Claudio Cadonaus Transfer wurde belächelt

Ein Zuger «Hinterbänkler» verschafft sich Respekt

Perfekter Einstieg beim EV Zug: Der «Chrampfer» Claudio Cadonau im Dress des Topskorers. (Bild: Marusca Rezzonico/freshfocus)

Claudio wer? Der Transfer von Dutzend-Verteidiger Claudio Cadonau zum EV Zug schien zu kollidieren mit dessen meisterlichen Ansprüchen. Doch der 32-Jährige ist eine der auffälligen Figuren beim perfekten Saisonstart der Zuger – nicht nur wegen seines Topskorer-Gewandes.

Erst Meister-Goalie Leonardo Genoni vom SC Bern, dann der beste Scharfschütze der Liga, Grégory Hofmann. Garniert mit dem grossartigen Spielmacher Jan Kovar und dem abgewanderten zweifachen schwedischen Weltmeister Oscar Lindberg. Die Transferkampagne von Sportchef Reto Kläy vor der Saison 2019/2020 machte den EVZ auf einen Donnerhall zum meistgenannten Titelanwärter.

Dann verpflichtete Kläy als Erstes für die laufende Spielzeit Claudio Cadonau (zentralplus berichtete). Einen Verteidiger im Herbst einer Karriere, die unter dem Radar der meisten Manager in der höchsten Spielklasse lief. Der «Hinterbänkler» machte mehr Spiele in der aktuellen Swiss League (445 Spiele und 190 Skorerpunkte) als der National League (260 Spiele und 41 Skorerpunkte).

Welchen Sinn mag diese Verpflichtung auf der Zuger Titeljagd ergeben?

Kritiker Lügen gestraft

Rund elf Monate nach Bekanntgabe des Transfers scheinen Claudio Cadonau und Reto Kläy all ihre Kritiker Lügen zu strafen. Der EV Zug ist mit drei Siegen in drei Spielen vor dem Heimspiel am Freitag gegen Titelkonkurrent Lausanne nicht bloss Tabellenführer in der noch jungen Saison – vielmehr ist Cadonau eine der tragenden Säulen eines perfekten Meisterschaftsstarts.

«Selbst unter gegnerischem Druck brauche ich darum keine Angst zu haben.»

EVZ-Verteidiger Claudio Cadonau

Er sagt: «Die Skepsis im Zuger Umfeld habe ich nach dem Transfer mitbekommen. Aber für mich zählt nur, dass die Teamkollegen wissen, dass auf mich Verlass ist.»

So verdient man sich Respekt in der Garderobe eines neuen Arbeitgebers. Claudio Cadonau verteidigt derzeit so, als stünde er schon jahrelang in Diensten der Zuger. Der Mann mit dem breitbeinigen Laufstil scheint nichts aus der Position und erst nichts aus der Ruhe bringen zu können (zentralplus berichtete).

Vor allem ein defensives Gewissen

Der Zürcher scheint schon immer ein paar Augenblicke vorher zu erahnen, wohin der Puck seinen Weg auf dem Eis gehen wird. An der Seite des offensiv orientierten Abwehrpartners Santeri Alatalo ist Claudio Cadonau das defensive Gewissen der jeweiligen Formation.

Seine Konstitution helfe ihm dabei, sich in den Zweikämpfen behaupten zu können, sagt der 1,85 Meter grosse und 95 Kilogramm schwere Routinier. «Selbst unter gegnerischem Druck brauche ich darum keine Angst zu haben.»

Cadonau sieht seine Hauptaufgabe darin, dem EV Zug «defensive Stabilität zu verleihen». Das heisst: Aufzuräumen, ohne zu unerlaubten Mitteln greifen zu müssen. Und darüber hinaus, wie er sagt, «Pucks zu fressen». Sich also in gegnerische Torschüsse zu legen und diese zu blockieren, «auch wenn man die Folgen davon noch eine Woche später spürt».

«Es ist natürlich cool, wenn dir ein solcher Einstieg gelingt.»

Aber er kann offensichtlich mehr. Nicht nur «chrampfen», sondern auch das Zuger Spiel nach vorne inszenieren. Es gibt läuferisch schnellere Spieler als Claudio Cadonau, aber er hat schnelle Hände. Das erlaubt es ihm, dem rasanten Umschaltspiel der Zuger einen ersten Impuls zu geben.

Sein unmissverständliches Signal

Darum war er in Spiel 2 (3:2-Sieg in Lugano) und 3 (2:1-Sieg gegen Bern) jeweils im Gewand des besten Zuger Skorers unterwegs. Mit einem Tor und einem Assist in drei Begegnungen. Um den Start in seiner Welt einzuordnen: Den Bestwert in einer National-League-Qualifikation erreichte Claudio Cadonau mit 13 Punkten vor zwei Jahren in Langnau.

«Es ist natürlich cool, wenn dir ein solcher Einstieg gelingt. Um zu signalisieren, dass ich parat bin», sagt Cadonau.

Bleibt die Frage, ob er, der zu Beginn seiner Karriere 2008 als Jungspund mit den ZSC Lions Meister wurde, von den Hockey-Machern in der Schweiz verkannt wurde?

Nie mit Talent brilliert

Darauf antwortet Cadonau: «Das zu beurteilen, liegt nicht an mir. Aber ich tendiere zu einem Nein: Ich konnte nie mit Talent brillieren. Was ich bislang erreicht habe, musste ich mir von jung auf hart erarbeiten.»

«Ich muss mich bei einem Klub wohl fühlen, um mein bestes Level abrufen zu können.»

Und vor allem: Der imposante Verteidiger sagt, dass er sich bei einem Arbeitgeber wohlfühlen müsse, um sein bestes Level abrufen können. «Darum habe ich dem Salär bisweilen einen Klub in der zweithöchsten Spielklasse vorgezogen.»

In Zug ist die Zusammenarbeit gut angelaufen. Obwohl er sich an das neue Spielsystem erst anpassen musste. «Ich habe mir in der Vorbereitung oft zu lange überlegt, was ich in dieser oder jener Szene genau machen sollte. Doch wer überlegt, ist immer zu spät. Jetzt fühle ich mich wohl mit unserer Spielweise. Wir unterstützen uns gegenseitig, in der Vorwärts- als auch Rückwärtsbewegung.»

EVZ-Sportchef gibt sich cool

Ist Reto Kläy ausgerechnet mit Claudio Cadonau also der grosse Wurf gelungen? Eine defensive Trouvaille, die alle Konkurrenten übersehen haben? Die Verpflichtung jenes Spielers mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis seit seinem EVZ-Jobantritt 2014?

«Unterschiedliche Rollen im Team – nur so kann sich eine erfolgreiche Mischung ergeben.»

EVZ-Sportchef Reto Kläy

Der Sportchef gibt sich cool und sagt: «Wenn ich mich immer nach dem Mainstream richtete, käme es nicht gut.» Es stört Reto Kläy, dass in Zug die Erwartungshaltung aufgekommen sei, dass jeder Neuzugang ein klingender Name sein müsse.

Stattdessen betont er: «Wir werden auch in Zukunft nicht darum herum kommen, weniger klingende Namen zu verpflichten. Aber für mich haben diese Spieler die genau gleiche Bedeutung wie die Stars der Mannschaft. Sie alle haben unterschiedliche Rollen im Team – und nur so kann sich eine erfolgreiche Mischung ergeben.»

Claudio Cadonau fühlt sich in guter Form. Aber noch nicht auf seinem besten Niveau. «Im Kopf kann ich noch schneller werden und aggressiver in die Zweikämpfe gehen», hält er fest.

Das mag in den Ohren der Zuger Konkurrenz wie eine Drohung tönen.

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