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«Reussfähre» Luzern: Ausgeblutetes Cordon bleu mit Aussicht

  • Küche Schweizerisch
  • Ambiente Rustikal
Aus der Luzerner Gastronomie nur schwer wegzudenken. Die «Reussfähre». (Bild: hch)

Die «Reussfähre» gilt als eine Konstante in der Luzerner Gastroszene. Wirtete die Vorgängerin hier während 40 Jahren, führen Hans Gertsch und Paolo Toniolatti das Lokal nun auch schon seit Mitte des letzten Jahrzehnts. Wir haben das Luzerner Traditionsrestaurant an einem Mittag getestet und dabei ein tolles Cordon bleu angetroffen, das auch ausbluten darf.

Mit seiner Lage am Rand der Stadt Luzern geht die Reussfähre schon fast als Ausflugsrestaurant durch – und manch ein Velofahrer wird das schöne Frühlingswetter auch genau dazu nutzen.

Wir haben unseren Testbesuch jedoch noch an einem winterlichen Wochentag durchgeführt. Nur wenige verirrten sich beim garstigen Wetter in das Traditionslokal im Westen der Stadt, so dass wir die Bedienung fast ganz für uns hatten. Entsprechend rasant ging es zu und her, Zeit, das spannende Ambiente zu inspizieren, blieb so kaum.

Pommes? Glücklicherweise nicht hier

Zur Auswahl stehen an diesem Mittag ein Vegi-Menü (Nudeln mit Pilzen und Gemüse), Schweins-Cordon-bleu mit Pommes frites und Gemüse sowie als Tageshit Kalbsleberli mit Rösti. Gutbürgerlich eben, wie es sich im beinahe 120 Jahre alten Wirtshaus gehört. Ebenfalls erfreulich: Die fritierten Kartoffelstäbchen werden hier noch so genannt, wie sie korrekterweise heissen, und nicht diese unsägliche aus dem Norden importierte Abkürzung «Pommes». Wer sowas auf der Karte aufführt, müsste wenn schon auch Äpfel servieren. Als Reminiszenz an dieses gutbürgerliche Haus entscheiden wir uns natürlich für die Fleischgerichte.

Bevor diese auf den Tisch kamen, gab es bei beiden Menüs noch einen Salat. Die Sauce war absolut ausreichend, wir hätten uns vielleicht etwas mehr Pfiff gewünscht. Die Blätter wiesen einzelne braune Schnittstellen auf, an diesem Tag hatte der Koch offenbar eine kurze Nacht. Beides nicht dramatisch, es bleibt jedoch ausreichend Potential für das Hauptgericht.

Ein Käse-Kunstwerk

Kommen wir zur Hauptsache. Dem Schwiinigs-Käse-Kunstwerk. Der erste Eindruck meiner Begleitung war: «Ok, ich muss nichts mehr z’Nacht essen.» Er plante wohl insgeheim schon ein Nickerchen am Nachmittag. Die Pommes frites waren perfekt gesalzen. Positiv-Feedback am Rande: Als Ketchup-Fan legt er Wert darauf, dass ohne Nachfrage gleich ein Markenprodukt serviert wird, noch dazu aus der Flasche. Dies war hier der Fall. Nicht so wie in vielen anderen Beizen. 

Und das Cordon bleu? Käse hatte das Ding! Auch wenn man das Cordon bleu «ausbluten lässt», hatte er bis zum Schluss genug Käse auf dem Teller, wie mein Kollege so blumig beschreibt. Wer gerne seine Stäbchen in den Käse taucht, kann dies machen, ohne sehr zu geizen. Der Käse war schön auf der rezenten Seite. Erinnert ein bisschen an einen Appenzeller …

Das Fleisch dazu war saftig und harmonierte mit dem Käse. Einen kleinen Punkteabzug gibt’s bei der Panade, die nicht ganz überall knusprig ausfiel. Unter dem Strich verpasste er dem guten Stück 8 von 10 Punkten. Das Gemüse war frisch und alles andere als aus dem Tiefkühler, dennoch eher auf der weichen Seite. Gut, gibt es das Gericht auch à la carte.

Kalbsleber als Wochenhit

Und der Wochenhit? Die Rösti war ganz nach unserem Geschmack. Schön kross und selbst gemacht, nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig Butter. Dazu mit so viel Salz, dass das Depot auch nach einer langen Joggingtour wieder ausreichend gefüllt wäre. Und eine solche wäre nach den servierten Portionen nicht ganz fehl am Platz. Die Menge Kalbsleber war ausreichend und glücklicherweise eher einem Mittagsteller für Büroangestellte angemessen, das Fleisch schön zart, wie es sich gehört. Frische Kräuter gaben dem Gericht eine schöne Note.

Ideal für den lauen Sommerabend

Alles in allem ist die «Reussfähre» durchaus einen weiteren Besuch wert. Gerne draussen an einem schönen Sommerabend an der Reuss mit einem Schnaps, um die währschafte Kost angemessen zu verdauen.

Preis/Leistung
Beim Mittagessen gut. In diesem Fall kostete das Cordon bleu sehr attraktive 20.50 Franken. Der Tageshit (Leberli 27.50 Franken) hebt sich jeweils deutlich ab, obwohl sich für den Gast kein Unterschied zu den anderen Menüs ergibt. Dies zeigt sich auch bei einer anderen Stichprobe, bei der Spaghetti Bolognese als Tageshit das teuerste Gericht auf der Tageskarte sind. Inbegriffen ist jeweils Suppe oder Salat.
À la carte entspricht das Angebot in etwa Luzerner Zentrumspreisen, auf der glücklicherweise gut überschaubaren Karte finden sich drei vegetarische Gerichte.  
*** von *****

Service
Währschaft wie das Lokal und sehr speditiv. Der Hauptgang stand eine Viertelstunde nach Ankunft auf dem Tisch. Express, wie sie den kleinen Kaffee nach dem Essen nannte, schien auch ihr Motto.
*** von *****

Ambiente
Das Lokal profitiert von seiner Lage unmittelbar an der Reuss – bei hohen Temperaturen Ferienfeeling pur. Dafür gibt’s einen Extrastern. In der Zwischensaison erfreuen sich Raucher an der verglasten Terrasse. Im Innenraum fühlt man sich in der Zeit versetzt: Kassettendecken, Jugendstil-Pfeiler, eine Juke-Box, historisierende Bilder und viel dunkles Holz. Bei vielen Gästen kann es hier durchaus laut werden. Die beigen Papiersets auf den brauen Holztischen sind etwas gewöhnungsbedürftig, dafür aber werbefrei.
**** von *****

Online-Auftritt
Sehr übersichtlich. Lageplan, Speise- und Getränkekarten (auch zum Download) sowie Mittagsmenüs: Alles da. Reservationen sind online nicht direkt möglich, es besteht ein Kontaktformular.
Vor der Corona-Krise wurden regelmässig Konzerte angeboten.
*** von *****


Hinweis: Die Reussfähre liegt natürlich im Westen der Stadt, nicht im Osten. Der Artikel wurde dahingehend korrigiert.

Wirtshaus Reussfähre

Adresse:
Sentimattstrasse 14
6003 Luzern

Telefon:
041 240 27 98

E-Mailadresse:
[email protected]

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Samstag 10.00–24.00 Uhr (von Oktober bis März jeweils 11.00 bis 14.00 und 17.15 bis 24.00 Uhr.
Sonntag und Montag geschlossen
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