Keine Gemeinde sagte Ja

Vatikan-Kaserne erleidet deutlich Schiffbruch

Luzern unterstützt den Neubau der Schweizergarde-Kaserne im Vatikan nicht. (Bild: pixabay)

Es war ein wuchtiges Nein: 71 Prozent aller Luzernerinnen schickten den Beitrag an die Vatikan-Kaserne bachab. Von der Deutlichkeit überrascht ist auch das Ja-Komitee. Was ging schief?

Die Karte ist tiefrot: Keine einzige Luzerner Gemeinde sagte am Sonntag Ja zum Beitrag des Kantons an die neue Kaserne der Schweizergarde im Vatikan. Was ist passiert?

Wir blicken kurz zurück. Mit markigen Worten starteten Befürworter wie Gegner Ende August ihre Kampagnen. Für das Ja-Komitee standen Schweizer Werte im Vordergrund und die Solidarität mit der Schweizergarde, die traditionell eng mit dem Kanton Luzern verbunden ist (zentralplus berichtete).

Die Gegner sahen dies anders. Steuergelder würden verschleudert und der Kirchenstaat subventioniert, hiess es bei ihnen. «Jetzt haben wir die Möglichkeit, diesen Mist zu versenken», sagte Lisa Arnold von der Freidenker-Vereinigung Schweiz. Die Vereinigung hatte gegen den Kantonsbeitrag in der Höhe von 400’000 Franken das Referendum ergriffen.

«Resultat ist kein Misstrauensvotum»

Ein so deutliches Nein – selbst im Entlebuch stimmten 65 Prozent der Stimmbürger dagegen – hatten die Befürworter allerdings nicht erwartet. «Ich habe mit einem Nein gerechnet, das klare Resultate überrascht mich aber auch», sagt etwa Armin Hartmann, SVP-Kantonsrat und Mitglied des Pro-Komitees.

Es scheine dem Komitee nicht gelungen zu sein, aufzuzeigen, dass die Abstimmung nichts mit dem Vatikan oder dem Glauben zu tun habe. «Letztlich ging es um einen Beitrag an eine Schweizer Stiftung, die sich am Neubau der Garde-Kaserne beteiligt», so Hartmann.

Der Kantonsrat will das Resultat aber nicht als Misstrauensvotum gegen die Regierung oder das Parlament verstanden haben. «Es ist bekannt, dass die Luzerner vorsichtig sind, wenn es darum geht, Geld auszugeben. Das hat die Abstimmung einmal mehr bestätigt.»

Am Volk vorbeipolitisiert?

Für die Gegner ist hingegen klar: Regierung und Parlament politisierten am Volk vorbei. «Die Abstimmung in Luzern zeigt, wie falsch es ist, dass der Bund und einzelne Kantone dem Spendenaufruf gefolgt sind. Ein solches Projekt gehört schlicht nicht zu den Staatsaufgaben», schreibt die Freidenker-Vereinigung in einer Mitteilung.

Für die Grünen Luzern ist das Abstimmungsergebnis eine Aufforderung, sich weiterhin dafür einzusetzen, dass der Kanton nicht Privilegierte unterstützt, sondern die Mängel der bürgerlichen Finanzpolitik korrigiert.

«Es war aber keine Abstimmung gegen die Garde, sondern in der Debatte ging es um andere Themen.»

Stefan Wyer, Sprecher der Schweizergarde

Eine Klatsche für Mitte, FDP und SVP verortet auch David Roth, Präsident der SP Kanton Luzern. Für ihn ein Beweis, wie viel konservativer diese Parteien im Kantonsrat politisierten als die Bevölkerung es goutiere, meint er auf Twitter.

Auch der Zuger Politiker und ehemalige Nationalrat Jo Lang (ALG) verfolgte die Abstimmung in Luzern. «Besonders peinlich» sei das wuchtige Nein zur «Vatikan-Spende» für die FDP Luzern. «Keine Partei hat ihre Geschichte derart vergessen und verraten wie der Luzerner und Schweizer Freisinn», schreibt er auf Twitter.

Schweizergarde ist enttäuscht

Der 50 Millionen Franken teure Neubau der Schweizergarde-Kaserne im Vatikan muss also ohne Luzerner Gelder realisiert werden. Für die Schweizergarde eine Enttäuschung. «Wir finden das sehr schade. Es ist natürlich enttäuschend. Es war aber keine Abstimmung gegen die Garde, sondern in der Debatte ging es um andere Themen», hält Garde-Sprecher Stefan Wyer gegenüber dem Medienportal der katholischen Kirche kath.ch fest.

Trotz der Niederlage sei die Garde zuversichtlich, dass die Kaserne realisiert werden könne. Im Gegensatz zu Luzern haben die anderen Schweizer Kantone ihre finanzielle Unterstützung zugesagt. Auch der Bund und der Vatikan beteiligen sich an den Kosten.

Verwendete Quellen
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


8 Kommentare
  • Profilfoto von oliver.heeb
    oliver.heeb, 29.09.2022, 21:27 Uhr

    Ob man die Kaserne der Schweizergarde unterstützen will, soll Privatsache bleiben. Die Idee, dass der Steuerzahler das Hobby einer auserkorenen Clique von Vertreter/innen aus dem bürgerlich-liberalen-konservativen Milieu mitfinanzieren soll, war von Anfang an daneben. Vielmehr wäre es angebracht, das Söldnerwesen kritisch zu hinterfragen; auch in seinen modernen Ausprägungen. Heute werden diese armen Kerle auch als «Foreign Fighters» bezeichnet. Noch schlimmer sind, die, welche aus diesem Elend zu Vermögen kamen und kommen.

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
  • Profilfoto von Goeggeler
    Goeggeler, 26.09.2022, 23:43 Uhr

    Das Resultat bestätigt doch wie viele Leute noch eine Kirche von innen sehen wenn ein Gottesdienst stattfindet. Wäre es um 2’000’000.00 für eine Moschee für den Islam gegangen wäre das Resultat wohl positiver ausgefallen. Von einem katholischen Kanton kann man da wohl nicht mehr sprechen.

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔1Nachdenklich👎0Daumen runter
  • Profilfoto von Hanspeter Flueckiger
    Hanspeter Flueckiger, 26.09.2022, 11:00 Uhr

    Die Signale können eindeutiger nicht sein. Da frage ich mich schon, was es hier noch zu analysieren gibt. Die verschiedenen Aussagen von Politiker zu den Resultaten lassen mich als Stimmbürger sehr ratlos zurück. Gewisse Aussagen von Politiker sind an Arroganz nicht zu überbieten und zeigen auf, wie einige der rechtsbürgerlich konservativen Politikerinnen und Politiker tatsächlich denken. Diese Abstimmung zeigt deren wahres Gesicht.
    Schlussendlich steht die Schweizergarde für genau deren patriarchalische Gesinnung! Der konstante Abbau in der Bildung und die Sparmassnahmen des Kanton stehen sinnbildlich dafür, wie das Patriarchat seine dummen Untertanen für seine Zwecke genutzt hat. Halte den Pöbel von jeglicher Bildung fern und sieh zu, dass der Pöbel in Armut lebt. Armut und Dummheit haben das Söldnertum gefördert. Das einfältige Bauernvolk liess sich für seine Herren abschlachten.
    Nebenbei: Sieht man sich die Kommandanten an, merkt man auch schnell, dass es sich bei solchen Herren meistens nicht um Seinesgleichen gehandelt hat. Da hat es schon mehrheitlich «Mehbesseri» darunter

    Was bleibt ist ein äusserst bitterer Nachgeschmack, denn offenbar haben die bürgerlichen Frauen immer noch nicht verstanden. Insbesondere Frau Ständerätin Gmür scheint es noch immer zu tolerieren, dass die römisch-katholische Kirche die Frauen diskriminiert.

    👍2Gefällt mir👏0Applaus🤔1Nachdenklich👎0Daumen runter
  • Profilfoto von JR
    JR, 26.09.2022, 09:02 Uhr

    Wenn eine Organisation sich einen «Sicherheitsdienst» leisten will, dann soll sie es gefälligst selber bezahlen. Jeder Grossevent bezahlt für Securitas, jeder Staat bezahlt für seine Armee. Wenn der Vatikan eine Schweizergarde will, dann soll der das selber bezahlen. Geld genug haben sie ja.

    👍4Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
  • Profilfoto von Kommentarschreiber
    Kommentarschreiber, 25.09.2022, 18:48 Uhr

    «Letztlich ging es um einen Beitrag an eine Schweizer Stiftung, die sich am Neubau der Garde-Kaserne beteiligt», so Hartmann.
    Man bringt halt den katholischen Stallgeruch mit diesem billigen Stiftungs-Buebetrickli der Rechten und Bürgerlichen nicht weg, die Stimmberechtigten haben sich nicht für dumm verkaufen lassen.

    👍6Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
  • Profilfoto von Remo
    Remo, 25.09.2022, 16:55 Uhr

    Natürlich ist das ein Signal gegen die Garde. Dieses Überbleibsel des mittelalterlichen Söldnertums gehört endlich abgeschafft. Es ist so oder so aber ganz sicher nicht Aufgabe des Steuerzahlers, die Garde in irgendeiner Forum zu finanzieren. Egal ob das Geld nun an eine Schweizer Stiftung oder an den Vatikan geht.
    Eine Initiative «für die Abschaffung der Schweizer Garde» würde ich auf jeden Fall unterstützen.

    👍3Gefällt mir👏0Applaus🤔1Nachdenklich👎0Daumen runter
    • Profilfoto von Andreas Bründler, Kriens - Bleiche
      Andreas Bründler, Kriens - Bleiche, 26.09.2022, 00:33 Uhr

      Eine Initiative «für die Abschaffung der Schweizer Garde»? Wie soll das funktionieren? Die Schweizer Garde ist dem Vatikan unterstellt, nicht der Schweiz. Das war ja gerade der Hauptgrund, warum die 400’000 Franken heute abgelehnt wurden. Der Vatikan hat die Obrigkeit über die Schweizer Garde, nicht die Schweiz. Da müsste diese Initiative zur Abschaffung der Schweizer Garde im Vatikan gestartet werden, nicht aber in der Schweiz. Es gibt bei uns kein Gesetz, dass die Schweizer Garde regelt, das mit einer Initiative geändert werden könnte. Die gesetzliche Grundlage für die Schweizer Garde fehlt in der Schweiz. Da sind sie auf dem Irrweg mit ihrer Initiative, Remo.

      👍1Gefällt mir👏0Applaus🤔1Nachdenklich👎2Daumen runter
      • Profilfoto von Zeit_Geist
        Zeit_Geist, 26.09.2022, 07:50 Uhr

        Das würde durchaus gehen, indem der Schweizer Souverän das Bundesgesetz über die im Ausland erbrachten privaten Sicherheitsdienstleistungen (BPS) anpasst. Dieses Gesetz soll unter anderem dazu beitragen die innere und äussere Sicherheit der Schweiz zu gewährleisten und deren Neutralität.
        Ob da die Schweizer Garde mit ihren hübschen Fasnachtssujet ein Problem darstellt, wage ich zu bezweifeln und ist dementsprechend unwichtig.
        Aber ich nehme an, wir gehen uns im Sinne der nicht Finanzierung einer Kaserne für einen solchen Dienst durch unsere Staatskasse einig – so wie die grosse Mehrheit in unserem Kanton.
        Für einmal wunderbar, wie einig wir uns in Stadt, Agglo und Land sind.

        👍2Gefällt mir👏1Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon