Stadt Zug soll mit SBB über Güterbahnhof sprechen

Neue Idee lanciert: Grossüberbauung über Zuger Geleise

Am Bahnhof in Zug fand Mitte März die Schlägerei statt.

(Bild: mam)

Die einen fürchten eine Hochhaus-Monokultur beim Bahnhof Zug, die andern träumen von einem Megaprojekt, welches Guthirt-Quartier und Siemens-Areal miteinander verbindet. Die Brache beim Güterbahnhof beflügelt die Phantasie der Zuger Gemeindepolitiker und führt zu neuer Geschäftigkeit.

Für viele Zuger haben sie sentimentalen Wert: Der Oekihof hinter dem Zuger Bahnhof und das Brockenhaus der Frauenzentrale. Doch schon länger ist klar, dass beide weichen müssen, weil die SBB als Landeigentümerin das Areal des Güterbahnhofs neu überbauen will (zentralplus berichtete). Verkaufen jedenfalls will sie es der Stadt nicht – und deswegen wurde am Dienstag im Zuger Stadtparlament jene Motion von Gemeinderat Willi Vollenweider (parteilos) mit 24 zu 6 Stimmen abgeschrieben, die einst einen gescheiterten Kaufversuch der Stadt ausgelöst hatte.

Der Ökihof auf dem Güterbahnhof-Areal muss weg. Die SBB hegen dort Neubaupläne. Doch Zug will mitreden.

Der Ökihof auf dem Güterbahnhof-Areal muss weg. Die SBB hegen dort Neubaupläne.

(Bild: anm)

Vollenweider fürchtete eine Grossüberbauung der SBB wie bei der Zürcher Europaallee, mithilfe derer die SBB ihre Pensionskasse sanieren will (zentralplus berichtete). Der dissidente Ex-SVPler argwöhnte besonders, dass die städteplanerischen Interessen von Zug zu kurz kämen. Er ärgerte sich, dass das Areal, das den Namen Kirschloh trägt, im 19. Jahrhundert von der Bahn für Gleisbauten enteignet wurde und nun von ihr quasi zweckentfremdet und vergoldet werden sollte.

Fehler von Zürich vermeiden

Aber um den parlamentarischen Druck dennoch aufrecht zu erhalten, haben die Gemeinderäte Philip C. Brunner (SVP), Roman Burkard (FDP), Martin Eisenring (CVP), und David Meyer (GLP) am Dienstag gleich wieder ein neues Postulat eingereicht.

Sie möchten, dass der Stadtrat mit der SBB eine städtischen Nutzungsmix mit Bildung, Kultur und Unterhaltung aushandelt sowie ein Wohnungsangebot, das auch preisgünstiges Wohnen umfasst. Letzteres war der SBB in der Europaallee in Zürich angekreidet worden, weil sie dort überhaupt keine preisgünstige Wohnungen erstellten, sondern die Appartements im Gegenteil an die Meistbietenden versteigerten.

Neues Quartier an und über den Geleisen

Doch die bürgerlichen Zuger Politiker wollen nicht einfach den sozialen Wohnungsbaus und kulturelle Experimente befördern. Nein, die Vier wollen die Türen für eine Grossüberbauung der SBB aufstossen. Der Stadtrat soll nämlich auf eine längerfristige Perspektive hinwirken, die Verbindungen zwischen den Stadtteilen westlich und östlich der Geleise schaffe «und mittelfristig auch eine Immobilien-Nutzung des Gleisraums im Sinne einer Überdachung ins Auge fasst».

«Man könnte eine solche Überdachung auch etappenweise realisieren», sagt Philip C. Brunner, den die Idee sichtlich beflügelt: «Überlegen Sie doch nur, was auf diesen zentrumsnahen Flächen möglich wäre – und was für neue Möglichkeiten sich für ein junges Quartier zwischen Feld- und Gubelstrasse auftun», sagt er.

«Von höchster Bedeutung» für Zug

Momentan ist das Areal links und rechts der Geleise in der Hochhauszone 3, welche Bauten bis 50 Meter zulässt. «Ohne Gleisüberbauung kommt dort einfach ein Gebäude-Riegel hin» meint Brunner, «das würde mir nicht gefallen». Über Bauvorschriften für die Schneise über die Geleise müsse man noch gesondert befinden. 

Die vier Gemeinderäte sind von ihrer Idee überzeugt: Das Vorhaben sei für die Stadt Zug wirtschaftlich und sozial, vor allem aber auch städtebaulich von «höchster Bedeutung». Die im Richtplan des Kantons vorhergesagte Zunahme der Arbeitsplätze und der Wohnbevölkerung könne nur bewältigt werden, wenn die zusätzlichen Stellen und Wohnungen vom öffentlichen Verkehr hervorragend erschlossen seien – was in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs Zug natürlich der Fall ist.

Zentrumsnahe, bunte Nutzung

Ausserdem sei ein bahnhofsnaher Nutzungsmix, der neben Ausbildungsstätten und Gesundheits-Dienstleistungen auch attraktive kulturelle und gastronomische Angebote umfasse, für die Attraktivität des Standorts Zug immer wichtiger – auch etwa für Start-ups aus den verschiedenen Tech-Szenen.

Vor Augen haben die Vier als Vorbild etwa den Bahnhof Bern oder den HB Südwest. Letzteres war ein Grossprojekt für eine Gleisüberbauung in Zürich, das vom Zürcher Stimmvolk 2006 an der Urne genehmigt wurde. Die SBB verwirklichten es aber nicht, die Europaallee war das Nachfolgeprojekt dafür.

Die Zuger Gemeinderäte haben es nicht vergessen: HB Südwest, ein Zürcher Projekt aus den Nullerjahren.

Die Zuger Gemeinderäte haben es nicht vergessen: HB Südwest, ein Zürcher Projekt aus den Nullerjahren.

(Bild: Facebook Daniel A. Walser)

Glaube an die Machbarkeit

Das Scheitern von HB Südwest fechten die Zuger Gemeinderäte nicht an. Ein entsprechendes Projekt in Zug sei unter technischen und finanziellen Gesichtpunkten leichter machbar als in Zürich, finden sie. Ohne es bleibe die Stadt Zug «zerstückelt», mit einer Gleisüberbauung hingegen erhalte die Stadt indes ein Eingangstor von Norden.

Bei der SBB nimmt man das Postulat zur Kenntnis. Sprecher Reto Schärli weist jedoch in Zusammenhang mit der Motion von Willi Vollenweider darauf hin, dass man auch in Zürich die Europaallee «in Kooperation und Abstimmung mit den Behörden» entwickelt habe und das neue Quartier durchaus eine gemischte Nutzung aufweise.

Vielleicht kommt doch ein Hochhaus-Riegel

Gleiches ist nun in Zug beabsichtigt. «Geplant ist eine gemischte Nutzung von Wohnen und Arbeiten an dieser zentralen Lage», so Schärli, die städtebauliche Entwicklung des Kirschloh-Areals erfolge «in enger Zusammenarbeit mit der Stadt Zug». Demnächst werde die ein Quartierplanverfahren aufgegleist.

Es fänden im Rahmen des Stadtplanungs-Projekts «Zug 2050» Gespräche mit der SBB statt, bestätigte auch Stadtrat André Wicki im Stadtparlament. Dabei käme die Verbindung der Quartiere übers Gleisareal hinweg zur Sprache.

Wie das konkrete Bauprojekt an der Stelle des Oekihofs genau aussieht, steht noch in den Sternen. «Gemäss kantonalem Richtplan wäre auf dem Areal auch ein Hochhaus denkbar, sagt Reto Schärli. «Für die SBB ist aber klar, dass sich dieses sinnvoll in den städtebaulichen Kontext einfügen müsste.»

Der Zuger Stadtrat wird sich nun Gedanken über den neuen Vorstoss machen – und diese voraussichtlich Ende März im Stadtparlament zur Diskussion stellen.

 

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Urs Baumann
    Urs Baumann, 07.12.2022, 01:26 Uhr

    Das Zürcher Europaallee Projekt ist das beste was es gibt! Alles Stararchitekten aus der ganzen Welt und es ist eine Nachhaltige Architektur, welche in 200 Jahren dort noch stehen wird! Und was hat Zug? Alles wirtschaftlich bedachte Bauten, die nach 25 Jahren total heruntergekommen ausschauen, da die Materialien sehr Minderwertig sind

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