Luzerner Regierung will Transparenz

Cheflöhne kommen unter die Lupe

Hat künftig jeder das Recht zu erfahren, was Chefs in ausgelagerten Anstalten und Betrieben des Kantons Luzern verdienen? (Bild: flickr.com)

SP-Kantonsrat Giorgio Pardini fordert bei Betrieben des Kantons Luzern die Offenlegung der Kaderlöhne. Das betrifft etwa das Luzerner Kantonsspital, die Uni oder die Polizeischule in Hitzkirch. Der Vorstoss findet auch bei der bürgerlichen Regierung Unterstützung. Für die allfällige Umsetzung finden sich Beispiele in der Nähe.

Wer verdient wie viel? Eine Frage, die in der Schweiz lange tabu war, kommt wieder aufs politische Parkett. Sie ist nicht ganz neu. So beschäftigte sich das Schweizer Stimmvolk in der Vergangenheit etwa mit der Abzocker-Initiative oder der 1:12-Initiative. Streitpunkt dieser beiden Vorlagen waren die exorbitanten Managerlöhne gewisser Abzocker. 

Nun befasste sich auch die Luzerner Regierung mit dem Thema Lohntransparenz. SP-Kantonsrat Giorgio Pardini fordert in einem Postulat die Offenlegung der Kaderlöhne und Verwaltungshonorare von ausgelagerten Anstalten und Betrieben. Die Bürger hätten schliesslich das Recht darauf zu erfahren, wer wie viel verdient, so der Gewerkschafter. Zudem habe sich die Gesellschaft in letzter Zeit zu vermehrter Lohntransparenz geöffnet. Dies bestätigten auch Entwicklungen auf Stufe Bund, etwa mit der neuen Kaderlohn-Verordnung.

«Es geht mir nicht darum, Abzockerei zu unterstellen oder eine Neid-Diskussion auszulösen, sondern um das Öffentlichkeitsprinzip.»

Giorgio Pardini, SP-Kantonsrat

Luzerner Regierung überweist Postulat

Die Luzerner Regierung stimmt dem Anliegen nun im Grundsatz zu. Sie will die Publikation der Entschädigung an die strategischen Gremien (Verwaltungsräte) und die Geschäftsleitung für folgende Organisationen ab 2017 erreichen:

Organisationen des öffentlichen Rechts mit Mehrheitsbeteiligung des Kantons:
  • Luzerner Kantonsspital
  • Luzerner Psychiatrie
  • Pädagogische Hochschule Luzern
  • Universität Luzern
  • Gebäudeversicherung Luzern
  • Ausgleichskasse Luzern
  • IV-Stelle
  • Lustat Statistik Luzern
  • Zweckverband Grosse Kulturbetriebe

Organisationen des öffentlichen Rechts mit Minderheitsbeteiligung mit starkem Bezug zum Kanton Luzern:

  • Luzerner Pensionskasse
  • Hochschule Luzern
  • Landwirtschaftliche Kreditkasse
  • Verkehrsverbund Luzern
  • Zentralschweizer BVG- und Stiftungsaufsicht
  • Interkantonale Polizeischule Hitzkirch
  • Zweckverband für institutionelle Sozialhilfe und Gesundheitsförderung
Organisationen des privaten Rechts mit Mehrheitsbeteiligung des Kantons:
  • Speicherbibliothek AG
  • Luzerner Kantonalbank AG (hat als privatrechtliche und börsenkotierte Aktiengesellschaft bereits sämtliche Vorgaben erfüllt)
Organisationen des privaten Rechts, welche staatsnahe Aufgaben erfüllen:
  • Raumdatenpool Kanton Luzern
  • Verein Kooperative Speicherbibliothek Schweiz

Initiant spricht von wichtigem Schritt

SP-Kantonsrat Giorgio Pardini fordert im Namen der SP-Fraktion mehr Lohntransparenz (Bild: www.giorgiopardini.ch).

SP-Kantonsrat Giorgio Pardini fordert im Namen der SP-Fraktion mehr Lohntransparenz (Bild: www.giorgiopardini.ch).

Giorgio Pardini ist mit dem Entscheid des Regierungsrates zufrieden und hofft nun auf den Kantonsrat und die bürgerliche Ratsmehrheit. «Mit der Lohntransparenz nimmt der Kanton eine Aufgabe des Öffentlichkeitsprinzips wahr, mit dem er sich bisher schwertat.» Pardini will die Lohnfrage enttabuisieren und offenlegen, ob die führenden Gremien in ausgelagerten Betrieben marktüblich entschädigt werden. «Es geht mir nicht darum, Abzockerei zu unterstellen oder eine Neid-Diskussion auszulösen, sondern um das Öffentlichkeitsprinzip», so der SP-Kantonsrat.

Betroffene reagieren gelassen

Beim Luzerner Kantonsspital reagiert man gelassen auf mögliche Änderungen. Denn das Luzerner Kantonsspital (LUKS) veröffentliche bereits heute im Rahmen der Corporate Governance die Entschädigungen ihres Kaders, so Mediensprecherin Angela Lötscher. «Dem Kanton werden zudem die Entschädigungen der Mitglieder des Spitalrates und der Geschäftsleitung auch individuell offengelegt», sagt Lötscher. Konkret sehen die Zahlen des LUKS im Geschäftsbericht 2014 folgendermassen aus: Der Spitalrat unter der Leitung von Beat Villiger wird mit 335’912 Franken entschädigt, und die gesamte Geschäftsleitung unter CEO Benno Fuchs erhält 3’098’556 Franken.

Auch bei der Universität Luzern hat man wenig Bedenken. Kommunikationsbeauftrager Lukas Portmann sagt: «Allgemein gilt, dass die Universität bereits heute eine hohe Transparenz kennt.» Mit der Personalverordnung bestehe ein Regelwerk, das klare Rahmenbedingungen setze. Darin seien die Funktionen und die Anforderungen präzis beschrieben. Die Funktionen wiederum werden Lohnklassen zugeteilt. Diese sind öffentlich. «Das Regelwerk gewährleistet Gleichheit und Fairness bei der Einordnung und sorgt auch für Transparenz», präzisiert Portmann.

Uni-Rektor «im Nebenamt»

Etwas speziell gestaltet sich die Vergütung der Rektoren. Portmann sagt: «Ein Rektor oder Prorektor nimmt dieses Amt neben seiner Aufgabe als Professor wahr. Ein Ausweis der Vergütung würde also nur diesen Teil betreffen, und nicht das Einkommen aus der Tätigkeit als Professor.» Zu den Einkünften der Geschäftsleitung der Universität will Portmann nichts sagen.

«Die Tendenz geht in Richtung Offenlegung.»

Beatrice Weibel, Kommunikationsbeauftragte Interkantonale Polizeischule

Ein weiterer Spezialfall ist das Konkordat um die Interkantonale Polizeischule in Hitzkirch. Kommunikationsbeauftragte Beatrice Weibel sagt: «Die Lohntransparenz ist bei uns auch ein Thema und wird bei der Erstellung des neuen Geschäftsberichtes behandelt. Die Tendenz geht in Richtung Offenlegung.»

Es geht auch freiwillig – ohne Gesetz

Auch in der Stadt Luzern befasste sich die Politik mit dem Thema Lohntransparenz. So hat die SVP mittels der vom Volk angenommenen Initiative «200’000 Franken sind genug» die Löhne für die Stadträte nach oben begrenzt. Und die SP hat im vergangenen Jahr die Offenlegung der detaillierten Löhne der Chefetagen von vbl, ewl und der ausgelagerten Heime beantragt. Der Stadtrat lehnte dies zwar ab, wurde allerdings vom Stadtparlament überstimmt (zentral+ berichtete). Wie genau die neuen Bestimmungen umgesetzt werden können, war bisher nicht bekannt.

Ursula Eiholzer von der Stabstelle für Beteiligungscontrolling sagt nun: «Die Beteiligungsgesellschaften der Stadt Luzern, welche sich zu 100 Prozent im Besitz der Stadt Luzern befinden – namentlich ewl Holding AG Luzern, Verkehrsbetriebe Luzern AG und Viva Luzern AG – werden inskünftig freiwillig die Vergütungen an die Verwaltungsräte und die Konzern- bzw. Geschäftsleitungen in ihren Geschäftsberichten veröffentlichen.» Dies haben etwa die vbl bereits in der Vergangenheit gemacht: Gemäss Geschäftsbericht 2014 erhielt der Verwaltungsrat 160’200 Franken und die Geschäftsleitung 989’250 Franken. Neu ist gemäss Eiholzer nun, «dass die Vergütungen an den Verwaltungsrat sowie den Vorsitzenden der Geschäftsleitung einzeln pro Person ausgewiesen werden».

Geschäftsberichte werden spannend

Genaue Zahlen über die Vergangenheit konnten die Betroffenen auf Nachfrage von zentral+ noch keine liefern. Sowohl bei ewl, vbl und Viva Luzern hiess es: «Die beschlossene Lohntransparenz wird erstmals wirksam im Jahr 2016, das heisst mit der Veröffentlichung des Geschäftsberichts 2015.» Diese werden voraussichtlich im Mai 2016 veröffentlicht.

Einen etwas direkteren Weg wählte vbl-Direktor Norbert Schmassmann. Er kam allen politischen Vorstössen zuvor. Unverhohlen gab er in einem Interview mit der «Zentralschweiz am Sonntag» seinen Lohn preis: 250’000 Franken. Mit der Offenlegung wollte er schlicht und einfach die Diskussion um sein Gehalt stoppen, sagte er im vergangenen Juni.

Postulat kommt nun in den Kantonsrat

Die Luzerner Regierung hat das Postulat von SP-Kantonsrat Pardini nun für erheblich erklärt. Nun wird dieses von der zuständigen Kommission und später vom Kantonsrat behandelt. Interessanterweise kommt der Vorstoss von der SP, welche ja bekanntlich in der Luzerner Regierung nicht mehr vertreten ist. Das Beispiel zeigt aber, dass dies nicht zwingend bedeuten muss, dass Vorstösse von links chancenlos sein müssen. Die erste Hürde hat das Postulat nun genommen; wie der Kantonsrat entscheiden wird, wird sich weisen.

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