Kurve beendet Dialog mit Regierung

FCL-Fans stellen Ylfete Fanaj ins Abseits

Die USL verpasst Ylfete Fanajs Strategie im Kampf gegen Fangewalt einen Dämpfer. (Bild: fcl.fan-fotos.ch/zvg)

Die kurvennahe Fanorganisation USL wird dem von Ylfete Fanaj reaktivierten «Runden Tisch Fussball» künftig fernbleiben. Ein Rückschlag für die SP-Regierungsrätin, die jüngst die Wichtigkeit des Dialogs im Kampf gegen Fangewalt betonte.

«Nun ist die Maske gefallen», schreibt die USL auf ihrer Website als Reaktion auf Ylfete Fanajs öffentliches Bekenntnis zu Kollektivstrafen. So teilte die Vorsteherin des kantonalen Justiz- und Sicherheitsdepartements vergangene Woche an einer Pressekonferenz mit, dass sie und der Regierungsrat hinter dem von Fangewaltsexperten und Fanarbeiterinnen viel kritisierten Kaskadenmodell stünden (zentralplus berichtete).

Einen ersten Entwurf dieses Kaskadenmodells hat die Kantonale Konferenz der Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) bereits im Frühjahr 2023 konzipiert. Seither werden schweizweit Kollektivstrafen wie Sektorsperren ausgesprochen, wenn es rund um Fussballspiele zu «gravierenden Vorfällen» kommt. Welche Strafe auf welchen Vorfall folgt, ist aber weitestgehend unbekannt (zentralplus berichtete). Oder in den Worten der USL: «Die involvierten Politiker entscheiden nach Lust und Laune.»

Die Fanorganisation findet zudem, dass mit der übergangsweisen Einführung des Kaskadenmodells extreme Positionen innerhalb der KKJPD gestärkt, faktenbasierte Argumentationen verunmöglicht und Dialoge geschwächt worden seien. So zogen sich denn auch die Schweizer Fanarbeiten aus dem Gremium zurück, das die neuen Massnahmen ausarbeitet (zentralplus berichtete).

So begründet USL Rückzug vom runden Tisch

Fanaj sagte an ihrer Pressekonferenz zwar, sie wirke als Mitglied der KKJPD bei der Überarbeitung des bereits praktizierten Kaskadenmodells mit. Ihren Einfluss umschrieb sie aber als «beschränkt».

Bereits Ende September warnten FCL-Fans davor, mit Kollektivstrafen den Dialog zu gefährden. (Bild: fcl.fan-fotos.ch)

Die überarbeitete Version soll auf die kommende Saison hin institutionalisiert werden. Ylfete Fanaj hofft dabei auf «klare Regeln und klare Konsequenzen» für gewalttätige Fans.

Doch die leise Kritik an der herrschenden Intransparenz bei der aktuellen, eben unklaren Praxis ist für die USL zu wenig. «In der Überzeugung, dass die neu gewählte Luzerner Regierungsrätin eine faire Chance verdient hat, haben wir uns am Dialog beteiligt», schreibt die USL. Ihre Vertreter hätten am runden Tisch aber mehrfach klargestellt, dass die USL mit Befürworterinnen von Kollektivstrafen keinen Dialog führen werde. Nach den an der Pressekonferenz getätigten Aussagen Fanajs verlässt die Fanorganisation den runden Tisch.

Rückschlag für Ylfete Fanaj

Für Ylfete Fanaj ein Rückschlag. So setzte sie sich nach Amtsantritt für die Reaktivierung der Dialogplattform «Runder Tisch Fussball» ein, die ihr Vorgänger Paul Winiker ausgesetzt hatte. An ihrer Pressekonferenz sprach sie denn auch von der beruhigenden Wirkung des Dialogs auf die emotionsgeladene Debatte zur Fangewalt.

Gegenüber zentralplus bedauert Fanaj den Rückzug der USL vom runden Tisch. Der Austausch mit den Fans sei natürlich ein wichtiger Aspekt des runden Tisches, sagt sie. Dabei habe sich die USL – wie auch die Polizei, der FCL oder die Fanarbeit – zum Dialog bekannt, um friedliche und sichere Fussballspiele zu ermöglichen. Fanaj gibt sich darum kämpferisch. «Ich werde mich weiterhin darum bemühen, alle involvierten Parteien an einem Tisch zu versammeln und den Dialog aufrechtzuerhalten», verspricht sie.

Kurve ist raus – VFFC bleibt

Das dürfte ein schwieriges Unterfangen sein. Eine Rückkehr der USL ohne entsprechenden Kurswechsel in der Luzerner Regierung scheint angesichts des unmissverständlichen Statements der Fanorgansiation unrealistisch. Darum findet der runde Tisch nach drei Ausgaben unter Regierungsrätin Fanaj im Herbst 2024 aller Voraussicht nach ohne die USL statt.

Weiterhin repräsentiert werden Teile der FCL-Fans von den Vereinigten FCL-Fanclubs (VFFC). Anders als die USL vertreten die VFFC aber nicht die aktiven Fans der Kurve, die regelmässig als Hauptverdächtige gelten, wenn es in Luzern zu Ausschreitungen kommt.

In der Vergangenheit waren sich VFFC und USL oft uneinig darüber, wie der Gewalt im Fussball zu begegnen sei. So setzten sich die VFFC immer wieder auch für repressive Massnahmen und Kollektivstrafen ein. Etwa für das unter Ex-FCL-Präsident Walter Stierli verhängte Fahnenverbot für die Kurve. Oder für ein härteres Vorgehen gegen FCL-Fans, die im Stadion Pyros zünden.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Regierungsrätin Ylfete Fanaj
  • Stellungnahme der USL
  • Website der Vereinigten FCL-Fanclubs (VFFC)
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10 Kommentare
  • Profilfoto von lui casutt
    lui casutt, 07.03.2024, 07:21 Uhr

    Ich finde Kollektivstrafen auch daneben und verstehe von daher das Verlassen der USL.
    Wieso sollen alle bestraft werden, wenn Einzelne aus der Reihe tanzen?

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    Baldo, 05.03.2024, 09:50 Uhr

    Naja, füllt die Wasserwerfertanks, stockt die Gummigeschoss und Tränengasbestände auf.
    Ich finde es schon die höhe, dass man mit solchen Leute verhandelt und die noch Forderungen stellen. Wir haben Gesetze, stellt sie endlich ohne wenn und aber durch, der Steuerzahler zahlt genug an deren Fehlverhalten.

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    Hanspeter Flueckiger, 05.03.2024, 09:41 Uhr

    Zeigt exemplarisch, dass die "Kurve" – geschützt von Verein und Fanarbeit – genau das tut, was zu erwarten war. Wirklich überraschend ist dieser Schritt nicht, denn es fehlt von einer Seite der Wille, eine gemeinsame tragbare Lösung finden zu wollen. Im Gegenteil: Das erpresserische Verhalten deutscher Kurven motiviert nun die heimische Kurve. Es braucht nun endlich Verantwortliche, welche mutig genug sind und künftige Spiele des FC Luzern nicht mehr bewilligen. Frau Fanaj hat den richtigen Ansatz gewählt und das Gespräch gesucht. Wer weg vom runden Tisch geht, hat keine Forderungen mehr zu stellen.

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    Renato, 05.03.2024, 09:11 Uhr

    Das ist nicht schade für Frau Fanaj. Das ist peinlich für die „Aussteiger“. Alle sitzen zusammen und erarbeiten eine Lösung. Ein Teil des Problems möchte aber anscheinend keine Lösung oder Diskussion. Sie wollen nur das, was sie wollen. Selber schuld.

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    Röne fun Egg, 05.03.2024, 07:41 Uhr

    Ich war bei einem YB-Spiel eingeladen, als die Kurve ausgesperrt war. Es war teilweise gespenstisch still und das hat sich auch aufs Spielfeld bzw. die Akteure auf dem Rasen übertragen. Deshalb gehe ich nie wieder ohne Kurve an ein Fussballspiel!!!

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      Libero, 05.03.2024, 14:23 Uhr

      Wenn aus der Kurve keine Pyros und Rauch mehr aufsteigen lösen wir das Saison-Abo wieder.
      Der FCL könnte ja mit "PimEyes" die Übeltäter finden, wenn er wollte!?

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    Mac Tanner (das Original), 05.03.2024, 07:01 Uhr

    "Die Kurve ist raus", dafür wäre es längst höchste Zeit, doch leider fehlt den Verantwortlichen den Mut dazu! Der Fussball funktioniert auch ohne die pyrozeuselnden Krawallmacher auf den nicht kostendeckenden Plätzen hinter dem Tor. Aber klar, wenn man als Verantwortlicher die Kurve zu seinen Zwecken missbraucht um gegen den Hauptaktionär vorzugehen, tut man sich schwer damit, seine auf Manipulation aufgebaute Basis zu bestrafen. Meine freie Meinung!

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      FCL Meitschi, 05.03.2024, 13:28 Uhr

      Es gibt auch normale Leute in der Kurve, welche nicht zeuseln oder prügeln. Sorry… Ich zähle mich dazu. weiblich, 35j, normal. -Aber die Stimmung hinter dem -tor isst einfach grandios.

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        Goeggeler, 05.03.2024, 20:54 Uhr

        Ist die Stimmug wiklich so grandios? In den 80-er jahren hat man solche Spiele wie jenes vom vergangenen Sonntag gegen Lugano mit lauten Hoppp-Lozärnrufen während den letzten 15 Minuten noch gedreht……

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        • Profilfoto von Mac Tanner (das Original)
          Mac Tanner (das Original), 06.03.2024, 08:00 Uhr

          Es gibt zwei Möglichkeiten Herr Goeggeler: 1. Sie waren nicht im Stadion oder 2. Sie sind schwerhörig…

          #jetzt es Goooooooaaaaal…jetzt es Goaaaalllllll#

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