Mehr Emissionen als Nordkorea und die Ukraine

Diese Zuger Firmen gehören zu den grössten CO2-Schleudern

Glencore handelt unter anderem mit Öl. (Bild: Symbolbild: Adobe Stock)

Eine neue Studie zeigt, welche 120 Länder und Unternehmen dem globalen Klima besonders zusetzen. Mit dabei auf der Liste: die Zuger Firmen Glencore und Holcim. Im Langzeitvergleich hat der Ausstoss der beiden Firmen allerdings abgenommen.

Es sind happige Zahlen, welche die Datenbank Carbon Majors am Donnerstag in ihrem Report veröffentlicht hat. Das international renommierte Projekt hat die Produktionsdaten der 122 weltweit grössten Hersteller von Zement und fossilen Brennstoffen gesammelt. Daraus hat es erarbeitet, für wie viele CO₂-Emissionen diese Akteure mit der Produktion, Förderung und dem Vertrieb von Zement, Kohle, Öl und Erdgas verantwortlich gemacht werden können. Das sind Unternehmen sowie auch Länder selbst.

Mit auf der Liste: Glencore und Holcim, beide mit Hauptsitz in Zug. Im Zeitraum von 2016 bis 2022 haben Glencore und Holcim laut der Studie mehr Megatonnen CO₂ produziert als Länder wie Kasachstan, Polen, Nordkorea oder die Ukraine. Die beiden Firmen sind gemeinsam für 1,02 Prozent der gesamten globalen CO₂-Emissionen verantwortlich, die in diesen Jahren in die Atmosphäre gelangten. Die Daten beziehen sich dabei allerdings auf die Emissionen im Bereich der Rohstoffförderung und des -handels und nicht auf den totalen CO₂-Ausstoss.

Einsam an der Spitze

Ganz zuwider seinem Spitznamen ist auf Platz eins das Land der Mitte: China. Die Datenforscher haben errechnet, dass die staatliche Kohleindustrie von China in den Jahren von 2016 bis 2022 ganze 72’993 Megatonnen CO₂ emittierte, was 25,8 Prozent der globalen Emissionen entspricht. Mit 13’256 Megatonnen CO₂ platziert sich auf dem zweiten Rang Saudi Aramco. Das Unternehmen aus Saudi-Arabien ist auf die Förderung von Erdöl spezialisiert. 4,84 Prozent der ganzen globalen CO₂-Emissionen geht laut Studie auf seine Kappe. Der russische Erdgasgigant Gazprom komplettiert das Podest mit 10’127 Megatonnen CO₂.

Glencore ist auf Platz 22 zu finden, mit 2313 Megatonnen CO₂, was 0,82 Prozent entspricht. Das Baarer Unternehmen, das vor allem mit Rohstoffhandel und Bergwerken sein Geld verdient. Weiter unten auf der Rangliste liegt Holcim auf Platz 74. Der Zuger Zementhersteller kommt auf 526 Megatonnen CO₂ und damit einhergehenden 0,21 Prozent. Klingt im Vergleich zu China nach wenig, ist aber mehr als der CO₂-Ausstoss der staatlichen Rohstoffindustrien der Ukraine und Nordkorea etwa.

Ernüchternde Einsichten

Betrachtet man nur private Unternehmen und lässt Länder sowie staatsnahe Unternehmen wie Gazprom beiseite, ergibt sich eine weitere Erkenntnis. Auf der Liste von Carbon Majors gehört Glencore zu jenen zehn privaten Unternehmen mit den grössten Emissionen. Die Firma mit Hauptsitz in Baar gesellt sich in dieser gesonderten Liste neben Unternehmen wie Exxon Mobil, Shell und Total Energies.

Grafik der Menge an CO₂-Emissionen von Glencore von 1998–2022. (Bild: Carbon Major)

Ebenfalls interessant: Seit dem Zustandekommen des Pariser Klimaabkommens haben gemäss der Studie die meisten privaten Unternehmen auf der Liste ihre Rohstoffproduktionen nicht etwa verringert, sondern erhöht. Der Bericht von Carbon Majors legt besonderes Augenmerk auf das Jahr 2016, weil damals das Pariser Klimaabkommen bei der internationalen Klimakonferenz unterzeichnet wurde. Das Abkommen legt fest, dass alle Länder ihre Treibhausgasemissionen drastisch senken müssen.

Kommt trotzdem eine Veränderung?

Carbon Majors hat nicht nur einen Bericht mit den Studienresultaten veröffentlicht, sondern die Daten auch aufgeschlüsselt und präsentiert diese auf einer Website. Es zeigt sich: Holcim hat seine CO₂-Emissionen im Zusammenhang mit der Zementproduktion drastisch reduziert. Anders sieht es bei den Emissionen von Glencore aus. Der gesamte CO₂-Ausstoss des Unternehmens ist zwar weniger als noch 2016, steigt aber seit zwei Jahren wieder an.

Grafik der Menge an CO₂-Emissionen von Holcim von 1990–2022. (Bild: Carbon Major)

Auf Anfrage von zentralplus betonen beide Unternehmen ihre Bemühungen, weniger Emissionen zu generieren. Holcim hat gemäss eigenen Angaben seinen CO₂-Ausstoss seit 2020 um 42 Prozent gesenkt. Glencore will bis 2035 50 Prozent weniger Emissionen verursachen als noch 2019. Eine Sprecherin von Glencore schreibt: «Wir werden die globalen Bemühungen zur Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens unterstützen, indem wir unsere eigenen betrieblichen CO₂-Emissionen reduzieren.» Bei Holcim heisst es: «Der Klimaschutz hat für Holcim oberste Priorität und steht im Mittelpunkt der Strategie des Unternehmens.» Man habe dabei bereits «bedeutende Fortschritte» erzielt.

Langzeitvergleich zeigt leicht verändertes Bild

Der Bericht präsentiert nicht nur Zahlen aus dem Zeitraum zwischen 2016 und 2022. Die ältesten Daten, die das Projekt ausfindig machen konnte, stammen aus dem Jahr 1854. Wird die gesamte Zeitspanne vom 19. Jahrhundert bis 2022 betrachtet, mit allen vorhandenen Daten, verändert sich die Liste leicht. Glencore findet sich dann auf Rang 44 mit gesamthaft 6,329 Megatonnen CO₂. Damit liegt sie immer noch vor der Ukraine, aber hinter Kasachstan oder auch der Tschechoslowakei, die von 1918 bis 1992 existierte. Auf dieser Liste ist Holcim knapp hinter Nordkorea auf Platz 63 mit 3173 Megatonnen CO₂-Emissionen.

Auch wenn man die grössere Zeitspanne ins Auge fasst, bleibt China mit seiner Kohleproduktion auf Platz eins. Saudi Aramco wird vom zweiten Platz verdrängt und rückt nach hinten auf den dritten Rang. Ihren Platz nimmt die UdSSR ein, die ehemalige Sowjetunion, welche von 1922 bis 1991 existierte.

Laut dem Bericht beläuft sich die gesamte Menge an CO₂, welche die berücksichtigten 122 Akteure gemäss den Daten produziert haben, auf 1421 Gigatonnen CO₂. Wie Carbon Majors ausführt, entspricht dies 72 Prozent der gesamten CO₂-Emissionen aus Zementherstellung und fossilen Brennstoffen, die seit dem Beginn der industriellen Revolution 1751 freigesetzt wurden.

Daten bereits vor Gericht verwendet

Laut Carbon Majors basiert der Bericht vor allem auf Daten, welche die Unternehmen und Länder selbst zur Verfügung stellen. In einzelnen Fällen würden die Informationen von vertrauenswürdigen Dritten stammen, wie es auf der Website der Datenanalysten heisst. Das Projekt wurde 2013 von Richard Heede ins Leben gerufen. Carbon Majors ist die einzige Datenbank ihrer Art, die nebst Staaten auch private Unternehmen berücksichtigt – wie eben Glencore oder Holcim. Erklärtes Ziel des Projekts ist es, jene Verantwortliche aufzuzeigen, welche aus Produkten, die am stärksten zum Klimawandel beitragen, Gewinn machen. Also aus Produkten wie Kohle und Erdöl.

Die Datenbank ist international bekannt und renommiert. Bewohner der indonesischen Insel Pari beriefen sich unter anderem auf die Zahlen von Carbon Majors, als sie Holcim verklagten. Die Indonesier gingen gegen Holcim vor Gericht, um Entschädigung zu fordern für Klimaschäden an ihrer Insel (zentralplus berichtete).

Verwendete Quellen
  • Studie Carbon Majors
  • Website Carbon Majors
  • Schriftlicher Austausch mit Caterina Beffa, Mediensprecherin Glencore
  • Schriftlicher Austausch mit Anne Schlatter, Mediensprecherin Holcim
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9 Kommentare
  • Profilfoto von Wieso
    Wieso, 09.04.2024, 13:41 Uhr

    Da ist die fortschrittliche Schweiz… auf der Verliererseite. Der Bund sollte endlich umweltfreundliche Forschung puschen und fördern. Energietechnologie ohne Batterien. Umweltfreundliche Baustoffe fördern, Betonfirmen stark besteuern. Dieses Geld könnte in die Forschung fliessen. Bei der Zulassung neuer Geräte, wie z.B. Haushaltsgeräte ect. sollten nur noch Geräte zugelassen werden, die CO2 freundlich sind. Solarenergie muss vom Bund mehr finanziert werden. Problemfirmen zur Kasse bitten bis sie such umorientieren in ihrer Produktion.

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  • Profilfoto von Franz
    Franz, 08.04.2024, 10:19 Uhr

    Es gibt nach wie vor keinen Nachweis, wie stark (bitte genau!) CO2 und andere Treibhausgase zum Klimawandel beitragen. Es handelt sich bloss um Spekulationen, die andere Faktoren – aus durchsichtigen Gründen – ausblenden. Kommt hinzu: Der CO2-Anteil in der Atmosphäre müsste wegen des riesigen Ausstosses seit Beginn der Industrialisierung viel höher gestiegen sein als von den angenommenen 280 auf nur 420 ppm.

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    • Profilfoto von SKR
      SKR, 08.04.2024, 11:55 Uhr

      Dazu sind zwei Dinge zu sagen
      (I) Es gibt selbstverständlich genaue Berechnungen und Vergleiche mit der Realität bezüglich der Wirkung von CO2. Selbst der Ölkonzern Exxon hat schon 1977 dazu sehr genaue Analysen durchgeführt und unsere Situation in 2020 mit beeindruckender Genauigkeit korrekt vorhergesagt.
      (II) Es geht hier um solides Risikomanagement. Generell gilt im Risikomanagement: Wenn ein existentielles Risiko droht (also der totale, wirtschafliche oder gesellschaftliche Ruin), dann sind selbst kleine Wahrscheinlichkeiten sehr ernst zu nehmen und die damit verbundenen Tätigkeiten absolut zu vermeiden.
      Da die wissenschaftlichen Modelle per Definition nicht 100% korrekt sein können, müssen wir gleichzeitig umso vorsichtiger sein.

      Buchtipps dazu:
      "Chaos Kings
      how Wall Street traders make billions in the new age of crisis"
      von Scott Patterson

      und

      "Der Schwarze Schwan,
      Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse"
      von Nassim Nicholas Taleb

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      • Profilfoto von Franz
        Franz, 08.04.2024, 14:13 Uhr

        Es gab vor der Industrialisierung wärmere Epochen als die heutige. Die Baumgrenze in den Alpen lag höher, Grönland war mal grün. Da war der Einfluss des Menschen aufs Klima gleich null. Die heute verteufelten fossilen Energien waren ursprünglich Pflanzen, die bei ihrem Wachstum CO2 aufnahmen, dann durch Hitze und Druck verrotteten und das CO2 heute bei der Verbrennung wieder abgeben. Es ist exakt derselbe Prozess, wie wenn man Holz verbrennt.

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    • Profilfoto von Hanswurst
      Hanswurst, 08.04.2024, 18:34 Uhr

      Franz Statement bestätigt den Fakt mangelnder naturwissenschaftlicher Bildung derartiger Klimaleugner.

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      • Profilfoto von Franz
        Franz, 09.04.2024, 11:31 Uhr

        Mag ja sein, dass Hanswurst naturwissenschaftlich kompetenter ist als der Physik-Nobelpreisträger Clauser ("Es gibt keine Klimakrise").

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        • Profilfoto von Kommentarschreiber
          Kommentarschreiber, 09.04.2024, 13:37 Uhr

          @Franz
          Clauser hat in seiner ganzen Karriere keine einzige peer-reviewte Studie zum Thema Klimawandel publiziert und er ist einer der ganz wenigen Wissenschaftler, der den Klimawandel explizit leugnet, Nobelpreis hin oder her. Aber eben,er eignet sich natürlich hervorragend als Testimonial und zur selektiven Suche nach "wissenschaftlichen Beweisen", um Ihre persönliche Meinung mit "wissenschaftlichen" Fakten zu untermauern und umzudrehen.

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        • Profilfoto von Hanswurst
          Hanswurst, 09.04.2024, 19:29 Uhr

          Michael Mann, Klimawissenschaftler an der Universität Pennsylvania, bezeichnete das Argument Clausers, dass die Wolken eine kühlende Wirkung auf den Planeten haben, als „reinen Müll“ und „Pseudowissenschaft“. Die „besten verfügbaren Beweise“ zeigen, dass Wolken tatsächlich einen Nettoerwärmungseffekt haben, so Mann. „In der Physik nennen wir das einen ‚Vorzeichenfehler‘ – es ist die Art von Fehler, bei dem sich ein Studienanfänger schämt, wenn er dabei erwischt wird“, dies sagt doch alles über den 80-jährigen Klimaleugner Clauser.

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    • Profilfoto von Kommentarschreiber
      Kommentarschreiber, 09.04.2024, 11:04 Uhr

      Ihr Statement zeigt exemplarisch, was passiert, wenn subjektive Meinungen, kombiniert mit selektiv und geschickt ausgewählten sogenannten "Beweisen" zusammengebastelt und zu Fakten umgedreht werden.

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