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Gehört Techno an die Luzerner Fasnacht? Während Partyleute zu flotten Beats abgehen, rümpfen Traditionalisten die Nase. Eine Techno-Bar musste bereits umdenken: Es habe Lärmklagen von allen Seiten gehagelt.
Die Vorfreude war gross. An mehreren Orten in Luzern sollten über die Fasnachtstage nicht nur Guuggenmusigen für Stimmung sorgen, sondern auch Techno-Parties auf der Gasse stattfinden (zentralplus berichtete). Jetzt kommt die grosse Ernüchterung für Techno-Fans. Wer heute beispielsweise an der Jazzkantine an der Grabenstrasse vorbeigeht, findet auf der Gasse statt Techno-Beats der «Zunft der Unvernunft» einen aufgehängten Zettel an einem Schaukasten.
«Offensichtlich will man uns nicht mehr haben», steht da unter anderem. Es habe Lärmklagen von allen Seiten gehagelt. Es gab auch eine Strafanzeige gegen den Bar-Betreiber vor Ort. Und sie seien nicht die einzigen. Auch andere Standorte, die Techno gespielt hätten, seien angegangen worden.
Auf Nachfrage schreibt die Luzerner Polizei: «Wir können bestätigen, dass es zu Reklamationen und einzelnen Anzeigen gekommen ist», so Mediensprecher Urs Wigger. Aus Datenschutzgründen könne die Polizei jedoch keine näheren Angaben zu den Örtlichkeiten oder den involvierten Betrieben machen.
Betriebszeiten sind individuell geregelt
Sind Lärmklagen in der Fasnachtszeit nicht eher unsinnig? Schliesslich wird fast in der ganzen Stadt bis spät in die Nacht gefeiert – mit entsprechendem Lärmpegel. Eine allgemeingültige Nachtruhe ist in der Schweiz gesetzlich nicht verankert. Hingegen existieren verschiedene Lärmbestimmungen, die in Hausordnungen, im Zivilgesetzbuch sowie in den Polizei- und Gemeindereglementen festgelegt sind. An vielen Orten hat sich aber eine Ruhezeit zwischen 22.00 und 6.00 Uhr etabliert.
An der Fasnacht, wie auch beispielsweise an Silvester, zeigt sich die Luzerner Polizei diesbezüglich kulanter (zentralplus berichtete). Und welche Bar, Musikgruppe oder welcher Essensstand wie lange Betrieb haben kann, ist je nach Gesuch unterschiedlich und in der entsprechenden Bewilligung der Gastgewerbe- und Gewerbepolizei enthalten, wie Urs Wigger erklärt.
«Zunft der Unvernunft» kriegt Asyl
Trudeln bei der Luzerner Polizei Lärmklagen ein, muss diese der Sache nachgehen – und gegebenenfalls reagieren. Warum aber der stramme Gegenwind gegen Techno? Für die Betreiber ist klar: «Wir werden das rechtlich abklären lassen.» Denn andere Betriebe würden die Nachbarschaft ebenfalls mit Lautsprecher-Musik beschallen.
Unterkriegen lässt sich die «Zunft zur Unvernunft» trotzdem nicht. Statt auf der Gasse habe man den DJ-Betrieb nach innen in die Jazzkantine verlegt. Mindestens heute gibt es also noch Techno-Beats zu hören.
Streitpunkt Techno an der Fasnacht
Die grundsätzliche Frage, ob denn Techno an die Fasnacht gehöre, sorgte schon im Vorfeld für Diskussionen. «Solange in der ganzen Stadt Schlager gespielt wird, finde ich die Diskussion um Techno überflüssig», äusserte sich beispielsweise Mario Waldispühl von der Jazzkantine gegenüber SRF. Die Fasnacht sei schon immer ein Ort der Vielfalt und Toleranz gewesen. Musikalische Grenzen zu ziehen, sei antitraditionell.
Dass die traditionellen Fasnächtler keine grossen Fans von Techno an der fünften Jahreszeit sind, ist kein Geheimnis. So äusserte sich Peti Federer, Fasnachtsikone und Medienchef des Luzerner Fasnachtskomitees (LFK) gegenüber SRF: «Techno spielen kann man das ganze Jahr über, aber nicht an der Fasnacht.» Eines der Hauptprobleme bilde die Verwendung von Lautsprechern, aus welchen die Techno-Musik donnert und die Auftritte der Guuggenmusigen stören könnten.
”«Ohne Guuggenmusigen gäbe es die Fasnacht nicht, darum haben sie Priorität.»
«Zunft zur Unvernunft»
Auch Sämi Deubelbeiss, seines Zeichens SRF-Fasnachtskommentator und leidenschaftlicher Fasnächtler, hat seine Mühe mit Techno. Den Aufwand, den eingefleischte Fasnächtlerinnen mit Kostümen, Musik und Wagenbau betreiben, sei nicht gleichzustellen mit dem Aufstellen eines Lautsprechers. Trotzdem findet er, dass auch Technofans ihren Spass haben sollen – etwa in einer Gasse, in der nicht so viel laufe. Und so lange man Rücksicht auf die Guuggenmusigen nimmt – was seitens der «Zunft zur Unvernunft» nie zur Diskussion stand. Im Gegenteil: «Ohne Guuggenmusigen gäbe es die Fasnacht nicht, darum haben sie Priorität.» Darum hätte man die Boxen jeweils ausgeschaltet und den Musigen Platz gemacht.
Der Techno mag heuer mehrheitlich aus dem fasnächtlichen Strassentreiben verschwunden sein; wie sich das in kommenden Jahren entwickeln wird, muss sich zeigen. Und diese kommenden Jahre sind für die traditionelle Lozärner Fasnacht matchentscheidend. Schliesslich will sie dem Basler Pendant folgen und ebenfalls in die Liste der immateriellen Kulturgüter des Unesco Weltkulturerbe aufgenommen werden (zentralplus berichtete).
Für Stimmung auf der Gasse sorgen heuer derweil weiterhin die Guuggenmusigen. Und vielleicht noch Schlager.
- Augenschein bei der Jazzkantine
- Schriftlicher Austausch mit Urs Wigger, Luzerner Polizei
- Telefonischer Kontakt mit der «Zunft zur Unvernunft»
- Artikel des SRF
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