Spuren von Corona sind noch immer tief

Luzerner Tourismus hat auch in den nächsten Jahren zu kämpfen

Marcel Perren und Martin Bütikofer an der Medienkonferenz von Luzern Tourismus auf dem Restaurantschiff Wilhelm Tell. (Bild: Jan Rucki)

Plötzlich stand alles still. Seit langer Zeit harzt es wegen Covid-19 beim Tourismus in Luzern. Ein gravierender Einschnitt in ein finanzielles Standbein der Leuchtenstadt. Der Branche fehlen noch immer grosse Ressourcen und nötige Gäste. Dennoch sieht die Situation schon um einiges besser aus als noch vor ein paar Monaten.

Luzern – ein Ort, der vom Tourismus lebt. Knapp 1,4 Milliarden Franken gross ist die Wertschöpfung der Branche jährlich im Kanton. Dass dieses finanzielle Standbein vor mehr als anderthalb Jahren radikal zusammengebrochen ist, wundert wohl niemanden. Das Coronavirus und die damit verbundenen Massnahmen haben der Tourismusbranche in der Leuchtenstadt stark zu schaffen gemacht.

So lautete der Tenor an diesem Donnerstag. Luzern Tourismus informierte an einer Pressekonferenz auf dem Restaurant-Schiff Wilhelm Tell am Luzerner Nationalquai über die aktuelle Tourismus-Situation. Auch wenn die Situation derzeit wieder einen verhaltenen Optimismus zulasse, seien die Spuren der Pandemie noch immer tief.

Logiernächte steigen bis 2023 auf 90 Prozent an

Gleich mehrere Punkte werden von Tourismusdirektor Marcel Perren angesprochen. Da sind erst einmal die Logiernächte, die im Vergleich zum Jahr vor der Pandemie, also 2019, massiv zurückgegangen sind. Schweizweit konnten in diesem Jahr gerade mal 65 Prozent der noch vor der Pandemie verbuchten Logiernächte verzeichnet werden. In der Stadt Luzern handelte es sich sogar nur um 45 Prozent. Einer Prognose von Schweiz Tourismus zufolge dürften die Logiernächte im Jahr 2022 in der Schweiz wieder auf 82, im Jahr 2023 gar auf 90 Prozent ansteigen.

«Auf uns kamen Personen aus der Tourismusbranche zu, die Tränen in den Augen hatten.»

Martin Bütikofer, Verwaltungsratspräsident Luzern Tourismus

Ebenfalls soll sich abgezeichnet haben, dass es einen frappanten Unterschied im Buchungs-Einbruch zwischen Städten und Alpenregionen gab. Während in Alpenregionen die Logiernächte um knapp 30 Prozent zurückgingen, fielen in den Städten, so auch in der Stadt Luzern, über 60 Prozent der Logiernächte weg. «Auf uns kamen Personen aus der Tourismusbranche zu, die Tränen in den Augen hatten. Viele Betreiber mussten Mitarbeitende entlassen», erklärt Martin Bütikofer, Verwaltungsratspräsident von Luzern Tourismus an der Medienkonferenz.

Knacknuss: Personal wieder in die Branche zurückbringen

Die Herausforderung sei es nun, das Personal zurück in die Branche zu bringen. «Viele Angestellte, gerade in der Hotellerie, kamen aus dem Ausland. Die meisten von ihnen sind am Anfang der Pandemie zurückgereist. Ganz allgemein ist die Nachfrage nach Stellen und auch Lehrstellen kleiner als zuvor», so Bütikofer. Dies stelle ein Problem für viele Hoteliers dar. Ihnen fehlten schlichtweg die nötigen Ressourcen.

«Die Vorstellung, dass alles wieder möglichst schnell wie 2019 werden sollte, halte ich für unrealistisch.»

Martin Bütikofer, Verwaltungsratspräsident Luzern Tourismus

Es scheint, als müsste sich die Branche für attraktivere Arbeitsbedingungen einsetzen. Bütikofer führt aus: «Das ist ein grosser Knackpunkt für uns alle. Klar ist für uns aber, dass die Attraktivität einer Stelle mit der Wertschätzung für die geleistete Arbeit zusammenhängt. Und daran müssen wir alle arbeiten.»

Und was, wenn die nächste Krise droht?

Corona riss ein grosses Loch in die Luzerner Tourismus-Kasse, das es nun wieder aufzufüllen gilt. Der Weg zum Ziel ist aber noch ein langer und ein steiniger. Doch was, wenn eine nächste Krise droht? Zieht die Branche die nötigen Schlüsse und Massnahmen aus den Learnings, sodass bei einer neuen Krise weniger Schaden entsteht? «Die Corona-Krise verlangt von uns allen in der Tourismusbranche ein Umdenken. Vieles hat sich verändert. Es sind neue Themen noch wichtiger geworden, wie beispielsweise die Klimadiskussion. Die Vorstellung, dass alles wieder möglichst schnell wie 2019 werden sollte, halte ich deshalb für unrealistisch», so Bütikofer. Wenn es nach ihm ginge, seien alle Betriebe auch einzeln dafür verantwortlich, sich mehrere Standbeine, die auch krisensicherer sind, aufzubauen.

«Der Plan, einfach carweise und anonym Gäste abzuladen und wieder einzuladen, wird während einer Krise bestimmt nicht mehr funktionieren. Das haben wir jetzt gesehen.» Als Beispiel für ein auch in Krisenzeiten relativ gut funktionierendes Konzept nennt Bütikofer einen Hotelbetrieb in Weggis. Dieser habe mit sehr persönlichen Kundenbindungen und einem optimalen «Gästemix», wie er es nennt, individuell auf die Gäste zugehen können, um auch während der Krise nicht die gesamte Kundschaft zu verlieren. Natürlich handle es sich dabei um einen Betrieb, der viel inländisches Publikum habe und deswegen in der Corona-Zeit etwas einfachere Grundvoraussetzungen gehabt habe.

«Es ist nun wichtig, das Kuchenstück mit den Schweizer und den europäischen Gästen weiter zu vergrössern.»

Marcel Perren, Tourismusdirektor Luzern Tourismus

Von allen Touristinnen in Luzern soll bis vor der Pandemie rund ein Viertel inländische Gäste gewesen sein. Ein weiterer Viertel kam aus Europa. Die andere Hälfte des Kuchens stammte aus Amerika und Asien. «Es ist nun wichtig, das Kuchenstück mit den Schweizer und den europäischen Gästen weiter zu vergrössern», meint Perren. Dies, um einen grossen Schaden bei einem Zusammenbruch des internationalen Tourismus zu verhindern.

Ziele, deren Wege noch nicht ganz geebnet sind

Und dann soll das Krisenmanagement künftig auch in der Ausbildung eine wichtige Rolle spielen. «Während des Lockdowns war es unheimlich wichtig, dass man richtig reagierte und dass man wusste, wofür man sich bei wem melden musste, um beispielsweise Ausfallentschädigungen oder auch Ratschläge zum richtigen Handeln zu erhalten», erklärt Bütikofer weiter. «Ich bin erfreut, wie gut das geklappt hat. Künftig soll dies aber bestimmt auch ein Teil des Lernprozesses während einer Ausbildung im Tourismus- und Gastrobereich sein.»

Luzern Tourismus scheint sich dessen bewusst zu sein, was die Corona-Pandemie mit der Branche gemacht hat. Und der Branchenverband setzt für eine besser gedeihende Zukunft da an, wo es nötig ist. Auch wenn an vielen Stellen noch unklar ist, wie die gesetzten Ziele erreicht werden können.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
    Kasimir Pfyffer, 28.10.2021, 18:54 Uhr

    Aha, wenn es um die Löhne geht, spricht man von «Wertschätzung» ? Ja, möchten die Damen und Herren Touristiker denn für all die unterbezahlten Fachkräfte klatschen? Oder geht es mal in ihre Hirne rein, dass die goldenen Jahrzehnte der Ausbeutung vorbei sind und anständige Löhne Pflicht sind?

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