So haben sich die Kirchenmitgliederzahlen verändert

Hier leben die (un)treuesten Schäfchen in Zug und Luzern

2021 sind so viele Menschen aus der Kirche ausgetreten wie noch nie. (Bild: Symbolbild: Adobe Stock)

Ostern ist eines der wichtigsten Feste des Christentums. Seit Jahren und seit vergangenem Jahr erst recht kämpfen die Katholiken aber mit einem Mitgliederschwund. zentralplus hat sich auf Spurensuche begeben, wo in Zug und Luzern die (un)treuesten Schäfchen leben.

Am Dorfrand, inmitten von grünen Wiesen und nur wenige Gehminuten vom Hallwilersee entfernt, liegt die katholische Kirche von Aesch. Eingebettet in die idyllische Landschaft ein Ort, der bestimmt gerne besucht wird. Die Zahlen zeigen allerdings, dass in Aesch wohl immer weniger Leute regelmässig zum Gottesdienst erscheinen. In den vergangenen zehn Jahren sank der Anteil der Wohnbevölkerung, der katholisch ist, von gut 70, um knapp 20 Prozentpunkte, auf knapp 50 Prozent. Der Rückgang ist so stark wie in keiner anderen Luzerner Gemeinde. Dies zeigen Daten der Luzerner Statistikstelle Lustat der vergangenen zehn Jahre.

Dass die Kirche Mitglieder verliert, ist hinlänglich bekannt. Fragt man nach den Gründen für den Mitgliederschwund, lauten die Antworten meistens gleich: Die Kirche habe nicht mehr die gleiche Bedeutung wie früher, Reputationsschaden durch die Missbrauchsvorwürfe, und die alten Kirchgänger stürben weg, während die Jungen sich nicht mehr firmen oder konfirmieren lassen würden.

In Flühli ist alles anders

Mit dem Bekanntwerden der Missbrauchsfälle in der Kirche hat sich der Wandel allerdings noch beschleunigt. In Luzern gab es zeitweise sogar zehnmal so viele Kirchenaustritte wie im gleichen Zeitraum der Vorjahre (zentralplus berichtete).

Ein Ausreisser in der Statistik ist allerdings die Gemeinde Flühli. Als einzige Gemeinde im Kanton Luzern gibt es dort heute mehr Katholiken als vor zehn Jahren. Dort stieg der Anteil von 71 auf 73 Prozent an.

Das überrascht. Zwar ist Flühli – wie die ländlicheren Gemeinden grundsätzlich – traditionell katholischer geprägt als die Stadt Luzern und deren Agglomeration, liegt im katholischen Luzern aber noch im Mittelmass. Denn die meisten Katholiken leben in Romoos.

Reformierte Nester rund um die Stadt

Rund um die Stadt Luzern haben die Katholiken seit Jahren nicht mehr die gleiche Vormacht wie auf dem Land. Bei vielen Gemeinden in Stadtnähe liegt der Anteil der Katholiken bei unter 50 Prozent. Es handelt sich dabei seit Jahren um eher reformierte Nester. Allerdings hat gerade in diesen Gemeinden der Anteil derer, die keiner Konfession oder einer anderen Religion angehören, besonders stark zugenommen. In Luzern liegt dieser Anteil im Jahr 2022 bei über 48 Prozent. Also fast die Hälfte sind weder Katholiken noch Reformierte.

Der Anteil der Mitglieder der reformierten Kirche hat im ganzen Kanton zwar ebenfalls abgenommen, allerdings nicht ganz im selben Ausmass wie bei den Katholiken. Am meisten Austritte gab es in Wikon, am wenigsten in Buttisholz. Hier gibt heute etwas mehr Reformierte als vor zehn Jahren.

Dieser Teil dürfte seither noch mehr zugenommen haben und weiter zunehmen. Seit diesem Januar leben in der Schweiz erstmals mehr Personen ohne Religionszugehörigkeit als Katholiken. In Luzern und Zug ist dieser Trend zwar noch nicht angekommen, zeichnet sich aber ab (zentral plus berichtete).

Katholiken und Reformierte überholt

In Zug zeigt sich generell ein ähnliches Bild wie in Luzern. Auch hier ist ein Stadt-Land-Graben zu beobachten. So hat es in der Stadt Zug während des Zeitraums von 20 Jahren den grössten Mitgliederschwund gegeben.

Es sind Zahlen, die die Kirchenvertreter wenig überraschen, aber nicht in Panik verfallen lassen. Arnold Landtwing, Kommunikationsverantwortlicher der Zuger Kirche, sagte gegenüber zentralplus vor Kurzem etwa: «Wir verlieren Mitglieder, das können wir nicht schönreden.» Der Fokus solle aber nicht darauf liegen, die Mitglieder auf Biegen und Brechen in der Kirche zu halten, sondern deren Angebote aufrechtzuerhalten.

Interessant im Kanton Zug: Direkt neben der Stadt Zug, in der Gemeinde Walchwil, blieben die vergangenen 20 Jahre die meisten Katholiken der Kirche treu. Der Anteil der Katholiken in der Gemeinde liegt im innerkantonalen Vergleich seit vielen Jahren aber im unteren Bereich. Ähnlich wie in Luzern ist auch in Zug zu beobachten, dass in den Hauptorten und den angrenzenden Gemeinden eher weniger Katholiken leben als in den ländlicheren Gemeinden. Mit über 50 Prozent ist der Anteil in Menzingen am höchsten. In Zug hingegen ist der Anteil der Personen, die keiner oder einer anderen Religion angehören, grösser als der katholische und reformierte Teil zusammen.

Es sind Entwicklungen, die die Kirchen nicht tatenlos hinnehmen möchten. So hat die Katholische Kirche Zug kürzlich das Zukunftsprojekt «Kirche mit Zug» lanciert. Damit will sie sich zeitgemässer positionieren und einen Wandel anstreben.

Kommunikation müsse verbessert werden

Das Stichwort «Wandel» taucht denn in vielen Kirchgemeinden auf, wenn die Verantwortlichen über die Herausforderungen und Ziele der kommenden Jahre reden. «Kommunikation, Erscheinungsbild, selbstbewusster Auftritt und proaktives Zugehen auf die Menschen sind zentral und werden von uns – der gesamten reformierten Kirche – nicht nur gewünscht, sondern erwartet», sagte etwa Lilian Bachmann, Synodalratspräsidentin der Reformierten Kirche Kanton Luzern, nach einer Krisensitzung vor einem Jahr gegenüber zentralplus.

Wie viel die Bemühungen allerdings bringen und ob die Kirche den Wandel aufhalten oder verlangsamen kann, das wird sich zeigen. Zumindest für 2023 – die Zahlen liegen noch nicht vor – rechnen die Verantwortlichen bei den Austritten mit Rekordwerten.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Claude von Büren
    Claude von Büren, 29.03.2024, 08:41 Uhr

    Da haben die "christlichen" Kirchen eben versagt. Statt den Menschen "blind" und dogmatisch einen "glauben" aufzudoktrinieren, hätten sie eine reale Verbindung der Menschen zu den geistigen Schöpfer-Welten im hellen Tagesbewusstseinszustand wieder
    die Menschen lernen sollen und nicht blinden unverstandenen "Glauben".

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