Lohntransparenz bei Luzerner Betrieben

Jetzt werden die Cheflöhne bekannt

Der Hauptsitz der ewl an der Industriestrasse.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Die detaillierten Löhne der Chefetagen von VBL, EWL und der ausgelagerten Heime sind bald kein Staatsgeheimnis mehr. Auf Initiative der Linken und gegen den Widerstand des Stadtrates hat das Stadtparlament mehr Transparenz durchgesetzt. Für den Ausschlag – und für Verwirrung – sorgte das Verhalten der CVP.

2015 wird in Luzern als das Jahr der Lohndebatten eingehen. Anfang März stimmten die Stadtluzerner der SVP-Initiative «200’000 Franken sind genug» zu, als Folge davon müssen die Gehälter des Stadtrates vermutlich auf Ende Jahr um fast 20 Prozent gesenkt werden. Dann kündigte vor Kurzem auch die Krienser SVP an, ihrem Gemeinderat eine ähnliche Lohnsenkung verabreichen zu wollen. Und an diesem Donnerstag debattierte nun das Stadtparlament, auf Initiative von Simon Roth und Daniel Furrer (SP) sowie Urban Frye und Christian Hochstrasser (Grüne), über die Verwaltungsrats- und Geschäftsleitungslöhne der ausgelagerten Stadtbetriebe.

Verwaltungsräte und Geschäftsleitungsmitglieder

Zu den ausgelagerten Stadtbetrieben gehören insbesondere die Verkehrsbetriebe Luzern (VBL), Energie, Wasser, Luzern (EWL) sowie die, seit diesem Jahr in die Viva AG ausgelagerten, städtischen Alters- und Pflegeheime. Das Fazit der angeregten Debatte vorneweg: Neu müssen diese Löhne, wie von den Linken gefordert und gegen den Willen des Stadtrates, detailliert ausgewiesen werden. Die Öffentlichkeit wird also bald erfahren, wieviel die Verwaltungsräte und Geschäftsleitungsmitglieder dieser Betriebe genau verdienen.

22 Parlamentarier stimmten für die Transparenzvorlage der SP, 17 dagegen, ein paar enthielten sich der Stimme. Auch der Vorstoss der Grünen, der einige weitere Aspekte beinhaltet, wurde angenommen.

«Luftleerer Raum»

Die bisherige Praxis verhindert, dass die Öffentlichkeit die genauen Löhne der Verwaltungsräte und Geschäftsleitungsmitglieder der ausgelagerten Betriebe erfährt. Einzig die Gesamtsumme wird von den Betrieben im Geschäftsbericht transparent gemacht. Aufgrund dieser Beträge lässt sich bloss ausrechnen, wie viel die Chefs im Durchschnitt verdienen. Bei der VBL-Geschäftsleitung sind dies jährlich rund 197’000 Franken, bei den EWL 235’000 Franken ­– Letzteres ist deutlich mehr, so nebenbei bemerkt, als künftig die Stadträte verdienen werden.

«Der Kanton ist in Sachen Öffentlichkeitsprinzip ja nicht gerade ein Vorreiter.»

Simon Roth (SP)

Doch um die Höhe dieser Saläre ging es der SP nicht. Sie forderte schlicht volle Transparenz. So, wie es etwa auch der Bund handhabt. Dort müssen sämtliche Entschädigungen der Chefetage detailliert ausgewiesen werden. Simon Roth (SP) sagte: «Der Kanton ist in Sachen Öffentlichkeitsprinzip ja nicht gerade ein Vorreiter. Die heutige Regelung genügt uns nicht.»

Gerade bei solch grossen Unternehmungen wie EWL, VBL oder Viva AG solle mehr Transparenz selbstverständlich sein. «Die bloss gesamthaft ausgewiesenen Entschädigungen stehen in einem luftleeren Raum. Bei den EWL stieg das Lohnwachstum zudem in den letzten Jahren um 25 Prozent. Warum, weiss die Öffentlichkeit nicht. Der Stadtrat kann nicht erklären, was gegen diese Forderung spricht», kritisierte Roth.

Müssen Chefs vor Transparenz geschützt werden?

Doch dem Luzerner Stadtrat ging die Bundeslösung zu weit. Ihm genügte die bisherige Lösung, die sich auf das städtische Reglement über das Beteiligungs- und Beitragscontrolling bezieht. Begründung: Die ausgelagerten Betriebe sollen eine grosse Selbstständigkeit geniessen, dafür haften sie auch selber für Fehlverhalten. «Die Stadt respektiert die rechtliche Selbstständigkeit der Aktiengesellschaft mit einer städtischen Mehrheitsbeteiligung und die zivilrechtlichen Kompetenzen ihrer Organe. Die Mitglieder des Verwaltungsrats gelten nicht als Vertretung der Stadt», steht weiter im Reglement.

Zudem macht die Stadt einen «Persönlichkeitsschutz» für die Firmenchefs geltend. «Diese Personen sollen sich nicht in der Öffentlichkeit für ihre Entschädigungen rechtfertigen müssen», schreibt der Stadtrat in seiner Antwort auf das Postulat der Grünen. Auch handhabe es der Kanton Luzern ähnlich wie die Stadt.   

«Niemand wird überhöht bezahlt.»

Stefan Roth, Stadtpräsident

Stadtpräsident und Finandirektor Stefan Roth führte aus: «Der Stadtrat hat sich gefragt, wie sich Transparenz bei den Löhnen auswirkt. Führt das eher zu kostensenkenden oder -steigenden Salären? Es hat sich gezeigt, dass Löhne trotz Kaderlohnreporting gestiegen sind». Zudem habe sich der Stadtrat gefragt, was man eigentlich mit mehr Lohntransparenz erreichen wolle. «Wir glauben, damit sollen missbräuchliche Löhne sichtbar gemacht werden. Aufgrund der Gesamtsumme der Cheflöhne unserer ausgelagerten Betriebe erkennen wir aber keine missbräuchliche Entwicklung. Niemand wird überhöht bezahlt.»

CVP gab den Ausschlag

Die Voten der anderen Fraktionen liessen noch auf eine haarscharfe Abstimmung schliessen. Laurin Murer (Grüne) machte den Anfang: «Wir begreifen nicht, warum sich der Stadtrat gegen mehr Transparenz wehrt. Der Bund und andere Kantone kennen diese Regelung längst.»

Ivo Durrer (FDP) wehrte sich dagegen: «Wir sind für Transparenz. Aber so wie es derzeit geregelt ist, genügt es. Mehr würde unverhältnismässigen bürokratischen Aufwand mit sich ziehen. Der SP geht’s nur darum, dass jeder weiss, wer wie viel verdient.»

«Wir möchten nicht, dass sich die Kinder dieser Chefs für die Löhne ihrer Eltern rechtfertigen müssen.»

Marcel Lingg, SVP

Etwas im Clinch war die SVP, wie Marcel Lingg sagte: «Wir haben die beiden Vorstösse kontrovers diskutiert. Natürlich sind auch wir für Transparenz. Aber hier reden wir nicht von astronomischen Löhnen. Wir möchten keinen gläsernen Menschen. Wir möchten nicht, dass sich die Kinder dieser Chefs für die Löhne ihrer Eltern rechtfertigen müssen.» Das gehe der SVP zu weit, man halte hier den Persönlichkeitsschutz für wichtiger als noch mehr Transparenz bei den Löhnen.

Für Irritation sorgte denn Albert Schwarzenbach (CVP). Aufgrund seines Votums war die CVP eher gegen mehr Transparenz. Konkret sagte Schwarzenbach: «Die Frage ist ja nur, wie detailliert wir die Löhne der Chefangestellten kennen müssen. Unsere Fraktion glaubt mehrheitlich, dass die bisherige Regelung genügt.» Man könne ja etwa ausrechnen, wie viel die Chefs verdienen würden. «Eine gewisse Diskretion bei den Löhnen gehört in der Privatwirtschaft eben dazu. Zudem hat diese Form der Transparenz keine Auswirkungen auf überrissene Löhne.»

In der Schlussabstimmung jedoch enthielten sich sowohl Schwarzenbach als auch eine Handvoll weiterer CVP-Parlamentarier der Stimme – und ebneten so den Weg für das Ja zu voller Transparenz. 

Gleiche Forderung wie Minder-Initiative

Eine klare Haltung plus entsprechendes Abstimmungsverhalten vertrat Stefan Sägesser samt der GLP-Fraktion: «Wir sind für Transparenz und verstehen die Kritik an der Forderung nicht. Es geht ja nicht darum, dass wir nachher festlegen, wer wie viel verdienen wird. Wir respektieren die unternehmerische Unabhängigkeit unserer ausgelagerten Betriebe.» Der Bund lebe die Lohntransparenz vorbildlich vor – auch die Stadt solle sich danach richten.

«Wir fordern nichts anderes, als das, was mit der Minder-Initiative für privatwirtschaftliche Aktiengesellschaften gilt.»

Christian Hochstrasser (Grüne)

Christian Hochstrasser (Grüne) machte noch ein anderes Argument für mehr Transparenz geltend: «Wir fordern nichts anderes, als das, was mit der Minder-Initiative für privatwirtschaftliche Aktiengesellschaften gilt. Warum das für die Stadt ein Problem darstellen soll, sehe ich nicht.»

Damit war Daniel Wettstein (FDP) überhaupt nicht einverstanden: «Bei der Minder-Initiative ging es um die absoluten Lohnauswüchse von Managern. Darum geht’s bei unseren Betrieben ja nicht. Was soll denn das Ziel dieser Forderung sein? Stimmen wir dem zu, müssten wir sämtliche Löhne der Angestellten publik machen», so Wettstein. Das wolle man sicher nicht. «Ich bin zudem todsicher, dass im Moment der vollen Transparenz, auch eine Diskussion über die Höhe der Cheflöhne aufflammen wird.» Dann werde etwa hinterfragt, wieso dieser Chef mehr verdient als der andere. Diese Diskussion aber wolle man nicht.

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