Mehrere Zuger SVP-Kantonsräte sorgen sich über die Zunahme der sogenannten Barbershops und Billig-Coiffeursalons. Sie fürchten, dass das geltende Recht bei diesen nicht eingehalten wird. Die Zuger Regierung zieht hingegen eine weniger dramatische Bilanz.
«Einmal Bart stutzen, bitte.» Was man früher eher in Sevilla tat, ist immer mehr auch in Zug Usus geworden. Die Zahl sogenannter Barbershops hat in den vergangenen Jahren im Kanton Zug zugenommen. Diese sowie Billig-Coiffeursalons seien «wie Pilze aus dem Boden» geschossen, finden einige SVP-Kantonsräte gar. Sie gelangten im Frühling mit einer Interpellation an den Regierungsrat (zentralplus berichtete).
Die Interpellanten zeigen sich besorgt. Sie hätten die Beobachtung gemacht, dass sich zeitgleich mit den Barbershop-Eröffnungen auch Berichte über Verstösse gegen verschiedene Gesetze gehäuft hätten. So etwa gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG), das Geldwäschereigesetz oder den Gesamtarbeitsvertrag (GAV) der Coiffeurbranche. Die SVP-Räte wollten von der Regierung demnach wissen, inwiefern der Kanton diesen Läden auf die Finger schaue und was bisherige Kontrollen ergeben hätten.
Nun liegen die Antworten des Regierungsrats zum Thema vor. Zunächst weist dieser darauf hin, dass keine allgemeingültige Definition des Begriffs Barbershop existiere. Ausserdem könne man auch als Barbier oder Coiffeur arbeiten, ohne eine entsprechende Lehre absolviert zu haben. Im Bereich der Barbershops sei es üblich, dass die Angestellten ihre Fähigkeiten «on the job» erwerben würden.
Barbershops werden systematisch kontrolliert
Gemäss Bundesamt für Statistik ist die Zahl der Betriebe im Kanton Zug von 202 (im Jahr 2015) auf 220 (im Jahr 2020) angestiegen. In diesen arbeiteten 2020 479 Mitarbeitende. Der Anstieg habe dazu geführt, dass seit 2018 in verschiedenen Kantonen systematisch Kontrollen durch die Polizei, das Amt für Wirtschaft und Arbeit sowie durch die Paritätische Kommission für das schweizerische Coiffeurgewerbe (PK) veranlasst würden. So auch im Kanton Zug.
«Die Niedrigpreispolitik einzelner Barbershops lässt vermuten, dass nicht überall existenzsichernde Löhne bezahlt werden.»
Zuger Regierung in der Interpellationsantwort
Dass aus der Coiffeurbranche vermehrt Klagen über unfaire Billigkonkurrenz zu hören sei, konkret über Lohndumping, Schwarzarbeit und andere Verstösse, sei dem Regierungsrat bekannt. Er beobachte auch die Entwicklung in den anderen Kantonen. «Die Niedrigpreispolitik einzelner Barbershops und Coiffeursalons lässt vermuten, dass nicht überall existenzsichernde Löhne bezahlt werden.»
Die Kontrolle zu halten, ist nicht ganz einfach
Die Löhne sind im GAV für das Coiffeurgewerbe geregelt. Alle Coiffeurbetriebe in der Schweiz, die Mitarbeiterinnen beschäftigen würden, unterstünden deshalb von Gesetzes wegen diesen Bestimmungen. Ob Barbershop oder klassisches Coiffeurgeschäft: Auch Ungelernte müssten konform zum GAV entlöhnt werden.
Weil das Coiffeurgewerbe dem GAV unterstellt sei, würde die Kontrolle der Einhaltung der Lohnvorschriften durch die entsprechende Paritätische Kommission (PK) erfolgen. Demnach würde unter anderem auch die Bekämpfung von Lohndumping primär in deren Kompetenz fallen.
13 Kontrollen, drei Verletzungen gegen das Ausländergesetz
Im Jahr 2020 habe die PK neun Kontrollen durchgeführt, im Jahr 2021 und 2022 jeweils vier. «Die Zuger Polizei führte insgesamt 13 Kontrollen durch, vorrangig bei neu eröffneten Geschäften im preisgünstigen Segment», heisst es im Bericht. Eine Unterscheidung zwischen klassischen Coiffeursalons und neuartigen Barbershops sei nicht gemacht worden.
In den 13 Kontrollen seien drei Übertretungen gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz geahndet worden, dies wegen Verletzung der Meldepflicht vorläufig aufgenommener Personen.
Die SVP wollte wissen, welche Aufenthaltstitel die von der Zuger Polizei kontrollierten Personen gehabt hätten. Die Antwort darauf: Eine Person habe einen Schweizer Pass gehabt, drei Personen eine Niederlassungsbewilligung C, zwei Personen würden über eine Aufenthaltsbewilligung für EU-Bürger verfügen. Ausserdem seien elf Flüchtlinge mit einem Ausweis B sowie zwei Flüchtlinge mit einem Ausweis F kontrolliert worden.
Verfehlungen beim Lohn sowie der Lohnkontrolle
Bei den Kontrollen 2020 stellte die PK bei acht Mitarbeiterinnen geldwerte Verfehlungen fest, etwa bezüglich Lohn, Ferienlohn oder ungerechtfertigter Krankentaggeldabzüge. Ausserdem seien Abweichungen bei den Arbeitsbedingungen festgestellt worden, also etwa in der Zeiterfassung, der Lohnkontrolle oder der Feiertagskontrolle.
2021 habe die PK keine Verfahren abgeschlossen, im Jahr 2022 seien bei neun Angestellten Abweichungen bei den Arbeitsbedingungen festgestellt worden.
Ob es in besagter Branche zu Verfehlungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen gekommen sei, sei nicht feststellbar. Dies, da allfällige Verstösse von der Eidgenössischen Steuerverwaltung nicht nach Branchen separat erfasst würden.
«Die Kontrolldichte kann bei relevanten Vorkommnissen umgehend erhöht werden.»
Regierungsrat in der Antwort
Auf die Frage der SVP-Kantonsräte, wie die Regierung die Kontrolldichte in der Branche sehe und ob sie eine Intensivierung beabsichtige, schreibt diese Folgendes: «Die PK handelt in eigener Kompetenz und verfolgt die Situation nahe, zieht daraus Schlüsse für das Kontrollkonzept und sanktioniert Verstösse konsequent.»
Die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Stellen bewähre sich, und die Intensität der Kontrollen werde aufrechterhalten. «Die Situation wird laufend beobachtet, und die Kontrolldichte kann bei relevanten Vorkommnissen umgehend erhöht werden.»
Thomas Werner sieht sich in seinen Befürchtungen bestätigt
Auf die Antworten des Regierungsrates angesprochen, äussert sich der Zuger SVP-Kantonsrat Thomas Werner wie folgt: «Die Antwort der Regierung bestätigt meine Befürchtungen, dass die Barbershops und Billigcoiffeure sich nicht an die Gesetze halten.»
Sie würden nicht die gewerbeüblichen Mindestlöhne nicht zahlen und Arbeitnehmende ohne Arbeitsbewilligung zu Tiefstlöhnen arbeiten lassen. «Dies geht zu Lasten der ehrlich abrechnenden Betriebe sowie der Steuerbehörden. Falls in diesen Betrieben sogar Schwarzgeld und Drogengeld gewaschen wird, wäre der Schaden noch grösser», so Werner weiter.
- Interpellationsantwort des Regierungsrats
- Schriftlicher Austausch mit Silvia Thalmann-Gut
- Schriftlicher Austausch mit Thomas Werner