Kirschessigfliegen vermiesen Ernte

Wegen Schädlingen: Zug könnte Chriesi-Knappheit drohen

Kirschessigfliegen legen ihre Larven auch in Zuger Kirschen ab. Aurelia Jud vom Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung beurteilt die Chriesi-Entwicklung kritisch. (Bild: Markus Hunkeler, BBZN Hohenrain / zvg)

In den Sommermonaten ist im Kanton Zug die Chriesi-Ernte angesagt. Nun macht ein Schädling den Landwirten zu schaffen. Und wie es scheint, wird die Situation in Zukunft nicht besser.

Die Zuger Landwirtschaft kommt nicht zur Ruhe. Im vergangenen Sommer haben die starken Hagelstürme nicht nur den Zuger Weinreben übel zugesetzt (zentralplus berichtete), sondern auch Weihnachtstannen die Spitzen abgedonnert (zentralplus berichtete). Nun zittern Zuger Bauern um ihre Heimfrucht: die Kirsche.

Schon die letztjährige Ernte fiel wegen Frostschäden sehr bescheiden aus (zentralplus berichtete). Heuer rührt die Gefahr allerdings aus dem Tierreich. Die Kirschessigfliege. Das Insekt stürzt sich mit Vorliebe auf Beeren und Früchte – und wird im Kirschenkanton Zug fündig. Landwirte haben gegen den Schädling einen schweren Stand.

Mehrere Zuger Landwirte gaben uns an, dass die Bäume zwar noch voll seien und der Bestand an Kirschen noch rund für zwei Wochen reichen würde. Weil aber bereits erste Kirschen mit Larven des Insekts befallen sind, werde man grosse Teile der Späternte wohl nicht nutzen können.

Larven der Kirschessigfliege machen befallene Früchte ungeniessbar.
Larven der Kirschessigfliege machen befallene Früchte ungeniessbar. (Bild: Markus Hunkeler, BBZN Hohenrain)

Der Schädling ist wetterabhängig

«Die Situation ist derzeit schwierig», bestätigt auch Aurelia Jud vom Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung Hohenrain (BBZN) gegenüber zentralplus. Das Insekt bevorzugt feuchtwarmes Wetter und hatte damit in den vergangenen Wochen beste Voraussetzungen. Allgemein sei die Präsenz des garstigen Tierchens sehr von der Witterung abhängig. «Das Wetter war im letzten Jahr länger kühl, darum war die Kirschessigfliege kein so grosses Problem wie heuer.»

«Die Kirschessigfliege wird nicht mehr weggehen. Man wird sich mit ihr arrangieren müssen.»

Aurelia Jud, BBZN

Die Kirschessigfliege liebt grundsätzlich alle Beeren und Früchte, nur lassen sich manche besser mit Netzen schützen. Beerensträucher beispielsweise. «Aber gerade Hochstammbäume wie Kirschbäume können kaum geschützt werden», so Jud. Zwar wäre es eine Möglichkeit, die Bäume intensiv mit Insektenmittel zu besprühen, aber das sei ebenfalls kaum zielführend.

Landwirtschaft muss sich arrangieren

Was also können Landwirtinnen tun, um den Befall durch das Insekt zu stoppen? Eigentlich wenig. «Der Schädling mag reife, saftige Früchte und Beeren. Betroffen sind also vor allem spätere Ernten.» Landwirte könnten die Früchte also etwas früher ernten, was allerdings einen Einfluss auf die Qualität hat. Die Prognose für die nächsten Jahre wirkt im Augenblick leider düster.

So hat auch Jonas Boog vom Buuregarte Boog in Hünenberg damit zu kämpfen. Er pflanzt zwar keine Kirschen, aber Beeren, die die Schädlinge ebenso lieben. «Die Kirschessigfliege hat die Arbeit allgemein bedeutend schwerer gemacht. Natürlich können wir etwas Abhilfe schaffen, indem wir die Früchte möglichst in einem Stadium ernten, bevor sie befallen sind. Aber zum Beispiel bei Sträuchern am Waldrand, an denen ungeerntete Beeren hängen, können die Fliegen sich ungehindert vermehren. Da können wir dann nicht viel tun.»

Das bestätigt auch Jud: «Die Kirschessigfliege wird nicht mehr weggehen. Man wird sich mit ihr arrangieren müssen.» Die Hoffnung bleibt, dass sich die Natur von selbst reguliert und die Fliege beispielsweise zur Delikatesse eines neuen Fressfeinds wird.

«Die Kirschessigfliege ist ein schweizweites Thema.»

Aurelia Jud, BBZN

Wie gross die Ausfälle sind – oder noch werden können –, sei schwer zu sagen. Konkrete Zahlen gäbe es gemäss Aurelia Jud noch keine. Fakt ist, dass der Schädling den Zuger Kirschenbauern heuer Kopfzerbrechen bereitet und der Chriesi-Saison – zumindest im Hochstammanbau – im Kanton ein vorzeitiges Ende bescheren könnte.

Die Kirschessigfliege ist ein «Newcomer»

Dabei ist die Kirschessigfliege noch gar nicht lange in der Innerschweiz anzutreffen. Der aus dem asiatischen Raum stammende Schädling wurde «zum ersten Mal in der Schweiz im Juli 2011 auf Heidelbeeren im Tessin und auf Himbeeren in Graubünden gefunden», schreibt der Kanton Zug. Seither nimmt ihre Population stetig zu. Das Problem beschränkt sich allerdings nicht nur auf den Kanton Zug. «Die Kirschessigfliege ist ein schweizweites Thema», so Jud.

Darum wird der kleine Schädling seit 2012 national von Bundesstellen überwacht. Das nationale Monitoring hat zum Ziel, den Befallsdruck des Schädlings in verschiedenen Regionen der Schweiz abzuschätzen. Ausserdem soll dadurch die Population der Kirschessigfliege analysiert werden. Forschung und Beratung sind weiterhin auf der Suche nach langfristigen Lösungen.

Deine Früchte und Beeren werden von Kirschessigfliegen belagert? Hier findest du Ideen, was du gegen den Schädling unternehmen kannst.

Hinweis: Der Text wurde mit Aussagen von Jonas Boog ergänzt.

Verwendete Quellen
  • Telefongespräch mit Aurelia Jud, Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung Hohenrain
  • Merkblatt Kirschessigfliege des Kanton Zug
  • Monitoring von «Agrometeo»
  • Gespräche mit Zuger Landwirten
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Paul
    Paul, 09.07.2022, 17:12 Uhr

    Fliege, hagel, zuviel regen, sonne, wind, luft……..immer hsbens ein problem…… ach ja genau .. zu viele ….

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