Luzerner Kantonsrat macht Druck

Päpstliche Privilegien: Regierungsrat unter Zugzwang

Bischof Felix Gmür zu Besuch bei Bildungs- und Kulturdirektor Armin Hartmann, umrahmt von Generalvikar Markus Thürig (links) und Marco Castellaneta, Leiter Dienststelle Kultur (rechts). (Bild: ZVG)

Der Luzerner Regierungsrat verzichtet auf einen Teil seiner päpstlichen Privilegien, die Kirchenwahlrechte. Doch auf einige Kirchenwahlrechte will er nicht verzichten. Was im Parlament für Unmut sorgt.

Mitentscheiden, wer Pfarrer oder Gemeindeleiterin wird – dieses Recht sichert der Papst der Luzerner Regierung in einem Dokument aus dem Jahr 1926 zu. In einer von Bischof Felix Gmür persönlich an den Regierungsrat übergebenen aktualisierten Version sind viele dieser Kirchenwahlrechte, sogenannte Päpstliche Privilegien, verschwunden. Denn der Luzerner Kantonsrat forderte 2007 den Verzicht auf diese Privilegien. Was der Luzerner Regierungsrat nach mehr als 15 Jahren denn auch umsetzte (zentralplus berichtete).

Aber eben nicht vollumfänglich. Der Regierungsrat beschloss, vier Wahlrechte zu behalten. Und zwar diejenigen der Kollegialstifte St. Michael in Beromünster und St. Leodegar in Luzern, der Jesuitenkirche sowie des Klosters St. Urban.

Kantonsrätin fordert kompletten Verzicht auf Kirchenwahlrechte

Damit will sich der Kantonsrat aber nicht zufriedengeben. Wie die «Luzerner Zeitung» fordert Grünen-Kantonsrätin Rahel Estermann die Regierung in einem Postulat zum Verzicht auf die verbliebenen Päpstlichen Privilegien auf. «Das Festhalten an den Privilegien widerspricht der Trennung von Kirche und Staat», schreibt Estermann. Dieses Relikt aus der Vergangenheit brauche es nicht mehr.

Auch, weil immer weniger Luzernerinnen der katholischen Kirche angehörten. Und sich dafür umso zahlreicher auch an der Urne vom Vatikan distanziert hätten, indem sie gegen die Mitfinanzierung der neuen Vatikan-Kaserne stimmten. Mehr als 70 Prozent waren dagegen (zentralplus berichtete).

Ein Jahr lang hat der Regierungsrat Zeit, sich dem Postulat anzunehmen. Dabei dürfen Estermanns Grüne auf Unterstützung aus der SP, GLP, SVP und FDP. Einzig die ehemalige Christlichdemokratische Volkspartei (CVP), die Mitte, gehört nicht zu den Unterstützerinnen. Mitte-Fraktionschef Adrian Nussbaum findet. «Ich sehe keinen Handlungsbedarf.»

Verwendete Quellen
  • Artikel in der «Luzerner Zeitung»
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Lienard D.
    Lienard D., 04.04.2024, 12:37 Uhr

    Religion ist Privatsache, eine staatliche Mitfinanzierung kann es deshalb nicht geben.
    Andere Religionsgruppen (verschiedene christliche, islamische, jüdische, hinduistische, budistische, alevitische und weitere Gemeinschaften) könnten sonst mit Recht gleiches fordern. Alte Zöpfe als Überbleibsel einer vergangenen Theokratie sind abzuschneiden. Die staatliche Rechtsordnung ist von allen einzufordern. Auch die Erhebung von kirchlichen Steuern über den Staat ist abzuschaffen. Es ist ungeheuerlich, dass wir eine grosse religiöse Gruppe mitfinanzieren, die Kinderschänder beschäftigt und seit ewigen Zeiten nicht fähig ist dieses Problem aus der Welt zu schaffen. Weitere ungeheuerliche Verbrechen dieser Gemein – schaft hat Karlheinz Deschner wissenschaftlich aufgearbeitet – es verschlägt einem den Atem. Bitte lesen! Ausserdem ist es eine Frechheit, dass Unternehmen genötigt sind Kirchensteuern zu bezahlen. Möglicherweise verfassungswidrig. Im übrigen hat die grösste Gruppe in unserer Gesellschaft keine Religionszugehörigkeit.
    Beim religiös indoktrinierten Messerstecher von Zürich (kürzliche Gewalttat) sind auch die geistigen Brandstifter zur Rechenschaft zu ziehen, deren staatszersetzende Ideologie Vorrang haben vor Demokratie und Menschenrechte.

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  • Profilfoto von Loris Fabrizio Mainardi
    Loris Fabrizio Mainardi, 01.04.2024, 13:28 Uhr

    Dringlicher wäre eine Suspendierung der – nicht etwa von der Landeskirche, sondern vom Kanton aus Steuergeldern finanzierten – Entlöhnung des Bischofs. Denn dieser verletzt seine Pflichten aus dem Bistumskonkordat von 1828:

    1. Abmahnung durch das vatikanische Dikasterium für die Bischöfe: In einem Schreiben vom 16. Februar 2024 werden zwei «Verfahrensfehler» von Bischof Gmür im Zusammenhang mit Missbrauchsverfahren moniert; indes weigert sich das Bistum bis heute, entsprechende Transparenz herzustellen.

    2. Antidemokratisches, die Pressefreiheit verletzendes Veto gegen kritische Journalistin: Bischof Gmür (Präsident der Bischofskonferenz) liess durch den ihm unterstellten Weihbischof Stübi das Veto gegen die Berufung einer bestens qualifizierten, jedoch (hierarchie-)kritischen Journalistin zur Direktorin des Katholischen Medienzentrums einlegen.

    Beiden Fällen liegen bischöfliche Verstösse gegen elementare Menschenrechte und demokratische Grundprinzipien zu Grunde. Das Verhalten des Bischofs bewirkt damit eine erhebliche Konkordatsverletzung, welche jeden einzelnen Konkordatskanton zu einer entsprechenden Suspendierung berechtigt (vgl. Art. 60 Abs. 2 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge).

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