Wein als Trendgetränk der Jungen

Luzerner Verein: «Bisher hat es keinen Weinclub für Junge gegeben»

Dominik Inal und Corinne Husmann wollen Wein einem jüngeren Publikum zugänglich machen. (Bild: Christoph Zürcher)

Wein gilt gemeinhin als Genussmittel für gesetztere Generationen. Ein Irrtum, finden zwei Luzerner Unternehmer. Sie haben einen Verein gegründet, der jüngere Semester an die Weinwelt heranführt. Mit Erfolg: Dem Wissensdurst der Jungen konnte nicht einmal die Coronakrise etwas anhaben.

Als zentralplus Dominik Inal (29) und Corinne Husmann (25) in Luzern trifft, gibt es Gipfeli und Kaffee – aber keinen Wein. Das liegt vielleicht daran, dass der Tag noch sehr jung ist. Hätte aber durchaus sein können, da sich die Welt von Inal und Husmann um Wein dreht.

Die zwei Jungunternehmer haben das «Weinkollektiv» gegründet, einen Verein, der in Form von Anlässen, digitalen Tastings und Workshops junge Leute vernetzen und in die Welt des Weins einführen möchte. «Der Wein bildet dabei das verbindende Element», sagt Dominik Inal.

Nun sind Weinclubs und Degustationen kein Novum auf dem Markt, dürfte man annehmen. Wie es scheint aber doch – zumindest wenn man die Altersfrage berücksichtigt. «Bisher hat es keinen Weinclub für junge Leute gegeben», erklärt Corinne Husmann. «Für die älteren Semester gibt es die schon lange, aber als junge Person fühlt man sich davon nicht unbedingt angesprochen.»

Wer trinkt, der lernt

Das «Weinkollektiv» will hier eine Lücke füllen und gemäss Husmann «jungen Leuten unkompliziert das Thema Wein näherbringen und dabei deren entsprechende Hemmungen abbauen». Hemmungen? Dominik Inal klärt auf: «Wein ist ein beliebtes Gesprächsthema in Fachkreisen oder in einem guten Restaurant. Jungen fehlt da oft der Mut, sich dazu zu äussern.» Darum wollen Inal und Husmann ihr Wissen auf kreative und spassige Art vermitteln. Das Motto der beiden: «Learning by drinking.»

Zusammengefunden haben die beiden vor rund viereinhalb Jahren, als Husmann noch im Luzerner Lokal Weinrausch tätig war und Inal einen Foodblog betrieb. «Corinne hat mich angefragt, ob ich beim Weinrausch Events durchführen möchte», erinnert sich Inal. «Dann, nach ein paar Gläsern Wein, war die Idee geboren.» Seither führen sie monatlich Weinevents durch und haben dafür auch drei verschiedene Weinhandlungen als Partner ins Boot holen können.

Corona forderte Umdenken

Das klappte auch ganz gut – bis Corona in die Welt kam und Anlässen aller Arten den Stecker zog. Für die beiden Jungunternehmer aber kein Grund aufzugeben, sondern umzudenken. «Wir haben rund 500 Mitglieder, die Beiträge zahlen», sagt Inal. «Wir wollten ihnen etwas für ihr Geld bieten.» Daraufhin haben die beiden sich entschieden, die Weintastings in den digitalen Raum zu verlagern.

«Die Leute haben es geschätzt, von zu Hause aus teilnehmen zu können.»

Corinne Husmann, Mitbegründerin «Weinkollektiv»

Im Vorfeld der 90-minütigen Online-Tastings wurde den angemeldeten Teilnehmern ein Paket mit drei Weinen zugeschickt, die dann gemeinsam degustiert und besprochen wurden. «Jede Sitzung lief unter einem bestimmten Thema. Beispielsweise Barbeque, Fondue oder Frühlingsweine», so Husmann. Digital anwesend waren auch jeweils die Wein-Lieferanten, die einen vertieften Einblick in den jeweiligen Wein boten.

Die Idee kam gut an. «Das erste Tasting brachte etwa 150 Personen vor den Bildschirm», sagt Husmann. Eine Zahl, die sich über die ganze Krise hinweg halten konnte. «Die Leute haben es geschätzt, von zu Hause aus teilnehmen zu können.» Dominik Inal fügt ergänzend – und grinsend – hinzu: «Weil nämlich niemand als Fahrer ausgelost werden musste.»

Nicht alle Mitglieder konnten sich zwar für das digitale Angebot erwärmen, böses Blut oder Absprünge gab es deswegen aber keine. Im Gegenteil.

Expansion dank Krise

«Plötzlich waren wir nicht mehr nur im Raum Luzern präsent. Heute stammt rund ein Viertel unserer Mitglieder aus Zürich. Die Digitalisierung hat es uns ermöglicht, ein breiteres Publikum anzusprechen und die Reichweite zu erhöhen», so die Gründer. Eine Expansion stand gemäss Husmann schon vor Corona auf dem Plan, wegen der Pandemie wurde sie nun einfach beschleunigt. Das stellt das Team auch vor Herausforderungen.

«Die Jungen wollen eher junge Leute, die ihnen Wissen vermitteln. Dann traut man sich nämlich eher, auch dumme Fragen zu stellen.»

Dominik Inal, Mitbegründer «Weinkollektiv»

«In Luzern sind wir über die Zeit organisch gewachsen», sagt Husmann, «jetzt müssen wir schauen, wie wir unser Angebot auf andere Kantone ausweiten können. Das Interesse ist nämlich da.» Darüber freut sich auch Inal: «Es ist schön, dass es eine junge Weinbewegung gibt. Jetzt sind wir gefordert. Konkrete Pläne fehlen zwar noch, aber erste Ideen sind vorhanden.» Klar ist aber, dass die beiden das digitale Format trotz Rückgang der Krise nicht aufgeben werden: «Es gibt durchaus Anlässe, die sich für digitale Formate anbieten», findet Inal.

Die Jungen holen auf

Dass Wein in den vergangenen Jahren bei den jungen Leuten an Bedeutung gewonnen hat, spüren Inal und Husmann direkt: «Wir haben viel mehr Anfragen als früher», sagt der 29-Jährige. «Das liegt vielleicht auch daran, dass Nachhaltigkeit ein immer grösseres Thema wird und besonders bei der Natural-Wine-Bewegung ständig an Zugkraft gewinnt.»

Gemäss Inal hat sein eigenes Alter als Kursleiter durchaus einen Einfluss: «Die Jungen wollen eher junge Leute, die ihnen Wissen vermitteln», findet er. «Dann traut man sich nämlich eher, auch vermeintlich dumme Fragen zu stellen.» Das Wissen über die Materie hat sich Inal in den vergangenen Jahren unter anderem an der Academy du vin angeeignet. Und indem er das vereins-eigene Motto beherzigt hat: «Natürlich in Massen», stellt er lachend klar.

Inal und Husmann sind selbst Weinliebhaber. (Bild: Christoph Zürcher)

Noch betreiben die beiden das «Weinkollektiv» als Nebenberuf, während Husmann die Co-Leitung des Kulturhof Hinter Musegg innehat (zentralplus berichtete), arbeitet Inal in einer Marketingabteilung. Das soll sich in Zukunft aber ändern.

Denn nebst dem Verein und einem neuen Wein-Podcast bauen Husmann und Inal derzeit auch die «Winemap» auf, eine Kooperation mit zahlreichen Schweizer Winzern, die Genussfreunde direkt mit Weinbauern vernetzen soll. Wie bei den Tastings ist es für die beiden Unternehmer eine «Herzensangelegenheit», den Schweizer Wein zu stärken. Die Winzer von dem Projekt zu überzeugen, sei nicht schwer gewesen. «In der Branche merkt man, dass die Jungen die Zukunft sind», so Inal.

Nach einer guten Stunde zeugen von den Gipfeli nur noch Krumen, die Kaffeetassen sind auch leer und die beiden Weinfreunde auf dem Sprung. Es gilt ein Tasting vorzubereiten. «Es gibt viel zu tun», sagt Inal. «Auch weil wir jeweils für drei Monate im Voraus planen müssen.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Scheidegger
    Scheidegger, 29.06.2021, 10:09 Uhr

    Das Weinkollektiv baut Wein in der Kolchose an, damit dieser im Kollektiv gekostet werden kann. Da wirst du narrisch.

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