Trotz fristloser Kündigung

Zuger Heilmittelinspektor: «Ich würde alles nochmals genauso machen»

Ludek Cap – der seine Schutzmaske erst nach dem Gespräch und draussen abnahm. (Bild: ber)

Ludek Cap hat den Kantonsarzt angezeigt, den Gesundheitsdirektor, den Regierungsrat und eine Staatsanwältin. Warum dieser Rundumschlag? zentralplus hat den Heilmittelinspektor getroffen und mit ihm über seine Beweggründe gesprochen.

Zum Gespräch kommt der Zuger Heilmittelinspektor mit Schutzmaske im Gesicht. Auch während des Gesprächs nimmt er diese nicht ab. Das zentralplus-Büro im Freiruum ist zwar gemütlich. Aber eben auch klein. «Und ich sollte mit gutem Beispiel vorangehen, wenn es um die Bekämpfung der Pandemie geht», findet Ludek Cap. Auch wenn er – offiziell – nicht mehr Heilmittelinspektor des Kantons Zug ist.

Diese Gewissenhaftigkeit ist typisch für den Mann, wie sich im Verlauf des Gesprächs zeigt. Wenn man ihn fragt, wie es ihm geht, so sagt er: «Sehr gut.» Und er meint es ernst – obwohl schwierige Monate hinter ihm liegen.

«Mir geht es um die gesundheitlich angeschlagenen Zugerinnen und Zuger, die zu einem Arzt gehen und auf eine bestmögliche Behandlung angewiesen sind.»

Nachdem er sich mit dem Kantonsarzt und dem Gesundheitsdirektor überworfen hat, wurde ihm fristlos gekündigt (zentralplus berichtete). Die Staatsanwaltschaft prüft, ein Strafverfahren wegen Verdachts auf Amtsgeheimnisverletzung gegen ihn zu eröffnen (zentralplus berichtete). Und zuletzt hat dieselbe Staatsanwaltschaft entschieden, eine Reihe von Vorwürfen gar nicht erst zu untersuchen, die Cap gegen verschiedene Behördenmitglieder richtet (zentralplus berichtete).

Trotzdem wirkt Ludek Cap nicht gebrochen. Im Gegenteil.

Die Überzeugung, das Richtige zu tun, treibt ihn an

Das hat damit zu tun, dass der Heilmittelinspektor zu hundert Prozent überzeugt ist, das Richtige zu tun. «Ich bin eine Einzelperson, um mich geht es gar nicht», sagt er immer wieder. Über die Frage, ob seine Kündigung gerechtfertigt war oder nicht, will er gar nicht gross reden. Er tut sie ab. Mit einem: «Ich werde schon irgendwie zurechtkommen.»

«Mir geht es um die gesundheitlich angeschlagenen Zugerinnen und Zuger, die zu einem Arzt gehen und auf eine bestmögliche Behandlung angewiesen sind. Ihre Gesundheit ist es, die gefährdet wird», sagt Cap mit einer Eindringlichkeit, die man dem Mann mit dem ruhigen Wesen kaum zutrauen würde.

Ludek Cap ist ein Mensch, der nach eigenen Angaben gerne und genau arbeitet – und der hohe Ansprüche hat. Er arbeitete in seinen 13 Jahren als Zuger Heilmittelinspektor so oft auch an den Wochenenden, dass es dann und wann Streit mit der Ehefrau gab. Auch in den Ferien war er immer erreichbar – das hätten alle Mitarbeitenden gewusst, versichert er.

So war es auch, als er im letzten Juli Ferien hatte. Er las seine Mails regelmässig. Und stiess so auf eine kurze Nachricht von einer seiner Mitarbeiterinnen an einen Zuger Arzt. Dieser hatte vor, seine Praxis zu schliessen und an einem anderen Standort ein Gesundheitszentrum zu eröffnen (zentralplus berichtete). In der Mail hiess es, der Arzt könne mit der neuen Betriebsbewilligung auch die bestehende Praxis weiterführen.

«Diese Entwicklung ist die logische Konsequenz davon, dass keiner etwas dagegen unternimmt, dass die Gesundheit der Zuger Bevölkerung aufs Spiel gesetzt wird.»

«Dass per Mail Bewilligungen erteilt werden, ist absolut unüblich. Noch dazu sind die Bewilligungen klar an einen Standort gebunden», sagt dazu Ludek Cap. Aus diesem Grund habe er umgehend das entsprechende Dossier angeschaut. Dabei habe er festgestellt, dass für die alte Praxis kein Qualitätssicherungssystem und keine Grundrisspläne vorliegen. Diese wären aber Voraussetzungen für eine Bewilligung.

Umgehend kündete Ludek Cap dem Arzt daher eine Inspektion an. Dieser reagierte höchst überrascht, zumal dies an einem Sonntag geschah und die Mitarbeiterin des Heilmittelinspektorats ja bereits grünes Licht gegeben hatte. Der Arzt beschwerte sich beim Gesundheitsdirektor. Und der wiederum forderte vom Kantonsarzt, er solle Cap das Dossier entziehen. Es gehe nicht an, eine solche Mail an einem Sonntag zu verschicken.

Schliesslich entschied man, die angekündigte Inspektion zu unterbinden (zentralplus berichtete). Als Ludek Cap die Kontrolle wenige Tage später nachholte, wurde er zunächst freigestellt und danach fristlos entlassen – nachdem er die Medien eingeschaltet hatte.

Ein kräftezehrender Kampf

Seither hat Ludek Cap zahlreiche Strafanzeigen erstattet. Erst warf er dem Kantonsarzt und dem Gesundheitsdirektor Amtsmissbrauch vor. Dann der Direktion des Inneren. Dann dem gesamten Regierungsrat. Und schliesslich auch noch der Staatsanwältin, die entschied, deswegen gar nicht erst zu ermitteln, weil «offensichtlich» kein Amtsmissbrauch vorliege (zentralplus berichtete).

«Ich will verhindern, dass der Arzt so weitermachen kann wie bisher.»

Hat Cap im Zuge dieser Sache gar querulatorische Tendenzen entwickelt? Er verneint dies. «Diese Entwicklung ist die logische Konsequenz davon, dass keiner etwas dagegen unternimmt, dass die Gesundheit der Zuger Bevölkerung aufs Spiel gesetzt wird», sagt er. Er sieht seine Befürchtungen nicht ernst genommen.

Bei der Inspektion der Praxis habe er nämlich zahlreiche Mängel gefunden, die für Patienten gefährlich werden könnten. Man hätte aus seiner Sicht sofort Massnahmen anordnen müssen. Nach seiner Entlassung hätte der Kantonsarzt das tun sollen. Oder der Gesundheitsdirektor. Oder dann eben der Regierungsrat.

Strafanzeige? Dieses Risiko nahm er in Kauf

Jetzt könnte man sagen: Die Praxis wird ohnehin demnächst geschlossen, da wird schon nichts passieren. Aber so denkt Ludek Cap nicht. «Die Gesetze wurden geschaffen, um die Menschen zu schützen», sagt er. «Der Regierungsrat wurde aus dem gleichen Grund gewählt. Wenn er diese Aufgabe nicht ernst nimmt, begeht er aus meiner Sicht Amtsmissbrauch.»

So erklärt Ludek Cap die Flut von Strafanzeigen. «Ich will verhindern, dass der Arzt so weitermachen kann wie bisher. Wenn ich abends in den Spiegel schaue, will ich zu mir sagen können, dass ich meine Arbeit gut gemacht habe. Auch wenn das vielleicht nicht von allen geschätzt wird.»

Diese innere Überzeugung scheint der Grund dafür zu sein, dass Cap sich so vehement für diese Sache einsetzt. Er hat sich an die Öffentlichkeit gewandt, obwohl er damit rechnen musste, deshalb wegen Amtsgeheimnisverletzung angezeigt zu werden.

«Dieses Risiko musste ich eingehen. Weil die Sicherheit der Bevölkerung wichtiger ist als das Ungemach, das mir vielleicht droht». Seinen damaligen Mut bereut er auch nach den letzten Wochen nicht. «Ich würde alles nochmals genauso machen», sagt er.

Es gilt die Unschuldsvermutung – für beide Seiten

Der Heilmittelinspektor räumt ein, dass er seine Arbeit sehr genau nimmt. «Ich bin streng, das hat man mir im Laufe meiner 30-jährigen Karriere immer wieder attestiert. Aber ich will dabei fair sein und alle gleich behandeln. Und in diesem Fall hatte ich das Gefühl, dass einer bevorzugt werden sollte.»

Als Aussenstehende lässt sich nicht beurteilen, ob Ludek Cap überreagiert hat. Er selber bestreitet es: «Ich wäre kein guter Inspektor, wenn ich mich nicht beherrschen könnte und nicht rein sachlich urteilen würde», betont er.

Es ist journalistisch nicht nachzuprüfen, ob es in der Arztpraxis Mängel gab und wenn ja, wie gravierend diese waren. Dies ist nun die Aufgabe der Staatsanwaltschaft. Diese hat gegen den Arzt ein Strafverfahren eröffnet, in dessen Verlauf sie diese Vorwürfe überprüfen wird (zentralplus berichtete). 

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