Auf Friedhöfen wird in der Regel getrauert. Eine Gruppe pensionierter Theologinnen will den Friedhof Friedental in Luzern auch zu einem Ort der Begegnung machen – und plant dafür ein Café für die Sommermonate.
Friedhöfe gelten gemeinhin nicht gerade als Orte, mit denen man gemütliches Beisammensein verbindet. Sondern eher mit Trauer, Einsamkeit und Verlustgefühlen. Der Friedhof Friedental in Luzern ist allerdings ein Ort, der auch ausserhalb von Beerdigungen aufgesucht wird. Nebst dem Besuch von Gräbern gehen hier Leute auch gerne spazieren oder geniessen die Stille der Parkanlage.
In wenigen Wochen wird der Friedhof um ein Angebot erweitert, das auf den ersten Blick etwas eigenartig anmuten könnte: einem Café. Das «Café unter der Linde» – so der Name – soll gemäss den Initiantinnen ein Ort der Begegnung werden, wo Besucher zwanglos und barrierefrei über «Gott und die Welt» plaudern können. Denn der Friedhof soll nicht nur ein Ort des persönlichen Innehaltens, sondern auch ein Ort des gemeinsamen Gesprächs werden, heisst es in einer Mitteilung zum «Café unter der Linde».
Café als Zwischennutzung
Die Theologin und Buchautorin Silvia Strahm Bernet ist eine der Initiantinnen des Cafés. Gegenüber zentralplus erklärt sie, wie die Idee zustande gekommen ist. «Ich war in Berlin und habe da zum ersten Mal ein solches Friedhofs-Café besucht.» Auf dem Friedrichswerderschen Friedhof in Berlin-Kreuzberg wurde die Aufbahrungshalle in das «Café Strauss» umfunktioniert. Sitzplätze in der Halle und auf dem Platz davor laden zum Verweilen ein. «Ich fand die Idee dieser Art von Zusammensein schön», erklärt Strahm Bernet. Und da die Stadt Luzern als Besitzerin des alten Krematoriums beim Friedhof Friedental schon länger nach Zwischennutzungen sucht, sei das die erste Anlaufstelle für die Idee gewesen.
Im alten Krematorium wird das «Café unter der Linde» allerdings nicht aufgebaut. «Dieser Standort ist akustisch nicht geeignet und ausserdem nicht barrierefrei», so Strahm Bernet. Hinzu kommt, dass er zu weit vom Eingang entfernt ist. In Absprache mit der Friedhofsverwaltung hat sich das Team einen anderen Platz ausgesucht. Jetzt wird das Café unter der Linde in der Nähe des Gemeinschaftsgrabes aufgebaut.
Betrieb an 24 Tagen – vorerst
Das «Café unter der Linde» hat von Ende April bis voraussichtlich Mitte Juli an 24 von der Stadt Luzern bewilligten Nachmittagen geöffnet. Vorausgesetzt, das Wetter spielt mit. Bei schönem Wetter ist ein Betrieb von jeweils 13 bis 17 Uhr geplant. Ein Schild beim Eingang zum Friedhof informiert die Besucherinnen darüber, ob das Café geöffnet ist.
Geführt wird das Café nebst Silvia Strahm Bernet ehrenamtlich von den pensionierten Luzerner Theologinnen Li Hangartner, Carmen Jud, Heidi Müller und der Religionspädagogin Beata Pedrazzini. Ihnen zur Hand geht eine Gruppe Freiwilliger. Jeweils zu zweit kümmern sie sich vor Ort um das Wohl der Gäste. «Wir sind derzeit gerade mit der Einsatzplanung beschäftigt.»
Obwohl alle willkommen sind, richtet sich das Angebot nicht an die grosse Masse. «Menschen kommen nicht extra auf den Friedhof, um Kaffee zu trinken», sagt Silvia Strahm Bernet. Vielmehr sei das Café für Leute gedacht, die sich regelmässig auf dem Friedhof aufhielten, beispielsweise um Gräber zu besuchen, und Lust auf ein Gespräch hätten.
Mit einem grossen Besucherandrang rechnet das Team also nicht. «Das Café ist zum ruhigen Austausch gedacht, deswegen muss es auch nicht riesig sein.» Zehn Stühle und drei Tische plant das Team derzeit unter der Linde aufzustellen. Mit der Option auf mehr. «Ausbauen kann man immer», sagt Silvia Strahm Bernet, fügt aber noch an: «Die Logistik ist nicht zu unterschätzen.»
Kaffee und Kuchen
Angeboten wird im «Café unter der Linde» vorerst ein kleines Sortiment. «Es wird Kaffee, Tee, Kuchen, Snacks und ein paar kalte Getränke geben.» Kollegen von Li Hangartner haben eigens für das Café einen kleinen Kaffeewagen gebaut, die Miete für ein Profi-Gefährt wäre zu teuer gewesen, erklärt Silvia Strahm Bernet weiter. Finanziell unterstützt wird die Pilotphase des «Café unter der Linde» durch den Margaretha-Binggeli-Fonds, die Albert Koechlin Stiftung, die katholische Kirche der Stadt Luzern und die reformierte Kirchgemeinde Luzern.
Sollte das Friedhofs-Café Anklang finden, wollen die Betreiberinnen das Projekt über die Pilotphase hinaus weiterführen. Dann jedoch, so die Theologin, wäre das Team nebst einer weiteren Finanzierung auch auf jüngere Helferinnen angewiesen. «Wir sind doch schon alle zwischen 60 und 80 Jahre alt und ein paar von uns haben es im Rücken», sagt Silvia Strahm Bernet gut gelaunt.
Vor dem Café war das Theater
Das «Café unter der Linde» ist nicht das erste kulturelle Projekt, das auf dem Friedhof Friedental durchgeführt wird. Im September 2021 nutzte die Theatergruppe «Fetter Vetter & Oma Hommage» den Platz des alten Krematoriums als Theaterbühne. In Zusammenarbeit mit dem Kleintheater Luzern brachte das Team das Stück «Apocalypse Now (and I feel fine)» des Autors Christoph Fellmann auf die Bühne (zentralplus berichtete). Davor hatte der Verein «Kräuterei» die Parkanlage des Krematoriums als grossen Kräutergarten genutzt.
- Mitteilung «Café unter der Linde»
- Telefongespräch mit Silvia Strahm Bernet
- Augenschein vor Ort
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MARIO P. HERMANN, 27.08.2023, 13:30 Uhr Das ist ziemlich «krank» und pietätlos sowie makaber, auf dem Friedhof Areal ein «Cafe» zu eröffnen.
Wieso denn nur gab die Behörde da eine Bewilligung — haben die Frauen etwa Vitamin-B…?!?
Ich würde nie im Leben ein Stück Kuchen essen oder etwas trinken gehen auf dem Friedhof; erstens aus Anstandsgründen gegenüber den Toten (Friedhofsruhe, noch nie gehört ihr Damen?!?) und deren Angehörigen und zweitens will ich ja nicht ein paar Meter neben dem Urnengrab meiner Eltern Zvieri nehmen…
Es wundert mich noch, dass sie die Öfen des Kreamatoriums nicht noch als Pizzaöfen «missbrauchen»…
Diese IDEE ging total in die Hosen. Eine Schande!👍1Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runterAnnabell, 29.03.2023, 07:59 Uhr Völlig absurd
Was überlegen sich diese Theologinnen
👍1Gefällt mir👏1Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runterRenata, 26.03.2023, 14:35 Uhr Die Idee eines völlig deplatzierten Plauderkaffe’s auf dem Friedental empfinde ich im wahrsten Sinne des Wortes als widerwärtig. Das Grab meiner Eltern befindet sich in unmittelbarer Nähe der schönen Linde. Noch kurz vor dem Tod meines Vaters sassen wir zusammen unter ihr. Heute gehe ich oft zur alten Linde und setze mich auf die Bank um meines Vater’s zu gedenken. Das kann ich aber bald nicht mehr tun, weil dieser Platz nun von kuchenverzehrenden und pietätslosen Menschen okkupiert sein wird. Es ist mir ein Rätsel, wie ein solch geschmacksloses Vorhaben überhaupt genehmigt werden konnte.
Die letzte Ruhe der Toten wird hier missachtet und das Ruhebedürfnis der Trauernden zur inneren Zwiesprache mit den Verstorbenen wird übergangen und verunmöglicht.
Ich hoffe, dass diese verrückte Idee ein einmaliger Ausrutscher bleibt und dass den Toten bald wieder eine würdige letzte Ruhe auf dem Friedental (sic!) ermöglicht wird.
«Herr gib ihnen die letzte Ruhe und das ewige Licht leuchte ihnen.»👍5Gefällt mir👏1Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runterHanny, 25.03.2023, 09:37 Uhr Werden auch Menues angeboten
Das wäre super
👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎6Daumen runterJoseph de Mol, 27.03.2023, 10:01 Uhr Ja. Allerdings bloss Trauermahlzeiten.
👍1Gefällt mir👏1Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runterMARIO P. HERMANN, 27.08.2023, 13:36 Uhr Das tägliche Friedhofs-Mittags-Menü gibt’s bereits ab Fr. 19.95; inkl. 2 Vorspeisen.
(Ein Friedhofssalat in Kranzform sowie eine heisse Bouillon mit Flädli in Sargform…).
En Guete!👍1Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
Toni, 25.03.2023, 07:07 Uhr Jaaa, mit Grusel Kabinett und Übernachtung im Friedhof im einem Grab ,und Disco und schon ist der Begegnungsort Geboren, nicht vergessen wie in ZH Picknick und Jogging Parcours..
👍4Gefällt mir👏1Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runterJoseph de Mol, 27.03.2023, 10:02 Uhr Die herumliegenden (benutzten) Kondome sollten hier auch noch Erwähnung finden….
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Christine, 24.03.2023, 08:48 Uhr Toll. Ich freue mich bald in der Nähe meiner Schwester einen Kaffee trinken zu können.
👍1Gefällt mir👏1Applaus🤔0Nachdenklich👎4Daumen runterMARIO P. HERMANN, 27.08.2023, 13:38 Uhr Der ist gut! Ihre Schwester wird sich freuen und «sieht» sie sicher…
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Christian Scherrer, 24.03.2023, 07:08 Uhr Eine wirklich gute Idee. Der Tod ist allgegenwärtig und Bestandteil unseres Lebens. Das Friedental ein wunderbarer Ort für einen ruhigen Spaziergang. Das Café wird offenbar in der Nähe des Grabes meines Vaters sein. Ich freue mich «auf einen Kaffee» mit meinem Vater.
👍2Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎7Daumen runterWaesmeli-Sepp, 23.03.2023, 16:41 Uhr Der Friedhof noch einer der wenigen Orte, wo es ruhig ist. Warum muss auch dieser noch zerstört werden? Gibt es nicht genug Cafés in der Stadt und Umgebung. Lasst uns und den Verstorbenen doch wenigstens diesen Ort der Ruhe!
👍7Gefällt mir👏1Applaus🤔0Nachdenklich👎2Daumen runterPhilipp, 23.03.2023, 14:42 Uhr Zum Glück steht das Grab dass ich besuche nicht in der Nähe. Ich gehe dahin um zu trauern und brauche keine Leute die sich da treffen um zu plaudern.
👍6Gefällt mir👏1Applaus🤔0Nachdenklich👎2Daumen runterPeter Bitterli, 23.03.2023, 16:18 Uhr Wissen Sie, was an Beerdigungen passiert? Genau, man trifft sich und plaudert.
Selber war ich jetzt öfters mal spazieren im Friedhof. Es ist sonnig, offen, hell, man trifft auf Bekannte und Vergessene. Nichts, aber auch gar nichts spricht gegen einen Sitzplatz mit Käfeliausschank.
Oder sind Sie etwa gar der Philipp, der gegebenenfalls theologische Vorbehalte hätte?👍3Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎7Daumen runterChantal, 23.03.2023, 18:35 Uhr @Peter Bitterli: Ich verstehe «Philipp» sehr gut. Der Friedhof ist nicht der richtige Platz zum Käfele. Ich meide, respektive warte mit dem Besuch des Grabes meines Mannes jeweils auch, bis andere in der Nähe verschwunden sind.
Und bei seinem Begräbnis haben die Gäste auch nicht geplaudert, sondern getrauert und sich Trost gespendet.👍6Gefällt mir👏1Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
Armin Tamzarian, 23.03.2023, 14:02 Uhr Pietätlos. Respektlos. Eine Erosion der hiesigen Sepulkralkultur. Und offenbar eine moralische Überforderung und geistige Umnachtung der Beteiligten.
Überall, nur nicht auf einem Friedhof.
Und wenn, dann z.B. auf dem Zürcher Friedhof Sihlfeld. Dort ist, wie bestens bekannt, der sittliche Zerfall seit einigen Jahren erlebbar und Sodom und Gomorrha bereits angerichtet.👍7Gefällt mir👏1Applaus🤔2Nachdenklich👎4Daumen runterMarie-Françoise Arouet, 23.03.2023, 15:51 Uhr Vielleicht informieren sich die Herren mal über Begräbnis- und Totenrituale weltweit, bevor sie hier aus der Anonymität mit Kraftausdrücken um sich werfen.
👍3Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎7Daumen runtertore, 23.03.2023, 16:51 Uhr Ganz Ihrer Meinung.
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tore, 23.03.2023, 16:48 Uhr Respektlos?
Respektlos finde ich, den Initiantinnen «moralische Überforderung und geistige Umnachtung der Beteiligten» zu unterstellen.👍4Gefällt mir👏2Applaus🤔0Nachdenklich👎8Daumen runter
Black Pearl, 23.03.2023, 13:40 Uhr Das finde ich wirklich eine sehr gute Idee. Ich könnte mir vorstellen, dass dieses Angebot einem Bedürfnis entspricht und auf Nachfrage stösst. Viel Glück!
👍5Gefällt mir👏2Applaus🤔1Nachdenklich👎8Daumen runterMarie-Françoise Arouet, 23.03.2023, 12:55 Uhr Was haben eigentlich pensionierte Theologinnen vor der Pensionierung getan?
👍7Gefällt mir👏0Applaus🤔2Nachdenklich👎6Daumen runterKommentarschreiber, 25.03.2023, 15:24 Uhr @Peter Bitterli
Die gleiche Frage könnte man pensionierten Dr. phil. Musikwissenschaftlern stellen.👍3Gefällt mir👏2Applaus🤔0Nachdenklich👎2Daumen runter