Emotionale Diskussion zu geplantem Schulraum

Baar: «Arbächler» wehren sich vehement gegen Schule

Werner Eberle, Mario Reinschmidt, Irene Eberle und Wolfgang Krull (v.l.) wehren sich dagegen, dass die Wiese bei Arbach verbaut werden soll. (Bild: wia)

Nachdem Kritik bezüglich des geplanten Schulstandorts im Baarer Arbach laut wurde, lud die Bauchefin die Anrainer zu einer Informationsveranstaltung ein. Während der emotionalen Diskussion musste der Stadtrat zünftig Kritik einstecken.

Ein verschlafenes Quartier am Rande von Baar. Rundum stehen Felder, Bauernhöfe, ein Bächlein säumt den Weiler. Während in der naheliegenden Stadt Zug der Feierabendverkehr durch die Gassen donnert, ist hier in Arbach alles ruhig.

Doch geht es nach der städtischen Exekutive, soll sich das bald ändern. Direkt angrenzend ans Baarer Quartier, jenseits der Gemeindegrenze auf dem Gebiet Lüssi, plant sie ein Schulhaus für 16 Schulklassen (zentralplus berichtete).

Dass in der Stadt Zug Schulraum gesucht wird, ist längst bekannt. Dass am Arbach der auserkorene Standort für die neue Primarschule «Guthirt 2» liegt, überraschte hingegen alle, von den direkten Anrainern bis hin zur Politik. Und dies nicht im positiven Sinn.

Der Widerstand flammte sogleich auf

Kaum hatte der Stadtrat den geplanten Standort preisgegeben, regte sich bereits Widerstand. Alle städtischen Fraktionen äusserten sich in einer Interpellation kritisch zum Standort und insbesondere zur Kommunikation des Stadtrats (zentralplus berichtete). Ebenso wehrte sich der Quartierverein Inwil-Arbach (Nabia). Rasch wurde die IG am Arbach gegründet; ein Verein, dessen Mitglieder zum Grossteil direkt betroffen sind. Wie sehr, wurde am Mittwochabend sichtbar.

«Man muss schon sehr gute Gründe haben, um Landwirtschaftsland zu Bauland umzonen zu lassen.»

Martin Eisenring, ehemaliger Mitte-Gemeinderat und Anrainer

Vor einer offiziellen Informationsveranstaltung, welche die Stadt für die Arbächler einberufen hatte, lud die IG die Anwohnerschaft sowie die Medien zum kurzen Augenschein vor Ort ein.

Das heutige Landwirtschaftsland, auf dem die Stadt Zug ein Schulhaus plant, grenzt direkt an mehrere Einfamilienhäuser auf Baarer Seite. Womit man bei einem der vielen Probleme wäre, welche die Anwohner beim Projekt sehen. «Man muss schon sehr gute Gründe haben, um Landwirtschaftsland zu Bauland umzonen zu lassen», gab Martin Eisenring, ehemaliger Mitte-Gemeinderat und Anrainer, zu verstehen.

Es ist heute schwierig, sich vorzustellen, wie sich ein neues Schulhaus auf dieser eher abgelegenen Wiese machen würde. Doch: Die Stadt Zug wächst. Gerade erst wurden neue Bauprofile beim Lüssi aufgestellt. Wie überall, werden auch in diesem Gebiet Baar und Zug künftig stärker zusammenrücken.

Eine saftige Wiese säumt den Weiler Arbach. Doch wie lange noch? (Bild: wia)

Ein hochemotionales Thema

Bereits vor der offiziellen Veranstaltung im Siehbachsaal wurde klar, wie viele Emotionen das Thema bei den Betroffenen auslöst. Und das, obwohl sich alle Anspruchsgruppen darüber einig sind, dass es dringend Schulraum in der Stadt Zug braucht. Über das Wo hingegen scheiden sich die Geister. Doch nicht nur darüber.

Wolfgang Krull, der Präsident der IG am Arbach, erklärte: «Wir kritisieren auch, wie die Stadt Zug mit der Bevölkerung umgeht. Bis im Mai wusste niemand von diesem Standort, nicht einmal die Politik. Doch auch die Art, wie die Stadt zu dieser Veranstaltung eingeladen hat, ist fragwürdig.» Die Stadt hatte die Einladungen in die Briefkästen der Arbächlerinnen verteilt. «Doch nicht einmal in alle. Ausserdem erfuhren einige Grundstückbesitzer, die selber nicht hier wohnen, nur per Zufall davon», kritisierte Krull.

«Wir brauchen nicht erst Schulraum im Jahr 2040, sondern eigentlich schon nächstes Jahr.»

Hemma Fuchs vom Vorstand des Quartiervereins Guthirt

Rund 70 Menschen fanden dennoch den Weg in den Siehbachsaal. Schnell stellte sich aber heraus, dass rund die Hälfte davon gar keine Anrainer des geplanten Schulhauses waren, sondern vielmehr Bewohnerinnen aus dem Quartier Guthirt, die sich ebenfalls neue Infos zum Thema erhofft hatten. Dass sie nur per Zufall von der Veranstaltung gehört hatten, stiess ihnen sauer auf.

Kritik an der Kommunikation des Stadtrats

«Seit zwei Jahren stehen wir mit der Stadt im Gespräch betreffend den Schulstandort Guthirt 2. Ich dachte, wir hätten eine gewisse Vertrauensbasis. Dennoch wussten wir nichts von diesem Anlass», äusserte sich Hemma Fuchs vom Vorstand des Quartiervereins Guthirt. Es sei für sie als Mutter von grossem Interesse, zu erfahren, was diesbezüglich passiere. «Wir brauchen nicht erst Schulraum im Jahr 2040, sondern eigentlich schon nächstes Jahr. Das bestehende Schulhaus platzt aus allen Nähten.»

«Die Unterlagen zur Vorprüfung sind vorbereitet, doch gibt es noch keinerlei Projekt.»

Eliane Birchmeier, Bauchefin Stadt Zug

Daraufhin erläuterte die Bauchefin Eliane Birchmeier, dass diese Veranstaltung im Prinzip erst später geplant gewesen sei und nur deshalb an diesem Tag schon stattfinde, weil explizit darum gebeten worden sei. Birchmeier dazu: «So sind wir denn noch immer auf dem Stand der Medienorientierung vom vergangenen Mai. Ich würde Ihnen sehr gern mehr erzählen zum Projekt, nur ist das nicht möglich, da es nicht mehr zu erzählen gibt.»

Die Bauchefin weiter: «Wir stehen nämlich noch nirgends. Wir haben das Areal identifiziert, auf dem wir zu bauen planen. Wir wissen, wie gross unser Raumbedarf ist und wie das Gebiet erschlossen werden soll. Die Unterlagen zur Vorprüfung sind vorbereitet, doch gibt es noch keinerlei Projekt.» So könne es durchaus auch sein, dass nur ein Teil des Areals für eine kleinere Schule gebraucht werde, und ein zweiter Schulstandort an einem anderen Ort dazukomme.

Die Option Göbli finden einige sympathischer

Den Eindruck, dass die Stadt noch «nirgends» stehe, hatten die Anwohner offenbar nicht. Nicht zuletzt, da die Stadträtin an der Medienkonferenz im Mai von einem «optimalen» Standort gesprochen hatte. Wolfgang Krull findet den Schulbau am Arbach – gelinde gesagt – alles andere als optimal. Er äusserte sich an der Veranstaltung ausführlich und mit einer umfangreichen Präsentation gegen das Projekt. Als deutlich sinnvoller schätzte er einen Schulstandort im Göbli, also in der Nähe des Ökihofs, ein.

Die Evaluation, gemäss welcher der beste Standort für ein städtisches Schulhaus eben beim Arbach sei, sei für ihn unverständlich. Krull sprach von Fehleinschätzungen in mehreren Punkten. «Das verwendete Ampelsystem zeigt etwa auf, dass die Velo- und Fussverbindungen in den Arbach besonders gut seien, hingegen zum Gebiet Göbli nur ‹gelb›. Ich habe die beiden Standorte verglichen. Von der Entfernung her sind sie quasi identisch.»

IG am Arbach zweifelt stark an der Nutzwertanalyse

Auch halte er den Schulweg ins Gebiet Göbli nicht für gefährlicher als in den Arbach. «Geht man durchs Quartier und läuft hinter dem Tech Cluster durch, ist das überhaupt kein Problem. Dennoch erhält das Thema Schulwegsicherheit im Areal Göbli eine rote Ampel, das Guthirt 2 im Arbach hingegen eine grüne.» Nicht nur Krull machte die Stadtverantwortlichen an diesem Abend darauf aufmerksam, dass der Schulweg entlang der Göblistrasse aufgrund der «Raser» durchaus gefährlich sein könne.

«Wir sehen die Dringlichkeit zwar ein, doch wenn die Stadt den Standort Arbach weiterverfolgt, setzt sie auf ein totes Pferd.»

Wolfgang Krull

Als «Hammer» bezeichnete Krull die Einschätzung der Experten, dass beim Standort Göbli in Sachen Zentralität die Ampel auf Rot steht, im Arbach hingegen auf Grün. Ebenso verhält es sich in Sachen «Akzeptanz in der Bevölkerung». Die genannten und noch weitere Resultate sind für Krull respektive die Mitglieder der IG unverständlich.

«Wir sehen die Dringlichkeit zwar ein, doch wenn die Stadt den Standort Arbach weiterverfolgt, setzt sie auf ein totes Pferd.» Niemand dürfte daran gezweifelt haben, dass Krull seine warnenden Worte bierernst meinte. Die Anwohnerschaft warnte denn auch ziemlich deutlich davor, dass sie, sollte das Projekt weiterverfolgt werden, auf die Barrikaden gehen würden. Nicht nur einmal fiel der Begriff Bundesgericht.

Eine unumgängliche Einzonung?

Zur Kritik im Zusammenhang mit der Umzonung des besagten Landwirtschaftslands in eine Zone des öffentlichen Interesses äusserte sich der Zuger Stadtplaner Harald Klein wie folgt: «Die Stadt Zug weist neben der Stadt Basel den tiefsten Landverbrauch pro Person auf. Das ändert nichts an der Tatsache, dass es von Zeit zu Zeit Neueinzonungen braucht.» Dies, obwohl man sich viele Gedanken zur Verdichtung mache. «Es gibt schon jetzt Überlegungen, ob auf dem geplanten Werkhof vielleicht Tennisplätze entstehen könnten.»

An der Veranstaltung vom Mittwochabend kamen Anwohnerinnen und Stadt auf keinen grünen Zweig. Auch wenn die Stadträtin am Schluss zur Versöhnung – oder wohl eher als Mahnung – ein grünes, vierblättriges Kleeblatt von der Arbachwiese geschenkt bekam.

Was die öffentliche Hand jedoch nun mit Sicherheit weiss: Die Bewohner des kleinen gallischen Dorfes namens Arbach sind tapfere Kämpfer. Bereits jetzt weht dem Stadtrat ein rauer Wind entgegen. Die Vorstellung, dass ein Schulhaus an der Gemeindegrenze im Jahr 2028 in Betrieb genommen werden könnte, scheint zu diesem Zeitpunkt absurd.

Verwendete Quellen
  • Augenschein vor Ort
  • Veranstaltung der Stadt Zug zum Thema
  • Gespräche mit Anwesenden
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


2 Kommentare
  • Profilfoto von Franz
    Franz, 29.06.2023, 13:28 Uhr

    Die Klimatiker, das sind beileibe nicht nur Linke und Grüne, wollen ja, dass weniger Fleisch und Milch produziert wird. Von daher macht es Sinn, immer mehr Wiesen zu überbauen oder mit Solarpanels und Windrädern zu verschönern.

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎2Daumen runter
  • Profilfoto von Mario Rob
    Mario Rob, 29.06.2023, 09:21 Uhr

    Willkommen in der Schweiz, im Land der Nörgeler und Besserwisser.

    👍1Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎4Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon