Kaum freie Wohnungen: Zuger wollen Einwanderung einschränken oder mehr Genossenschaften
Im dritten Teil der zentralplus-Wahlserie geht es um die Wohnungsnot. Wir wollten von den Zuger Spitzenkandidaten wissen, wie sie das Problem angehen würden.
Die Leerwohnungsziffer im Kanton Zug betrug Anfang Juni 0,42 Prozent. Damit gibt es im Kanton verglichen zur restlichen Schweiz relativ gesehen am wenigsten leere Wohnungen – zusammen mit Genf (zentralplus berichtete). Hinzu kommt, dass auch die Mietpreise in Zug landesweit gesehen die höchsten sind. Im Jahr 2021 bezahlte man im Kanton für eine Mietwohnung durchschnittlich 1824 Franken. Der Schweizer Durchschnitt lag bei 1393 Franken, wie das Bundesamt für Statistik aufzeigt.
Von einer Wohnungsnot zu sprechen, dürfte daher keine Übertreibung sein. Deswegen hat zentralplus im Rahmen der grossen Wahlserie vor den eidgenössischen Wahlen vom 22. Oktober die Zuger Spitzenkandidaten für den Nationalrat nach ihren Rezepten gefragt. Konkret lautete die Frage: Was sind Ihrer Meinung nach die zielführendsten Massnahmen zur Bekämpfung der Wohnungsnot?
Das sagt die SP-Kandidatin
Esther Ambühl (49, neu): «Zug ist mit seinen tiefen Steuern, der Lage und der schönen Landschaft so attraktiv, dass die Nachfrage nach Wohnraum nicht befriedigt werden kann. Wie er es in den letzten Jahren bewiesen hat, kann der Markt selbst nicht für einen ausgewogenen Wohnungsmix sorgen, sodass Vorgaben nötig sind, um einen ausgewogenen Wohnungsmix zu haben, insbesondere, dass auch Wohnungen für den Mittelstand und sozial schlechter gestellte Schichten gebaut werden. Verdichtung ist wichtig und richtig, wichtig ist aber gute Qualität – Wohnbaugenossenschaften realisieren dies in der Regel vorbildlich.»
Das sagen die SVP-Kandidaten
Thomas Aeschi (44, bisher): «Seit Einführung der Personenfreizügigkeit mit der EU sind 1,5 Millionen Personen netto in die Schweiz eingewandert, alleine letztes Jahr sind netto 180'000 Personen dazugekommen. Der von Volk und Ständen angenommene Artikel 121a der Bundesverfassung verlangt Höchstzahlen und Kontingente und wurde bis heute nicht umgesetzt – aus diesem Grund hat die SVP die eidgenössische Volksinitiative ‹Keine 10-Millionen-Schweiz! (Nachhaltigkeits-Initiative)› lanciert. Eine Begrenzung der Zuwanderung durch Höchstzahlen und Kontingente führt automatisch zu einer tieferen Nachfrage nach Wohnungen und lindert damit die Wohnungsnot.»
Thomas Werner (51, neu): «Die Zuwanderung muss gebremst und begrenzt werden. Solange wir jedes Jahr eine Zuwanderung von zwei mittelgrossen Schweizer Städten verzeichnen, wird der Wohnraum knapp bleiben.»
Das sagen die ALG-Kandidaten
Manuela Weichelt (56, bisher): «Wir müssen zahlbaren Wohnungsbau fördern, indem wir den genossenschaftlichen Wohnungsbau von 5 auf mindestens 20 Prozent erhöhen. Sodass nicht der Gewinn, sondern die effektiven Kosten im Zentrum stehen. Dafür brauchen wir ein Vorkaufsrecht für die Gemeinden und die Genossenschaften sowie einen Fonds, um das Land zu kaufen.»
Andreas Lustenberger (37, neu): «Die öffentliche Hand muss Bauland gemeinnützigen Wohnbauträgern unter den Marktpreisen zur Verfügung stellen. Genossenschaften müssen mittels attraktiver Bedingungen gefördert werden, da sie ein Garant für genügend Wohnraum sind und zudem eine wichtige nachbarschaftliche Funktion übernehmen. Wo verdichtet wird, braucht es Aufschläge auf die Ausnützungsziffer, wenn gemeinnützig gebaut wird.»
Das sagen die Mitte-Kandidaten
Gerhard Pfister (61, bisher): «Politisch setze ich mich dafür ein, dass das private Eigentum geschützt bleibt in der Schweiz. Die Förderung von Wohneigentum ist wichtig für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Es braucht dafür bessere Raumplanung, verdichtetes Bauen, weniger Vorschriften und einen funktionierenden genossenschaftlichen Wohnungsbau, der zielgerichtet die Menschen unterstützt, die wirklich auf günstigere Wohnungen angewiesen sind.»
Peter Rust (49, neu): «Es ist wichtig, dass die Raumplanung die nötigen Weichen für mehr Wohnraum stellt. Auch muss das Thema Einsprachen und Bauverzögerungen angegangen werden.»
Das sagt die FDP-Kandidatin
Jill Nussbaumer (29, neu): «Verdichtetes Bauen muss einfacher möglich sein, damit mehr Wohnungen zur Verfügung stehen. Die Umwandlung von Büros in Wohnungen muss ermöglicht werden, Bewilligungen müssen schnell gehen und Vorschriften vereinfacht werden. Denkbar als Massnahme für die Beschleunigung ist eine Seitenbeschränkung bei Einsprachen, um weitschweifigen, verzögerungstaktischen Einsprachen Einhalt zu gebieten.»
Das sagt die GLP-Kandidatin
Tabea Estermann (30, neu): «Es braucht mehr Wohnraum, aber auch grüne Oasen dazwischen. Wir müssen die Elemente Verdichtung, höhere Ausnutzungsziffern, gemeinnütziger Wohnbau und eine Vereinfachung der Verfahren kombinieren. Zudem kann man auch neue Konzepte überlegen, wie die Besteuerung von Immobilien basierend auf dem Potenzial, um Bauaktivität zu fördern.»
So sind wir vorgegangen
Der Kanton Zug hat drei Nationalratssitze zu vergeben. Derzeit haben die SVP, Mitte und ALG je einen davon inne. Da wir aus praktischen Gründen nicht die Antworten sämtlicher Kandidaten – es sind wie erwähnt 99 Personen – abbilden können, haben wir uns entschieden, uns auf die Spitzenkandidaten zu fokussieren. Dabei haben wir folgendes Prinzip angewendet: Anzahl derzeitige Sitze pro Partei plus eins. So sind wir beispielsweise bei der Mitte von ihrem Sitz ausgegangen plus ein weiterer Kandidat.
zentralplus hat neun Personen einen Fragenkatalog zugestellt. Die bisherigen Nationalräte waren dabei gesetzt, hinzu kamen die Kandidaten, die unserer Meinung nach die besten Chancen haben, gewählt zu werden. Sei es aufgrund ihrer Prominenz oder ihrer Wahlergebnisse in früheren Nationalrats- oder Kantonsratswahlen.
Bei der Wiedergabe der Antworten haben die Bisherigen Vorrang, danach kommen die neuen Kandidaten. Die Angefragten wurden gebeten, sich auf drei Sätze pro Antwort zu beschränken. Wo dies überschritten wurde, haben wir die Antwort gekürzt.
- Schriftlicher Austausch mit den Kandidaten
- Leerwohnungsziffer, Zahlen des Bundes
- Angaben zu den Mietpreisen, Bundesamt für Statistik
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InFarbeDenkenderFreigeist, 11.10.2023, 08:46 Uhr Mich verzückt die stümperhafte Kurzsichtigkeit gewisser Parteien immer wieder aufs Neue. Aber es liegt anscheinend in der Natur des konservativen Bünzlitums auch weiterhin in Schwarz-Weiss-Mustern zu denken und Probleme jeweils in grosse Einzelpakete zu schnüren und diese
vorzugsweise einzelnen Randgruppen oder Minderheiten zuzuschieben – ganz nach dem Motto «Selber hinschauen tut weh oder der wahre Mann hüte sich vor Selbstreflexion»!
In diesem Sinne wünsche ich den Immobiliengurus hier in der Wahlkampfrunde viel Erfolg. Auf dass möglichst viele erblindete AnhängerInnen ihnen weiterhin mundtot folgen und wegschauen, wer hier wirklich seinen beträchtlichen (aber halt fürs eigene Portemonnaie lukrativen) Teil zur Wohnungsnot im Kanton Zug beiträgt.👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runterverum dico, 09.10.2023, 20:44 Uhr Richtig, Hupfitupfi. Und sobald der Mittelstand vollends vertrieben ist, wird es in der Volksschule reine Schweizer- und reine Epatsklassen geben. Eine bestimmte Lobby an der Zuger Riviera arbeitet bereits daran….
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👍1Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runterMarie-Françoise Arouet, 10.10.2023, 06:05 Uhr Andere Leute in anderen Parteien haben andere Ideen und Interessen. Genau das ist ja die Idee hinter der repräsentativen Demokratie: Ausgleich unterschiedlicher Interessen durch Vertretung in einem gemeinsamen Gremium. Finster sähe es erst dann aus, wenn statt One-Man-one-Vote wieder ein Zensuswahlrecht gelten würde.
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M.Meier, 09.10.2023, 17:34 Uhr Aha, ein Bauunternehmer, Herr Rust, ist für mehr und einfacheres Bauen. Welch ein Wunder.
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👍3Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runterKasimir Pfyffer, 09.10.2023, 16:32 Uhr Da möchte jemand wohl gerne zu den «Winnern der globalen Leistungsgesellschaft» aka den führenden Steuerhinterziehern gehören und tritt deshalb mit den Nagelschuhen auf die Normalos ein. Sehr sympathisch, diese Frau Bitterli.
👍0Gefällt mir👏1Applaus🤔0Nachdenklich👎3Daumen runterMarie-Françoise Arouet, 09.10.2023, 17:58 Uhr Wenn die Nennung eines zu keinem Zeitpunkt versteckten Klarnamens der einzige Erkenntnisgewinn eines postings und gleichzeitig offenbar auch noch eine Art billige Trophäe sein soll, dies unter Enthüllung plattester Vorstellungen von der Funktion und den Spielmöglichkeiten einer Kunstfigur, so ist das natürlich mit den Kategorien sympathisch/unsympathisch nicht mehr zu erfassen. Ob Marie-Françoise zu den „führenden Steuerhinterziehern“ gehören möchte, lassen wir ihr süsses kleines Geheimnis sein, nicht ohne entschieden anzumerken, dass sie bislang nicht dazu gehört. Über die Steuerhinterziehungspraktiken von „Kasimir Pfyffer“, dessen Pseudonym nicht einmal gelüftet zu werden braucht, um ihn klarstens einschätzen zu können, braucht man sich „wohl“ mangels Steuersubstrat keine Gedanken zu machen.
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Kommentarschreiber, 10.10.2023, 08:58 Uhr Zur dieser messerscharfen Analyse gehören noch die auf ihren vererbten Geldsäcken hockenden Minderleister.
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