Zuger Politiker kritisieren Vorgehen der Stadt

Vergabe der Herti-Provisorien wirft Fragen auf

Gegen das geplante Herti-Schulhaus gingen keine Einsprachen ein. Kritik kam jedoch aus der Politik. (Bild: wia)

Hätte der Zuger Stadtrat die Vergabe der Provisorien für das Schulhaus Herti öffentlich ausschreiben müssen? Drei Interpellanten finden: Ja. Der Zuger Stadtrat hingegen verteidigt sein Vorgehen.

Wie kann es sein, dass die Stadt Zug Schulprovisorien für fast 9 Millionen Franken mietet, dies jedoch nicht öffentlich ausschreibt? Und warum wurde auch für den Bau dieser Provisorien über 5,3 Millionen Franken kein offenes oder selektives Verfahren gemacht? Diese und weitere Fragen stellten die drei Zuger Gemeinderäte David Meyer (GLP), Christoph Iten (Mitte) und Philip C. Brunner (SVP) im Rahmen einer Interpellation zum Herti-Provisorium (zentralplus berichtete).

Vor einigen Wochen folgte die Antwort des Zuger Stadtrates. Dieser berief sich bei der Beschaffung der Mietprovisorien auf eine Ausnahmeregelung, welche in der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB, Art. 10b) zu finden ist. Gemäss diesem Passus werden von der Submissionspflicht «der Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, Bauten und Anlagen sowie die entsprechenden Rechte daran» ausgenommen.

Der Stadtrat weiter: «Der guten Ordnung halber ist darauf hinzuweisen, dass die von den Interpellanten zitierte und verlinkte IVöB im Kanton Zug noch nicht in Kraft ist, da im Kanton Zug das Beitrittsverfahren zur interkantonalen Vereinbarung noch nicht abgeschlossen ist.» Mit dem Inkrafttreten des neuen Vergaberechts sei per 1. Januar 2024 zu rechnen. «Dies ändert aber nichts an der rechtlichen Einordnung, da dieses Privileg bereits nach dem heutigen Recht gilt.»

Vergabe wurde nicht publiziert

Auf die Frage der Interpellanten, wann die Direktvergabe im kantonalen Amtsblatt publiziert worden sei, antwortete der Stadtrat, dass sich die Stadt aus der laufenden Produktion drei Modulpavillons für die Dauer von drei bis sechs Jahren habe sichern können. «Der Abschluss des Mietvertrags ist terminiert, er ist aber noch nicht unterzeichnet. Damit ist vergaberechtlich noch kein Auftrag erteilt. Nur schon aus diesen Gründen ist weder eine Berichterstattung noch eine Publikation erforderlich. Die Vergabe wurde nicht publiziert.»

Am Dienstagabend wurde im Grossen Gemeinderat der Vorstoss respektive die Antworten darauf ausführlich diskutiert. Die meisten Parteien begrüssten «das kritische Auge» der drei Interpellanten. Auch die ausführliche Beantwortung des Stadtrats wurde von einigen Parteien gelobt. CSP, SP und Mitte bezeichneten die Argumentationskette des Stadtrats als «nachvollziehbar» und «schlüssig».

Die geltende Rechtsgrundlage ist nicht allen Räten klar

Interpellant und Mitte-Fraktionschef Christoph Iten gab jedoch zu bedenken: «Für uns ist unklar, auf welcher verbindlich gültigen Rechtsgrundlage diese Ausnahme basiert. Ausserdem fragt sich, ob ein Pavillon als unbewegliche Anlage gilt. Dazu bräuchte es wohl ein neutrales Rechtsgutachten.» Iten mahnte schliesslich, dass in Sachen Submissionsvergaben «Abkürzen und Kurvenschneiden nicht erlaubt» seien.

GLP-Interpellant David Meyer liess die Stadträte und deren Antworten nicht so leicht davonkommen. «Die Stadt hat eine halbe Seite lang über die Ausnahme 10b des IVöB geschrieben. Man glaubt als Leser, alles sei okay, ist textlich gut eingelullt.» Aber: «Da gibt die Stadt ‹der Ordnung halber› zu, dass die Gesetzesgrundlage mit besagter Ausnahme 10b im Kanton Zug gar nicht in Kraft ist.» Die aktuell gültige Version kenne aber diese Ausnahme nicht, stellte Meyer fest. «Mit anderen Worten: Man hätte auch die Miete dieser Provisorien ausschreiben müssen.»

«Für mich gibt es keine unangenehmen Fragen.»

Eliane Birchmeier, Zuger Bauchefin

Er kritisierte weiter: «In der Antwort Nummer 2 ist zu erkennen, dass der Vertrag zu den Provisorien noch nicht unterzeichnet ist. Somit ist er auch nicht bindend.» Meyer weiter: «Im Heft zur Abstimmung über Neubau und Erweiterung des Herti-Schulhauses wurde hingegen erläutert, dass sich die Stadt die Provisorien gesichert habe.»

Die städtische Bauchefin Eliane Birchmeier äusserte sich zum Schluss der Debatte wie folgt: «Für mich gibt es keine unangenehmen Fragen. Die Fragen waren berechtigt, und ich hoffe, dass man das den Antworten auch anmerkt.»

Ausnahmeregelung gilt gemäss Bauchefin bereits

Auf Meyers Kritik äusserte sie sich wie folgt: «Wohl ist die IVöB 2019 noch nicht in Kraft. Die IVöB 2001 ist es jedoch nach wie vor. Und auch dort drin ist die besagte Ausnahmebestimmung für die Miete von Bauten zu finden.» Die Bauchefin weiter: «Der Stadtrat legt sehr grossen Wert auf Submissionen und darauf, dass diese Verfahren ordnungsgemäss ablaufen.»

Offenbar nicht nur bei David Meyer hinterliess das Vorgehen der Stadt bezüglich der Miete der Herti-Pavillons ein ungutes Gefühl. 14 der 36 Parlamentarier nahmen die Antwort auf die Herti-Interpellation ablehnend zur Kenntnis.

Die Sache ist – im konkreten Fall – jedoch vom Tisch. Die Beschwerdefrist zum Herti-Schulhausbau ist mittlerweile ohne eine einzige Einsprache abgelaufen. Die Bauarbeiten für den dringend benötigten Schulraum können starten.

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