Kanton überarbeitet Strategie

So soll Luzern wieder Freude am Tourismus haben

Fluch und Segen: Ohne den Tourismus wäre die Stadt Luzern nicht das, was sie heute ist. (Bild: Emanuel Ammon/Aura)

Die Luzerner Regierung will neue Rahmenbedingungen für den Tourismus setzen. Die Strategie stösst auf Anklang – lässt aber viele Fragen offen.

Luzern und der Tourismus – das war in den vergangenen Jahren stets eine komplizierte Beziehung. Einerseits versteht sich insbesondere die Stadt Luzern als Touristenstadt und beliebte Reisedestination. Doch gleichzeitig wuchs in der Bevölkerung bis zum Ausbruch der Coronakrise der Unmut über die immer grösser werdenden Touristenströme.

Die Pandemie hat die komplizierte Beziehung verdeutlicht. Plötzlich war Luzern leer – selbst nachdem die Massnahmen gelockert wurden und das öffentliche Leben langsam wieder stattfinden konnte. Doch dadurch fehlten der Stadt gleichzeitig Einnahmen in Millionenhöhe (zentralplus berichtete). Und die wirtschaftliche Bedeutung der Tourismusbranche ist nicht zu unterschätzen.

Regierung will jetzt Qualität statt Quantität im Tourismus

Der Tourismus führte 2019 im Kanton Luzern zu einer Wertschöpfung von rund 1,3 Milliarden Franken und schuf 12’500 Arbeitsplätze. Rund 850 Millionen Franken entfallen auf die Stadt Luzern. Das macht über 8 Prozent der totalen Wertschöpfung der Stadt Luzern aus – und sogar knapp 13 Prozent aller Arbeitsplätze. In anderen Worten: Die Stadt ist vom Tourismus abhängig. So entsteht ein Spannungsfeld zwischen den Bedürfnissen der grossen Tourismusbranche und der Bevölkerung, die teilweise genug hat vom Massentourismus in Luzern.

Der Luzerner Regierungsrat ist sich dessen bewusst. Er hat deshalb das aktuelle Tourismusleitbild aus dem Jahr 2009 überarbeitet und in die Vernehmlassung geschickt.

«Aktuelle touristische Entwicklungen lassen ein Unbehagen in der Bevölkerung aufkommen.»

Luzerner Regierungsrat

Die Unterschiede der beiden Leitbilder sind frappant. So konzentrierte sich die alte Strategie vor allem darauf, wie die Region Luzern noch besser vermarktet werden könnte.

Das braucht es aus Sicht der jetzigen Regierung nicht mehr. Stattdessen prägen die neue Strategie Trendbegriffe wie «Sanfter Tourismus», «Nachhaltigkeit» oder «Lenkung der Besucherströme». Denn auch die Regierung hält fest: «Aktuelle touristische Entwicklungen lassen ein Unbehagen in der Bevölkerung aufkommen. Diese Konfliktfelder müssen gemeinsam und aktiv angegangen werden.»

Auch die Bevölkerung soll vom Tourismus profitieren

Die Parteien, die bislang eine Stellungnahme zum Entwurf des Leitbilds veröffentlicht haben, teilen diese Einschätzung. Auch die Grünen, die Mitte und die FDP finden, der Luzerner Tourismus müsse für die einheimische Bevölkerung verträglicher werden. Doch der grosse Knackpunkt liegt darin, wie das gelingen soll.

Die Regierung bleibt in ihrem Leitbild vage. Schliesslich handelt es sich um ein Strategiepapier mit hoher Flughöhe. Konkrete Lösungsvorschläge und Umsetzungsmassnahmen sind Sache der Tourismusorganisationen.

Die Unesco Biosphäre Entlebuch schafft den Spagat und ist sowohl für Einheimische als auch für Touristen ein schöner Ort. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Die Regierung weist aber darauf hin, dass der Tourismus nicht für die Touristinnen, sondern auch für die lokale Bevölkerung einen Mehrwert schaffen müsse. Der Regierungsrat denkt dabei an Freizeitangebote und Erlebnisräume. Am Seilpark auf der Fräkmüntegg beispielsweise erfreuen sich nicht nur Touristen, sondern auch Luzernerinnen. Auch Naturerlebnisse wie in der Unesco Biosphäre im Entlebuch sollen in der ganzen Region gefördert werden.

FDP will Tourismus in Landregionen fördern

Dem stimmen die Parteien im Grundsatz zwar zu. Doch sie kritisieren, dass die Ziele zu vage formuliert seien. So schreibt die Mitte: «Die angesprochene, weiterhin kritische Auseinandersetzung im Spannungsfeld zwischen Wertschöpfung und den Grenzen der Belastbarkeit scheint uns zu vage. Wer soll dafür zuständig sein? Wie findet die kritische Auseinandersetzung konkret statt?» Diese Fragen beantwortet der Bericht nicht.

«Gerade in ländlichen Gegenden liegt viel Potenzial brach.»

Stellungnahme FDP Luzern

Die FDP setzt in diesem Zusammenhang einen anderen Fokus. Sie lobt die Regierung, dass sie die Probleme des Massentourismus in ihrer Strategie thematisiert. Jedoch weist die Partei darauf hin, dass man das «Tourismusbewusstsein» aus zwei verschiedenen Perspektiven betrachten könne.

Aus Sicht der FDP gibt es nämlich nicht nur zu viel Tourismus, sondern auch zu wenig. Nämlich an jenen Orten, an denen das touristische Potenzial gar nicht erst wahrgenommen und deshalb auch nicht ausgeschöpft wird. «Gerade in ländlichen Gegenden liegt hier viel Potenzial brach», schreibt die Partei in ihrer Stellungnahme.

Grüne schlagen einen Klimabeitrag und Gratis-ÖV vor

Einen dritten Aspekt heben die Grünen in ihrer Stellungnahme hervor. Sie loben das neue Tourismusleitbild ebenfalls dafür, dass es einen nachhaltigen Tourismus fördern will. Doch stört sich die Partei daran, dass der Klimawandel überhaupt nicht thematisiert wird. Der Tourismus habe einen grossen ökologischen Fussabdruck – doch der Bericht enthalte überhaupt keine Strategie, wie der Luzerner Tourismus klimaneutral werden solle und somit mit den Klimazielen des Kantons vereinbar sei.

Darum schlägt die Partei einen neuen Weg vor. Kantonsrat Samuel Zbinden erwägt, in einer mit der Stellungnahme verbundenen Motion, die Einführung eines Tourismus- und Klimabeitrags. Gäste sollen einen prozentualen Teil ihrer Übernachtungskosten als Klimabeitrag entrichten. Dieser soll die bisherige Übernachtungspauschale ersetzen.

Bisher zahlen Gäste pauschal 50 Rappen pro Übernachtung. Dieses Geld fliesst an den Kanton. Die Regierung erwägt im neuen Tourismusleitbild, die Pauschale auf 80 Rappen zu erhöhen, was im Vergleich zu anderen Kantonen noch immer ein tiefer Betrag ist. Die Erhöhung der Pauschale verspricht Mehreinnahmen von rund 600’000 Franken.

Mit dem von den Grünen vorgeschlagenen Tourismusbeitrag sollen neu Projekte finanziert werden, die einen klimaneutralen Tourismus fördern. Darunter stellen sich die Grünen beispielsweise ein kostenloses ÖV-Ticket für alle Touristinnen vor. Oder nachhaltige Gastronomieangebote.

Auch könnte mit dem Geld das ÖV-Netz oder die Infrastruktur für Velos und Fussgänger verbessert werden. Das wiederum würde auch der lokalen Bevölkerung zugutekommen, was nicht nur den Tourismus nachhaltiger machen, sondern auch die Akzeptanz in der Bevölkerung für den Tourismus steigern würde.

Verwendete Quellen
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