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Runde mit überraschenden Schwierigkeiten

Älggialp: Wanderung zum Mittelpunkt der Schweiz

  • Bewertung★★★★★★★★★★
  • 510 m
  • 510 m
  • 10,3 km
  • Dauer●●●●●●
  • Technik●●●●●●
Bei schönem Wetter ist die Älggialp mit ihrer guten Infrastruktur gut besucht. (Bild: hch)

Die Älggialp oberhalb Sachseln OW ist bekannt als Mittelpunkt der Schweiz. Von hier aus lässt sich der Talkessel gut erwandern; eine nicht allzu lange Runde führt via Gschwantenboden und Seefeldsee zurück zum Parkplatz. Die vermeintlich einfache Tour hat es aber in sich. Auch wir benötigten einen zweiten Versuch.

Die Schweiz gilt zu Recht als Wasserschloss. Und in dessen Mitte, auf der Älggi, sprudelt das Nass ganz besonders. So zumindest war unser Eindruck, als wir den ersten Versuch der Rundwanderung unternahmen. Der zahme Älggibachfall verwandelte sich in einen Sturzbach, Wasser strömte selbst aus dem Karstgestein und der Weg verwandelte sich in einen Schlammpfad.

Auch mein deutscher Wanderschuhhersteller konnte sich so viel Nässe wohl nicht vorstellen. Mit pitschnassen Socken hiess es auf halber Strecke umzukehren, als ein zum Fluss angeschwollener Bach den Weg unpassierbar werden liess. Ein entgegenkommendes Paar scheiterte hier gar zum zweiten Mal in Folge.

Die Sonne lacht

Doch wer vom Pferd stürzt, soll bekanntlich gleich wieder aufsitzen. Wir nahmen die nicht ganz einfache Anreise – von Sarnen aus gilt es, auf der zeitweise einspurig geführten Bergstrasse 1000 Höhenmeter zu überwinden – wenige Wochen darauf ein weiteres Mal auf uns. Empfangen werden wir dieses Mal von strahlendem Sonnenschein. Ein gutes Omen?

Der Beginn der Wanderung macht es uns aber auch leicht. Erst geht es am Berggasthaus in Richtung des geografischen Mittelpunkts, vorbei an einigen Gebäuden. Aus einem klingt ein tiefes Brummen. Tatsächlich sind nirgends Elektrizitätsmasten zu sehen, der Strom muss also vor Ort mit Generatoren erzeugt werden. Dies erklärt wohl auch, weshalb es am zentralsten Punkt der Schweiz kaum Handynetz gibt.

Blechpyramide als Schweizer Mittelpunkt

Oder funktioniert das futuristische Metallteil neben uns etwa doch? Ein Dreieck, das optisch an die bei Esoterikern beliebten Anti-Strahlen-Pyramiden erinnert, markiert den geografischen Mittelpunkt. Darunter sind in einem Stein die «Schweizer des Jahres» bis 2015 eingraviert. Im Jahr darauf ging SRF wohl die Lust aus oder das Geld. Relevanter als dieser Preis sind für Wanderer sowieso die schöne Aussicht und die tollen Brätelstellen.

Handynetz haben wir weiterhin keines, als wir uns von der Blechpyramide entfernt haben und uns über ein Hochmoor in Richtung Gschwantenboden aufmachen. Nach einigen Minuten auf einer Alpstrasse geht es steil eine Wiese runter. Tatsächlich gilt es, erst 200 Höhenmeter abzusteigen. Der Pfad ist auch nach einigen regenfreien Tagen schlammig, ein überraschend schneller Alpensalamander kreuzt unseren Weg, verfressene Röhrlinge und verblühte Silberdisteln säumen den Pfad und sorgen für Herbststimmung.

Neugeborenes Kalb und Käse auf der Alp

Bei der Hütte «Ziflucht» – was man ausserhalb Obwaldens wohl als «Zuflucht» aussprechen würde –, geht es zurück in den Wald. Nach dem Abstieg kommen wir deutlich besser voran, der Pfad führt nun fast ohne Steigungen parallel zum Kleinen Melchtal. Und auch das Flussbett, das uns das letzte Mal zur Umkehr zwang, ist diesmal bis auf ein klitzekleines Rinnsaal trockengelegt.

Die kleine Holzbrücke, die beim ersten Versuch unerreichbar schien, ist rasch überwunden. Über einen schmalen Bergweg geht es nach dem Tobel zurück in einen moosbewachsenen Zauberwald. Wir sind froh um unser gutes Schuhwerk, das Terrain ist nicht nur tief, sondern an exponierten Stellen auch immer sehr rutschig. Und trocken bleiben die Socken dieses Mal auch.

Auf der Alp Gschwantenboden grasen noch einige Kühe. Wer mag, darf auf der Alp picknicken. Wir decken uns stattdessen im kleinen Kühlschrank mit einem rezenten Alpkäse ein, als die Älplerin mit ihrem Border Collie aufgeregt um die Ecke sticht. Ein Kalb kam eben zur Welt und wird von Mutter und Tante schon fleissig sauber geleckt, wie sich einige hundert Meter später zeigt.

Vom Seefeldsee steil durch die Wand

Wir folgen der Alpstrasse bergwärts. Über die Chäserstatt, wo die Masten des Skilifts in der Sonne glitzern, ziehen bereits wieder dichtere Wolken. Da noch fast zwei Stunden zu gehen sind, folgen wir dem einfacheren, aber auch etwas langweiligen Weg über das Seefeld. Alternativ könnte man auch die wildere Variante über das Chringengrätli nehmen (siehe Routendetails). Dafür liegt nun ein kurzer Abstecher über das Flachmoor zum idyllischen Seefeldsee drin, der um diese Jahreszeit besonders bei Fischern beliebt ist. Eigentlich sind es sogar zwei Seen, im oberen, grösseren darf auch gebadet werden.

Für den Rückweg besteht die Wahl zwischen dem direkten Abstieg durch den Mattwald (25 Minuten) oder auf der Strasse (40 Minuten). Wir entscheiden uns für die landschaftlich kürzere Variante mit zahlreichen Kartsteinen und wähnen uns fast schon zurück auf der Älggialp, als es unvermittelt über rutschige Felsen durch eine Wand steil nach unten geht. Eine Treppe und Ketten bieten auf diesen letzten 100 Höhenmetern die nötige Sicherheit. Doch wir denken uns zum wiederholten Mal: Definitiv kein Weg für Sneakers-Wanderer!

Routendetails

Distanz: 10,3 km
Wanderzeit: 3:15 Stunden
Höhendifferenz: 510 Meter auf- und abwärts
Min./max. Höhe: 1465/1839 m ü. Meer
Route: Älggi 1635 m ü. Meer – Mittelpunkt der Schweiz 1645 – Ziflucht 1567 – Gschwantenboden 1551 – Lungerer Seefeld 1808 – Hinter Hüttli 1839 – Seefeldsee 1820 – Älggi.
Alternative: Vor dem Lungerer Seefeld den Aufstieg über Vorder Seefeld und das Chringengrätli wählen. Mit dieser zusätzlichen halben Stunde Wegzeit auf der wilden Rückseite des Seefeldstocks umgeht man die längere Strecke auf Hartbelag, es sind 190 zusätzliche Höhenmeter zu bewältigen.
Anreise: Ab Sarnen Süd mit dem PW auf einer steilen Bergstrasse bis zum Parkplatz Älggialp, wo für den Strassenunterhalt ein frewilliger Beitrag erbeten ist. Die Strasse ist an den Wochenenden ab dem Verzweiger Flüeli Ranft jeweils zu den graden Stunden nur bergwärts und zu den ungraden Stunden talwärts befahrbar. Abfahrt jeweils bis zwanzig Minuten vor. Es besteht keine ÖV-Verbindung.

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Wo lässt es sich in der Zentralschweiz am schönsten wandern? Was gibt es auf welchen Wanderwege und Wanderrouten zu sehen? Wo lässt sich unterwegs gut Rast machen? Von längeren Spaziergängen, Wanderungen bis hin zu schwierigen Bergtouren – für Anfänger bis Wander-Experten – im Wander-Blog berichten natur- und wanderfreudige Blogger aus der...
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