«Versteckte» Foodwaste-Kandidaten

Was mit aufgetischtem Brot und Kaffeerahm in Beizen passiert

Brot kommt im Restaurant oft ungefragt auf den Tisch – und landet im Müll, wenns nicht gegessen wird. (Bild: Symbolbild Adobe Stock)

In der Schweiz landet viel Essen im Abfall. Verschiedene Massnahmen sollen das verhindern. Allerdings gibt es auch gesetzliche Regeln, die vorschreiben, wann etwas weggeworfen werden muss.

Dass in der Schweiz viele Lebensmittel im Müll landen, ist bekannt. Rund 2,8 Millionen Tonnen vermeidbare Lebensmittelabfälle fallen hier pro Jahr an. Die grösste Menge – rund 1,2 Millionen Tonnen – fällt dabei auf die Verarbeitung. Auf Platz 2 landen gemäss Zahlen des Bundes die Haushalte, die insgesamt um die 778’000 Tonnen Lebensmittelabfall verursachen. Beim Gross- und Detailhandel sind es noch 279’000 Tonnen, bei der Gastronomie 210’000 Tonnen und die Landwirtschaft ist für rund 197’000 Tonnen verantwortlich.

Um das Problem in der Gastronomie anzupacken, haben Betriebe verschiedene Massnahmen ergriffen oder sind Teil von grösser angelegten Projekten. Seit 2020 arbeitet der Kanton Luzern beispielsweise mit dem Verein United Against Waste (UAW) zusammen und hat mit hiesigen Gastronomie-Betrieben das Projekt «Food Save Luzern» lanciert (zentralplus berichtete). Dabei messen teilnehmende Lokale ihre Abfälle, untersuchen die Arbeitsprozesse und suchen Lösungsansätze und Massnahmen, um die Menge künftig zu reduzieren.

Bei Foodwaste denken viele zuerst an halbvolle Teller im Restaurant, überschüssige Einkäufe oder weggeschmissene Ware aus dem Kühlschrank. Allerdings entsteht Foodwaste auch im kleineren Rahmen. Oder in Fällen, die einem Restaurantbesucher gar nicht so bewusst sind. Und nicht selten fliegt Ware in die Tonne, weil es das Gesetz so vorgibt.

Not mit dem Brot

Ein Foodwaste-«Klassiker» ist beispielsweise das Brotkörbchen, das zum Aperitif oder zum Salat auf den Tisch kommt. Gerne schnaust man schon ein, zwei Scheiben, ehe der Hauptgang serviert wird. Wenn aber Brot übrig bleibt, winkt im Nachgang leider die Abfalltonne. Warum? «Wenn Brot im Körbchen offen angeboten wird, kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieses kontaminiert wurde, beispielsweise durch Niesen oder durch schmutzige Hände», schreibt Silvio Arpagaus, Leiter der kantonalen Dienststelle Lebensmittelkontrolle und Verbraucherschutz. Gemäss der eidgenössischen Hygieneverordnung dürfen solche Lebensmittel deswegen nicht mehr anderen Gästen aufgetischt werden – und enden im Güsel.

Anders sieht es bei verpackten Dingen aus. Jeder, der sich schon einmal in einem Restaurant einen Kaffee bestellt hat, kennt das Bild. Auf den Tisch kommt nebst der Tasse Kaffee ein Unterteller, Kaffeerahm, ein Beutel Zucker und ein Keks oder ein Stück Schokolade. Leute, die ihren Kaffee oder Tee gerne schwarz und «ohni nüt» möchten, lassen die Beilagen unberührt liegen. Sie werden schliesslich wieder abgetischt. Was im Anschluss damit passiert, ist unterschiedlich.

Verpackte Produkte, wie etwa ein eingepacktes Stück Schokolade, eine Tüte Zucker oder ein Becherchen Kaffeerahm können bei Nichtgebrauch wieder zurückgenommen und an andere Gäste serviert werden. Nicht jedoch, wenn die Beilagen offen sind, der Kaffeerahm also in einem Giesskännchen daherkommt oder der Keks unverpackt ist.

Nicht nur Restaurants sind betroffen

Das Foodwaste-Problem besteht nicht nur in Bars und Restaurants, sondern auch in anderen Betrieben, wie etwa Spitälern. Das Luzerner Kantonsspital (Luks), zu der auch die Standorte Sursee und Wolhusen zählen, kocht täglich an die 5000 Mahlzeiten. Werden welche nicht verbraucht, kommt es auf die Umstände ab, ob sie weitergegeben werden oder entsorgt werden müssen.

«Nicht berührte Patientenessen, die auf die Station geliefert wurden, können innerhalb von vier Stunden an andere Patientinnen weitergegeben werden», schreibt Mediensprecher Linus Estermann. Voraussetzung sei jedoch, dass die Mahlzeiten durchgehend gekühlt wurden. Übrig bleiben Mahlzeiten hauptsächlich dann, wenn Patienten frühzeitig entlassen oder zu einem Eingriff gebracht wurden.

Haben Mahlzeiten die Kühlkette aber einmal verlassen – wenn sie etwa zu den Patientinnen aufs Zimmer gebracht werden – dürfen sie gemäss Lebensmittelgesetz nicht zurück in die Küche. Lässt ein Patient das Menü also stehen, muss das Luks es im Anschluss entsorgen.

In der Kaffeefrage handhabt es das Luks in den Restaurants so, dass sich Gäste bei Bedarf selbst mit Zucker und Kaffeerahm bedienen. «Auf den Bettenstationen werden Zucker, Crème und eine verpackte Süssigkeit abgegeben und bei Nichtgebrauch zurückgenommen und weiterverwendet», schreibt Estermann.

Luzerner Kantonsspital hat Foodwaste halbiert

Die Luks-Gruppe arbeitet seit 2017 daran, den eigenen Foodwaste zu reduzieren. Seither hat das Spital rund 30 Massnahmen umgesetzt (zentralplus berichtete). Etwa hat das Luks die eigenen Abfälle gemessen und analysiert, Prozesse in der Küche angepasst, die Menüportionen verkleinert und die Menüplanung für die Patienten überarbeitet. In einem Spital, wo sich Patientinnenbedürfnisse gesundheitsbedingt kurzfristig ändern, sei das eine Herausforderung gewesen, schreibt das Unternehmen.

Mit den umgesetzten Massnahmen hat das Spital den Foodwaste nach eigenen Messungen halbiert. Derzeit produziert das Luks pro Monat an die 12 Tonnen Foodwaste. Im Vorjahr waren es noch 24 Tonnen.

Was kannst du gegen Foodwaste tun?

  • Foodwaste beginnt schon beim Einkauf. Die Internet-Plattform Savefood.ch bietet Tipps und Tricks für eine gescheite Einkaufsplanung und diverse Rezepte für Resteverwertung. Hinter der Plattform steht die Zürcher Umwelt-Stiftung Pusch.
  • Die «Madame Frigo»-Kühlschränke nutzen – oder selbst einen bewirtschaften. Infos dazu findest du hier.
  • Die App Too Good To Go bietet eine Abholmöglichkeit bei teilnehmenden Geschäften. Nebst zahlreichen Restaurants, Bäckereien und Bars sind auch Grossverteiler wie die Migros auf der App vertreten. Als Kundin bezahlst du im Vorfeld und kannst deine Bestellung in einem festgelegten Zeitfenster in der jeweiligen Filiale abholen.
Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Linus Estermann, Sprecher des Luzerner Kantonsspitals (Luks)
  • Website Foodwaste Schweiz
  • Schriftlicher Austausch mit Silvio Arpagaus, Leiter der Dienststelle Lebensmittelkontrolle und Verbraucherschutz, Kanton Luzern
  • Bundesgesetz über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände
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2 Kommentare
  • Profilfoto von M.Schmidig
    M.Schmidig, 04.03.2024, 19:20 Uhr

    Stimmen die Zahlen vom Spital wirklich? 12000 kg Foodwaste pro Monat…?
    Ich hoffe sehr, dass dies nicht stimmt.

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  • Profilfoto von Jörg Müller
    Jörg Müller, 04.03.2024, 09:24 Uhr

    Bei uns wurde nur auf Verlangen des Gastes Brot auf den Tisch gebracht, das wir dann frisch abschnitten, Menüs gab es da noch nur 2. Zum Mittag war eines aus, dut dann 2. Passte es jemandem nicht, sagten wir, was er noch haben kann mit Absprache der Küche. Schnipo, oder Bratwurst war immer da. Übrig blieb so selten was. Abfälle bekamen die Säuli, die sich grunzend bedankten. Das Problem heute ist das viel zu grosse Angebot.

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