300 neue Wohnungen

Schällenmatt Kriens: Die Anti-These zu Luzern Süd

Auf der Schällenmatt in Kriens entstehen in den nächsten Jahren rund 300 Wohnungen. Auch wenn das Areal im Perimeter von Luzern Süd steht – Eigentümer und Entwickler Werner Baumgartner will einiges anders machen, als die Nachbarn im Schweighof, Nidfeld und Mattenhof.

Nebst dem Seetalplatz gibt es im Kanton Luzern wohl kein anderes Gebiet, das sich in den letzten zehn Jahren so stark verändert hat, wie Luzern Süd. Mit den Überbauungen im Mattenhof, Schweighof sowie im Horwer Zentrum entstanden hier in den letzten Jahren hunderte von Wohnungen und Büros. Eine Vielzahl zusätzlicher Wohnungen entsteht derzeit im Nidfeld und im Pilatus-Tower.

Bei all den Blöcken und Türmen, die hier wie Pilze aus dem Boden spriessen, geht ein weiteres Entwicklungsareal in Luzern Süd leicht vergessen – obwohl es nur einen Steinwurf entfernt liegt. Die Schällenmatt in Kriens. Heute zu weiten Teilen noch eine grüne Wiese, entstehen auch hier in den nächsten Jahren weitere 300 Wohnungen. Wobei der Zeithorizont für das Projekt grosszügig ist. Bis das Areal fertig bebaut ist, dürfte es noch rund 20 Jahre dauern.

In der nächsten Etappe entstehen 70 Wohnungen

«Wir bebauen das Areal ganz bewusst in Etappen», sagt Werner Baumgartner im Gespräch. Ihm und seinen vier Geschwistern gehört das rund 40'000 Quadratmeter umfassende Grundstück. Sie haben es von ihren Eltern geerbt, die hier früher noch Landwirtschaft betrieben haben. «Die Wiese wurde zunehmend von der wachsenden Stadt umschlossen, also haben wir entschieden, die Landwirtschaft aufzugeben und das Grundstück nach und nach zu entwickeln.»

Die Wiese auf der linken Bildhälfte ist die Schällenmatt – einer der letzten grünen Flecken in Luzern Süd. (Bild: Google Maps)

Baumgartner führt die inzwischen gegründete Schällenmatt AG zur Entwicklung des Areals und amtet somit sozusagen als Geschäftsführer für die Interessen der fünf Geschwister. «Uns war von Anfang an wichtig, dass wir das Land nicht an irgendeinen Investor verkaufen, sondern wenn möglich alles selber entwicklen.» Darum auch die Vorgehensweise in Etappen. Das reduziert das finanzielle Risiko und es werden nicht zu viele Wohnungen gleichzeitig auf den Markt gebracht. «Letztlich sind wir auch emotional mit diesem Stück Land verbunden und wollen Stück für Stück von der Wiese Abschied nehmen.»

«Wir sehen uns bewusst als Anti-These, zu dem, was sonst in Luzern Süd gebaut wurde.»

Werner Baumgartner, Bauherr Schällenmatt Kriens

Zwei Bauetappen, 2008 und 2014, sind bisher vollzogen. Dabei entstanden in sieben Gebäuden rund 100 Wohnungen sowie das heutige Büro von Baumgartners Immobilienunternehmen. Nun steht die dritte Bauetappe an, das Baugesuch lag Ende Dezember bei der Stadt Kriens zur Einsicht auf. In drei Häusern entstehen rund 70 weitere Wohnungen und zu einem kleinen Anteil Gewerbeflächen. Gebaut wird mit Holz. Verläuft alles nach Plan, fahren noch diesen Herbst die Bagger auf, die neuen Wohnungen werden dann zwei Jahre später bezogen (zentralplus berichtete).

Anti-These zu Luzern Süd

Die Bebauung der Schällenmatt ist ein Grossprojekt. Doch wie kommt es, dass das Projekt bislang fast vollständig unter dem Radar der Öffentlichkeit lief? Wer «Schällenmatt Kriens» bei Google eingibt, findet ausser je einem kurzen Artikel der «Luzerner Zeitung» und von zentralplus keine weitere Berichterstattung. Das mag zum einen an der etappierten Bauweise liegen, weil sich so die einzelnen Bauprojekte in Grenzen halten. Zum anderen ist die Schällenmatt rein städtebaulich betrachtet weniger spektakulär als die Areale ringsherum. Hier entsteht kein 100 Meter hoher Wohn- und Büroturm wie der Pilatus-Tower, sondern drei- bis maximal siebenstöckige Gebäude.

«Wir sehen uns bewusst als Anti-These, zu dem, was sonst in Luzern Süd gebaut wurde», sagt Baumgartner und zeigt in Richtung Schweighof und Nidfeld. Für ihn sind diese Areale zu dicht, zu nahe aufeinander. «So kannst du in der Stadt bauen. Aber wir sind hier nicht in der Stadt, sondern in der Agglomeration», gibt der Bauherr zu bedenken.

Die Überbauung auf dem Schweighof-Areal entstand in den letzten jahren. (Bild: ewi)

Darum sollen die künftigen Etappen auf der Schällenmatt nach dem Vorbild der Gartenstadt gebaut werden. Dreistöckig soll die Mehrheit der neuen Häuser werden. Nur die jetzige Bauetappe wird mit zwei fünf- und einem siebenstöckigen Gebäude bewusst höher, um am Rand des Grundstücks einen städtebaulichen Akzent zu setzen.

«Ein internationales Bauunternehmen hat eine primäre Verantwortung gegenüber seinen Aktionären und nicht gegenüber der Stadt Kriens.»

Werner Baumgartner

Zwischen den Häusern auf der Schällenmatt bleibt viel Grünfläche erhalten. Bewohnerinnen soll sich untereinander kennen und nicht in anonymen Siedlungen wohnen. Auch Generationenwohnungen sind geplant. Gewinnmaximierung hat für ihn nicht die oberste Priorität. Fast bei allen Häusern könnte er noch zwei Geschosse höher bauen. «Unser grösstes Anliegen ist, dass die Schällenmatt nicht zu einem unpersönlichen Quartier wird», sagt Baumgartner. «Dafür verzichten wir vielleicht kurzfristig auf etwas Rendite und planen lieber langfristig.»

«Wollen uns im Dorf noch zeigen können»

Auch diese Haltung bezieht sich auf die unmittelbare Nachbarschaft – konkret auf das Nidfeld, das frühere Pilatusmarkt-Grundstück, wo derzeit 500 neue Wohnungen entstehen. Baumgartner betont: «Der wichtigste Faktor bei der Stadtentwicklung ist nebst einer vorausschauenden Planung, der Bauherr.»

Im Nidfeld übernimmt dies mit Losinger Marazzi ein Unternehmen, welcher zur Bouygues-Gruppe gehört – einem weltweit tätigen Pariser Bauunternehmen mit 200'000 Mitarbeitern und rund 40 Milliarden Euro Jahresumsatz.

«Ein solches Unternehmen hat eine primäre Verantwortung gegenüber seinen Aktionären und nicht gegenüber der Stadt Kriens», mahnt Baumgartner. Darum werde im Nidfeld mit Aussicht auf Gewinnmaximierung so viel Volumen wie möglich gebaut, und es gibt wenig Bezug zum lokalen Gewerbe.

Wenn das Projekt fertiggestellt ist, seien die Verantwortlichen weit weg in Bern oder Paris. «Wir leben seit Generationen hier und wollen uns auch in Zukunft noch in Kriens zeigen können. Darum verfolgen wir langfristige Überlegungen. Bei den bisherigen Etappen auf der Schällenmatt ist uns das, glaube ich, nicht so schlecht gelungen.»

Wohnungen für den Mittelstand

Verantwortungsvoll bauen klingt gut – doch stellt sich die Frage, für wen? «Wir bauen wie bisher für Familien aus dem Mittelstand», sagt Werner Baumgartner. Die Wohnungen werden weder günstig noch teuer – Mittelklasse-Preise eben. Aus seiner Sicht braucht es in Kriens auch Wohnungen im oberen Preissegment, damit auch wieder gute Steuerzahler nach Kriens ziehen.

«In Kriens fehlen zunehmend gute Steuerzahler und wir sehen jetzt, was die Folgen sind, wenn diese in anderen Gemeinden Wohnsitz nehmen oder gar aus Kriens wegziehen», spricht der Unternehmer die finanzielle Situation der Stadt an. «Darum bin ich fest davon überzeugt, dass es in jeder Stadt eine gute Mischung aus günstigen und teuren Wohnungen braucht.»

Dieselben Überlegungen machte Baumgartner bereits bei der Überbauung der Weinhalde am Sonnenberg in Kriens. Hier plante Baumgartner zusammen mit den Eigentümern des Grundstücks Wohnungen im oberen Preissegment (zentralplus berichtete).

Doch wurde das Vorhaben an der Urne hauchdünn abgelehnt. Ein Stachel, der bei Baumgartner bis heute tief sitzt. Es wird ihn darum beruhigen, dass auf die jüngst aufgelegte Bauetappe auf der Schällenmatt nur eine Einsprache bei der Stadt Kriens eingegangen ist. Eine, wo man sich werde einigen können, wie der Unternehmer zum Abschluss des Gesprächs zuversichtlich sagt.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Wettbewerbler
    Wettbewerbler, 30.01.2023, 07:14 Uhr

    Wenn so auf die Qualität gesetzt wird und der Schweighof als Anti-These benutzt wird frage ich mich warum die architektonische Qualität nicht durch einen Architekturwettbewerb sichergestellt wird. Im Schweighof wurde von dem Areal bis zum einzelnen Haus alles per Konkurrenzverfahren realisiert und hat einige sehr schöne Bauten dabei hervorgebracht.

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