Enttäuschung im Grossen Gemeinderat

Zuger wehren sich vergeblich gegen Schochenmühle-Abriss

Trotz Widerstand aus dem GGR soll das Bauernhaus Schochenmühle abgerissen werden. (Bild: wia)

Beim Bauernhaus Schochenmühle wird die Abrissbirne auffahren. Trotz bissigen Kommentaren im Grossen Gemeinderat steht dem Abbruch nichts mehr im Wege. Die Motion der CSP erlitt Schiffbruch.

Wahrscheinlich tue ich den Zugern hiermit etwas Unrecht. Aber wenn ich als Luzernerin an Zug denke, denke ich an den See, an gläserne Bürogebäude und erst sehr viel später an dessen historischen Kern. Diesen Eindruck könnte man als böses Omen für das Bauernhaus Schochenmühle im Nordwesten der Stadt Zug deuten. Das hat der Dienstagabend gezeigt.

Schochenmühle weicht allfälligem Autobahnanschluss

Das durch einen Brand im Jahr 2018 geschädigte Haus trägt bereits 223 Jahre auf dem Buckel. Nach einem geschichtsträchtigen Zuger Kulturgut sieht das Bauernhaus jedoch nicht aus. Angekokelt modert es vor sich hin, statt eines Dachs ist der obere Teil behelfsmässig mit einer Plastikplane zugedeckt. Was mit dem Bauernhaus geschieht, war lange Zeit unklar (zentralplus berichtete). Zwischenzeitlich sollte es gar für ein Butterbrot von 50'000 Franken im Baurecht abgegeben werden – doch der Kanton intervenierte.

Die lange Geschichte des Hauses soll nun ein Ende finden. Wegen des geplanten Autobahnanschlusses Ammansmatt im kantonalen Richtplan, der direkt durchs Bauernhaus verlaufen würde, muss das Haus abgerissen werden. Ein Halbanschluss, der politisch sehr umstritten ist und dessen Umsetzung wohl noch zu reden geben dürfte (zentralplus berichtete). Zwei Motionäre der CSP wollten die Schochenmühle jedoch nicht kampflos aufgeben. Sie forderten die Sistierung des Abrissentscheids – zumindest, bis eine Debatte im Grossen Gemeinderat stattgefunden hat. Mit Erfolg (zentralplus berichtete).

Folglich ging der Zuger Stadtrat über die Bücher. Doch auch nach ausführlicher Prüfung bleibt der Stadtrat bei seiner Haltung: Das Bauernhaus ist nicht mehr zu retten. Ein Wiederaufbau sei mit geschätzten 860'000 Franken unverhältnismässig teuer. Denn: Die anschliessend nutzbare Fläche würde nur sehr gering ausfallen. Allfällige Wohnungen könnten wegen der hohen Baukosten auch nicht preisgünstig vermietet werden. Kurzum: Das Kosten-Nutzen-Verhältnis hält sich nicht die Waage (zentralplus berichtete).

Stadtrat fehle es an Willen zum Erhalt

Mit dieser Antwort geben sich die Motionäre aber «in keiner Weise zufrieden», wie CSP-Gemeinderat Ignaz Voser am Dienstagabend im Grossen Gemeinderat sagt. Der mehrseitige Bericht und Antrag des Stadtrats lese sich weniger als Basis für dessen Entscheid, sondern mehr als «Bericht verwalteter Tatenlosigkeit». Es fehle Willen und Entschlossenheit, ein Zuger Kulturgut zu bewahren.

Dass es auch anders gehe, beweist für Voser die Gemeinde Cham: Eine neue Kiesgrube in Cham schien in den kantonalen Plänen schon beschlossene Sache zu sein. Doch die Gemeinde lief Sturm und wehrte sich bis vor Bundesgericht. Mit Erfolg. Der Kanton muss nun seinen Fächer in der Standortfrage wieder öffnen (zentralplus berichtete). Für den CSP-Gemeinderat ein klares Zeichen: Ein Ringen mit dem Kanton könnte sich lohnen und der Wiederaufbau gelingen.

«In vier, fünf, sechs Jahren ist ausser morschem Holz nicht mehr viel da zum Retten.»

SVP-Gemeinderat Jürg Messmer

Der CSP- und ALG-Fraktion schliesst sich auch die SP-Fraktion an: «Wir sind der Meinung, dass der Wiederaufbau eines Gebäudes von historischer Bedeutung nicht an den Finanzen scheitern sollte», so Gemeinderat Rupan Sivaganesan. Zudem sei auch für die SP der Chamer Fall Beispiel genug, weshalb sich der Zuger Stadtrat gegen den Autobahnanschluss und die Verlängerung der General-Guisan-Strasse einsetzen würde.

Auch die GLP bedauere den fehlenden Ideenreichtum des Stadtrats, so David Meyer. So böte sich das Bauernhaus auch für unkonventionelle Nutzungen an. So sei beispielsweise in der Stadt Zug die Suche nach Wohnungen für Obdachlose sehr schwer (zentralplus berichtete). Mit der Sanierung der Schochenmühle hätte man Wohnfläche für solche Spezialfälle schaffen können.

Bürgerliche und Stadtrat: Schochenmühle ist leider Geschichte

Rückendeckung erhält der Stadtrat einerseits von der FDP. Gemäss Mathias Wetzel stehen die Kosten in keinem Verhältnis zum potenziellen Nutzen. Zumal der Richtplan einen Wiederaufbau oder eine Verschiebung verunmögliche.

Schliesslich ist auch die SVP gegen den Erhalt der Schochenmühle. Gemeinderat Philipp C. Brunner machte sich gegenüber zentralplus zwar noch für einen Wiederaufbau an einem anderen Ort stark. Doch gemäss SVP-Gemeinderat Jürg Messmer kommt für das Bauernhaus jede Hilfe zu spät. Selbst wenn die Stadt Zug den Chamer Weg gehen würde und den Rechtsweg einschlage – bis zu einem allfälligen Entscheid vor Bundesgericht könnten viele Jahre ins Land ziehen. «Und in vier, fünf, sechs Jahren ist ausser morschem Holz nicht mehr viel da zum Retten.»

Als einziger bügerlicher Gemeinderat stimmte Philipp C. Brunner der Schochenmühle-Motion zu.
Als einziger bügerlicher Gemeinderat stimmte Philipp C. Brunner der Schochenmühle-Motion zu. (Bild: mik)

Der Stadtrat hingegen betont weiterhin, er habe sich den Entscheid nicht leicht gemacht. Und sich auch immer wieder beim Kanton gegen die Festlegung des Halbanschlussprojekts im kantonalen Richtplan eingesetzt. Doch der Schluss bleibe «leider» derselbe: Die Schochenmühle müsse abgerissen werden, so der Finanz- und ehemaliger Baudirektor André Wicki (SVP). Was danach auf der Liegenschaft nebst dem geplanten Autobahnanschluss noch entstehen könnte, werde derzeit noch diskutiert. So stünden Ideen wie Urban Gardening oder der Bau von «Tiny Houses» im Raum. Die Gebäudeversicherungssumme von rund 765'000 Franken wolle man künftig für den Wohnungs- und Landerwerb verwenden.

Letztlich überwog die bürgerliche Haltung im Parlament. Die Motion der CSP wurde mit 26:12 Stimmen als nicht erheblich erklärt und abgeschrieben – und die Motion sowie die Geschichte der Schochenmühle somit ad acta gelegt.

Verwendete Quellen
  • Bericht und Antrag Nr. 2735 des Zuger Stadtrats zur Schochenmühle-Motion
  • Verfolgung der Debatte im Grossen Gemeinderat
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