Kein Hochhaus? Das sorgt für Kritik

Kirschloh: 25-Meter-Bauten, wo 60 Meter erlaubt wären

Ivano De Gobbi findet, dass auf dem Zuger Kirschloh-Areal eine städtebauliche Chance verpasst wird. (Bild: zvg SBB)

Die SBB planen die Überbauung des Kirschloh-Areals beim alten Güterbahnhof in Zug. Nur vier bis fünf Geschosse sind in den zehn Häusern geplant – und das mitten in der Hochhaus-Zone. Eine verpasste Chance zur Verdichtung, findet ein SP-Politiker.

Dort, wo der ehemalige Ökihof leise vor sich hin gammelt, entsteht bald eine grosse Überbauung. Eine, die aus der Vogelperspektive wirkt, als lägen zwei Kinder-Schokoladeriegel hintereinander. Konkret planen die SBB zehn aneinandergereihte Gebäude, in denen rund 140 Wohnungen Platz finden (zentralplus berichtete). Ein Drittel davon soll preisgünstig werden. Daneben entstehen Räumlichkeiten für Gastronomie, Verkauf und Dienstleistungen. 2025 wollen die Grundeigentümer mit dem Bau beginnen.

Der städtische SP-Fraktionschef Ivano De Gobbi steht dem Projekt kritisch gegenüber und wendet sich deshalb mit einer Interpellation an den Stadtrat. Er spricht von Widersprüchen im Stadtraumkonzept: «Gemäss Zonenplan des Kantons handelt es sich beim Gebiet direkt an den Gleisen um ein Verdichtungsgebiet. Ausserdem befindet sich das Gelände in der Zone 2 des Hochhausreglements. Klar, man kann sich darüber streiten, was eine gute Dichte ist, doch auf dem Kirschloh-Areal wären 60 Meter hohe Gebäude möglich.»

Hat der Stadtrat eine Chance verpasst?

Die SBB planen nur gerade vier bis fünf Geschosse, «was grosszügig berechnet 25 Meter ergibt», so De Gobbi. «Mein Anliegen ist es, dass man gerade in der Stadt Zug, die massiv wächst, die baulichen Möglichkeiten nutzt.»

Der SP-Politiker verweist auf die Westseite der Gleise. Dort planen verschiedene Bauherren auf dem Landis-&-Gyr-Areal einen neuen Stadtteil. «Dieser wird viel höher werden als die Gebäude auf dem Kirschloh-Areal. Aus meiner Sicht ist das eine verpasste Chance.»

De Gobbi gibt zu bedenken: «Wenn man die Gebäude um einen Drittel erhöhen würde, könnte man folglich 30 Prozent mehr Wohnungen anbieten. Dann wäre man bereits bei rund 200 Wohnungen.» Und dies an einer Lage, die nicht besser sein könnte; direkt am Bahnhof, mitten im Stadtzentrum.

Zehn neue vier- bis fünfstöckige Gebäude entstehen rund um den Bahnhof Zug. (Bild: SBB CFF FFS)

In besagter Interpellation stellt De Gobbi dem Stadtrat sechs Fragen zum Thema. Dies, obwohl er sich bewusst sei, dass der Stadtrat nur einen beschränkten Einfluss in der Sache habe.

«Die Exekutive hat ihren Job nicht so wahrgenommen, wie sie es hätte sollen.»

Ivano De Gobbi, städtischer SP-Fraktionschef

«Die SBB können vollumfänglich selbst über den Bau entscheiden und dieses Projekt ist bereits weit fortgeschritten. Doch geht es mir darum, dass der Stadtrat künftig bei Bauprojekten in solchen Gebieten rechtzeitig aktiv wird und ins Gespräch tritt mit den Grundeigentümern.» Dies betreffe mitunter das Gebiet nördlich auf demselben Areal, welches noch nicht überbaut werden soll.

Kein Bebauungsplan in Sicht

Aus Sicht des SP-Politikers müsste an Orten, die für eine höhere Ausnutzung «hervorragend geeignet und erschlossen» wären, ein Bebauungsplan Pflicht sein. De Gobbi weiter: «Die Exekutive hat ihren Job nicht so wahrgenommen, wie sie es hätte sollen.»

Es handelt sich um ein laufendes politisches Geschäft, der Zuger Stadtrat gibt in solchen Fällen keine Auskunft.

Nicht nur Höhe, auch Unternutzung spielt eine Rolle

SBB-Mediensprecher Oli Dischoe erklärt auf die Frage, weshalb nicht höher gebaut wird: «Die SBB engagiert sich grundsätzlich immer für die Innenverdichtung. Notabene sind die SBB-Grundstücke aufgrund ihrer Lage hierfür ja auch besonders gut geeignet.» Aber: «Innenverdichtung bedeutet dabei nicht nur in die Höhe bauen, sondern auch unternutzte Flächen entwickeln.» Wie etwa auf dem Kirschloh-Areal, so Dischoe.

«Der Drittel preisgünstiges Wohnen in Zug Kirschloh trägt dazu bei, dass dieses Ziel dannzumal erreicht wird.»

Oli Dischoe, SBB-Mediensprecher

Das Ziel sei dabei immer dasselbe: «Um Bodenressourcen zu schonen, soll primär in bereits erstklassig erschlossenen Lagen gewohnt und gearbeitet werden. Die SBB will mit ihren Entwicklungen Orte schaffen, an denen sich die Menschen wohl fühlen.»

Hierfür brauche es den Ausgleich zwischen Dichte, Höhe, Freiräumen, den geplanten Nutzungen, dem spezifischen Bedarf an Wohnungen, Büros und weiterem. «Ob die SBB schlussendlich in Regelbauweise plant oder nicht, hängt davon ab, wie dieser Ausgleich an einem konkreten Ort geschaffen werden kann», so Dischoe weiter.

SBB streben 50 Prozent preisgünstigen Wohnraum an

In seiner Interpellation erwähnt De Gobbi eine Aussage von SBB-Chef Vincent
Ducrot. Dieser habe erklärt, dass die SBB als Grossgrundbesitzerin zukünftig eine soziale Verantwortung wahrnehmen wollten und deshalb 40 Prozent der von ihr neu gebauten Wohnungen preisgünstig werden sollten. Im Kirschloh sind es nur 30 Prozent.

Dazu SBB-Sprecher Dischoe: «Die SBB strebt an, rund die Hälfte ihrer Wohnungen preisgünstig anzubieten – entweder über eigene Wohnungen oder die Abgabe im Baurecht.» Die Aussage von Ducrot beziehe sich auf das Gesamtportfolio 2037 schweizweit. «Der Drittel preisgünstiges Wohnen in Zug Kirschloh trägt dazu bei, dass dieses Ziel dannzumal erreicht wird», so der Sprecher weiter. 

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3 Kommentare
  • Profilfoto von David L
    David L, 10.02.2023, 22:27 Uhr

    Wie viele Studien und Experten müssen noch aufzeigen, dass mit Hochhäusern in bereits dicht bebauten Umgebungen eben NICHT verdichtet werden kann und dass diese Bauten ökologisch unsinnig sind?
    Jeder Tag steht wieder irgendwo ein Politiker auf, der von den Grundlagen der Stadtentwicklung keine Ahnung hat.

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  • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
    Kasimir Pfyffer, 02.02.2023, 10:10 Uhr

    Only in Zug: Die SP bettelt darum, dass die hässlichen Klötze der SBB noch grösser werden. Man könnte es nicht erfinden.

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  • Profilfoto von Farbkleks
    Farbkleks, 01.02.2023, 15:40 Uhr

    Wow, eine weitere betongraue Fassade. Ich bin entzückt…
    Zumal es auf dem Rendering schon langweilig aussieht. Wie wirkt die Geschichte dann in der Realität?

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