374’000 Franken für EWL-Chef – Kaderlöhne werfen Fragen auf
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Die Chefs verdienen anständig: Stephan Marty (links, EWL), Norbert Schmassmann (VBL, oben rechts) und Beat Demarmels (Viva-Altersheime).
(Bild: zVg)Die Kaderlöhne der selbständigen städtischen Unternehmen sind dieses Jahr erstmals offengelegt worden. Bei den Initianten dieser Transparenz-Offensive sorgen die teils stolzen Summen für Stirnrunzeln. Sie wollen mehr Informationen. Die Grünen verlangen sogar, dass alle Betriebe, die städtische Unterstützung erhalten, ihr Lohnbuch öffnen.
Der Chef von Energie Wasser Luzern (EWL) verdient beinahe doppelt so viel wie ein Luzerner Stadtrat. Das geht aus der Stadtluzerner Gesamtplanung hervor, die diesen Donnerstag publiziert wurde. In diesem Dokument hat die Stadt erstmals die Cheflöhne der selbständigen städtischen Betriebe aufgelistet. Es handelt sich um die EWL, die Verkehrsbetriebe (VBL) und die Viva AG, die Betreiberin der ausgelagerten Altersheime.
Bei den CEOs schwingt klar Stephan Marty von EWL obenaus. Er verdiente letztes Jahr mit 373’631 Franken fast 100’000 Franken mehr als der Chef der Verkehrsbetriebe Norbert Schmassmann und sogar 150’000 Franken mehr als der Geschäftsleiter von Viva, Beat Demarmels.
Ein Grund dafür liegt in den vergleichsweise hohen Löhnen in der Energiebranche. So bezieht beispielsweise Felix Graf, CEO der (deutlich grösseren) Luzerner CKW, ein Jahresgehalt von über 600’000 Franken; die Chefin der Bernischen Kraftwerke (BKW), Suzanne Thoma, kassierte letztes Jahr gar über eine Million Franken. Die Kadersalärstudie der Unternehmensberatungsfirma Kienbaum und der «Handelszeitung» kam letztes Jahr zum Schluss, dass die Energiebranche zu den Spitzenreitern beim Lohnwachstum gehört.
Das veranschaulichen auch die Gehälter der erweiterten Chefetage von EWL. Die Geschäftsleitung wurde im letzten Jahr mit über einer Million Franken entlöhnt – was pro Person knapp 240’000 Franken entspricht.
«Fast das Doppelte an Lohn wie ein Stadtrat ist schon erstaunlich viel.»
Christian Hochstrasser, Grossstadtrat (Grüne)
Auch bei den VBL kassierten die vier weiteren Geschäftsleitungsmitglieder 2015 durchschnittlich 195’000 Franken. Bei Viva betrug die Lohnsumme des obersten Kaders sogar 1,7 Millionen Franken. Weil nebst CEO Beat Demarmels allerdings zehn weitere Personen in der Geschäftsleitung sitzen, ergibt das durchschnittlich einen Jahreslohn von 170’000 Franken.
Das zeigt: Nicht nur der oberste Boss wird gut entlöhnt, sondern auch die weiteren GL-Mitglieder bewegen sich mit ihren Salären annähernd auf dem Niveau der Stadtluzerner Regierungsmitglieder. Diese verdienen seit diesem Jahr noch 200’000 Franken jährlich, wobei der Stadtpräsident Beat Züsli 220’000 Franken bezieht. Denn die Luzerner Stimmbevölkerung hat der Regierung im März 2015 einen Lohndeckel aufgebrummt: Mit deutlicher Mehrheit wurde eine Initiative der SVP angenommen, die eine Lohnkürzung von rund 20 Prozent forderte. Bis Ende 2015 wurde der Stadtpräsident noch mit gut 263’000 Franken entlöhnt, die Stadträte mit jeweils 247’000 Franken.
Jost muss grössten Teil abgeben
Im Bericht aufgeführt sind auch die Vergütungen der Verwaltungsräte der drei Aktiengesellschaften. Auch hier fallen ansehnliche Summen an.
Weil die Stadt Hauptaktionärin der Unternehmen VBL, EWL und Viva ist, sitzt in diesen Verwaltungsräten auch jeweils ein Vertreter der Stadtregierung. 2015 war dies bei allen drei Firmen die grünliberale Baudirektorin Manuela Jost (wobei bei der VBL auf Mitte Jahr FDP-Sozialdirektor Martin Merki ihren Posten übernahm). Mit diesen drei Mandaten verdiente Jost im letzten Jahr insgesamt knapp 57’000 Franken. Doch mit diesem Geld schöne Ferien auf den Malediven machen kann sie nicht. Behalten darf Jost nämlich nur 2000 Franken pro Mandat – also insgesamt 6000 Franken. Der Rest fliesst in die Stadtkasse, so will es das entsprechende Reglement.
Einschätzung sei schwierig
Die Transparenz-Offensive geht zurück auf politische Vorstösse von Seiten SP und Grünen (zentralplus berichtete). Die damaligen Initianten sind mit der Auflistung in der Gesamtplanung grundsätzlich zufrieden.
«Es ist genau so, wie wir das gefordert haben», sagt Grossstadtrat Christian Hochstrasser (Grüne). Die Auflistung schaffe einen guten Einblick. Dabei gehe es keineswegs um «Lohnneid», sondern um Transparenz, so Hochstrasser. Ihm sei besonders der hohe Lohn des CEO von EWL aufgefallen. Aber ob das angemessen sei, könne er nicht abschliessend beurteilen. «Fast das Doppelte wie ein Stadtrat ist aber schon erstaunlich viel.»
Auch Simon Roth (SP-Grossstadtrat) fällt auf, dass der EWL-CEO deutlich mehr verdient als die Stadträte. «Es stellt sich schon die Frage, ob das gerechtfertigt ist.» Auch die 60’000 Franken für die Verwaltungsratspräsidentin der Verkehrsbetriebe, Yvonne Hunkeler, hinterliessen «Fragezeichen». Ohne weitere Informationen sei es jedoch schwierig, zu beurteilen, wie plausibel die Auszahlungen seien. Roth kündigt aber an, die Hintergründe im Rahmen der Kommissionssitzung abklären zu lassen.
«Der Auslöser ist nicht Misstrauen, im Gegenteil: Es geht primär um das Vertrauen der Bevölkerung in die Stadt.»
Urban Frye, Grossstadtrat (Grüne)
Roth hält zudem fest, dass die Auflistung noch mehr Informationen enthalten könnte, beispielsweise, wie viele Sitzungen die jeweiligen Verwaltungsräte abhielten. «Damit könnte man noch besser einschätzen, in welchem Verhältnis die Vergütung steht.»
Transparenz ausweiten
Einen Schritt weiter geht Urban Frye, Stadtparlamentarier der Grünen. Er ist der Meinung, dass weitere Betriebe ihre Kaderlöhne offenlegen müssten. «Die Stadt sollte bei allen Unternehmen, bei denen sie Einsitz und damit ein Mitspracherecht hat, darauf hinwirken.» Dazu gehörten beispielsweise die Hallenbad Luzern AG, die Stadion AG oder auch Kulturbetriebe. Das Druckmittel dazu stehe bereit: «Die Stadt könnte die Subventionen an diese Bedingung knüpfen.» Er plane einen Vorstoss in diese Richtung, kündigt Frye an.
«Der Auslöser ist nicht Misstrauen, im Gegenteil: Es geht primär um das Vertrauen der Bevölkerung in die Stadt», betont Frye. Die Öffentlichkeit solle sehen, dass sich in den stadtnahen Betrieben niemand ungerechtfertigt eine goldene Nase verdiene. Frye glaubt denn auch, dass die jetzt offengelegten Löhne keinen grossen Aufstand in der Bevölkerung verursachen – genau das sei das Ziel gewesen.
Klar ist: Die Zeichen der Zeit stehen auf mehr Transparenz. Auch der Kanton Luzern hat beschlossen, ab 2017 die Cheflöhne beispielsweise beim Luzerner Kantonsspital, der Uni oder der Polizeischule in Hitzkirch offenzulegen (hier geht’s zum Artikel).
Umstritten ist, wie sich die «gläsernen Cheflöhne» auf deren Höhe auswirken. Oft wird die These vertreten, dass die Ansprüche der Manager steigen, wenn sie ihr Salär mit anderen vergleichen können – und dies die Löhne in die Höhe treibt. Andererseits kann Transparenz auch zum Gegenteil führen: Bei der Aargauer Kantonalbank zum Beispiel beschloss das Kantonsparlament vor einem Jahr einen Lohndeckel von 600’000 Franken für die Chefetage – um die «Löhne zu normalisieren» und zu gewährleisten, dass die Bankführung nicht mehr als das Doppelte der Regierungsräte verdient.
Die Vergütungen der Verwaltungsräte 2015 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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In unserer Galerie sehen Sie Fotos aller Verwaltungsräte und Geschäftsleitungen der drei Betriebe:
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Der EWL-Verwaltungsrat (Bild: EWL-Geschäftsbericht).
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Die EWL-Geschäftsleitung auf einem Foto: Stephan Marty (links), Konrad Bussmann, Rolf Samer, Pirmin Lustenberger, Patrik Rust und Martin Erny (Bild: EWL-Geschäftsbericht).
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Die Geschäftsleitung der VBL (Bild: VBL-Jahresbericht).
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Der Verwaltungsrat der VBL (Bild: VBL-Jahresbericht).
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Der Verwaltungsrat von Viva Luzern (Bild: Viva-Jahresbericht).
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Die Geschäftsleitung von Viva Luzern (Bild: Viva-Jahresbericht).
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