Neue Zahlen zu Luzerner Wahlen

Diese Kantonsräte wären ohne Fremdstimmen nicht gewählt worden

Am 2. April wählte die Luzerner Bevölkerung ihr Parlament und die Regierung neu. (Bild: cbu)

Am Montag und Dienstag findet die erste Sitzung des neugewählten Luzerner Kantonsrats statt. Neue Zahlen von Lustat zeigen nun, wie Luzern gewählt hat – und wer ohne Panaschierstimmen nicht im Kantonsratssaal sitzen würde.

Am 2. April wählte die Luzerner Bevölkerung ihr Parlament und die Regierung neu (zentralplus berichtete). Nun ist der Kantonsrat am Montag mit der konstituierenden Sitzung in die neue Legislatur gestartet. Dabei wurden auch die 26 neugewählten Mitglieder vereidigt. Mit Judith Schmutz (Grüne) hat das Parlament zudem heuer die jüngste Kantonsratspräsidentin aller Zeiten (zentralplus berichtete).

Lustat Statistik Luzern hat derweil die Wahlen genauer unter die Lupe genommen – und nun in einer 68-seitigen Analyse die spannendsten Fakten zu den Wahlen veröffentlicht.

So hat sich die Chance, gewählt zu werden, verändert

2023 wollten so viele Personen in den Luzerner Kantonsrat wie noch nie (zentralplus berichtete). Die Anzahl Kandidaten wächst schon seit Jahrzehnten, genauer gesagt seit 1983. Und je mehr Kandidatinnen, desto geringer ist logischerweise auch die Chance, gewählt zu werden. Während im Jahr 1975 noch 2,3 Personen pro Kantonsratssitz kandidierten, waren es 2023 deren 7,3.

Die höchste Wahlchance bestand im Wahlkreis Willisau. Da traten 5,2 Kandidatinnen pro Mandat an. Im Wahlkreis Luzern-Stadt waren die Wahlchancen nur halb so gross. Hier bewarben sich 10,5 Personen auf ein Mandat.

Parteieigene Stimmen hätten für neun Kantonsräte nicht gereicht

Neun Kantonsräte wurden nur gewählt, weil sie genügend Panaschierstimmen abstaubten. Die parteieigenen Stimmen hätten nicht gereicht. Darunter ist Urban Frye (Grüne), der kurz vor den Kantonsratswahlen in die Schlagzeilen geriet, weil ein Streit um das Hotel Bergsonne auf Rigi-Kaltbad, bei dem Frye eine Zeit lang als Pächter fungierte, entbrannte (zentralplus berichtete).

Ebenfalls ohne Panaschierstimmen nicht gewählt worden wäre Roger Erni (FDP), der Krienser Finanzvorsteher. Gleich erging es Sarah Bühler-Häfliger (SP), Andrea Hocher (Mitte), Carlo Piani (Mitte), Ferdinand Zehnder (Mitte), Ramona Gut-Rogger (FDP) sowie Cornel Raess (SVP) und Guido Müller (SVP).

Diese Gewählten haben über die Parteigrenzen hinweg überzeugt

Lustat untersuchte weiter, von wo gewählte Kandidatinnen ihre Stimmen holten. Also, wie viele Stimmen von der eigenen Partei kamen und wie viele von fremden Parteien und von freien Listen.

Im Wahlkreis Luzern-Land holten sich die neu gewählte Regierungsrätin Ylfete Fanaj (SP) und Korintha Bärtsch (Grüne) überdurchschnittlich viele Stimmen von anderen Parteien und freien Listen. Gleich erging es Armin Hartmann (SVP), der im zweiten Wahlgang ebenfalls den Sprung in die Regierung schaffte sowie Thomas Meier (FDP) im Wahlkreis Sursee.

Lustat hat die Panaschierstimmen weiter analysiert. So zeigte sich eine grosse Nähe zwischen der SP- und Grünen-Wählerschaft. Im Wahlkreis Luzern-Stadt beispielsweise tauschten die beiden Parteien in beide Richtungen rege Stimmen aus. Die Grünen erhielten rund 9500 Stimmen ihrer Parteistimmen von Listen der SP, das sind 10 Prozent ihrer totalen Stimmenanzahl. Umgekehrt konnte die SP knapp 7400 Stimmen – das sind 5 Prozent – der erhaltenen Parteistimmen von den Grünen entgegennehmen.

In den Wahlkreisen Luzern-Land, Hochdorf, Sursee und Willisau fand der regste Stimmenaustausch zwischen Mitte und FDP statt. Im Entlebuch wurden Listen häufiger verändert und es wurden mehr Panaschierstimmen vergeben als in den anderen Kreisen. Der regste Stimmentausch fand zwischen SVP und der Mitte statt. Die Mitte erhielt damit 8 Prozent ihrer Parteistimmen von der SVP; umkehrt machten Mitte-Stimmen 7 Prozent der SVP-Parteistimmen aus.

Diese Partei sahnte am wenigsten fremde Parteistimmen ab

Am wenigsten konnte die SVP parteifremde Wählerinnen von sich überzeugen. Über die sechs Wahlkreise betrachtet, erhielt sie im Schnitt 5 Prozent der Stimmen von parteifremden Listen. Gemäss Lustat betrug dieser Anteil bei Mitte, FDP, GLP und SP zwischen 11 und 13 Prozent. Als Gewinnerin in diesem Rennen gingen die Grünen hervor. Bei ihnen kamen 15 Prozent der Stimmen von parteifremden Listen.

So gut repräsentiert das Parlament die Bevölkerung – nicht

Obwohl das Kantonsparlament mit den letzten Wahlen jünger und weiblicher wurde: Der Kantonsrat ist im Vergleich zur Bevölkerung immer noch zu männlich, zu alt und überdurchschnittlich gebildet. Das zeigt die Auswertung von Lustat. Damit bildet der Kantonsrat die Luzerner Bevölkerung laut Lustat nicht repräsentativ ab.

48 Prozent der Kantonsräte haben einen ETH-, Uni- oder Fachhochschulabschluss. 29 Prozent haben einen Abschluss auf Stufe der höheren Fach- oder Berufsausbildung. Damit weisen mehr als 3 von 4 Kantonsrätinnen einen Abschluss auf Tertiärstufe vor. Bei der Bevölkerung sind es gerade einmal 41 Prozent.

Zudem ist im Kantonsrat die jüngere Bevölkerung deutlich untervertreten. In der ständigen Luzerner Wohnbevölkerung ab 18 Jahren betrug der Anteil der 18- bis 29-Jährigen im Jahr 2021 17 Prozent. Diese Altersgruppe stellt 2023 gerade einmal 5 Prozent der gewählten Kantonsrätinnen. Unterrepräsentiert sind mit 4 Prozent auch die 65-Jährigen und Älteren – diese machen 26 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung aus. Deutlich übervertreten ist hingegen die Altersgruppe der 50- bis 64-Jährigen. Im Kantonsrat stellen diese 51 Prozent aller Mitglieder. In der ständigen Wohnbevölkerung macht diese Altersgruppe lediglich einen Anteil von 27 Prozent aus.

Bei den letzten Wahlen wurden immer mehr Frauen gewählt. Seitdem das Frauenstimm- und Wahlrecht im Kanton Luzern 1971 eingeführt wurde (zentralplus berichtete), ist der Frauenanteil unter den Kandidierenden stetig angestiegen. Das aktuelle 120-köpfige Kantonsparlament besteht aus 48 Frauen und 72 Männern. Gegenüber den letzten Wahlen im Jahr 2019 haben die Luzerner sieben Frauen mehr gewählt. Das entspricht einem Frauenanteil von 40 Prozent – der bisher höchste Frauenanteil im Luzerner Kantonsrat.

Bei den letzten Wahlen erzielten Männer und Frauen zudem die gleich hohe Wahlerfolgsquote. Diese lag bei je 14 Prozent.

Links sieht man, wie die Bevölkerung in Luzern zusammengesetzt ist – rechts die Zusammensetzung des Kantonsparlaments. (Bild: Grafik Lustat)
Verwendete Quellen
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