Politik
Wahlen 2023 – Wohnungsnot

Kaum freie Wohnungen: Zuger wollen Einwanderung einschränken oder mehr Genossenschaften

Der Kanton Zug hat relativ gesehen am wenigsten leere Wohnungen in der Schweiz – zusammen mit Genf. (Bild: Unsplash/@jarson)

Im dritten Teil der zentralplus-Wahlserie geht es um die Wohnungsnot. Wir wollten von den Zuger Spitzenkandidaten wissen, wie sie das Problem angehen würden.

Die Leerwohnungsziffer im Kanton Zug betrug Anfang Juni 0,42 Prozent. Damit gibt es im Kanton verglichen zur restlichen Schweiz relativ gesehen am wenigsten leere Wohnungen – zusammen mit Genf (zentralplus berichtete). Hinzu kommt, dass auch die Mietpreise in Zug landesweit gesehen die höchsten sind. Im Jahr 2021 bezahlte man im Kanton für eine Mietwohnung durchschnittlich 1824 Franken. Der Schweizer Durchschnitt lag bei 1393 Franken, wie das Bundesamt für Statistik aufzeigt.

Von einer Wohnungsnot zu sprechen, dürfte daher keine Übertreibung sein. Deswegen hat zentralplus im Rahmen der grossen Wahlserie vor den eidgenössischen Wahlen vom 22. Oktober die Zuger Spitzenkandidaten für den Nationalrat nach ihren Rezepten gefragt. Konkret lautete die Frage: Was sind Ihrer Meinung nach die zielführendsten Massnahmen zur Bekämpfung der Wohnungsnot?

Das sagt die SP-Kandidatin

Esther Ambühl (49, neu): «Zug ist mit seinen tiefen Steuern, der Lage und der schönen Landschaft so attraktiv, dass die Nachfrage nach Wohnraum nicht befriedigt werden kann. Wie er es in den letzten Jahren bewiesen hat, kann der Markt selbst nicht für einen ausgewogenen Wohnungsmix sorgen, sodass Vorgaben nötig sind, um einen ausgewogenen Wohnungsmix zu haben, insbesondere, dass auch Wohnungen für den Mittelstand und sozial schlechter gestellte Schichten gebaut werden. Verdichtung ist wichtig und richtig, wichtig ist aber gute Qualität – Wohnbaugenossenschaften realisieren dies in der Regel vorbildlich.»

Das sagen die SVP-Kandidaten

Thomas Aeschi (44, bisher): «Seit Einführung der Personenfreizügigkeit mit der EU sind 1,5 Millionen Personen netto in die Schweiz eingewandert, alleine letztes Jahr sind netto 180'000 Personen dazugekommen. Der von Volk und Ständen angenommene Artikel 121a der Bundesverfassung verlangt Höchstzahlen und Kontingente und wurde bis heute nicht umgesetzt – aus diesem Grund hat die SVP die eidgenössische Volksinitiative ‹Keine 10-Millionen-Schweiz! (Nachhaltigkeits-Initiative)› lanciert. Eine Begrenzung der Zuwanderung durch Höchstzahlen und Kontingente führt automatisch zu einer tieferen Nachfrage nach Wohnungen und lindert damit die Wohnungsnot.»

Thomas Werner (51, neu): «Die Zuwanderung muss gebremst und begrenzt werden. Solange wir jedes Jahr eine Zuwanderung von zwei mittelgrossen Schweizer Städten verzeichnen, wird der Wohnraum knapp bleiben.»

Das sagen die ALG-Kandidaten

Manuela Weichelt (56, bisher): «Wir müssen zahlbaren Wohnungsbau fördern, indem wir den genossenschaftlichen Wohnungsbau von 5 auf mindestens 20 Prozent erhöhen. Sodass nicht der Gewinn, sondern die effektiven Kosten im Zentrum stehen. Dafür brauchen wir ein Vorkaufsrecht für die Gemeinden und die Genossenschaften sowie einen Fonds, um das Land zu kaufen.»

Wohnungen sind im Kanton Zug fast schon Mangelware. (Bild: zvg)

Andreas Lustenberger (37, neu): «Die öffentliche Hand muss Bauland gemeinnützigen Wohnbauträgern unter den Marktpreisen zur Verfügung stellen. Genossenschaften müssen mittels attraktiver Bedingungen gefördert werden, da sie ein Garant für genügend Wohnraum sind und zudem eine wichtige nachbarschaftliche Funktion übernehmen. Wo verdichtet wird, braucht es Aufschläge auf die Ausnützungsziffer, wenn gemeinnützig gebaut wird.»

Das sagen die Mitte-Kandidaten

Gerhard Pfister (61, bisher): «Politisch setze ich mich dafür ein, dass das private Eigentum geschützt bleibt in der Schweiz. Die Förderung von Wohneigentum ist wichtig für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Es braucht dafür bessere Raumplanung, verdichtetes Bauen, weniger Vorschriften und einen funktionierenden genossenschaftlichen Wohnungsbau, der zielgerichtet die Menschen unterstützt, die wirklich auf günstigere Wohnungen angewiesen sind.»

Peter Rust (49, neu): «Es ist wichtig, dass die Raumplanung die nötigen Weichen für mehr Wohnraum stellt. Auch muss das Thema Einsprachen und Bauverzögerungen angegangen werden.»

Das sagt die FDP-Kandidatin

Jill Nussbaumer (29, neu): «Verdichtetes Bauen muss einfacher möglich sein, damit mehr Wohnungen zur Verfügung stehen. Die Umwandlung von Büros in Wohnungen muss ermöglicht werden, Bewilligungen müssen schnell gehen und Vorschriften vereinfacht werden. Denkbar als Massnahme für die Beschleunigung ist eine Seitenbeschränkung bei Einsprachen, um weitschweifigen, verzögerungstaktischen Einsprachen Einhalt zu gebieten.»

Das sagt die GLP-Kandidatin

Tabea Estermann (30, neu): «Es braucht mehr Wohnraum, aber auch grüne Oasen dazwischen. Wir müssen die Elemente Verdichtung, höhere Ausnutzungsziffern, gemeinnütziger Wohnbau und eine Vereinfachung der Verfahren kombinieren. Zudem kann man auch neue Konzepte überlegen, wie die Besteuerung von Immobilien basierend auf dem Potenzial, um Bauaktivität zu fördern.»

So sind wir vorgegangen

Der Kanton Zug hat drei Nationalratssitze zu vergeben. Derzeit haben die SVP, Mitte und ALG je einen davon inne. Da wir aus praktischen Gründen nicht die Antworten sämtlicher Kandidaten – es sind wie erwähnt 99 Personen – abbilden können, haben wir uns entschieden, uns auf die Spitzenkandidaten zu fokussieren. Dabei haben wir folgendes Prinzip angewendet: Anzahl derzeitige Sitze pro Partei plus eins. So sind wir beispielsweise bei der Mitte von ihrem Sitz ausgegangen plus ein weiterer Kandidat.

zentralplus hat neun Personen einen Fragenkatalog zugestellt. Die bisherigen Nationalräte waren dabei gesetzt, hinzu kamen die Kandidaten, die unserer Meinung nach die besten Chancen haben, gewählt zu werden. Sei es aufgrund ihrer Prominenz oder ihrer Wahlergebnisse in früheren Nationalrats- oder Kantonsratswahlen.

Bei der Wiedergabe der Antworten haben die Bisherigen Vorrang, danach kommen die neuen Kandidaten. Die Angefragten wurden gebeten, sich auf drei Sätze pro Antwort zu beschränken. Wo dies überschritten wurde, haben wir die Antwort gekürzt.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit den Kandidaten
  • Leerwohnungsziffer, Zahlen des Bundes
  • Angaben zu den Mietpreisen, Bundesamt für Statistik
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