Nun müssen die Stimmberechtigten entscheiden

Wohnungsnot – für Zuger Parlament eine Mission impossible

In der Stadt Zug eine zahlbare Wohnung finden? Ein schwieriges Unterfangen. Eine Volksinitiative soll das Problem lindern. (Bild: bic)

Was tun gegen Wohnungsnot? In der Stadt Zug herrscht weithin Ratlosigkeit. Dies zeigte sich auch am Dienstag im Parlament, als der linken Volksinitiative «2'000 Wohnungen für den Zuger Mittelstand» nur wenig Unterstützung entgegengebracht wurde.

Der Kanton Zug ist ein attraktiver Wohnort, daran gibt es keinen Zweifel. Doch ein Problem, das den gesamten Kanton Zug betrifft, ist in der Stadt besonders stark zu spüren: Die Wohnungsmieten sind sehr hoch, Wohnraum ist rar. Auf dem freien Wohnungsmarkt finden sich oft kaum geeignete Liegenschaften zu vernünftigen Mietpreisen. Der politischen Linken ist dies ein Dorn im Auge. Und zwar nicht erst seit gestern, sondern seit Jahrzehnten.

Bereits 2012 lancierte sie mit «Wohnen in Zug für alle» eine Volksinitiative, die denn auch – wider den Wunsch des Grossen Gemeinderats – von der Zuger Stimmbevölkerung angenommen wurde. Weil gemäss der SP seither «trotz vieler Versprechungen wenig passiert» sei, liegt nun mit der Volksinitiative «2000 Wohnungen für den Zuger Mittelstand» ein neuer Vorstoss aus derselben politischen Ecke vor (zentralplus berichtete).

Gegen diesen hat sich der Zuger Stadtrat vor einigen Wochen in seinem Bericht und Antrag ausgesprochen (zentralplus berichtete). Einen Gegenvorschlag hat er hingegen nicht gemacht.

Am Dienstagabend debattierte der Grosse Gemeinderat (GGR) der Stadt Zug über die Initiative. Schnell und wenig überraschend stellte sich heraus: Besonders die Bürgerlichen vermochte der Vorstoss nicht aus den Socken zu hauen. Ihnen nämlich geht das Vorhaben zu weit.

Mehr Zuwanderung, weil günstiger Wohnraum?

«Die Initianten fordern, dass in allen Verdichtungsgebieten 40 Prozent des Wohnraums preisgünstig sein muss. Heute gilt dies für 20 Prozent der Mehrnutzung. Diese Verdoppelung ist ein massiver Eingriff in das Eigentumsrecht», befand etwa Mathias Wetzel, der für die FDP sprach.

Weiter kritisierte er, dass nicht definiert sei, für wen die 2'000 Wohnungen gebaut würden. «Da steht eine Zuger Familie in direkter Konkurrenz mit Familien aus Baar, Sins, Ebikon oder anderen Gemeinden.» Die Aussage, dass mehr preisgünstiger Wohnraum die Zuwanderung anheizen würde, teilten auch andere bürgerliche Parteien, so etwa die SVP.

SVP-Fraktionschef Roman Küng warnte davor, dass sich die Wohnungssituation gar zusätzlich verschlimmern würde, sollte die Stadt noch attraktiver werden. Die SVP vertrat überhaupt die Ansicht, dass der Stadtrat jetzt schon genug für den günstigen Wohnraum unternehme. Etwa mit dem geplanten Hochhaus «Pi» oder der Planungsvereinbarung auf dem L&G-Areal.

Angst vor Zuwanderung, doch mit Steuerrabatten liebäugeln?

Die an diesem Abend mehrfach geäusserte Angst, dass die Zuwanderung durch tiefere Wohnungspreise wachsen könnte, brachten SP-Mann Jérôme Peter in Rage: «Das ist doch zynisch. Ihr sorgt euch darum, wie man sichergehen kann, dass nur Zuger die Wohnungen mieten. Und gleichzeitig diskutieren wir über Steuerrabatte. Da wiederum scheint es euch egal, wenn Zuwanderer kommen ...»

«Es ist nicht möglich, das Problem des preisgünstigen Wohnraums mit 2'000 Wohnungen zu lösen. Das ist eine Mission impossible.»

David Meyer, GLP

Der GLP-Politiker David Meyer nannte die Initiantinnen «Träumerinnen». «Es ist nicht möglich, das Problem des preisgünstigen Wohnraums mit 2'000 Wohnungen zu lösen. Das ist eine Mission impossible.» Auch er stiess sich an den geforderten 40 Prozent preisgünstigen Wohnraums, die er als kontraproduktiv bezeichnete.

Meyer stellte fest: «Vielleicht müsste der Rat eher darüber diskutieren, ob die Stadt Zug ein unbegrenztes Wachstum möchte.» Die GLP empfahl zwar das Thema, gemeinsam mit allen bürgerlichen Parteien, zur Ablehnung. «Doch wollen wir das Thema nicht ruhen lassen. Wir wollen Lösungen.»

«Geht es nach den Initianten, haben wir in 17 Jahren kein Bauland mehr übrig. Wir sollten unseren Nachkommen auch noch etwas überlassen.»

Benny Elsener, Mitte

Mitte-Gemeinderat Benny Elsener gab zu bedenken: «Bauland ist in der Stadt Zug rar. Es darf keine zwingende Bauzeit festgelegt werden. Geht es nach den Initianten, haben wir in 17 Jahren kein Bauland mehr übrig. Wir sollten unseren Nachkommen auch noch etwas überlassen.» Überhaupt sprach die Mitte-Fraktion von einer Initiative mit einigen «Konstruktionsfehlern».

Der Parlamentarier wandte sich an den Stadtrat und sagte: «Gerade deshalb wäre es unbedingt notwendig gewesen, dass der Stadtrat einen Gegenvorschlag macht. Das ist eine verpasste Chance.»

ALG-CSP-Fraktion will mehr Umzonungen

Einzig die ALG-CSP-Fraktion nannte die Initiative «unbestritten unterstützungswürdig». Gemäss Dagmar Amrein sei nämlich fraglich, ob die heutigen 14 Prozent preisgünstigen Wohnraums in Zukunft überhaupt zu halten seien. Die ALG sprach sich insbesondere dafür aus, Umzonungen voranzutreiben, damit mehr preisgünstiger Wohnraum entstehen könne.

Mit Kritik gegen das linke Vorhaben wurde an diesem Abend nicht gespart. Dennoch schien auch den meisten Bürgerlichen klar zu sein, dass sich in Zug während der letzten Jahrzehnte ein zünftiges Problem entwickelt hat. An konkreten Lösungsvorschlägen mangelte es hingegen. Handelt es sich tatsächlich um eine Mission impossible?

Der Stapi beschwichtigt

Stadtpräsident André Wicki äusserte sich jedenfalls im Rahmen der Debatte beschwichtigend: «Ich kann Ihnen nur sagen: Wir sind dran, preisgünstige Wohnungen zu fördern. Dies nicht erst seit gestern, zudem sind wir auf vielen Ebenen aktiv. Ich denke da an die Korporation, die Bürgergemeinde, Bebauungspläne, private Organisationen, die anstehende Ortsplanungsrevision oder die Kirchgemeinde.»

«Der Stadtrat ist mit Volldampf dran.»

André Wicki, Zuger Stadtpräsident

Man habe mit den Beschlüssen zu Lüssi/Göbli, Unterfeld, der Mühlimatt und «im Rank» bereits einiges erreicht. Ausserdem stünden weitere Projekte an. Der Bebauungsplan zum Technologie-Cluster etwa, das Hochhaus Pi, das Areal Steinlager sowie das L&G-Areal, auf dem mindestens 10'000 Quadratmeter preisgünstiger Wohnraum vertraglich festgelegt seien, ausserdem der Ahornpark. «Der Stadtrat ist mit Volldampf dran», beteuerte der Stapi abschliessend.

Letztlich empfahl eine Mehrheit von 27 zu 8 Parlamentariern dem Stimmvolk, die Initiative abzulehnen. Dieses entscheidet jedoch bekanntlich selber. Und dass die Bevölkerung nicht immer nach dem Gusto des GGR stimmt, sah man nicht zuletzt bei der nicht unähnlichen Wohnraum-Abstimmung im Jahr 2012. Man darf also gespannt sein.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
    Kasimir Pfyffer, 01.03.2023, 12:20 Uhr

    «Die Aussage, dass mehr preisgünstiger Wohnraum die Zuwanderung anheizen würde, teilten auch andere bürgerliche Parteien, so etwa die SVP.» – So ein Schwachsinn. Die «bürgerlichen» Zuger Parteien sind die grössten Profiteure der Zuwanderung, denn die sogenanten «Expats» (Ausländer, die so viel Geld haben, dass man es gerne nimmt und sie dafür nicht als Ausländer sondern eben als «Expats» bezeichnet) bezahlen ohne Wimpernzucken die überrissensten Mieten und Preise. Genau so werden die Zuger Familien verdrängt, und nicht etwa durch die Familien aus Sins. Aber ja, «bürgerliche» Parteien erzählen seit Jahrzehnten den grössten Stuss und werden dafür auch noch mit Stimmen belohnt …

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