«Die klopfen Cordon-Bleu die ganze Woche hindurch»
An der Bruchstrasse sorgt das Restaurant Kränzlin für rote Köpfe: Die Beiz klopft fleissig Cordon-Bleus und treibt einige Nachbarn damit auf die Palme. Ob der Wirt einlenkt?
Franziska* lebt seit 16 Jahren an der Dufourstrasse 13 im Luzerner Bruchquartier. Seit einem halben Jahr habe sie keinen ruhigen Abend mehr: «Die klopfen Cordon-Bleu die ganze Woche hindurch. Das ganze Haus vibriert, sieben Tage die Woche bis spät am Abend.» Grund für das Ungemach ist das Restaurant Kränzlin schräg gegenüber an der Bruchstrasse 68, das dort seit dem letzten Frühling italienische und Schweizer Küche anbietet. «Seit das Kränzlin geöffnet hat, kann ich am Abend nicht ausspannen oder in Ruhe fernschauen.»
«Die Verwaltung hat uns versprochen, mit dem Pächter das Gespräch zu suchen.»
Franziska*, betroffene Mieterin
«Wir haben genug Geduld gezeigt»
Um den Wirt zum Einlenken zu bewegen, habe sie bereits das persönliche Gespräch gesucht. Der Pächter hat aber kein Verständnis gezeigt. Da der Dialog mit dem Wirt nicht möglich sei, hat sie deshalb einen Brief an die Verwaltung geschrieben, den drei weitere Mietparteien im gleichen Haus unterschrieben haben. «Sie hat uns versprochen, mit dem Pächter das Gespräch zu suchen.» Seither hat sich aber nichts mehr getan. Sie will deshalb einen zweiten Brief schreiben: «Wir haben genug Geduld gezeigt.» Und falls das wieder zu nichts führt? «Wir können auch anders, dann gehen wir zur Gewerbepolizei.»
«Ich kann die Cordon-Bleus nicht den Tag hindurch vormachen»
Ganz anders sieht das Pächter Müslüm Karakoc. Er hat die Räumlichkeiten der ehemaligen Pizzeria Da Milo Anfang Jahr übernommen (zentralplus berichtete). Die Vorwürfe sind aus seiner Sicht völlig übertrieben. «An einem sehr guten Abend machen wir maximal 20 Cordon-Bleus und im Durchschnitt sind es rund zehn Stück.» Mehr liege mit nur einem Koch neben all den anderen Menüs gar nicht drin. «Unsere Küche schliesst normalerweise um 22 Uhr und wir liefern kaum mehr etwas aus später am Abend. Und falls doch, sind es vor allem Pizzen.»
Er betont, dass er die Nachtruhe nicht gezielt störe: «Ich kann die Cordon-Bleus nicht den Tag hindurch vormachen, denn wir verwenden verschiedene Arten von Fleisch und die Nachfrage variiert von Abend zu Abend. Ich will kein Fleisch wegschmeissen müssen.» Neben dem Restaurant Kränzlin betreibt er mit seinem Bruder den Kebab-Laden Favori an der Pilatusstrasse. Franziska habe mit ihm das Gespräch gesucht. «Die Kompromissvorschläge waren aber nicht sinnvoll.»
Beispielsweise habe Franziska vorgeschlagen, die Cordon-Bleus den Tag hindurch bei einer Metzgerei herstellen zu lassen. Das sei aber nicht möglich, weil das Fleisch am Abend dann nicht mehr frisch sei. Karakoc ist aber offen für Alternativen: «Ich weiss nicht, was ich machen soll, aber wenn jemand einen nützlichen Kompromiss vorschlägt, dann bin ich gerne bereit, diesen umzusetzen.»
Diese Geräusche des Cordon-Bleu-Klopfens nerven die Anwohner:
Geräusche stören nicht alle
Gelassen nimmt den Streit Architekt Beat Stadelmann. Er hat an der Dufourstrasse 13 sein Büro. Den Brief an die Verwaltung hat er nicht unterschrieben, weil er nicht direkt betroffen ist: «Da ich nur den Tag hindurch arbeite, stören mich Geräusche aus der Küche nicht.» Ausserdem sei der junge Wirt ein «guter Mann». Er könne aber nachvollziehen, dass am Abend die Zubereitung der Cordon-Bleus vielleicht etwas störend sein könne. «Aber da gibt es sicher eine Lösung.»
«Mir war nicht bekannt, dass es da ein Problem gibt.»
Liegenschaftsbesitzer Nik Fanger
Laut Franz Hunkeler, Inhaber von «ImmoDienste Zentralschweiz AG», habe man bereits Massnahmen ergriffen: Einerseits sei vom Pächter eine spezielle Unterlage für das Klopfen der Cordon-Bleus angeschafft worden, andererseits schliesse Herr Karakoc konsequent das Fenster gegen die Strasse hin beim Klopfen. Auch habe man eine Dämmung installiert.
«Wer neben einem Restaurant einzieht, weiss, dass es manchmal etwas lauter wird.»
Franz Hunkeler, Inhaber Immodienste Zentralschweiz
Ausserdem müssten Anwohner beim Einzug in der Nähe eines Restaurants mit Emissionen rechnen. «Wir haben die notwendigen Massnahmen ergriffen. Die einzige Alternative ist, dass der Wirt keine Cordon-Bleu mehr produziert. Dann ist das Restaurant wirtschaftlich gefährdet.» Hunkeler gibt auch zu bedenken, dass an der Bruchstrasse 68 seit Jahrenzehnten gewirtet wird. «Wer neben einem Restaurant einzieht, muss damit rechnen, dass es manchmal etwas lauter werden kann. Mit gewissen Lärmemissionen muss man in einem solchen Fall leben.»
Hausbesitzer Nik Fanger sagt: «Mir war nicht bekannt, dass es da ein Problem gibt. Wer an der Bruchstrasse lebt, weiss, wie laut es hier manchmal sein kann.» Auch vorher gab es am gleichen Ort mit der Pizzeria Da Milo bereits ein italienisches Restaurant, da habe nie jemand reklamiert.
«Mit einem gewissen Lärmpegel müssen Mieter in der Regel leben.»
Ruedi Spöndlin, Mieterinnen- und Mieterverband
Mieter müssen mit Emissionen leben
Ruedi Spöndlin vom Schweizer Mieterinnen- und Mieterverband empfiehlt, im Fall von gewerblichem Lärm die Lärmschutzbehörde sowie die Gewerbepolizei zu konsultieren. Es stelle sich die Frage, ob es sich um einen unzulässigen Lärm handelt, die rechtlichen Bestimmungen seien aber sehr technisch. Eine Lösung sieht Spöndlin in baulichen Massnahmen zur Lärmreduktion. Der Experte für mietrechtliche Fragen gibt aber zu bedenken: «Mit einem gewissen Lärmpegel müssen Mieter in der Regel leben.»
«Wenn der Vermieter eine besonders ruhige Wohnlage verspricht oder sich die Situation stark verändert, kann der Mieter aber möglicherweise eine Mietzinsreduktion verlangen.» Dass der Mieter eine solche Reduktion zugesprochen erhält, sei ansonsten schwierig einzufordern.
Im Restaurant Kränzlin wird vorerst weitergeklopft: «Damit das Restaurant läuft, muss ich Umsatz machen und meine Cordon-Bleus sind beliebt. Ich werde sie mit Sicherheit auch in Zukunft anbieten», sagt Pächter Karakoc.
*Der Name wurde geändert, ist der Redaktion aber bekannt.