Luzern rechnet mit steigenden Fallzahlen

Ukraine-Flüchtlinge: Herausforderung für die Kesb

Die Kesb Luzern hat vermehrt mit der Unterstützung von Flüchtlingen aus der Ukraine zu tun. (Bild: Symbolbild Adobe Stock)

Die Kesb Luzern hat alle Hände voll zu tun. Sie spürt Nachwirkungen der Coronapandemie – und rechnet zudem mit steigenden Fallzahlen aufgrund der Flüchtlingskrise.

Wie geht es den Menschen, die aus der Ukraine in die Schweiz flüchten mussten? Urban Frye hat es am Dienstag im Kantonsrat so beschrieben: «Die Frauen, die hier sind, befinden sich in einer dramatischen Situation. Ihre Männer und die Väter ihrer Kinder werden ermordet, ihre Angehörigen werden gefoltert.» Das dürfe man nicht vergessen, wenn man über die Situation in den kantonalen Zentren spreche.

Besonders die Kinder leiden unter der traumatischen Erfahrung. Bei der Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde Kesb Luzern sind 24 Gefährdungsmeldungen für Flüchtlinge aus der Ukraine eingegangen. Die meisten Fälle – insgesamt 19 – betreffen Minderjährige, wie Kesb-Präsidentin Angela Marfurt auf Anfrage schreibt.

Mütter sind nach der Flucht überfordert

Auch im Aufgaben- und Finanzplan (AFP) der Stadt Luzern, der am Dienstag veröffentlicht wurde, ist die Situation in der Ukraine ein Thema: «Erste Gefährdungsmeldungen für ukrainische Geflüchtete weisen darauf hin, dass für einige dieser Personen mit Aufenthalt in der Stadt Luzern ebenfalls Massnahmen anzuordnen sein werden, was zu einer weiteren Steigerung der Fallzahlen beiträgt», steht darin.

Was heisst das konkret? «Das kann ich nicht wirklich abschätzen», meint Angela Marfurt dazu. «Wir gehen davon aus, dass weiterhin Meldungen ukrainische Personen betreffend bei uns eingehen werden, wir rechnen aber nicht mit einer extremen Steigerung; das kommt wohl auch auf die Situation in ihrem Heimatland an.»

Studie geht von hoher Zahl traumatisierter Flüchtlinge aus

Die Probleme, mit denen die Ukrainerinnen zu kämpfen haben, betreffen gemäss der Kesb-Präsidentin hauptsächlich die Betreuung der Kinder – und die Überforderung der Mütter mit der Situation. Die Kesb Luzern gleist Unterstützungsangebote auf, richtet bei Bedarf eine Beistandschaft ein und kümmert sich teilweise um die Platzierung von Kindern.

Auch die Vermittlung von psychologischer Betreuung ist möglich – allerdings sind die Wartezeiten teilweise mehrere Wochen lang (zentralplus berichtete). Es ist zudem davon auszugehen, dass weit mehr Flüchtlinge traumatisiert sind, als bisher bekannt ist.

2018 hat die Luzerner Beratungsfirma Interface im Auftrag des Bundes untersucht, wie es um die psychische Gesundheit der Flüchtlinge in der Schweiz steht. Demnach leiden bis zu 60 Prozent unter Traumafolgestörungen (zentralplus berichtete).

Laut der Studie werden in der Deutschschweiz aber nur etwa 10 Prozent aller Flüchtlinge, die eine traumabezogene Therapie benötigen, auch tatsächlich behandelt. Ihre psychische Gesundheit wird durch den Kanton Luzern nicht systematisch untersucht. Heisst: Eine Gefährdungsmeldung bei der Kesb kann ein Glücksfall sein – weil nur so Unterstützung möglich ist.

Kesb braucht Dolmetscherinnen, um Flüchtlingen zu helfen

In der Stadt Luzern gibt es allerdings keine Beistände, die Ukrainisch oder Russisch sprechen. Die Verständigung erfolgt auf Deutsch oder Englisch, wenn das möglich ist. Ansonsten werden externe Fachpersonen beigezogen: «Wir arbeiten immer mit den Dolmetscherinnen und Dolmetschern der Caritas zusammen, wenn aufgrund der Sprache Verständigungsprobleme bestehen», erklärt Angela Marfurt. Zudem zieht die Kesb Luzern kulturelle Vermittlungspersonen bei, wenn das notwendig ist.

Allgemein kläre die Kesb Luzern für Klientinnen aus immer mehr Ländern deren Unterstützungsbedarf ab. «Wobei die Arbeit mit Menschen aus anderen Kulturen einerseits spannend ist, andererseits aber auch mehr Aufwand bedeutet. Die Kosten für den Dolmetschdienst nehmen deutlich zu», heisst es im Aufgaben- und Finanzplan (AFP) der Stadt Luzern.

Generation Z braucht häufig Hilfe

Die Auslastung sämtlicher Mitarbeiterinnen der Kesb ist dauerhaft hoch. Die Anzahl der Gefährdungsmeldungen war zwar Anfang 2022 im Vergleich zum Vorjahr leicht abnehmend, steigt seither aber wieder deutlich, sowohl im Kindes- als auch im Erwachsenenschutz. Voraussichtlich werden die Fallzahlen auch im Jahr 2023 auf sehr hohem Niveau bleiben.

Nach wie vor gibt es viele psychisch kranke Erwachsene, die Unterstützung brauchen. Auch die Generation Z ist nach der Coronapandemie teilweise in schlechter psychischer Verfassung und auf Hilfe angewiesen (zentralplus berichtete). «Die Plätze in der Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie der Erwachsenenpsychiatrie sind vollständig belegt und es bestehen lange Wartelisten. Dies führt zu unbefriedigenden Zuständen, auch für die Betreuenden», heisst es dazu im AFP der Stadt Luzern.

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