Nicht überall haben Freinächte dieselbe Bedeutung

Welches ist die festfreudigste Zuger Gemeinde?

Das Zuger Seefest im Sommer: Eine von vielen Veranstaltungen im Kantonshauptort. (Bild: zvg)

Baar arbeitet an der Verbesserung seiner Festkultur. Freinächte und Bewilligungen geben dort zu reden. Nur: Freinächte gibt es eigentlich mehr als genug in den Zuger Gemeinden. Sie sind aber kein Indikator für Festfreude.

Für Baar als Hochburg der Fasnacht im Kanton Zug sind Freinächte und Feste eine äusserst bedeutsame Angelegenheit.

So wichtig, dass die CVP-Ortspartei im Frühling in einem Vorstoss anfragte, ob die Gemeinde denn Veranstaltern nicht beim Einholen der Bewilligungen mit einem kommunalen «Festbüro» behilflich sein könne. Schliesslich werde dies immer komplizierter (zentralplus berichtete).

Ausserdem seien an der letzten Fasnacht Beizer von der Polizei wegen Nachruhestörung gebüsst worden. In der Kleinstadt, die so gerne Dorf bleiben will, evoziert das Forderungen nach einer lascheren Kontrollpraxis – und längeren Bewilligungen.

Baar hat ein Herz für Musik

Die Antwort des Gemeinderats an der Gemeindeversammlung vom Dienstag fiel für die festfreudigen Baarer ernüchternd aus. Denn die Gemeinde kann der Zuger Polizei keine Vorschriften bei der Auslegung der Gesetze machen.

Sie kann nur tun, was sie bisher schon tat: Relativ liberal Bewilligungen erteilen. Für die Fasnacht bedeutet dies, dass Musik im Aussenbereich durchgehend von Fasnachts-Samstag bis Aschermittwoch gespielt werden darf. Vor Kurzem war dies nur bis vier Uhr erlaubt. An der Baarer Chilbi wurde neu durchgehend von Samstag auf Sonntag Musik im Aussenbereich bewilligt.

«Wie viele Restaurants von den Freinächten Gebrauch machen, wissen wir nicht.»

Zari Dzaferi, Gemeinderat (SP)

Ausserdem gibt es in Baar Freinächte in Hülle und Fülle. An bis zu zehn Nächten jedes Jahr dürfen Gaststätten und Bars die ganze Nacht hindurch offen sein. Das sind doppelt so viele Freinächte wie in Cham.

Von Fasnachts-Samstag bis Güdel-Dienstag, während der Chilbi in Baar, Inwil und Allenwinden und und ausserdem während der Inthronisation der Fasnachtszünfte in den drei zur Gemeinde gehörenden Ortsteilen haben Wirte einen Freipass bei den Öffnungszeiten – ebenso an zwei eidgenössischen Feiertagen. «Wie viele Restaurants aber tatsächlich davon Gebrauch machen, wissen wir nicht», sagt der zuständige Gemeinderat Zari Dzaferi (SP).

Möglich: Sechs Tage durchgehend offen

Fragen wir deshalb in der Stadt Zug nach. Dort hat die Ankündigung einer ausserordentlichen Freinacht im Fall des Gewinns der nationalen Eishockeymeisterschaft durch den EV Zug im April dieses Jahres Aufsehen erregt. Dies ist seit dem Gewinn des ersten Titels vor 21 Jahren in der Kolinstadt nie mehr vorgekommen (zentralplus berichtete).

Doch auch in Zug sind Freinächte an sich keine ungewöhnlichen Erscheinungen. Während der ganzen Fasnachtszeit müssen die Stadtzuger Beizen keine einzige Sekunde lang schliessen, wenn sie nicht wollen. Ausserdem legt eine Verordnung aus dem Jahr 1996 den Nationalfeiertag als Freinacht fest. Ebenso Silvester. Zudem die beiden Nächte, an denen der Stierenmarkt stattfindet sowie der Tag der Generalversammlung der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Zug (FFZ).

Nachtlokale sorgen vor

Die Feuerwehrleute veranstalten an diesem Abend einen Fackelzug, paradieren mit ihrem Wagenpark durch die Stadt und führen ein Theaterspiel im öffentlichen Raum auf. Nächstes Mal am 25. Januar. Doch wird deshalb auch nur ein einziges Restaurant länger geöffnet sein?

«Das Interesse nach den ordentlichen Freinächten hält sich tatsächlich in engen Grenzen», sagt der zuständige Stadtrat Urs Raschle (CVP). Nachtlokale und Bars, die regelmässig länger offen sind, hätten ohnehin eine ständige Bewilligung dafür.

Ab 22 Uhr ist Ruhe

In einer Freinacht dürfen Lokale die ganze Nacht hindurch offen sein, um Speis und Trank zu verkaufen. Die Nachtruhe ab 22 Uhr wird damit aber nicht ausser Kraft gesetzt.

«Wir versuchen Lärm vorauszusehen.»

Urs Raschle, Stadtrat (CVP)

Bietet ein Wirt eine besondere Attraktion an – etwa um Gäste anzulocken –, braucht er dafür eine behördliche Genehmigung. «Alle Veranstaltungen auf öffentlichem Grund sind bewilligungspflichtig», sagt Raschle.

Konflikte im Vorfeld erkennen

«Die Stadt Zug erteilt die meisten Bewilligungen im Kanton – mit Abstand.» Wenn man dies als Massstab anlege, so Raschle, «dann ist Zug eindeutig die festfreudigste Gemeinde im Kanton.»

Die Bewilligungspraxis für Veranstaltungen sei auch in der Stadt Zug «relativ liberal», sagt der Stadtrat. Bei Lärmbelastungen werde man aber hellhörig. «Wir versuchen diese schon im Vorfeld vorauszusehen und zu vermeiden», so Urs Raschle. 

Geprüfte Hertianer

Zwar geht die Zuger Polizei unabhängig von gemeindlichen Befindlichkeiten ihrer Arbeit nach, doch von ausserordentlichen Geschehnissen erfahre man auch so. Denn immer wieder reklamieren Einwohner direkt bei der Verwaltung.

«Oft ist es nicht nur ein Ereignis, das sie umtreibt, sondern die Verkettung von Vorkommnissen», sagt Raschle. So wie im Herti-Quartier, wo in diesem Jahr von den Anwohnern eine grosse Lärm- und Immissionstoleranz verlangt wird. Denn auf das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (ESAF) folgten der Stierenmarkt, Bauarbeiten am Hertizentrum und bald folgt auch noch die Zuger Messe.

Oberägeri ist am freigiebigsten

Persönlicher als in der Stadt Zug geht es im Ägerital zu. Im Oberägerer Ortsteil Morgarten sind elf Freinächte pro Jahr erlaubt – so viel wie sonst nirgends im Kanton Zug. Ausserdem gibt es in der Gemeinde Oberägeri eine Besonderheit.

Nach Gemeindeversammlungen, kantonalen oder eidgenössischen Wahlen sowie Abstimmungen haben dort alle Beizen das Recht, ohne Weiteres bis 2 Uhr morgens offen zu haben – und das meist am Sonntag.

Die gleiche Regelung kennt Neuheim. Hünenberg gewährt eine automatische Verlängerung nur nach gemeindlichen Terminen.

Das exklusivste Fest im Kanton

Mit Oberägeri teilt man sich überdies in Unterägeri eine in der Schweiz einzigartige Tradition: Das Flössen von Baumstämmen über den Ägerisee, das alle drei Jahre ebenfalls mit einem Fest in den beiden Gemeinden begangen wird – allerdings ohne automatische Freinacht. Die muss gesondert beantragt werden.

«Die Unterägerer sind sehr festfreudig.»

Fridolin Bossard, Gemeinderat (FDP)

Unterägeri hat zehn jährliche Freinächte und ist jene Gemeinde, in der die Wirtschaften jüngst die ganze Nacht hindurch offen halten konnten: am Ägerimärcht Ende August.

Im dörflichen Rahmen von Bedeutung

«An sich sind die Unterägerer sehr festfreudig», sagt der zuständige Gemeinderat Fridolin Bossard (FDP). Für Freinächte ist den Wirten des Dorfes allerdings ein anderes Datum lieber. «Von diesem Recht wird insbesondere in der Fasnachtszeit rege Gebrauch gemacht», sagt er.

Bossard hat dies im Februar mit eigenen Augen gesehen. Als Ehrenbadjöggel – gewissermassen das Unterägerer Pendant des Bruder Fritschi – war er ins karnevalistische Treiben eingebunden und registrierte «zahlreiche Lokale, die bis vier Uhr oder länger offen waren».

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