Unter anderem Chamer Andreasklinik inspiziert

Heilmittelbehörde erteilt Spitälern schlechte Noten

Um die Sicherheit der Patienten nicht zu gefährden, sollten alle Geräte rein und auf dem neuesten Stand sein. Gemäss Swissmedic ist das nicht überall der Fall. (Bild: Andreasklinik Cham)

Die Schweizer Heilmittelbehörde spricht in ihrem Jahresbericht eine deutliche Sprache: Schweizer Spitäler haben einen beträchtlichen Verbesserungs- und Investitionsbedarf. Die Zuger Spitäler wollen reagieren.

Wie die Lebensmittelbehörden die Beizen zu falscher Lagerung oder schimmligen Lebensmittel untersucht, so untersucht die Schweizer Heilmittelbehörde Swissmedic die Spitäler. Mitte Mai hat sie den Jahresbericht zur Überwachung der Medizinprodukte veröffentlicht. Also all jene Produkte, die an Menschen eingesetzt werden, aber keine Medikamente sind. Das Spektrum reicht vom Röntgengerät über das Patientenbett bis zu Skalpell und Coronatest.

Dabei untersucht Swissmedic nicht nur deren korrekte Reinigung und Sterilisation, sondern auch deren Wartung und ob das Personal diese genügend überwacht und problematische Entdeckungen meldet. In den Jahren 2021 und 2022 hat Swissmedic 35 Spitäler untersucht, davon in der Zentralschweiz nur eines aus dem Kanton Zug: die Hirslanden-Andreasklinik in Cham. Jedoch gebe Swissmedic keine Berichte zu einzelnen Spitälern heraus, wie Mediensprecher Alex Josty auf Anfrage schreibt. Ziel der Publikation sei die Sensibilisierung der Spitäler generell.

Probleme bei der Desinfektion und Lagerung

Der generelle Bericht spricht aber eine deutliche Sprache: In 93 Prozent der Inspektionen wurden Mängel in den einzelnen Aufbereitungsprozessen beobachtet. Mit der Aufbereitung sind Prozesse wie die Reinigung, Verpackung und Sterilisation der Produkte gemeint. Der Grossteil der Mängel betraf den Reinigungs- und Desinfektionsprozess (53 Prozent), die Funktionskontrollen (50 Prozent), den Verpackungsprozess (63 Prozent) sowie die Lagerung der sterilen Instrumente (57 Prozent). Auch das Qualitätsmanagement wies Mängel auf: So fehlten in den Spitälern beispielsweise verständliche Arbeitsanweisungen.

«Die in den Spitalinspektionen festgestellten Abweichungen haben eine direkte oder indirekte Auswirkung auf die Produktsicherheit und damit auf die Sicherheit der Patientinnen und Patienten.»

Zitat aus dem Jahresbericht von Swissmedic

Schlechte Noten gab es auch im Bereich der Endoskopie, in dem Patienten mittels schlauchartigen Geräts von innen untersucht werden. Hier kritisierte Swissmedic vor allem mangelndes Fachwissen und fehlende Weiterbildungen des Personals, das sich um die Reinigung der Geräte kümmert. Jedoch monierte die Heilmittelbehörde auch die Hygiene in den Räumen. So trennten diese beispielsweise ungenügend zwischen Schmutz- und Reinzonen. Zudem gab es zum Teil keine ausreichende Lüftung oder keinen Abzug für giftige Chemikaliendämpfe.

Kein Überblick über die eigenen Geräte und deren Wartung

Kritik ernteten die Spitäler auch für die Instandhaltung ihrer Geräte. Am häufigsten (84 Prozent) wurde die Instandhaltung durch Dritte bemängelt. Denn verantwortlich seien immer noch die Spitäler selbst, wie die Behörde schreibt. Jedoch wären sich die Spitäler teils unklar über die Verantwortlichkeiten oder hätten kein aktuelles Geräteinventar oder keine Übersicht, wann die nächste Wartung anstehe. Weiter wären die Prozesse nicht genügend geregelt und dokumentiert.

Zuletzt stellte Swissmedic auch häufig Mängel im Bereich der Vigilance – also der Meldung schwerwiegender Vorkommnisse – fest. «Das medizinische, medizinisch-technische sowie paramedizinische Personal war entweder gar nicht oder nur mangelhaft beziehungsweise nicht periodisch geschult worden», steht im Bericht. In rund drei Viertel der inspizierten Spitäler war zudem kein oder nur ein mangelhaftes Vigilance-Konzept vorhanden.

Zusammengefasst verortet Swissmedic einen «beträchtlichen Verbesserungs- und Investitionsbedarf» im Qualitätsmanagement, in der Aus- und Weiterbildung des Aufbereitungspersonals sowie der Infrastruktur der Aufbereitungsanlagen. «Die in den Spitalinspektionen im Bereich der Medizinprodukte festgestellten Abweichungen haben eine direkte oder indirekte Auswirkung auf die Produktsicherheit und damit auf die Sicherheit der Patientinnen und Patienten», schreibt die Behörde im Fazit. Es sei darum «unabdingbar», dass die Spitäler entsprechende Verbesserungen vornehmen.

Zuger Kantonsspital plant zusätzliche Schulungen

Gemäss Mediensprecherin Claudia Trautvetter ist das Zuger Kantonsspital zwar nicht von Swissmedic inspiziert worden. Jedoch nähmen sie den aktuellen Bericht «mit Interesse zur Kenntnis», wie sie auf Anfrage schreibt. So habe das Kantonsspital die gestiegenen Anforderungen für die Endoskopie-Abteilung zum Anlass genommen, 2020 die Abteilung neu zu gestalten und die Geräte für die Aufbereitung und Lagerung zu erneuern.

Selbiges für die Aufbereitung: Über den Jahreswechsel seien die im Einsatz stehenden Reinigungs- und Desinfektionsgeräte durch neuere ersetzt worden. Für beide Neuanschaffungen seien jeweils die Mitarbeiterinnen in der Bedienung der Geräte geschult worden. Bezüglich Qualitätsmanagement plane das Zuger Kantonsspital dieses Jahr eine zusätzlich elektronische, jederzeit verfügbare Schulung.

Anforderungen steigen stetig

Betroffen von den Inspektionen war hingegen die Hirslanden-Andreasklinik in Cham. Direktorin Yvonne Hubeli erklärt sich die schlechte Auswertung der Kliniken mit den stetig gestiegenen Kriterien zur Aufbereitung von sterilen Produkten. «Daher scheint es plausibel, dass noch nicht in allen Spitälern den Anforderungen von Swissmedic vollumfänglich entsprochen wird.»

Sie betont jedoch, dass die Andreasklinik die Inspektionen der Swissmedic «in den vergangenen Jahren jeweils erfolgreich bestanden» habe. Zudem reagiere sie stets auf die sich ändernden Anforderungen. So plane die Klinik beispielsweise im Sommer bauliche Anpassungen ihrer Aufbereitungseinheit.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Yvonne Hubeli, Direktorin Hirslanden-Andreasklinik
  • Jahresbericht Medizinprodukte Swissmedic-Spitalinspektionen 2021/2022
  • Schriftlicher Austausch mit Alex Josty, Mediensprecher Swissmedic
  • Schriftlicher Austausch mit Claudia Trautvetter, Mediensprecherin Zuger Kantonsspital
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


1 Kommentar
  • Profilfoto von Erwin Lussi
    Erwin Lussi, 30.05.2023, 14:27 Uhr

    Der Titel über dem Artikel lässt den Eindruck entstehen, dass die Chamer Andreasklinik schlechte Noten bekommen hat.
    Der Jahresbericht der Swissmedic enthält wie erwähnt keine Berichte zu einzelnen Spitälern.

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon