Die Reaktionen auf die Wahl

Überwältigte Korintha Bärtsch, enttäuschte Franziska Bitzi

Korintha Bärtsch hat es als einzige von den neuen Kandidaten auf Anhieb in den Stadtrat geschafft. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Die Stadtluzerner haben entschieden – und für Überraschungen gesorgt. Während die Grünen und die SP jubeln, macht sich im bürgerlichen Lager Enttäuschung breit.

Kurz nach 15 Uhr ist es so weit: Beim Lichthof im Luzerner Stadthaus ist kaum ein Durchkommen mehr möglich, bis sich eine kleine Lichtung für Stadtschreiberin Michèle Bucher öffnet. Als Erstes verkündet sie, was viele vermutlich bereits dachten: Stadtpräsident Beat Züsli (SP) ist wiedergewählt, notabene mit dem besten Resultat. Ein noch grösserer Applaus bricht aus, als sie den Namen der zweiten gewählten Stadträtin ausspricht: Korintha Bärtsch.

Die grosse Gewinnerin am Wahlsonntag: Korintha Bärtsch

Mit ihren 10'701 Stimmen ist sie die Frau der Stunde. Als sie rund 20 Minuten später eintrifft, geht erneut tosender Applaus durch den Lichthof. Gleich mit so einem guten Resultat gewählt zu werden, hat sie selbst nicht erwartet: «Ich glaube, mit dem darf man nicht rechnen. Wir haben aber im Wahlkampf alles dafür getan.» Entsprechend glücklich ist sie über die Wahl: «Es ist unglaublich, ich habe extrem Freude, dass das im ersten Wahlgang geklappt hat. Wow!» Umso mehr dürfte die Wahl sie freuen, weil sie vor rund fünf Jahren den Sprung in die kantonale Exekutive verpasst hatte (zentralplus berichtete).

Der abtretende Stadtrat Adrian Borgula gratuliert seiner Nachfolgerin Korintha Bärtsch. (Bild: Emanuel Ammon/Aura)

Für den zweiten Wahlgang hoffe sie, dass sie mit der Wahl von Melanie Setz (SP) eine links-grüne Mehrheit im Stadtrat erreichen können. Darüber hinaus möchte sie sich nicht aus dem Fenster lehnen. Ein bestimmtes Departement habe sie nicht im Sinn. Alle freiwerdenden Departemente – die Baudirektion, Umwelt- und Mobilitätsdirektion und Sozial- und Sicherheitsdirektion – fände sie sehr spannend. Das werde das komplette Gremium jedoch am 12. Juni miteinander «ausjassen».

Zufriedener Marco Baumann

Knapp nicht gereicht hat es für FDP-Kandidat Marco Baumann. Wegen 400 Stimmen verpasste er die Wahl im ersten Wahlgang. Er sagt denn auch: «Es war leider knapp, aber ich bin sehr zufrieden damit.» Bei den vielen Kandidaten habe er aber damit rechnen müssen, am 9. Juni nochmal antreten zu müssen. Er nehme das gute Resultat nun mit für den zweiten Wahlgang.

Marco Baumann (FDP) hat die Wahl im ersten Wahlgang nur knapp verpasst. (Bild: Emanuel Ammon/Aura)

Sein Parteikollege, der abtretende Stadtrat Martin Merki, hatte hingegen einen entspannteren Wahlsonntag hinter sich. Auch wenn er eine «Phantomaufregung» gespürt habe, wie er sagt. Enttäuscht über die Nichtwahl seines potenziellen Nachfolgers sei er nicht. Marco Baumann habe ein gutes Resultat erzielt. Für ihn ist jedoch klar: «Der Sitz ist unbestritten.» Mit dem guten Resultat von Beat Züsli und Korintha Bärtsch habe er gerechnet – jedoch nicht mit demjenigen von Franziska Bitzi (Mitte).

Franziska Bitzi nur auf Platz 5

Auch Franziska Bitzi (Mitte) scheint etwas überrascht über ihr Resultat: «Ich habe gehofft, dass ich etwas besser abschneiden werde.» Sie platziert sich mit 9582 Stimmen sogar hinter den beiden neuen Kandidaten Marco Baumann und Melanie Setz. Das habe sie überrascht. «Ja, ich bin enttäuscht. Ich muss das noch etwas verdauen und analysieren.»

Analysieren die Resultate: Stadtratskandidat Stefan Sägesser (GLP) mit Franziska Bitzi (Mitte, bisher). (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Sie habe zwar erwartet, dass sie allenfalls noch in den zweiten Wahlgang müsse. Hätte sich aber trotzdem ein besseres Resultat erhofft. Bei 13 Kandidatinnen, der hohen Schwelle des absoluten Mehrs und den politischen Machtverhältnissen in der Stadt habe sie aber gewusst, dass es nicht einfach wird. Trotzdem gehe sie optimistisch positiv in den zweiten Wahlgang – wo sie hoffentlich etwas mehr Unterstützung erhalte, wie sie sagt.

SP mit Glanzresultat

Ein Glanzresultat verbuchte hingegen die städtische SP. Ihr amtierender Stadtrat Beat Züsli holte das beste Resultat. «Für mich ist das grandios, ich freue mich sehr. Bei der hohen Anzahl Kandidierenden war nicht klar, ob es überhaupt jemand im ersten Wahlgang schafft.» Für den zweiten Wahlgang ist er zuversichtlich und gespannt, ob sich Parteikollegin Melanie Setz zu ihm in den Stadtrat gesellt.

Die beiden SP-Stadtratskandidaten: Melanie Setz und Beat Züsli. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Diese hat viel Grund zur Freude: Mit 10'030 Stimmen hat sie das viertbeste Resultat erzielt. Ein Ergebnis, dass sie sich zwar erhofft, aber nicht so erwartet habe: «Ich fühle mich sehr gut. Ich habe extrem Freude, dass die Luzerner Bevölkerung hinter meiner Kandidatur steht und sich eine sozial-ökologische Mehrheit im Stadtrat vorstellen kann.» Das würden auch die Wahl von Beat Züsli (SP) und Korintha Bärtsch (Grüne) zeigen. Für den zweiten Wahlgang wolle sie und ihr Wahlkampfteam die Bevölkerung mit Themen wie der Klimastrategie und bezahlbarem Wohnraum abholen und mitnehmen.

Einmal mehr: Grünliberale müssen in den zweiten Wahlgang

In den zweiten Wahlgang muss auch Stefan Sägesser (GLP). Er platzierte sich mit 7951 Stimmen im Mittelfeld. Enttäuscht sei er aber nicht: «Ich finde, das ist ein gutes Resultat.» Dass Jungpolitiker wie etwa Zoé Stehlin (Juso) mehr Stimmen als er geholt haben, wurme ihn nicht. Sie sei auf der Liste SP-Grüne gestanden – wegen der Stimmverhältnisse in der Stadt sei dies ein «logisches Resultat» gewesen.

Mit ungefähr dieser Anzahl Stimmen im ersten Wahlgang hätten die Grünliberalen anhand der Statistiken bereits gerechnet. «Ich bin aber zuversichtlich, dass es für den zweiten Wahlgang noch Luft nach oben gibt», gibt sich Sägesser kämpferisch. Ob er dafür überhaupt antritt, steht für ihn ausser Frage: «Auf jeden Fall gibt es einen zweiten Wahlgang.» Die genaue Strategie dafür müsse die Partei erst noch besprechen.

Nicht gewählt im 1. Wahlgang wurden Anna-Lena Beck (Junge GLP) und Stefan Sägesser (GLP). (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Viel Erfahrung mit zweiten Wahlgängen hat die abtretende Baudirektorin und Parteikollegin Manuela Jost. Sie habe den heutigen Wahlsonntag entspannt und gespannt verfolgt. Hätte sie sich mehr für GLP-Kandidat Stefan Sägesser erhofft? Sie verneint: «Ehrlicherweise habe ich immer gesagt, dass es um die 8000 Stimmen werden. Ich bin ja jemand, der routiniert ist mit zweiten Wahlgängen. Ich bin davon ausgegangen, dass er einen zweiten Wahlgang brauchen wird.» Sie sei daher nicht sehr überrascht. «Von der Stimmenzahl her hat er ein gutes Resultat gemacht.» Kann er im zweiten Wahlgang die fehlenden Stimmen aufholen? Weit aus dem Fenster will Jost sich nicht lehnen, sagt aber auch: «Nach meiner Erfahrung aus dreimal Wahlkampf werden die Karten im zweiten Wahlgang neu gemischt.»

Wer mit den neuen Karten den Stich machen wird, zeigt sich am 9. Juni.

Verwendete Quellen
  • Ergebnisse Stadt Luzern
  • Augenschein vor Ort
  • Persönliche Gespräche mit den Kandidaten vor Ort
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