftig solle es bei Pissoirs aber möglich sein, mithilfe eines Wassermagnets die Wassermenge pro Spülung zu reduzieren: auf 0,5 bis 2 Liter, in Abhängigkeit der Nutzerfrequenz. Infrarotsensoren messen, wie oft jemand vor dem Pissoir steht. Wenn es viele sind, sind die Spülintervalle kürzer, als wenn nur selten jemand das Pissoir benutzt. Gemäss Angaben der Regierung sollen so mindestens 50 bis 75 Prozent des heutigen Wasserverbrauchs für die Spülung eingespart werden.

Mitte-Kantonsrat hätte sich mehr erhofft

Der Zuger Mitte-Kantonsrat Jean Luc Mösch hätte sich mehr erhofft. «Es stimmt, dass wasserlose Urinale Unterhalt und Pflege benötigen, aber das braucht jedes WC.» Jede Toilette müsse regelmässig gereinigt und entkalkt werden, und auch der Spülkasten benötige Pflege.

Wasserlose Urinale seien bereits heute vielerorts in Betrieb, gerade auf Autobahnen. «Die Geruchsimmissionen sind überhaupt nicht schlimm. Zumal auch aus WCs mit Wasserspülungen unangenehme Gerüche austreten können.» Mösch führt auf, dass auch nur bedingt wasserlose Pissoirs infrage kommen könnten – also solche, die nur ein- bis zweimal täglich gespült werden. So werden allfällige Urinreste komplett hinuntergespült. Solche Pissoirs könne er sich gerade an Orten vorstellen, wo WCs häufig frequentiert würden – wie beispielsweise im Eishockeystadion.

Er finde es zwar löblich, dass die Regierung bei Neubauten prüfe, ob die Toiletten mit Regenwasser gespült werden könnten. «Jedoch finde ich, dass in allen Neubauten konsequent WC-Spülungen mit Regenwasser installiert werden sollten. Trinkwasser ist viel zu kostbar, um es jeden Tag literweise in die Kanalisation zu spülen.»

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Hanswurst
    Hanswurst, 22.02.2024, 18:17 Uhr

    Fragt der grosse Pissoirbenutzer den kleinen Mitbenutzer: „Wieso blinzelst du immerzu?“ Der Kleine: „Es spritzt so von dir!“ Ich denke dieser Witz weist auf die Hauptursache des Problems hin, das unabhängig von der Art der Spüle ist.

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  • Profilfoto von James' Meinung
    James' Meinung, 22.02.2024, 14:44 Uhr

    Man könnte auch das überschüssige Pasta-Wasser dafür verwenden. So bleibt alles im Kreislauf und die Verschwendung wird auf ein Minimum beschränkt. Jetzt Mal im Ernst: Jeder, der einmal "notfallmässig" mit seinem Kleinkind im McDonalds auf die Toilette musste, will keine Wasserlosen Pissoirs.

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  • Profilfoto von Hegard
    Hegard, 22.02.2024, 12:09 Uhr

    Für WC Spühlung kann man auch gefiltertes Grauwasser (mit Zitronenduft) benutzen. Schwarzwasser sollte für die Zukunft in Biogas Anlagen genutzt werden. Damit könnte Strom und Fernwärme Abhängigkeit abgeschafft werden, wenn zB jedes Dorf eine Biogasanlage betreibt (nachhaltiger Rohstoff gratis).

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