Das Areal Hinterschlund ist seit über einem Jahr durch eine Wagenburg besetzt. Jetzt schreibt die Stadt Luzern das Gebiet zur Zwischennutzung aus. Wie verträgt sich das?
Das Areal Hinterschlund – ein fast 45'000 Quadratmeter grosses Grundstück – gehört der Stadt Luzern, liegt aber auf Krienser Hoheitsgebiet. Hier soll in den nächsten zehn Jahren Grosses entstehen. Die Stadt stellt das Areal zur Zwischennutzung zur Verfügung.
«Spannend könnte es zum Beispiel für Unternehmen sein, die der Öffentlichkeit einen Einblick gewähren möchten, wie ihre Produkte oder Dienstleistungen erarbeitet werden», schreibt Projektleiter Dominic Church auf Anfrage. «Dies könnten beispielsweise innovative und lokal verwurzelte Start-ups sein.»
Das Grundstück befindet sich in der Arbeitszone. Gemäss kantonalem Planungs- und Baugesetz sind bei befristeten Zwischennutzungen aber Ausnahmen möglich. Heisst: Auch eine Mischnutzung, bei der ein Teil als Wohnraum genutzt wird, ist durchaus möglich.
Darum klappte es nicht mit Wohncontainern für Flüchtlinge
Ursprünglich hatte der Kanton Luzern vor, dort Wohncontainer zur Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine zu bauen. Diese Idee ist nun aber vom Tisch. «Die Prüfung durch den Kanton hat ergeben, dass aktuell kein Bedarf besteht», schreibt Church.
Kein Bedarf? Nachdem der Kanton Luzern wegen der Flüchtlingswelle bereits vor Monaten den Notstand ausgerufen hat (zentralplus berichtete)? Vonseiten der zuständigen Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF) – die derzeit wegen Platzmangels Hunderte von Menschen in unterirdischen Bunkern unterbringen muss – klingt die Sache etwas anders.
Bewirbt sich die Stadt Kriens um das Areal?
«Der Kanton hatte eine Containerbaute reserviert, welche er auf dem Areal Hinterschlund aufstellen wollte. Leider gelang es nicht, vor Ablauf der Reservationsfrist das Projekt zu realisieren», schreibt die DAF in einer schriftlichen Stellungnahme. «Dies aufgrund kredit- und baurechtlicher Voraussetzungen, die nicht rechtzeitig geregelt werden konnten. Da die Container dann nicht mehr zur Verfügung standen, musste vom Projekt abgesehen werden.»
Trotzdem ist es möglich, dass auf dem Areal eine Containersiedlung für Flüchtlinge doch noch zu stehen kommt – allerdings nicht vom Kanton, sondern von der Stadt Kriens gebaut. Im «Kriens Info» vom Januar kündigt die Gemeinde jedenfalls an, sich allenfalls bei der Stadt Luzern um die Zwischennutzung zu bewerben. «Die Stadt Kriens prüft Möglichkeiten für den Bau einer temporären Containersiedlung auf dem Areal Hinterschlund als Zwischennutzung», ist in der aktuellen Ausgabe zu lesen.
Bewohner der Wagenburg im Hinterschlund verurteilt
Klar ist: Das Areal soll nun einer anderen Organisation oder Firma zur Verfügung stehen, die der Stadt dafür mindestens 50'000 Franken pro Jahr abliefert. Das Problem: Das besagte Grundstück ist seit September 2021 durch eine Wagenburg illegal besetzt (zentralplus berichtete).
Neben den Wohnwagen haben die Bewohnerinnen massive Holzdächer installiert. Ohne Bewilligung, wie der Krienser Stadtrat letzten März in seiner Antwort auf eine Interpellation der FDP schrieb. Die Stadt hatte die Bewohner – von denen zwei sogar offiziell auf dem Gelände gemeldet sind – wegen Hausfriedensbruchs angezeigt.
Der Grossteil dieser Strafverfahren ist inzwischen abgeschlossen. «9 von 10 Fällen sind rechtskräftig erledigt», schreibt Staatsanwaltschaftssprecher Simon Kopp auf Anfrage. Die Beschuldigten wurden jeweils einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen verurteilt, deren Höhe von den jeweiligen Einkommen abhängt. Weiter müssen sie gemäss Kopp Bussen von je 150 Franken und amtliche Kosten von mehreren hundert Franken bezahlen.
Stadt wird eine Räumung prüfen
Bewirkt haben die Verurteilungen nichts. Wie Dominic Church bestätigt, ist die Wagenburg im Hinterschlund weiterhin vor Ort. Was wird mit ihr passieren, wenn der Zwischennutzungsvertrag im Juni 2023 unterzeichnet ist? Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten. Die Stadt kann eine Räumung der Wagenburg bei der Staatsanwaltschaft beantragen. Konkret erhielte sie dann allenfalls polizeiliche Hilfe wegen dem Dauerdelikt des Hausfriedensbruchs.
Die andere Möglichkeit ist es, beim Bezirksgericht den sogenannten Besitzesschutz nach Zivilgesetzbuch zu beantragen. «Dies wird geprüft, wenn eine Räumung tatsächlich notwendig werden sollte», kündigt Projektleiter Church an.
- Ausschreibung Zwischennutzung Hinterschlund der Stadt Luzern
- E-Mail-Austausch mit Projektleiter Dominic Church
- E-Mail-Austauch mit der Kommunikationsstelle der Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen
- «Kriensinfo» vom Januar
- E-Mail-Austausch mit Simon Kopp, Sprecher der Staatsanwaltschaft Luzern
- Antwort des Krienser Stadtrats auf die Interpellation der FDP