Gemeinderanking entschlüsselt

Warum Zug doch nicht die beste Stadt der Schweiz ist

Die Stadt Zug gewinnt auch aufgrund der hohen Immobilienpreise. (Bild: Stadt Zug)

Es gibt viele Gemeinderankings – und meist stehen Zuger Gemeinden ganz oben. Auch der Zuger Stadtrat weist rege auf die guten Platzierungen hin. Doch ein Blick in die Berechnungen zeigt: Es ist nicht alles Gold, was glänzt.

Lebenswert, visionär, pulsierend: So beschreibt sich die Stadt Zug in ihrer Entwicklungsstrategie. Zug bietet ein «hochstehendes Leistungsangebot», ein vielfältiges Freizeit- und Kulturangebot, schulische Möglichkeiten und eine hohe Lebensqualität, meint der Stadtrat. Daher wohl auch der Titel der Entwicklungsstrategie: «Zug bleibt Zug».

Um die Standortvorteile von Zug im Hinblick auf die OECD-Mindeststeuer zu belegen, präsentierte der Stadtrat jüngst diverse Rankings: den UBS-Wettbewerbsindikator, das Städte-Ranking der «Bilanz» und das Gemeinderanking der «Handelszeitung». Bei allen nationalen Rankings ergab sich das gleiche Bild. Zuger Gemeinden rangieren ganz vorne, auch die Stadt Zug: Platz 1 beim UBS-Ranking, Platz 2 beim «Bilanz»-Ranking und Platz 3 bei der «Handelszeitung».

Doch was steckt hinter diesen Zahlen? zentralplus hat sich auf Spurensuche begeben und bei den Statistikern nachgefragt: Wie entstehen diese Rankings, welche Daten fliessen ein und warum schneidet die Stadt Zug immer so gut ab? Die Ergebnisse zeigen: Die Stadt hat ihre Stärken – aber auch Schwächen.

So entsteht das Gemeinderanking der «Handelszeitung»

Rankings bestehen in der Regel aus verschiedenen Kategorien. Um herauszufinden, welche Aspekte Zug an die Spitze katapultieren und wo die Stadt nachbessern könnte, braucht es Einsicht in die Daten. Diese Informationen hat zentralplus lediglich von Christof Zöllig Renner von der Zürcher Beraterfirma für Immobilien und Standortfragen IAZI AG erhalten. Der Wissenschaftler ist für das Städteranking der «Handelszeitung» zuständig.

Jedes Jahr vergleicht die Zeitung alle Gemeinden mit mehr als 2’000 Einwohnern in der Schweiz. Die 936 Gemeinden werden anhand von 51 Einzelindikatoren aus den Bereichen Wohnen & Immobilien, Arbeitsmarkt, Bevölkerungsstruktur, Steuerbelastung, Mobilität & Verkehr, Versorgung, Sicherheit und Ökologie bewertet. Aus diesen Einzelaspekten wird ein Gesamtwert berechnet.

In der zentralplus-Grafik sind diejenigen Indikatoren aufgelistet, bei denen Zug im Ranking 2021 besonders gut und besonders schlecht abgeschnitten hat. Es fällt auf, dass Zug durch seine geringe Steuerbelastung, hohes Einkommen und Bestnoten bei Immobilienpreisen besticht. Moment – Bestnoten für eine Stadt, in der die Immobilienpreise durch die Decke schiessen?

Sind hohe Immobilienpreise ein gutes Zeichen?

Christof Zöllig Renner erklärt: Die Transaktionspreise für Immobilien würden implizit die Zahlungsbereitschaft für den Standort zeigen. «Der Einzelindikator wird also so interpretiert, dass ein höheres Preisniveau beziehungsweise ein stärkeres Preiswachstum positiv ist.» Dass viele Zugerinnen hohe Preise eher schlecht finden, ist dem Analyst bewusst. «Man kann das natürlich auch anders sehen, wenn man eine Immobilie erwerben will und sich diese nicht leisten kann.»

«In der Tat schneidet Zug seit Jahren sehr gut ab im Ranking. Dies liegt insbesondere daran, dass wir den Immobilienpreisen und deren Entwicklung ein hohes Gewicht beimessen.»

Christof Zöllig Renner, verantwortlich für das Ranking

Zugs Bestnoten im Immobilienbereich zeigen also, dass die Stadt besonders teure Immobilien hat. Das wiederum ist für die Berechnung der Gesamtnote nicht unerheblich. Denn nicht alle der 51 Indikatoren fliessen mit dem gleichen Gewicht in das Ranking der «Handelszeitung» ein.

Der Landsgemeindeplatz in der Stadt Zug: Hier stehen die mit teuersten Häuser des Landes. (Bild: Andreas Busslinger)

Während die meisten Indikatoren mit weniger als 1 Prozent in der Gesamtrechnung auftauchen, machen alleine die beiden Immobilien-Indikatoren mehr als 50 Prozent der Gesamtnote aus. Christof Zöllig Renner bestätigt: «In der Tat schneidet Zug seit Jahren sehr gut ab im Ranking. Dies liegt insbesondere daran, dass wir den Immobilienpreisen und deren Entwicklung ein hohes Gewicht beimessen.»

Die Stadt fühlt sich vom Ranking bestätigt

Plötzlich erscheint der dritte Platz unter über 900 Gemeinden in einem anderen Licht: Teure Immobilien und eine ungewöhnliche Gewichtung sind dafür verantwortlich. Weiter unten auf der Liste der Indikatoren vervollständigt sich das Bild: ein 676. Platz bei Wohnbautätigkeit und ein 704. Platz bei Erschwinglichkeit.

«Das Gesamtranking zeigt, dass die Stadt Zug in den letzten vier Jahren zum Erreichen der Legislaturziele vieles angepackt und richtig gemacht hat.»

Stadt Zug

Auf Anfrage von zentralplus erklärt die Kommunikation der Stadt, das Gesamtranking spreche für sich. «Das Gesamtranking zeigt, dass die Stadt Zug in den letzten vier Jahren zum Erreichen der Legislaturziele vieles angepackt und richtig gemacht hat.» Bezüglich der Wohnbautätigkeit seien zudem viele Bebauungspläne in der Endphase beziehungsweise im politischen Prozess. «Im Rahmen dieser Bebauungspläne werden in den nächsten Jahren 4’500 bis 5’000 Wohnungen realisiert, davon 800 bis 1’000 im preisgünstigen Segment.»

Zug – eine Stadt der Alten?

Und wie geht es zukünftig weiter? Gemäss dem Ranking eher schwierig, denn beim Jugendquotient liegt die Stadt abgeschlagen auf dem 814. Platz. Der Wert misst, wie viele Personen im Alter von weniger als 20 Jahren pro 100 Personen im Alter von 20 bis 64 Jahren in der Stadt leben. Stadt Zug – ein Ort der alten Reichen?

Die Stadt teilt auf Anfrage mit, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiter auszubauen und sowohl die Kulturförderung, das Vereinsleben als auch die Freiwilligenarbeit und Projekte von Non-Profit-Organisationen zu unterstützen – für Jung und Alt.

Der Ausflug durch die Welt der Statistiken zeigt: Aus einem schillernden dritten Platz wird schnell ein durchwachsenes Bild – mit teuren Immobilien, niedriger Wohnbautätigkeit, einer speziellen Gewichtung der Forschenden und einer überalterten Stadt. Ohne einen genauen Blick, was in die Bewertung einfliesst, sind erste Plätze bei Rankings daher wenig aussagekräftig.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Christof Zöllig Renner
  • Schriftlicher Austausch mit Dieter Müller, Kommunikation Stadt Zug
  • Antwort des Stadtrats auf eine Interpellation der FDP
  • Konzept «Zug bleibt Zug»
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