Neuer Begegnungsort in Luzern

Theologinnen eröffnen Café auf dem Friedhof Friedental

Gründerinnen des kleinen Cafés (v.l.n.r.): Li Hangartner, Silvia Strahm, Beata Pedrazzini und Carmen Jud. (Bild: zvg)

Auf Friedhöfen wird in der Regel getrauert. Eine Gruppe pensionierter Theologinnen will den Friedhof Friedental in Luzern auch zu einem Ort der Begegnung machen – und plant dafür ein Café für die Sommermonate.

Friedhöfe gelten gemeinhin nicht gerade als Orte, mit denen man gemütliches Beisammensein verbindet. Sondern eher mit Trauer, Einsamkeit und Verlustgefühlen. Der Friedhof Friedental in Luzern ist allerdings ein Ort, der auch ausserhalb von Beerdigungen aufgesucht wird. Nebst dem Besuch von Gräbern gehen hier Leute auch gerne spazieren oder geniessen die Stille der Parkanlage.

In wenigen Wochen wird der Friedhof um ein Angebot erweitert, das auf den ersten Blick etwas eigenartig anmuten könnte: einem Café. Das «Café unter der Linde» – so der Name – soll gemäss den Initiantinnen ein Ort der Begegnung werden, wo Besucher zwanglos und barrierefrei über «Gott und die Welt» plaudern können. Denn der Friedhof soll nicht nur ein Ort des persönlichen Innehaltens, sondern auch ein Ort des gemeinsamen Gesprächs werden, heisst es in einer Mitteilung zum «Café unter der Linde».

Café als Zwischennutzung

Die Theologin und Buchautorin Silvia Strahm Bernet ist eine der Initiantinnen des Cafés. Gegenüber zentralplus erklärt sie, wie die Idee zustande gekommen ist. «Ich war in Berlin und habe da zum ersten Mal ein solches Friedhofs-Café besucht.» Auf dem Friedrichswerderschen Friedhof in Berlin-Kreuzberg wurde die Aufbahrungshalle in das «Café Strauss» umfunktioniert. Sitzplätze in der Halle und auf dem Platz davor laden zum Verweilen ein. «Ich fand die Idee dieser Art von Zusammensein schön», erklärt Strahm Bernet. Und da die Stadt Luzern als Besitzerin des alten Krematoriums beim Friedhof Friedental schon länger nach Zwischennutzungen sucht, sei das die erste Anlaufstelle für die Idee gewesen.

Im alten Krematorium wird das «Café unter der Linde» allerdings nicht aufgebaut. «Dieser Standort ist akustisch nicht geeignet und ausserdem nicht barrierefrei», so Strahm Bernet. Hinzu kommt, dass er zu weit vom Eingang entfernt ist. In Absprache mit der Friedhofsverwaltung hat sich das Team einen anderen Platz ausgesucht. Jetzt wird das Café unter der Linde in der Nähe des Gemeinschaftsgrabes aufgebaut.

Unter der Linde auf dem Friedhof Friedental entsteht Ende April ein Begegnungscafé. (Bild: cbu)

Betrieb an 24 Tagen – vorerst

Das «Café unter der Linde» hat von Ende April bis voraussichtlich Mitte Juli an 24 von der Stadt Luzern bewilligten Nachmittagen geöffnet. Vorausgesetzt, das Wetter spielt mit. Bei schönem Wetter ist ein Betrieb von jeweils 13 bis 17 Uhr geplant. Ein Schild beim Eingang zum Friedhof informiert die Besucherinnen darüber, ob das Café geöffnet ist.

Geführt wird das Café nebst Silvia Strahm Bernet ehrenamtlich von den pensionierten Luzerner Theologinnen Li Hangartner, Carmen Jud, Heidi Müller und der Religionspädagogin Beata Pedrazzini. Ihnen zur Hand geht eine Gruppe Freiwilliger. Jeweils zu zweit kümmern sie sich vor Ort um das Wohl der Gäste. «Wir sind derzeit gerade mit der Einsatzplanung beschäftigt.»

Obwohl alle willkommen sind, richtet sich das Angebot nicht an die grosse Masse. «Menschen kommen nicht extra auf den Friedhof, um Kaffee zu trinken», sagt Silvia Strahm Bernet. Vielmehr sei das Café für Leute gedacht, die sich regelmässig auf dem Friedhof aufhielten, beispielsweise um Gräber zu besuchen, und Lust auf ein Gespräch hätten.

Mit einem grossen Besucherandrang rechnet das Team also nicht. «Das Café ist zum ruhigen Austausch gedacht, deswegen muss es auch nicht riesig sein.» Zehn Stühle und drei Tische plant das Team derzeit unter der Linde aufzustellen. Mit der Option auf mehr. «Ausbauen kann man immer», sagt Silvia Strahm Bernet, fügt aber noch an: «Die Logistik ist nicht zu unterschätzen.»

Kaffee und Kuchen

Angeboten wird im «Café unter der Linde» vorerst ein kleines Sortiment. «Es wird Kaffee, Tee, Kuchen, Snacks und ein paar kalte Getränke geben.» Kollegen von Li Hangartner haben eigens für das Café einen kleinen Kaffeewagen gebaut, die Miete für ein Profi-Gefährt wäre zu teuer gewesen, erklärt Silvia Strahm Bernet weiter. Finanziell unterstützt wird die Pilotphase des «Café unter der Linde» durch den Margaretha-Binggeli-Fonds, die Albert Koechlin Stiftung, die katholische Kirche der Stadt Luzern und die reformierte Kirchgemeinde Luzern.

Sollte das Friedhofs-Café Anklang finden, wollen die Betreiberinnen das Projekt über die Pilotphase hinaus weiterführen. Dann jedoch, so die Theologin, wäre das Team nebst einer weiteren Finanzierung auch auf jüngere Helferinnen angewiesen. «Wir sind doch schon alle zwischen 60 und 80 Jahre alt und ein paar von uns haben es im Rücken», sagt Silvia Strahm Bernet gut gelaunt.

Vor dem Café war das Theater

Das «Café unter der Linde» ist nicht das erste kulturelle Projekt, das auf dem Friedhof Friedental durchgeführt wird. Im September 2021 nutzte die Theatergruppe «Fetter Vetter & Oma Hommage» den Platz des alten Krematoriums als Theaterbühne. In Zusammenarbeit mit dem Kleintheater Luzern brachte das Team das Stück «Apocalypse Now (and I feel fine)» des Autors Christoph Fellmann auf die Bühne (zentralplus berichtete). Davor hatte der Verein «Kräuterei» die Parkanlage des Krematoriums als grossen Kräutergarten genutzt.

Verwendete Quellen
  • Mitteilung «Café unter der Linde»
  • Telefongespräch mit Silvia Strahm Bernet
  • Augenschein vor Ort
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22 Kommentare
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    MARIO P. HERMANN, 27.08.2023, 13:30 Uhr

    Das ist ziemlich «krank» und pietätlos sowie makaber, auf dem Friedhof Areal ein «Cafe» zu eröffnen.
    Wieso denn nur gab die Behörde da eine Bewilligung — haben die Frauen etwa Vitamin-B…?!?
    Ich würde nie im Leben ein Stück Kuchen essen oder etwas trinken gehen auf dem Friedhof; erstens aus Anstandsgründen gegenüber den Toten (Friedhofsruhe, noch nie gehört ihr Damen?!?) und deren Angehörigen und zweitens will ich ja nicht ein paar Meter neben dem Urnengrab meiner Eltern Zvieri nehmen…
    Es wundert mich noch, dass sie die Öfen des Kreamatoriums nicht noch als Pizzaöfen «missbrauchen»…
    Diese IDEE ging total in die Hosen. Eine Schande!

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    Annabell, 29.03.2023, 07:59 Uhr

    Völlig absurd

    Was überlegen sich diese Theologinnen

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    Renata, 26.03.2023, 14:35 Uhr

    Die Idee eines völlig deplatzierten Plauderkaffe’s auf dem Friedental empfinde ich im wahrsten Sinne des Wortes als widerwärtig. Das Grab meiner Eltern befindet sich in unmittelbarer Nähe der schönen Linde. Noch kurz vor dem Tod meines Vaters sassen wir zusammen unter ihr. Heute gehe ich oft zur alten Linde und setze mich auf die Bank um meines Vater’s zu gedenken. Das kann ich aber bald nicht mehr tun, weil dieser Platz nun von kuchenverzehrenden und pietätslosen Menschen okkupiert sein wird. Es ist mir ein Rätsel, wie ein solch geschmacksloses Vorhaben überhaupt genehmigt werden konnte.
    Die letzte Ruhe der Toten wird hier missachtet und das Ruhebedürfnis der Trauernden zur inneren Zwiesprache mit den Verstorbenen wird übergangen und verunmöglicht.
    Ich hoffe, dass diese verrückte Idee ein einmaliger Ausrutscher bleibt und dass den Toten bald wieder eine würdige letzte Ruhe auf dem Friedental (sic!) ermöglicht wird.
    «Herr gib ihnen die letzte Ruhe und das ewige Licht leuchte ihnen.»

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    Hanny, 25.03.2023, 09:37 Uhr

    Werden auch Menues angeboten

    Das wäre super

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      Joseph de Mol, 27.03.2023, 10:01 Uhr

      Ja. Allerdings bloss Trauermahlzeiten.

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      MARIO P. HERMANN, 27.08.2023, 13:36 Uhr

      Das tägliche Friedhofs-Mittags-Menü gibt’s bereits ab Fr. 19.95; inkl. 2 Vorspeisen.
      (Ein Friedhofssalat in Kranzform sowie eine heisse Bouillon mit Flädli in Sargform…).
      En Guete!

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    Toni, 25.03.2023, 07:07 Uhr

    Jaaa, mit Grusel Kabinett und Übernachtung im Friedhof im einem Grab ,und Disco und schon ist der Begegnungsort Geboren, nicht vergessen wie in ZH Picknick und Jogging Parcours..

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      Joseph de Mol, 27.03.2023, 10:02 Uhr

      Die herumliegenden (benutzten) Kondome sollten hier auch noch Erwähnung finden….

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    Christine, 24.03.2023, 08:48 Uhr

    Toll. Ich freue mich bald in der Nähe meiner Schwester einen Kaffee trinken zu können.

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      MARIO P. HERMANN, 27.08.2023, 13:38 Uhr

      Der ist gut! Ihre Schwester wird sich freuen und «sieht» sie sicher…

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    Christian Scherrer, 24.03.2023, 07:08 Uhr

    Eine wirklich gute Idee. Der Tod ist allgegenwärtig und Bestandteil unseres Lebens. Das Friedental ein wunderbarer Ort für einen ruhigen Spaziergang. Das Café wird offenbar in der Nähe des Grabes meines Vaters sein. Ich freue mich «auf einen Kaffee» mit meinem Vater.

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    Waesmeli-Sepp, 23.03.2023, 16:41 Uhr

    Der Friedhof noch einer der wenigen Orte, wo es ruhig ist. Warum muss auch dieser noch zerstört werden? Gibt es nicht genug Cafés in der Stadt und Umgebung. Lasst uns und den Verstorbenen doch wenigstens diesen Ort der Ruhe!

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    Philipp, 23.03.2023, 14:42 Uhr

    Zum Glück steht das Grab dass ich besuche nicht in der Nähe. Ich gehe dahin um zu trauern und brauche keine Leute die sich da treffen um zu plaudern.

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    • Profilfoto von Peter Bitterli
      Peter Bitterli, 23.03.2023, 16:18 Uhr

      Wissen Sie, was an Beerdigungen passiert? Genau, man trifft sich und plaudert.
      Selber war ich jetzt öfters mal spazieren im Friedhof. Es ist sonnig, offen, hell, man trifft auf Bekannte und Vergessene. Nichts, aber auch gar nichts spricht gegen einen Sitzplatz mit Käfeliausschank.
      Oder sind Sie etwa gar der Philipp, der gegebenenfalls theologische Vorbehalte hätte?

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    • Profilfoto von Chantal
      Chantal, 23.03.2023, 18:35 Uhr

      @Peter Bitterli: Ich verstehe «Philipp» sehr gut. Der Friedhof ist nicht der richtige Platz zum Käfele. Ich meide, respektive warte mit dem Besuch des Grabes meines Mannes jeweils auch, bis andere in der Nähe verschwunden sind.
      Und bei seinem Begräbnis haben die Gäste auch nicht geplaudert, sondern getrauert und sich Trost gespendet.

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    Armin Tamzarian, 23.03.2023, 14:02 Uhr

    Pietätlos. Respektlos. Eine Erosion der hiesigen Sepulkralkultur. Und offenbar eine moralische Überforderung und geistige Umnachtung der Beteiligten.
    Überall, nur nicht auf einem Friedhof.
    Und wenn, dann z.B. auf dem Zürcher Friedhof Sihlfeld. Dort ist, wie bestens bekannt, der sittliche Zerfall seit einigen Jahren erlebbar und Sodom und Gomorrha bereits angerichtet.

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    • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
      Marie-Françoise Arouet, 23.03.2023, 15:51 Uhr

      Vielleicht informieren sich die Herren mal über Begräbnis- und Totenrituale weltweit, bevor sie hier aus der Anonymität mit Kraftausdrücken um sich werfen.

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      • Profilfoto von tore
        tore, 23.03.2023, 16:51 Uhr

        Ganz Ihrer Meinung.

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    • Profilfoto von tore
      tore, 23.03.2023, 16:48 Uhr

      Respektlos?
      Respektlos finde ich, den Initiantinnen «moralische Überforderung und geistige Umnachtung der Beteiligten» zu unterstellen.

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  • Profilfoto von Black Pearl
    Black Pearl, 23.03.2023, 13:40 Uhr

    Das finde ich wirklich eine sehr gute Idee. Ich könnte mir vorstellen, dass dieses Angebot einem Bedürfnis entspricht und auf Nachfrage stösst. Viel Glück!

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  • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
    Marie-Françoise Arouet, 23.03.2023, 12:55 Uhr

    Was haben eigentlich pensionierte Theologinnen vor der Pensionierung getan?

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    • Profilfoto von Kommentarschreiber
      Kommentarschreiber, 25.03.2023, 15:24 Uhr

      @Peter Bitterli
      Die gleiche Frage könnte man pensionierten Dr. phil. Musikwissenschaftlern stellen.

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