Horrende Krankenkassenprämien

Prämienverbilligung: So viel Geld nimmt Luzern in die Hand

Wer in Luzern Prämienverbilligung beanspruchen will, muss sich anmelden. (Bild: ida)

237 Millionen Franken budgetiert der Kanton Luzern für die Prämienverbilligung. Profitieren sollen davon rund 110’000 Kinder und Erwachsene. Die Caritas Luzern spricht von einer «schon lange fälligen Kurskorrektur».

Kaufkraft, Krise, Krankenkassenprämie: Das Leben wird teurer, das macht vielen zu schaffen. Manche kämpfen nun gar gegen die Armut (zentralplus berichtete).

Saftig aufgeschlagen haben insbesondere auch die Kosten für die Krankenkassenprämie. Im Kanton Luzern steigen die Prämien um durchschnittlich 7,5 Prozent. Abhilfe schaffen sollen die Prämienverbilligungen, mit denen die Kantone die Haushalte entlasten wollen.

22 Millionen mehr als letztes Jahr

Nun hat die Luzerner Regierung die Richtprämien für die Prämienverbilligung 2024 festgelegt. Diese sind massgebend für die Berechnung des Anspruchs. Die Richtprämien betragen gemäss Gesetz mindestens 84 Prozent der Durchschnittsprämien. Das heisst: Steigen die Krankenkassenprämien an, so werden auch die Richtprämien erhöht.

Die Luzerner Gemeinden sind in drei Prämienregionen eingeteilt. Die Richtprämie für eine erwachsene Person in der Prämienregion 1 – dazu gehören die Gemeinden Luzern, Emmen, Kriens, Horw und Ebikon – liegt bei 5160 Franken. Im Vorjahr lag sie bei 4860 Franken.

Ein Anspruch besteht, wenn die Richt­prämien einen bestimmten Prozentsatz des mass­gebenden Einkommens übersteigen. Dieser Prozentsatz besteht aus einem Selbst­behalt von 10 Prozent plus einem je nach Einkommenshöhe abgestuften Prozent­satz.

Richtprämien 2024Prämienregion 1
(Luzern, Emmen, Kriens, Horw und Ebikon)
Prämienregion 2
(Adligenswil, Buchrain, Dierikon, Eich, Malters, Meggen, Meierskappel, Neuenkirch, Nottwil, Oberkirch, Root, Rothenburg, Ruswil, Schenkon, Sempach, Sursee, Udligenswil, Werthenstein und Wolhusen)
Prämienregion 3 (restliche 56 Gemeinden)
Erwachsene5160.– Franken
(2023: 4860.– Franken)
4824.– Franken
(2023: 4512.– Franken)
4620.– Franken
(2023: 4344.– Franken)
Junge Erwachsene3852.– Franken
(2023: 3624.– Franken)
3588.– Franken
(2023: 3360.– Franken)
3444.–Franken
(2023: 3240.– Franken)
Kinder1200.– Franken
(2023: 1140.– Franken)
1116.– Franken
(2023: 1044.– Franken)
1068.– Franken
(2023: 1008.– Franken)

Der Kanton sieht für das kommende Jahr 237 Millionen Franken für die individuelle Prämienverbilligung vor. Das sind rund 22 Millionen Franken mehr oder ein Plus von fast zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Für 2022 sah der Kanton 215 Millionen Franken vor (zentralplus berichtete).

Gemäss Mitteilung des Kantons könnten damit die Prämien von rund 110’000 Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen oder mehr als ein Viertel der Luzerner finanziell unterstützt werden. «Damit werden gezielt jene Haushalte im Kanton entlastet, welche von steigenden Mieten und Krankenkassenprämien am meisten betroffen sind», sagt Edith Lang, Leiterin Dienststelle Soziales und Gesellschaft.

Caritas forderte mehr Geld für Prämienverbilligung

Eine Aufstockung der Prämienverbilligung gefordert hat insbesondere die Caritas Luzern, welche sich für Armutsgefährdete einsetzt (zentralplus berichtete). Die Caritas rüffelte den Kanton bereits vor Wochen und forderte angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten mehr Unterstützung.

Zur Erklärung: Bund und Kantone teilen sich die Kosten für die individuelle Prämienverbilligung. Im Jahr 2022 wurden in Luzern insgesamt 201 Millionen Franken individuelle Prämienverbilligung ausbezahlt. Davon übernahm der Bund rund 136 Millionen Franken, das entspricht 67,7 Prozent.

Der Bund passt seinen Anteil jeweils den gestiegenen Prämien entsprechend an. «Nicht so der Kanton Luzern, das Gegenteil ist der Fall: Trotz stetig gestiegener Prämien haben die Kantonsbeiträge für die Prämienverbilligung abgenommen», hielt die Caritas Luzern Ende September fest.

Knausrige Kantone?

Gemäss Statistik der obligatorischen Krankenversicherung 2022 sind die Beiträge in den letzten zehn Jahren um 4,4 Millionen auf 64,7 Millionen Franken gesunken. Die Caritas Luzern forderte, dass die Beiträge an die Prämienverbilligung künftig mit den steigenden Prämien Schritt halten müssten.

Weiter zeigten Zahlen des Schweizer Gewerkschaftsbundes, dass letztes Jahr 21 von 26 Kantonen weniger Prämienverbilligungen ausbezahlt haben, als budgetiert wurde. Der Gewerkschaftsbund warf den Kantonen deswegen Knauserei vor.

«Mit der aktuellen Erhöhung macht der Kanton eine schon lange fällige Kurskorrektur.»

Reto Stalder, Caritas Luzern

So weit soll es dieses Jahr nicht kommen. Für dieses Jahr hat der Kanton Luzern finanzielle Mittel von rund 215 Millionen Franken zur Verfügung gestellt. «Die Auszahlungen sind zwar noch nicht abgeschlossen – aber der Kanton wird den Beitrag dieses Jahr, wie in früheren Jahren auch, ausschöpfen», sagt Edith Lang.

Auch verweist sie darauf, dass der Kanton mit den steigenden Prämien Schritt halte. Von den 237 Millionen werden gemäss ihren Angaben rund 159 Millionen Franken vom Bund eingeschossen, 78 Millionen sind von Kanton und Gemeinden. Der Bund steuert 14 Millionen Franken, Kanton und Gemeinden tragen 8 Millionen Franken zu den zusätzlichen 22 Millionen Franken im Vergleich zum Vorjahr hinzu.

Caritas Luzern: «Schritt in die richtige Richtung»

Die zur Verfügung stehenden Mittel sind in Luzern im Vergleich zum Vorjahr um rund zehn Prozent höher. Dies bei einem Prämienanstieg von durchschnittlich 7,5 Prozent im Kanton Luzern. «Somit sehen wir einen Schritt in die richtige Richtung», hält Reto Stalder, Mediensprecher bei der Caritas Luzern auf Anfrage fest. «Man darf aber nicht vergessen, dass der Kanton Luzern die Mittel für die Prämienverbilligung in den letzten Jahren trotz starkem Prämienanstieg gekürzt hatte. Mit der aktuellen Erhöhung macht der Kanton eine schon lange fällige Kurskorrektur.»

Für armutsgefährdete Personen seien die Krankenkassenprämien ein relevanter Budgetposten, aber nicht der einzige, der knappe Budgets aktuell stark belaste. Wohnen, Energie oder höhere Preise fürs Essen seien weitere unverzichtbare Kostenblöcke, die sich in den letzten Monaten stark verteuert haben.

«Unsere Erfahrung ist, dass viele Leute das Instrument der Prämienverbilligung nicht kennen», sagt Stalder weiter. Deshalb appelliere die Caritas, diese auch wirklich einzufordern.

Einkommensgrenze bleibt unverändert

Anspruch auf Prämienverbilligung haben Bezügerinnen von Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, Sozialhilfebeziehende sowie Haushalte, deren Ausgaben für die Krankenkassenprämien mindestens zehn Prozent des massgeblichen Einkommens übersteigen.

Gemäss Kanton sollen so Haushalte «in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen» entlastet werden. Die Einkommensgrenze für den Anspruch auf Verbilligung der Prämien von Kindern und jungen Erwachsenen in Ausbildung beträgt weiterhin 89’346 Franken für Paare und 71’477 Franken für Alleinerziehende. 

Verwendete Quellen
  • Medienmitteilung der Dienststelle Gesundheit und Soziales des Kantons Luzern 
  • Medienmitteilung der Caritas Luzern
  • Schriftlicher Austausch mit Reto Stalder, Mediensprecher Caritas Luzern
  • Telefonat mit Edith Lang, Leiterin Dienststelle Soziales und Gesellschaft
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8 Kommentare
  • Profilfoto von Steuerzahler
    Steuerzahler, 09.11.2023, 13:35 Uhr

    Dieses System läuft aus dem Ruder. Der Anreiz Kosten zu sparen besteht weder bei der Regierung, Ärzten, Spitäler, Pharma noch bei den Leuten, welche die KK-Rechnungen von der Gemeinde bezahlen lassen. Mit den zusätzlichen Vergünstigung durch den Kanton, wird auch kein Problem gelöst. Scheinbar sind 25% der Luzerner, wirtschaftlich nicht in der Lage zu überleben.

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  • Profilfoto von Josy
    Josy, 09.11.2023, 06:40 Uhr

    Prämienverbilligungen zahlt schlussendlich der Steuerzahler. Ist also nur eine Augenwischerei und löst das KK Problem überhaupt nicht.

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    • Profilfoto von Melk Christen
      Melk Christen, 09.11.2023, 09:24 Uhr

      Nein, es ist keine Augenwischerei.

      Es gibt das Problem der stetig steigenden Krankenkassenprämien.

      Und dann gibt es das Problem, dass viele Haushalte diese Prämien inzwischen nicht mehr selbständig stemmen können.

      Zwar sind die beiden Probleme eindeutig verwandt, aber sie sind ebenso eindeutig nicht dasselbe.

      Leute, die die Prämien JETZT nicht mehr stemmen können, brauchen JETZT Unterstützung.

      Nicht irgendwann in einer unbestimmten Zukunft, wenn vielleicht tatsächlich mal die grösseren, grundsätzlichen Probleme des Systems gelöst wurden.

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      • Profilfoto von Hanspeter Flueckiger
        Hanspeter Flueckiger, 09.11.2023, 10:16 Uhr

        Selbstverständlich ist das System der Prämienverbilligung lediglich eine Umverteilung der Gesundheitskosten auf den Steuerzahler. Die Prämienverbilligung besteht nur, weil die Politik nicht in der Lage ist, die Gesundheitskosten in den Griff zu bekommen. Dazu fehlen Mut und Weitsicht. Im Kanton Luzern wird eine Frau Thalmann von der SVP in den Nationalrat gewählt, welche nicht dazu bereit sein wird, dass die Spitalplanung den Kantonen weg genommen werden muss. Das ist ein kleiner Teil der Problematik, veranschaulicht aber am Besten, wo das Problem tatsächlich liegt. Die Kantone schaffen im Gesundheitswesen ein Überangebot, weil sie sich darin einen Standortvorteil erhoffen. Leerstände etc. bezahlt dann der Prämienzahler.

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        • Profilfoto von Melk Christen
          Melk Christen, 09.11.2023, 12:40 Uhr

          Das bestreite ich ja auch nicht, dass die Prämienverbilligungen eine Verteilung dieser Verbilligungsbeiträge auf die Gesamtheit der Steuerzahler bedeuten.

          Aber es ist nun mal ein ganz konkretes Problem, dass ein Teil der Bevölkerung diese Kosten fast oder gar nicht mehr bezahlen kann. Ein konkretes, aktuelles Problem, dessen Lösung für diesen Bevölkerungsteil nicht aufgeschoben werden kann, sondern gelöst werden muss. Und für dieses konkrete, aktuelle Problem stellen die Prämienverbilligungen heute die verfügbare Lösung dar.

          Das übergeordnete Problem der steigenden Gesundheitskosten lösen sie natürlich nicht. Das muss unabhängig davon gelöst werden.

          Nur macht sie das nicht verzichtbar, und darum bin ich nicht einverstanden mit der Aussage, die Prämienverbilligungen seien eine «Augenwischerei». Für all jene, die diese finanzielle Unterstützung brauchen (und dankbar erhalten) sind sie eine konkrete Lösung für ein konkretes Problem und keine «Augenwischerei».

          Als solche kann man sie nur betrachten, wenn man sie als eine Antwort auf die übergeordnete Problematik missversteht, was sie tatsächlich nicht sind.

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          • Profilfoto von Philipp
            Philipp, 09.11.2023, 18:18 Uhr

            Das Problem ist, dass das Ganze hauptsächlich auf dem Buckel von Alleinstehenden ausgetragen wird. Ich verdiene gerade mal 42‘000.- und habe keinen Anspruch suf Prämienverbilligung. Ein Ehepaar mit 1 Kind und dem doppelten Einkommen bekommt hingegen Prämienverbilligung. Und finanziert wird das aus Steuergelder. Und da zahle ich als Aleinstehender einiges mehr. Auf gut Deutsch ich muss mit meinem kleinen Lohn nicht nur meine KK selber tragen sondern finanziere mit meinen hohen Steuern auch noch die KK Gelder von anderen.

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            • Profilfoto von Roli Greter
              Roli Greter, 09.11.2023, 23:21 Uhr

              Genau so siehts aus. Pflästerlipolitik…

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      • Profilfoto von Franz
        Franz, 09.11.2023, 12:38 Uhr

        Das jetzt von heute wird das jetzt in einem Jahr sein. Und es wird weitergehen mit steigenden Prämien und dem Ruf nach noch mehr Prämienverbilligungen.
        Für die meisten steigt die Prämie mehr an als diese 7,5%, die offiziell verkündet werden. Bei mir waren es in den letzten beiden Jahren je 10%, trotz max. Franchise von 2500. Ich habe jetzt gewechselt und bezahle 2024 gleich viel wie 2023. Aber in einem Jahr wird auch die neue KK am Karussell weiterdrehen.
        Solange wir 52 KK haben, wird sich nix ändern. Schluss mit Selbstbedienung im Gesundheitswesen (KK, Leistungserbringer und gewisse Patienten)! Kantonale Einheitskasse jetzt!

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