Streitpunkt Konservenmusik

Gefährdet Techno die Unesco-Chancen der Lozärner Fasnacht?

Ob sich diese Leseratten das Reglement für die Unesco-Auflagen gerade durchlesen? (Bild: ewi)

Die Stadt Luzern hat an der Fasnacht einigen Techno-Ecken den Stecker gezogen. Sehr zu deren Unmut. Nun geht das Gerücht um, dass hinter diesen Aktionen eine Absicht steckt.

Die Lozärner Fasnacht ist vieles, aber bestimmt nicht ruhig. Über die Tage der «fünften Jahreszeit» herrscht in der Stadt Luzern praktisch der Ausnahmezustand. Lautes und buntes Treiben, Alkohol in rauen Mengen und Musik an fast jeder Ecke. Besonders eine Musikrichtung scheint aber zu polarisieren: Techno.

Während einige Raverinnen genüsslich zu elektronischen Beats abgehen, rümpfen Traditionalisten die Nase. Jüngst hat die Stadt Luzern durchgegriffen und mehrere Techno-Parties verboten. Diese zogen dann von der Strasse in die Innenräume. Das kam nicht überall gut an (zentralplus berichtete). Die Stadt erklärt diesen Schritt aufgrund von Sicherheitsbedenken, aus Bewilligungsgründen – oder wegen zu hohen Lärmbelastungen.

Ein Gerücht macht die Runde

Während sich Techno-Fans ungerecht behandelt fühlen – schliesslich donnern andernorts in der Stadt auch Schlager und andere Konservenmusik aus Lautsprechern, gegen die nicht vorgegangen werde – sind klassische Fasnächtlerinnen froh darüber. Denn, so die Meinung einiger Fasnächtler, Techno gehöre nicht an die Lozärner Fasnacht.

Auf den Strassen, unter Techno-Fans und auch in den zentralplus-Kommentarspalten macht sich derweil ein Gerücht breit. Und zwar, dass traditionelle Fasnächtler aktiv gegen nicht traditionelle Musikveranstaltungen vorgehen. Dies, weil sie durch die Konservenmusik eine mögliche Aufnahme der Lozärner Fasnacht auf die Liste der immateriellen Kulturgüter des Unesco-Welterbes gefährdet sehen.

Aktuell sind auf der Unesco-Liste 13 Fasnachten aus aller Welt vertreten. 2017 folgte mit der Basler Fasnacht der erste Schweizer Vertreter. Im Januar gaben die Vereinigten aus Luzern bekannt, dass eine Projektgruppe ins Leben gerufen wurde, um auch Luzern diese Ehre zuteil werden zu lassen (zentralplus berichtete).

Auf die Bilder kommt es an

Aber hat es für eine allfällige Aufnahme überhaupt einen Einfluss, was Privatpersonen oder kleine Betreiber tun, die nicht zu offiziellen Fasnachtsvereinigungen gehören? zentralplus fragt bei denen nach, die das Prozedere erfolgreich überstanden haben. Wir erreichen Pia Inderbitzin vom Basler Fasnachts-Comité mitten in den Vorbereitungen zur Basler Fasnacht, die am 27. Februar startet.

Die Bewerbung sei sehr aufwändig, komplex und mit viel Papierarbeit verbunden, sagt sie. Ausserdem muss die Projektgruppe, die für die Einreichung zuständig ist, nebst zehn Fotos einen exakt zehnminütigen Film einreichen. «Die klassischen Elemente, die zur Fasnacht gehören, müssen in diesem Film und den Bildern eingefangen werden», sagt Inderbitzin.

Wie sich die Basler Fasnacht für die Unesco-Bewerbung präsentierte, siehst du im folgenden Video:

Ob also in Seitenstrassen oder Gassen Privatpersonen oder kleinere Gruppen Musik wie Schlager oder Techno abspielen, sollte keinen Einfluss auf die Bewerbung haben. Denn letztlich entscheidet die Projektgruppe, welche Aufnahmen in den Film kommen und wie sich dieser präsentiert.

Mit Masken- und Wagenbauern, diversen Umzügen, Zunfttreffen, Värsli-Brönzler und dem legendären Urknall gibt es garantiert genug traditionelles Fasnachts-Material, um die Entscheidungsträger von der Bedeutung der Lozärner Fasnacht zu überzeugen. So oder so, ob mit Techno oder ohne – bis zu einer allfälligen Aufnahme auf die Unesco-Liste hat die Luzerner Projektgruppe noch alle Hände voll zu tun.

Hat die Projektgruppe alle Unterlagen beisammen, reicht sie diese beim Kanton ein. Von da aus werden sie ans Bundesamt für Kultur weitergeleitet. In letzter Instanz entscheidet der Bund, welche Bewerbungen der Unesco vorgelegt werden. Wie die «Luzerner Zeitung» schreibt, rechnet die Luzerner Projektgruppe bis zu einem endgültigen Entscheid mit einer Dauer von drei oder vier Jahren.

Verwendete Quellen
  • Telefonisches Gespräch mit Pia Inderbitzin, Basler Fasnachts-Comité
  • Artikel in der «Luzerner Zeitung»
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8 Kommentare
  • Profilfoto von Hannes Estermann
    Hannes Estermann, 25.02.2023, 03:13 Uhr

    Seit sicher bald 70 Jahren kenne ich die Luzerner Fasnacht.
    Das ein solcher Anlass auch dem Wandel der Zeit unterworfen ist- finde ich absolut logisch.
    Was meine pers.subjektive Wahrnehmung ist…die Quantität scheint wichtiger zu sein als qualitative Ansprüche ,vornehmlich musikalisch.Allerdings auch an vielen anderen Orten –
    ausser Basel.

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  • Profilfoto von Schmutzer Andreas
    Schmutzer Andreas, 24.02.2023, 18:12 Uhr

    Ob Techno, oder Guugen!?
    Die rüüdig geile, vielfältige Luzerner Fasnacht hat doch sicherlich für beides Platz.
    Lasst doch die Menschen einfach feiern und zusammen glücklich sein.
    Egal zu welchem musikalischen Hintergrund.
    Somit wird mit etwas Toleranz und Rücksicht auch die nächste Luzerner Fasnacht für Alle wieder ein voller Erfolg.

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    Toni, 24.02.2023, 13:16 Uhr

    Vorwiegend Auswärtige mit der Techno Musik

    Geht gar nicht

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    Annekäthi, 22.02.2023, 11:36 Uhr

    Techno Musik gehört wirklich nicht an die Fasnacht

    Sollen diesen Krach bei Ihnen im Quartier mal in dieser Lautstärke laufen lassen

    In der Stadt hat das wirklich nichts zu suchen, dagegen sind die Guggen gerade sehr leise

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    Raphi, 21.02.2023, 20:07 Uhr

    Dieses Label kann uns gestohlen bleiben. Sehe keinen Vorteil darin, ausser dass sich einige Tourismusvermarkter und Hobbypatrioten daran aufgeilen können. Wieder einmal total am Volk vorbeipolitisiert… Die Fasnacht lebt von der Vielfalt und dass sie mit dem Zeitgeist mitgeht. Verstehe dieses Getue der Stadt nun wirklich nicht. Da geht man besser gegen die Guggen ohne Grende vor.

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    Loris Fabrizio Mainardi, 21.02.2023, 18:37 Uhr

    Schlager wie Techno aus der Büchse nerven. Doch: kein (Karel) Gott vermag Glasfronten noch am Meggenhorn in Infraschall-Vibration zu versetzen. Das Problem sind nicht einzelne Wagen, selbst wenn sie Bum-Bum können. Das Problem sind fix installierte, wohl durch öffentliche Elektrizität versorgte Verstärkeranlagen kommerzieller Anbieter. Es gilt das Störerprinzip: die paar Hundert Technofans haben nicht das Recht, die Tausenden UNESCO-Fasnächtler und Nachtschläfer zu stören. Die Behörden müssen durchgreifen.

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    • Profilfoto von Roli Greter
      Roli Greter, 22.02.2023, 01:10 Uhr

      Nö, die Behörden müssen wegen ein paar nörgelnden Nichtfasnächtlern gar nichts tun.

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    B Müller, 21.02.2023, 18:14 Uhr

    Wieso will man überhaupt das UNESCO Prädikat? Was bringt das der Fasnacht? Der Geist der Luzerner Fasnacht wird verloren gehen. Was and der Fasnacht läuft hat sich schon immer gewandelt. Es gbt unendliche viele Möglichkeiten Fasnacht zu machen, nur eine ist keine: behaupten selbst zu wissen was jetzt genau Fasnacht sein soll und was nicht. Jene die das zu beahupten wissen sind keine echte Fasnächtler sondern gehören in Trachtengruppen. Plötzlich heisst es dieses oder jenes passt nicht zum UNESCO Titel: wollen wir das? Unsere stadtluzerner Fasnacht ist wild und sie will sich immer wandeln, so wird sie auch nicht aus der Mode kommen.

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