Steigende Gesundheitskosten in Luzern und Zug

Zwei Ideen für tiefere Prämienkosten – so sehen sie aus

Krankenkassenprämien sorgen für Löcher in den Schweizer Portemonnaies – zwei Initiativen wollen diese verkleinern. (Bild: Symbolbild: mik)

Die Krankenkassenprämien steigen jährlich. Gleich zwei Initiativen wollen das Problem angehen. Am 9. Juni stimmen die Schweizer darüber ab. zentralplus liefert dir eine Übersicht.

Die Krankenkassenprämien fressen Jahr für Jahr ein grösseres Loch in die Haushaltskasse der Zuger und Luzernerinnen (zentralplus berichtete). Gemäss neuesten Zahlen von Lustat aus dem Jahr 2020 stecken Luzerner fast einen Zehntel ihres Einkommens in die Krankenversicherungen. Bei Personen mit tiefen Einkommen kosten die Prämien einen Siebtel des Einkommens.

Für die Politik ist klar: Es muss gehandelt werden. Am 9. Juni stimmen die Schweizer gleich über zwei Initiativen ab, die das Problem angehen wollen. Die Initiative der Mitte-Partei setzt bei den Gesundheitskosten an, die Initiative der SP bei den Prämienkosten.

Das will die Prämien-Entlastungs-Initiative der SP

Die Initiative der SP will die Kosten der Krankenkassenprämien deckeln. Künftig sollen Schweizer maximal 10 Prozent ihres verfügbaren Haushaltseinkommens für die Prämien zahlen. Wie der Bund das anstellt – ob mit mehr Prämienverbilligungen oder tieferen Gesundheitskosten – lässt die Initiative offen. Was als verfügbares Einkommen gilt und welche Prämie massgebend ist, wird anschliessend in einem Gesetz geregelt. Denkbar wäre das steuerbare Einkommen nach der Bundessteuer, mit gewissen Abzügen.

Weiter fordert die Initiative einen anderen Kostenteiler für die Prämienverbilligungen. Zwei Drittel der Kosten soll der Bund tragen, den Rest der Kanton. Heute bezahlt der Bund den Kantonen jährlich einen Beitrag. Dieser beträgt 7,5 Prozent der Kosten für die Grundversicherung.

Die SP koppelt die 10-Prozent-Schwelle ans Einkommen, weil bisher eine Millionärin und ein Verkäufer die gleiche Grundprämie zahlen – das scheint ungerecht. Zudem entlaste die Initiative unmittelbar das Portemonnaie der Schweizer. Und wegen der höheren Ausgaben für die Prämienverbilligungen motiviere sie Bund und Kantone, die «Pharmalobby in die Schranken zu weisen» und Gesundheitskosten zu senken.

Das spricht gegen die Prämien-Entlastungs-Initiative

Gegen die Prämien-Entlastungs-Initiative sind GLP, FDP, Mitte, SVP und entsprechend die Mehrheit des Parlaments und der Bund. Sie kritisieren unter anderem die Kosten: Gemäss Schätzungen des Bundes müssten Bund und Kantone jährlich 3,5 bis 5 Milliarden Franken mehr für Prämienverbilligungen in die Hand nehmen. Bis 2030 könnte dieser Betrag gar bis auf 7 bis 11,7 Milliarden Franken steigen. Um dies zu finanzieren, befürchten die Gegnerinnen Sparmassnahmen, eine höhere Mehrwertsteuer oder Steuererhöhungen in den Kantonen.

Weiter kritisieren sie, dass die Initiative die Ursache der steigenden Prämien ausblende und keinen Anreiz zum Dämpfen der Gesundheitskosten liefere. «Schlimmer noch: Kantone, die ihre Gesundheitskosten im Griff haben, werden bestraft. Sie müssen die Bundesbeiträge quersubventionieren und diese fliessen dann vor allem in Kantone mit höheren Kosten», moniert das Nein-Komitee.

Das will der indirekte Gegenvorschlag dazu

Der Bundesrat und das Parlament haben stattdessen einen indirekten Gegenvorschlag ausgearbeitet. Dieser wird umgesetzt, sollte die Initiative abgelehnt werden und kein Referendum gegen diesen Gegenvorschlag ergriffen werden. Ihr Vorschlag will ebenfalls die Prämienverbilligung stärken und bittet dafür spezifisch die Kantone zur Kasse.

Initiative wie Gegenvorschlag würden bei den Prämienverbilligungen ansetzen. (Bild: ida)

Wie der Bund sollen sie künftig dazu verpflichtet sein, einen Mindestbeitrag von 3,5 bis 7,5 Prozent der Grundversicherungskosten in den Prämienverbilligungstopf zu zahlen. Steigen die Kosten, müssten sie künftig auch ihren Beitrag erhöhen. Das Bundesamt für Gesundheit schätzt, dass den Kantonen so jährliche Mehrkosten von mindestens 360 Millionen Franken pro Jahr entstünden.

Das will die Kostenbremse-Initiative der Mitte

Bei den Gesundheitskosten setzt hingegen die Kostenbremse-Initiative der Mitte den Hebel an. Sie nimmt das Prinzip der Schuldenbremse und wendet es auf die Gesundheitskosten an. Konkret muss der Bund auf die «Bremse» treten, wenn die Gesundheitskosten zwei Jahre nach Annahme der Initiative mehr als 20 Prozent stärker steigen als die Löhne. Dann sind Kanton und Bund gezwungen, die Gesundheitskosten zu senken. Wie, lässt die Initiative offen.

Potenzial wäre vielerorts vorhanden, wie die Initiantinnen auf ihrer Website ausführen. Gemäss einer Studie von McKinsey zusammen mit der ETH Zürich von 2021 könnten Spitäler mit nur wenigen Digitalisierungsmassnahmen vier Milliarden Franken jährlich einsparen. Zudem könnte der Bund bei Medikamenten- und Generikapreisen den Hebel ansetzen: Die in der Schweiz verkauften Mittel seien meist ein Vielfaches teurer als in den umliegenden EU-Ländern. Auch gewisse medizinische Leistungen wie etwa Blutuntersuchungen kosteten deutlich mehr als etwa in Frankreich.

Gemäss den Initianten bekämpfe die Kostenbremse das Problem der steigenden Gesundheitskosten an der Wurzel und nicht dessen Symptome. Zudem nehme ihre Initiative alle betroffenen Akteure – Pharmaindustrie, Krankenkassen und Spitäler – in die Verantwortung, die Kosten nicht ausufern zu lassen.

Das kritisieren Gegner an der Kostenbremse

Gegen die Initiative sind alle grossen Parteien ausser der Mitte selbst sowie der Bundesrat, die Mehrheit des Parlaments und verschiedene Gesundheitsorganisationen. Ihr Hauptkritikpunkt an der Initiative: die Kopplung der Gesundheitskosten an die wirtschaftliche Konjunktur. Damit würden nachvollziehbare Gründe für die steigenden Kosten wie der medizinischer Fortschritt oder die Alterung der Bevölkerung ausser Acht gelassen.

Zudem fürchten die Gegnerinnen eine «Zweiklassenmedizin». Die Initiative verlangt nach Kostensenkungen in der Grundversorgung. Das Nein-Komitee befürchtet, dass wegen der starken Kosteneinschränkungen schlimmstenfalls medizinische Behandlungen aufgeschoben oder rationiert würden. Nur wer sich eine private Krankenversicherung leisten könne, könnte sich noch auf zeitnahe Behandlungen verlassen. Die Kostenbremse treffe also vor allem Patientinnen, die auf eine solidarisch finanzierte Grundversorgung angewiesen seien.

Auch fürchten gerade Gesundheitsorganisationen, dass die Bremse auf Kosten des Personals gehe, da diese einen grossen Teil der Kosten ausmachten. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sei ein zusätzlicher Spardruck fatal (zentralplus berichtete).

Das schlagen sie als Gegenvorschlag vor

Für die Kostenbremse-Initiative haben Bundesrat und Parlamente ebenfalls einen indirekten Gegenvorschlag ausgearbeitet. Auch dieser wird umgesetzt, sollte die Initiative abgelehnt werden und dagegen kein Referendum ergriffen werden.

Der Bundesrat solle in Absprache mit Gesundheitsakteuren alle vier Jahre festlegen, wie stark die Kosten in der obligatorischen Krankenversicherung höchstens steigen dürfen. Versicherer, Ärztinnen, Pharmafirmen und Spitäler müssten zuvor jeweils begründen, weshalb und wie stark die Kosten pro Bereich steigen. Das soll die Transparenz bei der Kostenentwicklung steigern. Wachsen die Kosten aber stärker als vereinbart, müssen Bundesrat und Kantone Massnahmen dagegen prüfen.

Verwendete Quellen
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