Grossfeuerwerk in Zug

Privates Grossfeuerwerk: Kritik an der Zuger Bewilligungspraxis

Doch nicht 35 Tonnen: Das private Zuger Feuerwerk wird aber grösser als die vergangenen Feuerwerke auf dem Zugersee. (Bild: Andreas Busslinger)

Wirbel um die Grössenangabe zum Grossfeuerwerk auf dem Zugersee. Klar bleibt: Das geplante Feuerwerk hat – zumal für ein privates – sehr grosse Dimensionen. In der Politik wird nun die Frage gestellt, warum das Amt für Umwelt hier nichts zu sagen hatte.

«Sind Sie sicher, dass die Angabe von 35 Tonnen stimmt?», fragt Jenny Dietrich vom OK Züri Fäscht anfangs Woche erstaunt zurück. Die 35 Tonnen («35 tons of it in fact») hatte Niklas Nikolajsen selber ins Spiel gebracht. Der Mitbegründer der Cryptoplattform Bitcoin Suisse nannte die Zahl auf Instagram, als er auf sein geplantes grosses Feuerwerk vom 1. August hinwies und dabei auch vom «grössten Feuerwerk in der Geschichte des Kantons Zug» berichtete. So gross wie das geplante Feuerwerk, so gross – oder sogar noch grösser – die Ankündigung. Die Medien nahmen die Zahl von 35 Tonnen jedenfalls umgehend auf.

Daniel Schärer, OK Präsident des Zuger Seefestes, sagt dazu auf Anfrage: «Diese Zahl von 35 Tonnen sagt uns nichts. Diese Zahl ist weit von allem entfernt, was wir kennen. Wir erachten die Kommunikation dieser Zahl nicht nur als irreführend, sonders auch als äusserst unglücklich. Komplett unnötiges Öl ins Feuer. Keine Ahnung, wie er da drauf gekommen ist. Da ist wohl noch der Lastwagen dabei, der das Feuerwerk bringt oder die Flösse.»

Der Veranstalter krebst zurück

Josef Elsener von der Gebäudeversicherung Zug (GVZG) bringt Licht ins Ganze: «Die in den Medien verbreitete Zahl von 35 Tonnen entspricht nicht der Nettoexplosivmasse, sondern dem Material, das auf dem Zugersee bewegt wird.» Entscheidend ist also die Explosivmasse. Auf Nachfrage hin erklärt Josef Elsener, diese betrage beim geplanten Salesianum-Feuerwerk 491 Kilo. Am Zuger Seefest 2022 habe diese 399 Kilos betragen. Ein weiterer Vergleich: Beim diesjährigen Züri-Fäscht wurden bei jedem der drei Feuerwerke je ca. 930 Kilos Explosivmasse verwendet.

Niklas Nikolajsen muss gemerkt haben, dass er sich mit der Nennung der besagten 35 Tonnen sehr weit zum Fenster hinaus gelehnt hatte. Anfang Woche krebste er auf Instagram jedenfalls zurück. Jetzt war plötzlich nur noch von 1,3 Tonnen brennbarem Sprengstoff («combustible explosives») die Rede. Damit war wohl das gesamte pyrotechnische Material gemeint, also die Explosivmasse und das Verpackungsmaterial. Josef Elsener von der Gebäudeversicherung nennt in diesem Zusammenhang die genaue Zahl von 1,41 Tonnen. Anfragen in Zusammenhang mit dem geplanten Feuerwerk bleiben von Niklas Nikolajsen unbeantwortet.

«Es ist zum Davonlaufen»

Fazit: Das geplante Feuerwerk beim Salesianum ist zwar deutlich kleiner als jene beim Züri Fäscht, aber grösser als jenes beim letztjährigen Zuger Seefest. Für ein rein privates Feuerwerk hat es damit aber selbstredend – den missverständlichen 35 Tonnen zum Trotz – riesige Dimensionen.

Stefan Hodel, Co-Präsident ALG Stadt Zug, sagt denn auch: «Es ist zum Davonlaufen. In der Stadt Zug haben wir es fertiggebracht, dass das grosse Feuerwerk im Sommer mit den Wasserspielen eine gute, nachhaltigere Alternative hat. Und nun kommt Herr Niklas Nikolajsen und zündet ein Feuerwerk, das alles in den Schatten stellt.»

Bewilligt wurde das Feuerwerk von der GVZG, was auf einer Onlineplattform umgehend so kommentiert wurde: «Die Gebäudeversicherung entscheidet das? Skurril.» Josef Elsener von der Gebäudeversicherung Zug erklärt auf Anfrage, warum seine Organisation hier zuständig ist. Die Gebäudeversicherung Zug sei eine kantonale öffentlich-rechtliche Anstalt und unter anderem auch mit den Aufgaben des vorbeugenden Brandschutzes beauftragt. Dies sei so im Feuerschutzgesetz des Kantons Zug festgelegt.

Stadt Zug favorisiert nachhaltige Lösungen

Auf der Homepage der GVZG ist aktuell zudem zu lesen: «Die GVZG ist sich bewusst, dass Grossfeuerwerke in Teilen der Bevölkerung auf Ablehnung stossen. Als Bewilligungsbehörde für solche Feuerwerke vollzieht sie jedoch nur die gesetzlichen Bestimmungen. Das von Herrn Nikolajsen geplante Feuerwerk entspricht den rechtlichen Vorgaben und wurde von allen zuständigen Behörden bewilligt.»

Die Stadt Zug äusserte sich diese Woche mittels einer Medienmitteilung zu diesem Grossfeuerwerk. «Das Feuerwerk steigt im Rahmen einer privaten Party von Niklas Nikolajsen. Von Seiten der Stadt Zug musste er eine Bewilligung für die Party einholen, da unter anderem das städtische Lärmreglement tangiert wird», so eine Sprecherin der Stadt in der Medienmitteilung. Die Bewilligung des Feuerwerks falle aber in den Zuständigkeit des Kantons Zug. Der ganze Anlass sei kein Bestandteil der offiziellen 1.-August-Feier der Stadt: Die Stadt favorisiere nachhaltige Lösungen wie die Wasser- und Multimediashow «Zug Magic» (zentralplus berichtete).

Das Amt für Umwelt war nicht involviert

Stellt sich die Frage: Hat denn das kantonale Amt für Umwelt in einem solchen Falle überhaupt kein Mitspracherecht? Dazu Regierungsrat Florian Weber, Bau- und Umweltdirektor des Kantons Zug: «Die Bewilligung wurde gemäss gängiger Praxis durch die Gebäudeversicherung Zug erteilt. Die Baudirektion – und damit das Amt für Umwelt – war nicht involviert.» Inhaltlich äussert sich der Zuger Baudirektor dahingehend, dass es in Bezug auf Feuerwerke unterschiedliche Meinungen gebe.

Rupan Sivaganesan, Präsident der SP Stadt Zug und Kantonsrat, sieht hingegen klar Handlungsbedarf: «Der Kanton muss sicherstellen, dass bei einem Megafeuerwerk wie diesem alle unterschiedlichen Aspekte – Sicherheit, Lärm, Umwelt, Tierschutz – für eine Bewilligung umfassend beurteilt werden.» Da gehöre das kantonale Amt für Umwelt sicher auch dazu. «Ich hätte mir vom Kanton mehr Mut gewünscht: Sicherheit ist notwendig, aber nicht hinreichend. Es braucht wohl mehr Mut, etwas aus Umweltgründen aktiv abzusagen als alleine aus Sicherheitsgründen. Ich erwarte vom Kanton eine gesamtheitliche Perspektive – es existieren ja genügend Alternativen zu solchen veralteten Feuerwerken.»

Warum entscheidet nicht eine politische Behörde?

Die SP hat bei der Regierung eine kleine Anfrage eingereicht, in der sie das Feuerwerk beim Salesianum kritisch hinterfragt. Auch die ALG stellt der Regierung mittels einer Interpellation kritische Fragen. «Grundsätzlich stellen wir uns die Frage, ob Feuerwerke nicht von einer politischen Behörde bewilligt werden sollten», erklärt Luzian Franzini, Co-Präsident der ALG, auf Anfrage. Die ALG stellt nämlich zur Diskussion, inwiefern auch andere Zielsetzungen – wie zum Beispiel der Umweltschutz – in die Beurteilung einfliessen können. «Solche Feuerwerke verursachen massive Emissionen und sind völlig aus der Zeit gefallen, zumal es mit Wasser- und Drohnenshows heute ja ziemlich tolle Alternativen gibt.»

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Stefan Hodel, Co-Präsident ALG Stadt Zug
  • Schriftlicher Austausch mit Jenny Dietrich, OK Züri Fäscht
  • Schriftlicher Austausch mit Daniel Schärer, OK-Präsident Zuger Seefest
  • Schriftlicher Austausch mit Josef Elsener, Gebäudeversicherung Zug
  • Schriftlicher Austausch mit Rupan Sigavanesan, Präsdident SP Stadt Zug
  • Schriftlicher Austausch mit Luzian Franzini, Co-Präsident ALG Kanton Zug
  • Schriftlicher Austausch mit Florian Weber, Bau- und Umweltdirektor Kanton Zug
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