Von der Kurve auf die Ersatzbank

FCL-Physio: «Die Kurve gehört denen, die dort stehen»

Physiotherapeut Fabian Felber leitet das Medical Team des FC Luzern. Zuvor stand er jahrelang in der Kurve. (Bild: Jan Fellmann)

Fabian Felber stand vor seinem Engagement als FCL-Physiotherapeut in der Kurve. Mit zentralplus blickt er auf seine abenteuerliche Zeit als Ultra zurück und erklärt, wieso Fussballer nicht so wehleidig sind, wie ihnen oft vorgeworfen wird.

«Das war ein Start nach Mass», weiss Fabian Felber. Als er beim FC Luzern als Physiotherapeut begann, dauerte es nur gerade zwei Monate, bis es zum ersten Mal etwas zu feiern gab. Nach 29 Jahren ohne Titel holte sich der FCL 2021 den Cupsieg.

Das Berner Stadion Wankdorf blieb wegen damals geltender Corona-Regelungen leer. Und so erlebte Felber die von Trainer Fabio Celestini ausgerufene «Fasnacht im Mai» anfänglich nur im engsten Kreis der Mannschaft – bevor er Stunden später vor den Messehallen auf der Allmend dann doch noch mit den Fans anstossen konnte (zentralplus berichtete).

Rund 10’000 FCL-Fans zelebrierten im Mai 2021 den Cupsieg auf der Allmend. Auf dem Balkon stand damals auch FCL-Physiotherapeut Fabian Felber.

«Mir kam es als Physiotherapeut natürlich zugute, dass ich die besten Anti-Kater-Mittel kannte», blickt Felber schmunzelnd zurück. Zum Mitschreiben: Elektrolyte wie Mineralien, Vitamine, Salz und natürlich viel Wasser seien nach durchzechten Nächten essenziell. Zum angeblichen Wundermittel «Konterbier» nimmt der 33-Jährige gegenüber zentralplus keine Stellung.

«Möchte die Jahre in der Kurve nicht missen»

Fabian Felber ist in Emmenbrücke aufgewachsen. Als kleiner Bub nahmen ihn seine Eltern an die Heimspiele des FCL mit. Den ersten Match verfolgte er am Rande der Stehplätze auf den Schultern seines Vaters. Als Jugendlicher fand er sich in der Kurve wieder. Er war dabei, als seine Ultra-Gruppierung Blue White Generation (BWG) und die Formation Luzern (FL) begannen, an Einfluss zu gewinnen.

«All die schönen und abenteuerlichen Jahre in der Kurve möchte ich nicht missen. Sie sind Teil meines Lebens», sagt Felber. Doch statt aus der Kurve verfolgt Felber die Spiele inzwischen von der Ersatzbank aus. «Wehmut empfinde ich nicht», versichert er. Denn: «Die Kurve gehört denen, die dort stehen. Und das ist gut so.»

Nach dem Cupsieg der Absturz

Noch heute stünden dort viele seiner Kollegen. Gleichzeitig habe er auch zur jüngeren Generation einen guten Draht. «Der Verein verbindet uns auf einzigartige Weise», findet Felber.

Wie eng sein Draht zu den Fans im Sektor B noch immer ist, zeigte sich nach dem Barrage-Rückspiel gegen Schaffhausen im Sommer 2022. Es war Felbers zweite Saison als FCL-Physiotherapeut. Diese stand im harten Kontrast zur ersten. «Der Cupsieg schürte riesige Erwartungen – doch folgte statt des Höhenflugs bald der Absturz auf den letzten Tabellenplatz», so Felbers Analyse.

Umso grösser sei die Erleichterung gewesen, als dem FC Luzern unter Trainer Mario Frick, mit Ach und Krach, der Ligaerhalt gelang. Nach den teils emotionalen Spielerverabschiedungen hätten seine Kollegen aus der Kurve ihn zu sich gewinkt. «Schliesslich sprintete ich Richtung Stehplätze und feierte dort weiter.» Etwa so, wie Ende Januar beim Last-Minute-Goal Severin Ottigers, als die ganze Bank vor die Kurve stürmte. Im Video ist auch der jubelnde Fabian Felber kurz zu sehen.

FCL-Spieler kennen Fabian Felbers Vergangenheit

Inzwischen wissen auch die Spieler, dass Felber einst Teil der aktiven Fanszene war. Sie interessierten sich durchaus für die Kurve, wollten etwa, dass er ihnen bestimmte Aktionen der Fans erkläre. «Nur bin ich nicht mehr nah genug dran, um immer eine Antwort parat zu haben», gibt Felber ihnen immer wieder zu verstehen.

«So wie ich das von aussen beurteilen kann, entwickelt sich die Szene sehr erfreulich», wagt er dennoch eine kurze Standortbestimmung. Es herrsche enormer Zulauf an jungen Fans. Die Kurve komme geschlossen, kompakt und gefestigt daher. «Das zeigt sich etwa in den detailverliebten Choreos», sagt Felber.

Auch erwähnt er den «bemerkenswerten Aufmarsch» beim Donnerstagabend-Spiel Anfang Februar, auswärts gegen Stade Lausanne-Ouchy, wo die zahlreich mitgereisten Luzerner das Team lautstark auf das Beinahe-Derby gegen St. Gallen einstimmten (zentralplus berichtete).

«Ich würde nie innerhalb der Schweiz wechseln»

Den Job beim FCL hat Felber selbstredend nicht wegen seiner guten Kontakte zur Kurve angeboten bekommen. Zwar habe er seine Vergangenheit als FCL-Fan im Vorstellungsgespräch gegenüber Sportchef Remo Meyer erwähnt. Ausschlaggebend dürften aber seine früheren Stationen als Sportphysiotherapeut gewesen sein. Etwa im Nachwuchsbereich der Schweizer Nati oder beim SC Kriens.

Ein erneutes Engagement in der Nati schliesst Felber nicht aus. Hingegen ist für ihn klar: «Ich würde nie innerhalb der Schweiz zu einem anderen Club wechseln.»

Seit August 2021 leitet er das Medical Team des FC Luzern und bildet die Schnittstelle zwischen Teamärzten, Trainer und Sportchef. Für die Spieler sei er zudem die erste Ansprechsperson, wenn es um Verletzungen und Genesungsprozesse gehe, erklärt Felber.

Von sterbenden Schwänen

Wenn ein Spieler auf dem Platz zu Boden geht, begleitet er den Teamarzt aufs Feld. «Während die Teamärzte die Spieler untersuchen und entscheiden, ob sie weiterspielen können oder ausgewechselt werden müssen, stehe ich im direkten Kontakt mit der Bank und halte sie auf dem Laufenden», erklärt Felber die Arbeitsteilung. Meist werde noch auf dem Platz entschieden, ob ein Spieler einen Turban braucht, getackert werden muss oder nicht mehr mittun kann.

Fabian Felber im Einsatz beim Europapokal-Spiel vom August 2021 gegen Feyenord Rotterdam. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Oft genügt das Besprühen mit Kühlmitteln oder das Stützen und Herausbegleiten des vermeintlich verletzten Spielers. Auch darum wird Fussballern immer wieder vorgeworfen, unnötig theatralisch, quasi den sterbenden Schwan mimend, zu Boden zu gehen und besonders wehleidig zu sein. Felber springt für seine Kollegen in die Bresche. «Fussball ist ein Kontaktsport. Anders als im Eishockey sind die Spieler dabei so gut wie gar nicht geschützt», wirft er ein. «Klar ist das Schmerzempfinden individuell. Aber Fussballer generell als wehleidig zu beschreiben – das finde ich falsch.»

Lazarett lichtet sich

Die letzten Wochen hatte Fabian Felber alle Hände voll zu tun. Nicht nur wegen verletzter, sondern auch vieler Grippe-erkrankter Spieler. Nun scheint das Virus besiegt. So fehlen am Samstagabend, wenn der FC Luzern auswärts gegen GC antritt, nur die verletzten Ismajl Beka und Kevin Spadanuda, wobei Nicky Beloko gesperrt und Kemal Ademi abwesend ist.

Doch während die positive Entwicklung der Personalsituation Mario Fricks taktische Überlegungen massgeblich beeinflussen dürfte, hat sie auf die Unterstützung aus der Kurve keinen Einfluss. Die ist dem FCL gewiss.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Treffen mit Fabian Felber, Leiter des Medical Teams im FC Luzern
  • Medienmitteilung des FC Luzern
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5 Kommentare
  • Profilfoto von Remo
    Remo, 24.02.2024, 20:36 Uhr

    Sehr schön. Der Ultra wird zum Mitarbeiter. Da wundert es doch keinen, dass der Club nichts gegen Pyros und Chaos unternimmt.
    Hopp FCL!! Und Danke an die Choreos! Die sind der Hammer! Pyros sind schrott!

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    • Profilfoto von Stammtischtrainer
      Stammtischtrainer, 26.02.2024, 15:35 Uhr

      Ja genau Remo. Ich bin auch davon überzeugt, dass der Physio die Stossrichtung und Strategie des Vereins bestimmt.

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  • Profilfoto von Walter Grab
    Walter Grab, 24.02.2024, 17:33 Uhr

    Die Ultras machen den Fussball kaputt mit ihren Pyros und der Vermummung. Die gab es früher nicht. Ich bin über 50 Jahre an Fussballspiele gegangen. Es sollte nur noch Sitzplätze geben, dann hören die Krawalle auf. Ich bin nicht der Einzige!

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    • Profilfoto von Pascal Luterbach
      Pascal Luterbach, 24.02.2024, 19:47 Uhr

      Es gibt für alle genügend Fussball und genügend Plätze, wo man sich so ausleben kann, wie man will.
      Also bitte nicht rumheulen. Es wird nichts "zerstört", sondern einfach wilder und vielfältiger.

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    • Profilfoto von Stammtischtrainer
      Stammtischtrainer, 26.02.2024, 15:43 Uhr

      Machen sie das wirklich? Ultas bezeichnen sich Leute, denen der Verein mehr wert ist als den meisten anderen Fans. Dafür investieren sie Stunden für das malen von Choreografien und unterstützen ihr Team auch an einem kalten Wochentag irgendwo in Sion oder sonst wo, wo man erst mitten in der Nacht zu Hause ist.
      Zu Ihrer Forderung von Sitzplätzen wollte ich sie gerne Fragen, ob ihnen die Spiele gegen Djurgarden und die Hibs gefallen haben, da waren alles Sitzplätze im Stadion. Grosser Unterschied? Nicht war?
      Zudem würde mich interessieren, ob sie mir einen "Krawall"-Vorfall innerhalb der Swisspor Arena nennen können? Ich stehe seit der Eröffnung des Stadions in der Kurve und mag mich an keine Situation erinnern.

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