Massnahmen gegen Fangewalt

Kollektivstrafen: FC Luzern will Regierung umstimmen

Kollektivstrafen und Dialog: Diese zwei Dinge widersprechen sich, findet die kurvennahe FCL-Fanorganisation USL. (Bild: fcl.fan-fotos.ch)

Weil Regierungsrätin Ylfete Fanaj sich für Kollektivstrafen gegen Fussballfans ausgesprochen hat, kehrt die Fanorganisation USL ihr den Rücken. In die Bresche springt der FCL, der Fanaj zum Umdenken bewegen will.

Wenige Stunden nachdem zentralplus am Dienstagmorgen vermeldet hatte, dass die kurvennahe FCL-Fanorganisation USL den von Ylfete Fanaj reaktivierten «Runden Tisch Fussball» verlässt (zentralplus berichtete), zog die regionale und nationale Presse nach. Schon als Ylfete Fanaj eine Woche zuvor erstmals öffentlich über ihre Strategie im Kampf gegen Fangewalt sprach, war das mediale Interesse gross (zentralplus berichtete).

Für die SP-Regierungsrätin kam die Nachricht im denkbar dümmsten Moment. Denn sie betonte an ihrer Pressekonferenz die Wichtigkeit des Dialogs. So soll der offene Dialog zwischen allen Akteuren dazu beigetragen haben, dass sich die Situation in Luzern im Herbst beruhigt hat (zentralplus berichtete).

Folgenschweres Bekenntnis

Zum Verhängnis wurde Ylfete Fanaj ihr Bekenntnis zum von der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen (KKJPD) konzipierten Kaskadenmodell. Es basiert auf umstrittenen Kollektivstrafen wie Sektorsperren (zentralplus berichtete).

Als Sicherheitsvorsteherin des Kantons Luzern ist Fanaj Mitglied der KKJPD. Sie hat die Möglichkeit, das Kaskadenmodell mitzugestalten. Doch offenbar ist es nicht im Sinne der Regierung, das Instrument Kollektivstrafe zu bekämpfen. Vielmehr soll dank des «Luzerner Wegs» verhindert werden, dass es rund um FCL-Heimspiele zu «gravierenden Vorfällen» kommt. Solch «gravierende Vorfälle» sind momentan die einzig definierte Voraussetzung für das Verhängen von Kollektivstrafen.

«Luzerner Weg» ergänzt Kaskadenmodell

Anders, als es andernorts zu lesen war, handelt es sich beim «Luzerner Weg» aber keinesfalls um eine Alternative zum Kaskadenmodell – sondern einen Zusatz. Der Dialog zwischen allen Luzerner Akteuren und die Etablierung diverser Kommunikationsplattformen sollen verhindern, dass es zu «gravierenden Vorfällen» – und somit zu Kollektivstrafen kommt. Und der Fokus auf die Einzeltäterverfolgung setzt bei den Tätern statt bei der grossen, friedlichen Masse an.

Der «Luzerner Weg» ergänzt also, zusammen mit präventiven Ansätzen der KKJPD und der Swiss Football League (SFL), das Kaskadenmodell.

Ob Kollektivstrafen verhängt werden, liegt aber nicht in der Macht Ylfete Fanajs. Als informelles Schnellgericht agiert stattdessen die Arbeitsgruppe Bewilligungsbehörden. Einsitz hat dort auch die Luzerner Polizei. Zusammen mit den Bewilligungsbehörden der anderen Austragungsorte aus der Super League und Challenge League. Mit ihnen entscheidet die Luzerner Polizei jeweils via Videocall, welche Kollektivstrafen für welche «gravierenden Vorfälle» ausgesprochen werden sollen – oder eben nicht.

FCL geht in Offensive

Dass sich Ylfete Fanaj im Namen des Regierungsrats zu Kollektivstrafen bekannt hat, stört nicht nur die USL. Auch der FC Luzern ist kein Fan dieser Massnahmen. Sie treffen anstelle der individuellen Täterinnen ganze Anhängerschaften. Vom Ultra bis zum kleinen Bub, der mit dem Grosi ans Fussballspiel will.

Darum wolle der FCL die Regierung davon überzeugen, dass Kollektivstrafen kein gutes Mittel gegen Fangewalt sind, bestätigt Mediensprecher Markus Krienbühl gegenüber zentralplus. «Der FC Luzern stellt sich klar gegen Kollektivstrafen, befürwortet aber gleichzeitig den von der Regierung eingeschlagenen Weg der konsequenten Einzeltäterverfolgung und des Dialogs», so die Haltung des Vereins.

Zur Stärkung des Dialogs werde der FCL nicht nur mit der Regierung über Sinn und Unsinn von Kollektivstrafen diskutieren. Sondern auch mit der USL Gespräche führen – und versuchen, die Fanorganisation zur Rückkehr an den Runden Tisch zu bewegen. Dasselbe Ziel verfolgt Ylfete Fanaj (zentralplus berichtete).

zentralplus-Leserinnen gegen Kollektivstrafen

In einer Umfrage auf Instagram gab rund ein Drittel der zentralplus-Leser an, keine abschliessende Meinung zu Kollektivstrafen zu haben. Etwas mehr als 10 Prozent befürworten sie. Über 50 Prozent finden, Kollektivstrafen seien nicht zielführend. Weil davon auszugehen ist, dass auf Instagram nur ein Teil der Leserschaft zu erreichen ist, darfst du auch hier (nochmal) abstimmen.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Markus Krienbühl, Mediensprecher des FC Luzern
  • Pressekonferenz von Regierungsrätin Ylfete Fanaj vom 26. Februar 2024
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15 Kommentare
  • Profilfoto von Baldo
    Baldo, 11.03.2024, 21:21 Uhr

    Die Einzige Kollektivstrafe bekommt der Steuerzahler, der die Einsätze und Schäden bezahlen muss.
    Kein nachgeben für Hooligans, ich hoffe das die Gesetze die wir haben, endlich von den Behörden ohne wenn und aber, durchgesetzt werden.

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    • Profilfoto von Lusti
      Lusti, 11.03.2024, 22:25 Uhr

      Die Gesetze die wir haben. Da sind aber Kollektivstrafen verboten. Für den Polizeiaufwand werden dem FCL 80% belastet. Das ist gemäss Bundesgerichtsurteil das Maximum was bezahlt werden darf. Zusätzlich kommen noch die 10% Ticketsteuer dazu. Das sind Fakten, die bewiesen sind und vom Staat vorgegeben. Hört endlich auf, zu behaupten der FCL bezahlt zu wenig er zahlt schon das Maximum.

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    • Profilfoto von Peter Lehmann
      Peter Lehmann, 12.03.2024, 08:42 Uhr

      Die überdimensionierten Polizeieinsätze kosten im Übrigen ein Vielfaches aller Schäden, die FCL-Fans in Luzern verursachen. Diese tendierten gegen Null, auch wenn dies die Medien – insbesondere die Luzerner Zeitung – nicht gerne hören. Sonst könnte man ja keine reisserischen Berichte schreiben.

      Es ist aber nur bezeichnend, dass nach einer Phase der relativen Unruhe (nach Corona und zuvor vielen Jahren ohne grosse Probleme) gleich alles über den Haufen geworfen wurde und die Hardliner die Zügel ergriffen. Resultat wird eine Verhärtung der Fronten und höhere Kosten sein. Gesetze sind mehr als genügend vorhanden, um Unruhestifter zur Rechenschaft zu ziehen. Auf Stufe Rayonverboten gar mit einer Beweisumkehr zulasten beschuldigter Personen. Nur sind Vergehen im Umfeld von Fussballspielen meist Bagatellen und für die Strafverfolgung nicht lukrativ. Luzern hat definitiv andere Probleme (Stichwort Drogendrehscheibe und Albanische Mafia).

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    Leagruntz, 11.03.2024, 21:08 Uhr

    Kameras mit Gesichtserkennung. Macht sich jemand strafbar, lebenslanges Stadionverbot. Das sind keine Fans, das sind halbschlaue Rotzbuben.

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    Sepp, 11.03.2024, 20:18 Uhr

    Ich finde den Täterschutz darf ruhig bestraft werden. Darum ist von mir aus das Wort Kollektivstrafe falsch. Es sind doch ein klein bisschen Mittäter oder zumindest „decker“ der Täter……

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    • Profilfoto von Lusti
      Lusti, 11.03.2024, 22:28 Uhr

      Was hat der Vater mit seinem Sohn zu tun, wenn es irgendwo Probleme gibt? Warum darf dieser dann nicht mehr ans Spiel? Weil fies eine Kollektivdtrafe ist. Wäre ja wie wenn ein Radweg gesperrt wird nachdem ein Fahrradfaher einen Fussgänger anfährt und dann Fahrerflucht begeht.

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      • Profilfoto von Reto
        Reto, 13.03.2024, 15:58 Uhr

        Herr Lusti
        Bei der Strafe wird ein Sektor gesperrt. Ein Sektor, in dem sich die Personen kennen. Da wird weg geschaut! Wenn ich sehe, wie ein Radfahrer eine person anfährt und abhaut, verpfeife ich den Täter. Logisch, oder?

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  • Profilfoto von Mac Tanner (das Original)
    Mac Tanner (das Original), 11.03.2024, 17:46 Uhr

    Was haben Putin, Assad, Jong Un und die Ultra-Buben gemeinsam? Sie terrorisieren die Mehrheit in ihrer Umgebung / ihrem Umfeld und Verhandlungen mit ebensolchen sind strikt keine Alternative!

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    • Profilfoto von Julia Peter
      Julia Peter, 11.03.2024, 18:50 Uhr

      Sehr geehrter Herr Mac Tännler (das Priginal!). Sie haben in ihrer Auflistung noch Adolf Hitler,Ppol Pot und Josef Stalin vergessen. erst inklusive diesen dreien wäre ihr sachdienlicher Vergleich richtig ausgewogen. Mit lieben Grüssen an die Netiquette.

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    • Profilfoto von Lusti
      Lusti, 11.03.2024, 18:56 Uhr

      Bist du wirklich das Original, dann denke an deine Zeit als Fussballer in Luzern nach. Die Jungen kennen deine Vergangenheit nicht. Wir ältern haben aber die Eskapaden von Super Mac nicht vergessen. Da gibt es noch die eine oder andere nicht aufgedeckten Geschichte welchrdie Medien freuen würde. Wer im Glasshaus sitzt, bzw. Sass, sollte nicht mit Steinen werfen

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      • Profilfoto von Markus Tanner
        Markus Tanner, 12.03.2024, 12:04 Uhr

        Ich distanziere mich in aller Form von den gemachten Äusserungen dieses Herrn Mac Tanner (das Original) !!! Wäre nett wenn er das auch täte…

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        • Profilfoto von Lusti
          Lusti, 12.03.2024, 21:00 Uhr

          Danke für deine Worte. Die Frage ist halt wer ist das Original 😉 welches beim FCL gespielt hat? Wer ist DER SuperMac?

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  • Profilfoto von Ruth K
    Ruth K, 11.03.2024, 16:13 Uhr

    "Ob Kollektivstrafen verhängt werden, liegt aber nicht in der Macht Ylfete Fanajs." Warum nicht? Sie ist immerhin Vorsteherin des Justiz- und Sicherheitsdepartementes…

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  • Profilfoto von Franz
    Franz, 11.03.2024, 13:27 Uhr

    Einzeltäterverfolgung tönt gut, funktioniert aber nur in der Theorie. Wie will man Individuen erkennen in einer Masse von Gleichgekleideten und (teilweise) Maskierten? Es wäre für diese Gruppen ein Leichtes, die Übeltäter in ihren Reihen herauszupicken und sie der Polizei zu übergeben. Aber das lässt der Ehrenkodex der Fankultur nicht zu.

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  • Profilfoto von Hanspeter Flueckiger
    Hanspeter Flueckiger, 11.03.2024, 12:44 Uhr

    Die Lösung heisst in der Tat nicht Kollektivstrafen. Dies bedingt aber, dass sich Kurve, Fanarbeit und der FC Luzern endlich einen Schritt bewegen und die paar wenigen Chaoten nicht mehr schützen. Solange die Kurve uniformiert Auftritt, so dass einzelne Personen nicht identifiziert werden können, ist das Geschwafel des Vereins und dessen Umfeld unglaubwürdig. Bewegen sich diese Parteien nicht, wird es wohl keine andere Lösung als eben Kollektivstrafen geben. Wobei die Sperrung einer Kurve im eigentlichen Sinne auch keine Kollektivstrafe ist. Es gibt genügend andere Möglichkeiten ein Fussballspiel sehen zu können – würde es tatsächlichen allen Involvierten um das Spiel gehen.

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