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Restaurant Test

Café La Suisse/Doorzögli Luzern: Cordon bleu mit Folgen

  • Bewertung★★★★★★★★★★
  • Preiskategorie●●●●●●
  • Küche Schweizerisch
  • Ambiente Rustikal
Erstmals wurde am Standort des Cafés La Suisse/Doorzögli in der Luzerner Altstadt im Jahr 1849 ein Lokal erwähnt. (Bild: hch)

Cordon bleu bei Hitzerekorden: Das kann nicht ohne Folgen bleiben. So geschehen auch nach unserem zweiten Testessen im Luzerner Café La Suisse, das vor allem unter dem Namen Doorzögli bekannt ist. Doch auch für den Test benötigte es zwei Versuche, denn das erste Stück trat nach einem Testbiss den Rückweg in die Küche an.

Wer Bekannten verrät, dass im Doorzögli ein Tisch reserviert sei, erhält ungefragt Anekdoten zu früheren Cordon-bleu-Genüssen erzählt. Ein Cordon bleu wie ein Fondue erwarte mich da, oder gar der «heilige Gral des Cordon bleu». Dabei ist dieses panierte Fleischstück, das in so vielen Blogs enthusiastisch besprochen und verglichen wird, für mich eher eine Verlegenheitslösung, die ich auch gut beim Metzger des Vertrauens einkaufen kann.

Der Zufall wollte es jedoch, an einem Mittwoch auf der Suche nach einem bauchfüllenden Mittagessen am Café La Suisse vorbeizukommen. Cordon bleu für fast schon beschämend günstige 19 Franken stand auf der Tageskarte, serviert mit Pommes frites und Salat. Das Angebot begeisterte auch meine zwei Begleiter, sodass wir uns zu dritt mit viel Verve dem nicht ganz linienbewussten Menü hingaben.

Mittagsmenü nur an einem Tag

Für eine Restaurantkritik reichte es an diesem Tag nicht, zu oft wurden wir durch eigene Gespräche und von unseren Tischnachbarn abgelenkt. Auch dies gehört zum Doorzögli, man teilt sich den Tisch mit anderen Gästen und erfährt zwischen vorbeiziehenden Zigarettenschwaden viel Spannendes – oder auch weniger Wissenswertes wie Krankengeschichten. Das echte Leben, wie man es nur selten in einem Restaurant in der Luzerner Innenstadt erlebt.

Für die vermeintliche Wiederholung des Lunchs wählten wir einen Montag. Insider wissen, was nun kommt: Das Cordon bleu als Mittagsmenü gibt es nur einmal die Woche. Am Mittwoch eben. Für den Test mussten wir daher auf das «Echte» ausweichen: einiges grösser als die Mittagsvariante und ausgeblutet, fast schon schwimmend in einem Teller voller Käse. Möglich wird dies, weil die Pommes frites separat im Drahtkörbchen serviert werden, und nicht, wie beim Mittagsmenü, auf dem Teller. Dies erklärt auch die Beschreibung des Cordon-bleu-Fondues. Ich hätte es allerdings eher als Raclette bezeichnet.

Drei Testrunden für ein Cordon bleu

Und wie schmeckte nun das hochgelobte Stück? Auch nach drei Versuchen (ja, drei) ergibt sich kein einheitliches Bild. Am besten gefallen hat mir das «Kleine» zum Zmittag. Erfahrenere Cordon-bleu-Tester vergeben offenbar Noten in Einzelbewertungen von Panade, Fleisch und Füllung. Hier haben uns die schön knusprige Panade und eine Füllung, die in weiten Teilen zwischen den beiden Schnitzelhälften verweilte, sehr gut gefallen. Und auch meine beiden urchigen Begleiter waren des Lobes voll.

Der zweite Versuch misslang, was der routinierten Doris Augustin bereits beim Servieren aufgefallen ist: «Es ist etwas dunkel.» Nach einem Testbiss unter den gestrengen Augen der Bedienung fiel das unbarmherzige Urteil: Das zu lange gebratene und trockene Fleisch trat unverzüglich den Rückweg in die Küche an und bildete sozusagen unser Streichresultat. Man weiss im Doorzögli, was man seinen Cordon-bleu-Fans schuldig ist. Bleibt also die wenigen Minuten darauf servierte Nummer drei als zählender Massstab.

Eher ein Raclette

Das Schweinefleisch – andere Varianten werden im Doorzögli nicht angeboten – ist saftig und zart, der Unterschied zur Nummer zwei frappant. Die Panade zeigte sich passend kross und der Schinken unauffällig, wie meistens in Cordons bleus. Beim Käse jedoch dürften sich die Geschmäcker scheiden. Er ist nicht allzu intensiv, und vor allem hat sich das Fett beim Erhitzen getrennt. Das Resultat kennt wohl jeder vom Raclette: eine etwas zähe Käsemasse auf der einen Seite im Teller, bei leichtem Gefälle sammelt sich das flüssige Fett millimeterhoch auf der anderen Tellerseite. In der Mitte findet sich das Fleisch, umgeben von einigen gewürfelten Tomaten, auch dies eine Besonderheit im Doorzögli.

Tragisch? Keineswegs. Das «Normale», wie es mittags und abends serviert wird, ist dermassen gross ausgefallen, dass die ganze Portion nur mit viel Mühe geschafft wird. Selbst so ist die Leistungsfähigkeit während des folgenden mehrstündigen Verdauungsprozesses arg eingeschränkt. Und, sozusagen als weitere Konsequenz, fallen die Pläne fürs Abendessen ins Wasser. Ein grüner Salat reichte mir vollauf, um satt durch die Nacht zu kommen.

Cordon-bleu-Enthusiasten weichen auf das 700 Gramm schwere Riesenexemplar aus, das für einige Franken zusätzlich angeboten wird. Denn wie steht es auch auf der Speisekarte: «Zu Hause ist da, wo man den Bauch nicht einziehen muss.» Die im Käse fehlende Zusatzwürze fanden wir übrigens an den Pommes frites. Hier und auf der Zitrone zeigte sich: Die Küche mag Paprika.

Der Toast: ohne Schnitzel, dafür mit Ananas

Käse war an diesem Mittag auch bei meiner Begleitung Trumpf, beim Wochenhit für 20.50 Franken. Der Toast Hawaii war bei 35 Grad im Schatten eine kleine Herausforderung und basierte zu einem guten Teil auf denselben Zutaten wie mein Cordon bleu. Zwei Scheiben Hausbrot ersetzten das Schnitzel, darauf kamen wiederum Hinterschinken und die bekannte grosse Portion des nicht sehr rezenten Käses. Als Garnitur dienten zwei Scheiben Ananas und ebenso süsse Cocktailkirschen. Anders als beim Cordon bleu kam hier das Grünfutter schon mittags; zur Vorspeise reichte die Bedienung beim Tageshit einen Eisbergsalat.

Fazit: hat das Mittagsmenü Cordon bleu viel Begeisterung hervorgerufen, war mir die «ausbgeblutete» Normalvariante etwas gar käsig. Die vielen Doorzögli-Fans werden genau dies schätzen. Es verhält sich wohl wie oft bei Spezialitäten: Man benötigt eine gewisse Übung, um das Gebotene schätzen zu lernen.

Bewertung

Preis-/Leistung
**** von *****
Im Angebot steht klassische Schweizer Küche. Vom einfachen Wurstsalat für 10.50 Franken über Käseschnitte (19.50) und Sennenröschti (18.70) bis hin zu Bauernbratwurst oder Kalbsleberli mit Rösti (29.90) sowie zwei Cordon-bleu-Grössen. Kutteln wurden bei unserem Besuch ebenfalls angeboten, für 15 Franken.

Ebenfalls mit auf der Karte stehen Elefantenohren. Gemeinhin versteht man darunter ein flaches frittiertes Gebäck, mit Pistazien versehen gelten sie als Spezialität der afghanischen Küche. Wiener nannten so in Krisenzeiten panierte Sellerieschnitzel. Diese sind heute vorbei, im Café La Suisse dürfte unter dieser Bezeichnung ein grosses paniertes Schweineschnitzel serviert werden.

Die Weinkarte ist mit fünf Flaschen überschaubar, dazu kommen einige Halbliterflaschen und zehn Weine im Offenausschank. Den günstigen Merlot gibt es für 4.70 Franken je Deziliter. Mittags gibt es einen wöchentlich wechselnden Tageshit sowie mittwochs das Cordon bleu.

Ambiente
**** von *****
Aussergewöhnlich ist das Ambiente und der Kontakt zu den anderen Gästen. Erstmals wurde an dieser Adresse im Jahr 1849 ein Lokal erwähnt, frühere Namen waren Café Waldis oder Horwer Kursaal. Laut den Betreibern sei dies, weil die Horwer Kutscher am Schwanenplatz pausierten und dort einkehrten. Der Übername Doorzögli stamme wohl aus dem früheren Betrieb mit zwei Eingangstüren, die für entsprechenden Durchzug sorgten. Frische Luft ist denn auch nicht unbedingt schlecht.

In der rustikalen Beiz darf bis heute geraucht werden. Davon machen die Gäste auch zu Essenszeiten rege Gebrauch. Im nur etwa 60 Quadratmeter grossen Innenraum sind an fünf Tischen rund 40 Plätze verfügbar, man bleibt hier selten allein. Im Zuge von Corona durften die Betreiber den Aussenbereich auf den Stiefelplatz erweitern. Die «Zunft zu GordonBlööö» hat das Doorzögli zur Zunftstube erkoren.

Service
**** von *****
Der Platz wird beim Betreten zugewiesen, das Personal ist unbekannten Gästen gegenüber freundlich und Bekannten persönlich. Die Wartezeiten sind durchschnittlich, man sollte aber auch mittags etwas Zeit mitbringen. Das nicht optimal zubereitete Cordon-bleu-Exemplar wurde unter Vorbehalten serviert und umgehend ausgetauscht, lobenswert! Die Pommes frites haben die Wartezeit dazwischen überbrückt. Kartenzahlung ist möglich.

Onlinefaktor
*** von *****
Der Webauftritt erinnert optisch etwas an die Jahrtausendwende, Reservierungen sind nur telefonisch möglich. Dafür finden sich auf der Website Trouvaillen wie Schnappschüsse vom Zehn-Jahr-Jubiläum oder Videos. Auch Teambilder und Lageplan sind vorhanden, ebenso Speise- und Getränkekarten.

Die Rechnung fällt im Doorzögli mit 66.10 Franken sehr moderat aus.
Die Rechnung fällt im Doorzögli mit 66.10 Franken moderat aus.

Café La Suisse/Doorzögli

Adresse:
Gerbergasse 11
6004 Luzern

Telefon:
041 410 33 32

E-Mail-Adresse:
[email protected]

Öffnungszeiten:
Montag bis Donnerstag 09.00 bis 23.00 Uhr
Freitag und Samstag 09.00 Uhr bis 00.00 Uhr
Karte
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