Teil 2 über Leerstände

Die leeren Wohnungen der Luzerner Altstadt

Im Haus an der Eisengasse 6 wird schon seit vielen Jahren nicht mehr gewohnt. (Bild: ewi)

Zahlreiche Wohnungen und Häuser in Luzern stehen leer. Gerade in der Altstadt gibt es viele Beispiele. Das hat auch historische Gründe. Der zweite Teil zu den Luzerner Leerständen.

Die Luzerner Altstadt ist ein Schmuckstück. Enge Gassen, alte Häuser, bemalte Fassaden und verschiedenste Geschäfte. Und auch wenn Kritiker seit Jahren wegen des Online-Handels den schleichenden Tod der Innenstädte heraufbeschwören: Ein Spaziergang durch die Altstadt beweist das Gegenteil. Die Stadt lebt.

Allerdings nur auf den ersten Blick. Und hauptsächlich in den Erdgeschossen. Tatsächlich wohnen nur 800 Personen in der Altstadt. Das historische Quartier lädt zum Einkaufen und zum Essen ein. Wohnraum hingegen bietet die Altstadt wenig.

Ein Rundgang durch die Altstadt zeigt verschiedene Beispiele (zentralplus berichtete) teils oder komplett leerstehender Häuser. zentralplus hat nach den Gründen gefragt.

Weggisgasse 21

Die Weggisgasse ist eine der attraktivsten Einkaufsstrassen in der Stadt Luzern. Das ist schon seit vielen Jahren so. Doch der Beliebtheit der Gasse als Einkaufsstrasse ist Wohnraum zum Opfer gefallen. Zum Beispiel an der Weggisgasse 21. Im rosa Haus stehen die beiden oberen Stockwerke seit Jahrzehnten leer.

Das simple Problem: Nebst dem Ladeneingang im Erdgeschoss gibt es keinen weiteren Hauseingang. Die oberen Stockwerke sind deshalb nur über das Geschäft erreichbar.

Die oberen Etagen der Weggisgasse 21 sind nur über den Laden im Erdgeschoss zugänglich. (Bild: ewi)

Das Haus gehört dem Luzerner «Stadtbeobachter» Louis Baume. Er hat die Geschichte des Hauses zurückverfolgt und fand heraus, dass der ursprüngliche Hauseingang bereits 1926 zurückgebaut wurde. Dadurch konnte das damals eingemietete Optikergeschäft das Schaufenster verbreitern und die Ladenfläche vergrössern. Doch die oberen Stockwerke können so nur noch vom Geschäft im Parterre genutzt werden.

Das aktuell eingemietete Schmuckgeschäft beansprucht nur das Erdgeschoss als Lade- und den ersten und zweiten Stock als Lagerfläche. So stehen die oberen zwei Stockwerke leer.

Kapellgasse 18

Ein paar Schritte weiter offenbart sich an der Kapellgasse 18 dasselbe Problem. Hier befindet sich in den unteren beiden Etagen das Unterwäschegeschäft Beldona. Die oberen drei Etagen sowie das Dachgeschoss stehen seit Jahren leer, weil es auch hier keinen Hauseingang gibt. Auf der Rückseite des Hauses gäbe es sogar eine schöne Terrasse – nutzen kann diese aber niemand.

Im Haus an der Kapellgasse 18 stehen die oberen Etagen leer. (Bild: ewi)

Das Problem ist schon seit längerem bekannt. Bereits 2019 beantwortete der Stadtrat eine Interpellation zu diesem Thema. Bei Um- oder Neubauten pocht die Stadt darauf, dass der Hauseingang wieder hergestellt wird und die oberen Stockwerke somit zugänglich werden.

Doch die Auflagen für Umbauprojekte sind hoch. Die gesamte Altstadt liegt in der Ortsbildschutzzone A und Bauprojekte müssen zwingend mit der Denkmalpflege abgesprochen werden. Weiter hat auch die Gebäudeversicherung hohe Ansprüche an den Brandschutz. Gerade in Wohnungen, die jahrzehntelang nicht bewohnt wurden, kostet alleine eine Brandschutzsanierung sehr viel Geld. Angesichts der hohen Kosten schrecken Eigentümer von einer Sanierung ab und befürworten – trotz Leerständen – den Status quo.

Eisengasse 6

Vor knapp 30 Jahren wurde dieses Haus im Baurecht an die Familie Schwöbel abgegeben, die über die «Gambrinus Gastronomie AG» den «Stadtkeller» und die Rathaus-Brauerei betreibt. Darum interessiert sich die Familie vor allem für den Keller der Eisengasse 6. Denn dort gärt und lagert das beliebte Bier der Brauerei bis zu seiner Reifung von circa sechs Wochen. Danach gelangt es vom Keller der Eisengasse über unterirdische Leitungen in die Rathaus-Brauerei sowie in den «Stadtkeller».

Das Haus an der Eisengasse 6 macht einen heruntergekommenen Eindruck. (Bild: ewi)

Dass das Haus in keinem guten Zustand ist, bestätigt auch Julia Schwöbel auf Anfrage. Doch das Baurecht für das Gebäude läuft bald aus, was beide Parteien von einer früheren Sanierung des Hauses abhielt. Doch jetzt laufen gemäss Schwöbel Verhandlungen zur Verlängerung des Baurechts, damit die Sanierung des Gebäudes zügig erfolgen und das Bier weiterhin fliessen kann.

Eisengasse 9

Praktisch vis-à-vis vom «Bierkeller» befindet sich der nächste Leerstand an der Eisengasse. Vielen dürfte die Kontaktbar «Bijou» ein Name sein, die dieses Haus früherer mietete. Doch die Pandemie setzte dem Geschäft ein Ende. Und seither steht auch dieses Haus leer.

Pikant an diesem Fall ist, dass eine erneute Vermietung des Hauses derzeit wegen eines Rechtsstreits blockiert ist. Denn wegen ausbleibender Zahlungen wurde den Betreibern der Kontaktbar – die «BI 9 GmbH» – gekündigt. Doch diese haben die Kündigung angefochten, wie die Luzerner Gerichte auf Anfrage bestätigen.

Spannend ist zudem ein Blick auf die Eigentumsverhältnisse der «BI 9 GmbH». Die Firma gehört einerseits Max Willi, Stockwerkeigentümer jenes Hauses, in dem früher die Kontaktbar «Krienbrüggli» beheimatet war (zentralplus berichtete). Anderseits sind auch Patrick Hermetschwiler und Roland Meier daran beteiligt. Hermetschwiler ist der Präsident der Zürcher Hell’s Angels, Meier wiederum bezeichnete «Watson» einst als «Urgestein» der Rockerbande.

Während die Geschichte der Eisengasse 9 also bis tief ins Rotlicht- und Bandenmillieu reicht, bleiben die Wohnungen dieses Hauses bis auf Weiteres leer und unbenutzt.

Verwendete Quellen
  • Auszüge aus dem Grundbuchamt
  • Auszüge aus dem Handelsregister
  • Schriftlicher Austausch mit Christian Renggli, Luzerner Gerichte
  • Telefonat mit Julia Schwöbel
  • Persönlicher Austausch mit Louis Baume
  • Artikel von «Watson»
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


3 Kommentare
  • Profilfoto von M.J.Willi
    M.J.Willi, 19.05.2023, 09:59 Uhr

    Was haben die Leerwohnungen
    in der Luzerner Altstadt mit dem
    Restaurant-Bar Krienbrüggli zu tun ???

    👍1Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runter
  • Profilfoto von Tho Stu
    Tho Stu, 15.05.2023, 14:34 Uhr

    Als Leser frage ich mich, wie viele Wohnungen in den beschriebenen Gebäuden denn nun tatsächlich leer stehen? Zum Glück gibt es noch genügend Geschäfte in den Erdgeschossen, ansonsten wäre es wohl bald sehr ausgestorben in der Altstadt.

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔1Nachdenklich👎0Daumen runter
  • Profilfoto von Silvio Bonzanigo
    Silvio Bonzanigo, 15.05.2023, 12:13 Uhr

    Ein gut recherchierter, aufschlussreicher Bericht. Jede Nichtvermietungen von Wohnungen birgt politischen Zündstoff.
    Es gibt zudem Häuser in der Luzerner Altstadt, deren obere Etagen aus einem anderen Grund nicht mehr vermietet werden: Der Mietertrag der im Parterre eingemieteten Luxusuhren-Geschäften ist so hoch, dass man auf Erträge der oberen Stockwerken verzichten kann. Und so auch dem Ärger mit Mietern, Mieterwechseln, Mietzinsanfechtungen etc. entgeht.

    👍5Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon