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In Emmen soll es mehr öffentliche Toiletten geben – das zumindest fordert ein Einwohnerrat von der Gemeinde. Das Anliegen ist nicht neu. Vor sechs Jahren endete die Debatte darüber im Nichts.
Wirft jemand ein Haar in ein öffentliches WC der Stadt Luzern, kommt es in Emmen an. Denn das Wasser fliesst wie das übrige Abwasser in die ARA Buholz der Firma Real. Wer in Emmen ein Haar in eine öffentliche Toilette werfen will, muss weit gehen. Denn dort gibt es kaum eines.
Dass die Gemeinde Emmen trotz ihrer Grösse kaum WC-Anlagen anbietet, stört den unabhängigen Einwohnerrat Paul Jäger. «Als ältere Person oder als Elternteil eines Kleinkindes ist es in Emmen schwierig, eine frei zugängliche Toilette zu finden. Respektive einen Ort, um das Kleinkind zu wickeln», schreibt er zentralplus. Jäger hat deswegen beim Gemeinderat ein Postulat eingereicht.
Forderung nach öffentlichen Toiletten in Emmen
Jäger fordert die Exekutive auf, in einem Bericht Orte für öffentliche Toiletten aufzuzeigen. Dabei schielt der Einwohnerrat auch auf Toiletten, die es bereits gibt. Diese könnte die Gemeinde für die Allgemeinheit öffnen.
Folgende Beispiele listet er auf: Barackenlager Riffigweiher, Tramhüsli beim Centralplatz, Hauptloge RUAG, Militärflugplatz, Schiessstand Hüslenmoos und Badi Mooshüsli. «Mit kleinem Aufwand sollte es so möglich sein, zu einer kostengünstigen Lösung zu kommen», erklärt er.
Ausserdem spricht er sich für das Projekt «nette Toilette» aus. Bei diesem Projekt, das die Stadt Luzern seit Jahren kennt, bieten Restaurants ihre WCs auch für Nichtgäste an. Auf einer Karte sind diese «nette Toiletten» aufgeführt. Bereits im Jahr 2016 forderte der Einwohnerrat Roland Müller (SVP) inhaltlich das Gleiche wie Jäger jetzt.
Vor sieben Jahren schoss der Einwohnerrat die Idee ab
Müllers Postulat stiess anfangs auf Wohlwollen. Der Gemeinderat entwickelte einen Plan und legte ihn dem Einwohnerrat im Jahr 2017 vor. Dieser sah ein provisorisches WC beim Bushof am Seetalplatz und die Einführung des Projekts «nette Toilette» vor. In der Vorabklärung hatten 13 Betriebe der Idee zugestimmt und angeboten, ihre Toiletten zur Verfügung zu stellen. Das WC am Bushof sollte 25’000 Franken kosten, das Projekt «nette Toilette» 7500 Franken.
Im Angesicht von Spardruck und Angst vor Vandalismus lehnte der Einwohnerrat den Kredit aber ab. Hat sich das Parlament die fehlenden öffentlichen WCs also selbst zuzuschreiben? «Wahrscheinlich schon», schreibt Paul Jäger. Mittlerweile seien aber über sechs Jahre vergangen, und es sei nichts passiert. Mit seinem Vorstoss will er das Thema wieder auf den Tisch bringen.
Emmen hinkt nach in Sachen öffentliche Toiletten
Tatsache ist, dass Emmen das Thema öffentliche WCs im Vergleich zur Stadt Luzern vernachlässigt. Im vergangenen Herbst hat der Luzerner Stadtrat seinen dritten Masterplan WC präsentiert. Auf 39 Seiten illustriert er, was in den nächsten zehn Jahren in Sachen öffentliche Toiletten geplant ist. Unter anderem will die Stadt für sieben Millionen Franken sieben neue Anlagen bauen (zentralplus berichtete). Ausserdem gibt es eine neue Karte mit allen Standorten öffentlicher Toiletten (zentralplus berichtete).
Anders in Emmen: Hier fehlt eine Übersicht, wo es in der Gemeinde überhaupt öffentliche WC-Anlagen gibt. Die Gemeinde schreibt auf Anfrage von zentralplus, ein GIS-Datensatz sei geplant, aber noch nicht umgesetzt. Und was ist mit Jägers Vorwurf, dass in den vergangenen sechs Jahren nichts passiert sei? Die Gemeinde schreibt, der Einwohnerrat hätte den Kredit vor sechs Jahren nicht unterstützt. «Entsprechend wurde der Ausbau von öffentlichen WC-Anlagen nicht weiterverfolgt.»
Gemeinde Emmen appelliert an Eigenverantwortung
Wenn der Einwohnerrat Jägers Postulat für erheblich erklärt, wird der Gemeinderat einen neuen Bericht zu WCs ausarbeiten. Findet sich dieses Mal eine Mehrheit, könnte Emmen mehr öffentliche Toiletten erhalten. Bis dahin appelliert die Gemeinde an die Eigenverantwortung der Bürger.
Wenn nötig, gebe es für die Notdurft beim Themenspielplatz, beim Hallenbad Mooshüsli sowie bei den Friedhofsanlagen öffentliche Toiletten, schreibt die Gemeinde. Wer woanders sei, könne sich «in Notfällen» an Gastronomiebetriebe und Verkaufsgeschäfte wenden. Ist das ein überzeugender Vorschlag? Für Roland Müller (SVP) nicht. Im Jahr 2016 schrieb der Einwohnerrat in seinem Vorstoss, eine «Gemeinde mit 30‘000 Einwohnern braucht ein Konzept für öffentliche WC-Anlagen».
Paul Jäger, der das Thema wieder in die Diskussion einbringt, sieht in den neuen Grossbauten am Seetalplatz eine Chance. «Hier sollte es möglich sein, ein Angebot zu realisieren.» Auch für den Zugang zu den WCs hat er eine Idee: entweder mit einer App oder einem Schlüsselkasten, der sich mit dem Smartphone öffnen lässt. So soll der Weg zum stillen Örtchen garantiert sein.
- Postulat von Roland Müller (SVP)
- Postulat von Paul Jäger (unabhängig)
- Website der Umweltberatung Luzern zu Abwasser
- Erläuterungen zum Masterplan WC der Stadt Luzern
- zentralplus Medienarchiv
- Schriftlicher Austausch mit Paul Jäger, Einwohnerrat Emmen
- Schriftlicher Austausch mit der Gemeinde Emmen